OGH 11Os26/89

OGH11Os26/8921.3.1989

Der Oberste Gerichtshof hat am 21.März 1989 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Felzmann und Dr. Rzeszut als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Iby als Schriftführer in der Strafsache gegen Johann L*** wegen des Vergehens der schweren Sachbeschädigung nach den §§ 125, 126 Abs. 1 Z 5 StGB über die von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen das Urteil des Bezirksgerichtes Bruck an der Mur vom 14.November 1988, GZ 4 U 376/88-8, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Jerabek, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Das Urteil des Bezirksgerichtes Bruck an der Mur vom 14. November 1988, GZ 4 U 376/88-8, verletzt in dem Ausspruch, daß die Sachbeschädigung an einer der "öffentlichen Sicherheit" dienenden Einrichtung begangen wurde, sowie in der rechtlichen Beurteilung der Tat als Vergehen der schweren Sachbeschädigung nach dem § 126 Abs. 1 Z 5 StGB das Gesetz in dieser Bestimmung. Dieses Urteil wird im erwähnten Ausspruch, in der rechtlichen Beurteilung (§ 126 Abs. 1 Z 5 StGB) sowie im Strafausspruch aufgehoben (wodurch auch sämtliche darauf beruhenden nachfolgenden gerichtlichen Beschlüsse und Verfügungen wirkungslos werden) und es wird gemäß den §§ 288 Abs. 2 Z 3, 292 StPO unter Neufassung des Urteilsspruches in der Sache selbst erkannt:

Johann L*** ist schuldig, am 12.August 1988 in St. Marein i. M. durch Einschlagen der Scheibe zum Kassenschalter des Bahnhofgebäudes St. Marein eine fremde Sache beschädigt zu haben, wobei der Schaden der Ö*** B*** 4.236 S betragen

hat.

Er hat hiedurch das Vergehen der Sachbeschädigung nach dem § 125 StGB begangen und wird hiefür nach dieser Gesetzesstelle unter Bedachtnahme auf das Urteil des Kreisgerichtes Leoben vom 27. Jänner 1989, GZ 11 E Vr 1.154/88-5, gemäß den §§ 31, 40 StGB zu einer (Zusatz-) Geldstrafe von 20 (zwanzig) Tagessätzen, im Fall der Uneinbringlichkeit zu 10 (zehn) Tagen Ersatzfreiheitsstrafe, verurteilt.

Die Entscheidungen über die Höhe des einzelnen Tagessatzes sowie über die Verfahrenskosten erster Instanz werden aus dem Urteil des Erstgerichtes übernommen.

Text

Gründe:

Mit dem in einem Vermerk gemäß dem § 458 Abs. 3 StPO beurkundeten, in Rechtskraft erwachsenen Urteil des (dabei seine sachliche Zuständigkeitskompetenz gemäß dem § 9 Abs. 1 Z 1 StPO überschreitenden) Bezirksgerichtes Bruck an der Mur vom 14. November 1988, GZ 4 U 376/88-8, wurde der am 25.Mai 1965 geborene Johann L*** des Vergehens der schweren Sachbeschädigung nach den §§ (125), 126 Abs. 1 Z 5 StGB schuldig erkannt, weil er am 12. August 1988 im Bahnhof St. Marein i.M. durch Einschlagen der Scheibe zum Kassenschalter eine der öffentlichen Sicherheit (gemeint wohl: dem öffentlichen Verkehr) dienende Einrichtung beschädigte, wobei der Schaden zum Nachteil der Ö*** B***

4.236 S betrug.

Rechtliche Beurteilung

Dieses Urteil steht mit dem Gesetz nicht im Einklang:

Die Qualifikationsnorm des § 126 Abs. 1 Z 5 StGB setzt voraus, daß die Beschädigung der betroffenen Einrichtung ein für die Betriebssicherheit bedeutsames Ausmaß erreicht, dh jedenfalls geeignet ist, die Betriebssicherheit als solche zumindest abstrakt zu beeinträchtigen und eine abstrakte Gefährdung des besonderen Zweckes hervorzurufen (vgl. Foregger-Serini, StGB4, Erl. II;

Kienapfel, BT II2, RN 21, 22; Leukauf-Steininger, StGB2, RN 25, 26;

Mayerhofer-Rieder, StGB2, Anm. 7; Bertel im WK, Rz 17 jeweils zu § 126 und die dort jeweils zitierte Judikatur). Das Einschlagen der Scheibe einer (im Bahnhofsgebäude befindlichen) Kassa untersteht daher nicht der erhöhten Strafsanktion des § 126 Abs. 1 Z 5 StGB, weil diese Beschädigung mit keiner ins Gewicht fallenden Beeeinträchtigung des Eisenbahnverkehrs verbunden war: Der ungehinderte Verkauf von Fahrkarten ist auch bei fehlender Kassenschalterscheibe grundsätzlich gewährleistet. Schon gar nicht war die Beschädigung geeignet, eine Gefahr für die "öffentliche Sicherheit" herbeizuführen.

Über die von der Generalprokuratur gemäß dem § 33 Abs. 2 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes war daher gemäß dem § 292 StPO wie im Spruch zu erkennen.

Bei der Strafneubemessung war auch auf das in der Zwischenzeit ergangene Urteil des Kreisgerichtes Leoben vom 27.Jänner 1989, GZ 11 E Vr 1.154/88-5, gemäß den §§ 31, 40 StGB Bedacht zu nehmen, mit welchem Johann L*** wegen der am 6.Oktober 1988 begangenen Vergehen des Ungehorsams nach dem § 12 Abs. 1 Z 1 MilStG und des Vergehens der gefährlichen Drohung nach dem § 107 Abs. 1 StGB zu einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu je 150 S, im Fall der Uneinbringlichkeit zu 40 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe, verurteilt worden war.

Als erschwerend wertete der Oberste Gerichtshof das Zusammentreffen mehrerer Vergehen sowie die einschlägigen Vorstrafen, wogegen als mildernd die zu den einzelnen Fakten abgelegten Geständnisse des Angeklagten berücksichtigt wurden. Bei Abwägung dieser Strafzumessungsgründe und unter Bedachtnahme darauf, daß eine (Gesamt-)Geldstrafe im Ausmaß von 100 Tagessätzen ausreicht, den Schuldgehalt aller in diesen Strafbemessungsvorgang einzubeziehenden Taten zu erfassen, erachtete der Oberste Gerichtshof im vorliegenden Fall die Verhängung einer Zusatz-Geldstrafe von 20 Tagessätzen als tatschuldadäquat. Die Höhe des vom Erstgericht mit 120 S festgesetzten Tagessatzes sowie die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens erster Instanz wurden aus dem Ersturteil übernommen.

Die Nachsicht der gesamten bzw. eines Teiles der verhängten Geldstrafe (§§ 43 bzw. 43 a StGB) kam nicht in Betracht, weil es im Hinblick auf die Zahl und die Art der bisher begangenen Delikte nach Lage des Falles der Vollstreckung der gesamten Geldstrafe bedarf, um die Strafzwecke zu erreichen.

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