Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Mit Bescheid vom 9. März 1988 lehnte die beklagte Partei die Gewährung einer Leistung aus der Unfallversicherung für die Folgen des Ereignisses vom 19. September 1987 ab, weil der Kläger den Unfall beim Brennholzschneiden für den Haushalt erlitten habe, der nicht wesentlich einem landwirtschaftlichen Betrieb diene. Das Erstgericht wies das Klagebegehren, die beklagte Partei schuldig zu erkennen, dem Kläger für die Folgen des (Arbeits-)Unfalles vom 19. September 1987 Leistungen aus der Unfallversicherung im gesetzlichen Umfang zu gewähren, ab. Es traf folgende wesentliche Feststellungen:
Die Mutter des Klägers, Anna F***, betreibt eine versicherungspflichtige Landwirtschaft von 3,53 ha, die zu 2,33 ha aus Acker, zu je 0,6 ha aus Wiese, bestanden mit alten Obstbäumen, und zu 0,60 ha aus Wald besteht. Der Ertrag der Landwirtschaft ist so gering, daß er nicht zum vollen Lebensunterhalt einer Person ausreicht, mit Ausnahme des Verkaufes von Kürbissen und Gurken dient er dem Eigenverbrauch der Mutter des Klägers, des Klägers, seiner Ehefrau und deren zwei mj. Kindern.
Am 19. September 1987 war der Kläger nach dem Umschneiden von alten Zwetschkenbäumen dabei, ein vom gerodeten Baum bereits abgetrenntes, etwa ein Meter langes, 10 cm dickes Aststück auf der Wippkreissäge in 20 bis 30 cm lange, ofenfertige Teile zu zerschneiden. Dabei schlug dem Kläger der Ast auf den rechten Zeigefinger und quetschte dessen Endglied ab, sodaß es amputiert werden mußte. Das gewonnene Holz war zum Verheizen im Haushalt und beim Schnapsbrennen bestimmt.
Rechtlich leitete das Erstgericht aus diesem Sachverhalt ab, die Zurichtung des Brennholzes zu ofenfertigen Stücken für den Haushalt diene nicht mehr der land- und forstwirtschaftlichen Urproduktion, sondern sei dem eigenwirtschaftlichen Bereich zuzuordnen. Bei der vorliegenden Kleinlandwirtschaft diene der Haushalt nicht landwirtschaftlichen Zwecken. Daß Brennholz nur zu einem ganz unbedeutenden Teil auch zum Schnapsbrennen, das unter den landwirtschaftlichen Produktionstätigkeiten offenbar nur eine ganz untergeordnete Rolle gespielt habe, verwendet worden sei, ändere nichts daran, daß die Tätigkeit des Klägers nicht wesentlich landwirtschaftlichen Zwecken gedient habe.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Kläger keine Folge, übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und billigte auch dessen rechtliche Beurteilung. Während die Fällung und Entastung der Bäume noch der betrieblichen Tätigkeit zuzuordnen seien, müsse das Zerkleinern des Holzes zu ofenfertigen Stücken für den Hauhalt bereits als private Tätigkeit gewertet werden. Da der Haushalt unbestritten dem landwirtschaftlichen Betrieb nicht wesentlich diene und der Kläger eine Tätigkeit für diesen Haushalt entfaltet habe, stehe der Unfall vom 19. September 1987 nicht unter Versicherungsschutz.
Rechtliche Beurteilung
Der wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobenen Berufung des Klägers kommt keine Berechtigung zu.
Wie der Oberste Gerichtshof in seiner Entscheidung SSV-NF 1/29 dargelegt hat, sind in einem landwirtschaftlichen Betrieb alle Arbeiten, die der Urproduktion zuzuzählen sind, unfallversicherungsgeschützt und zwar unabhängig davon, ob die Produktion für den Eigenbedarf oder für die Vermarktung erfolgt. Die Grenze ist dort zu ziehen, wo die Gewinnung der land- und forstwirtschaftlichen Erzeugnisse abgeschlossen und das Produkt in eine handelsübliche Form gebracht worden ist. Dieser Entscheidung lag ein Unfall zugrunde, der sich beim Entasten eines gefällten Baumes ereignete. In der genannten Entscheidung sollte zum Ausdruck gebracht werden, daß, bis die Urproduktion abgeschlossen ist, eine Trennung in betriebliche oder eigenwirtschaftliche Tätigkeit noch nicht möglich ist, weil im Rahmen dieser Urproduktion in der Regel zum Teil für den Eigenverbrauch, zum Teil für die Weiterveräußerung gearbeitet wird. Aus der Grenzziehung zum eigenwirtschaftlichen Bereich dort, wo die Gewinnung der land- und forstwirtschaftlichen Erzeugnisse abgeschlossen und das Produkt in eine handelsübliche Form gebracht wurde, lassen sich aber die vom Revisionswerber gezogenen Schlüsse, jede im Handel erhältliche Form ursprünglich landwirtschaftlicher Produkte falle deshalb noch unter den Begriff Urproduktion, unabhängig davon, ob sie für den Eigenbedarf erfolge oder nicht, nicht ableiten. Im forstwirtschaftlichen Bereich umfaßt die Urproduktion Holzschlägerungsarbeiten und das weitere Aufbereiten des Holzes bis zu einem Stand, in dem es im Handel üblicherweise vom Urproduzenten angeboten wird. Üblicherweise aber erfolgt der Verkauf in großen Stücken nach Festmetern und nicht in ofenfertig zerkleinerter Form. In diese wird es in der Regel erst in der Folge durch besondere Gewerbetreibende (insbesondere Sägewerke, allenfalls Brennstoffhändler) gebracht. Der Umfang der betrieblichen Tätigkeit im bäuerlichen Bereich ist zwar durch das Gesetz sehr weit gezogen, sie muß aber der Aufrechterhaltung, Förderung und Abwicklung der selbständigen Existenz dienen. Dabei ist zu prüfen, ob die entfaltete Tätigkeit nach objektiven Gesichtspunkten dazu dient und ob sie subjektiv auch in dieser Intention entfaltet wurde.
Der Versicherungsschutz beginnt dort, wo der abgrenzbare, rein
persönliche Bereich aufhört und ein auch wesentlich betrieblichen
Zwecken dienender Bereich anzunehmen ist (10 Ob S 210/88,
10 Ob S 9/89). Die Tätigkeit des Klägers diente nach den
Feststellungen weitüberwiegend dazu, für den unbestritten, nicht
wesentlich betrieblichen Zwecken dienenden Haushalt ofenfertiges
Brennmaterial herzustellen und nur in ganz geringem Umfange zum
Schnapsbrennen für den Eigenverbrauch. Der Kläger hat nicht einmal
behauptet, daß das Schnapsbrennen komerziell erfolge. Daß dies
tatsächlich nicht der Fall war, ergibt sich auch aus seiner Aussage,
daß der Schnaps "frei" = also monopolabgabenfrei und damit nur für
den eigenen Haushalt = gebrannt wurde. Die Tätigkeit wurde auch in
dieser Intention vom Kläger entfaltet.
Zu Recht sind die Vorinstanzen daher zu dem Ergebnis gelangt, daß der Unfall des Klägers vom 19. September 1987 nicht als Arbeitsunfall einzustufen ist.
Die Entscheidung über die Revisionskosten beruht auf § 77 Abs. 1 Z 2 lit. b ASGG.
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