OGH 10ObS88/89

OGH10ObS88/8921.3.1989

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier und Dr. Bauer als weitere Richter und die fachkundigen Laienrichter Dr. Rudolf Dezelt (Arbeitgeber) und Mag. Michael Zawodsky (Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei mj Kerstin Angelika R***, 8750 Judenburg, Burggasse 107, gesetzlich vertreten durch die Vormünderin Ilse R***, Hausfrau, ebendort, vertreten durch Dr. Gottfried Reif, Rechtsanwalt in Judenburg, wider die beklagte Partei P*** DER A***, 1021 Wien, Friedrich

Hillegeist-Straße 1, vertreten durch Dr. Alfred Kasamas, Rechtsanwalt in Wien, wegen Waisenpension infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 7. Dezember 1988, GZ 7 Rs 231/88-19, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Kreisgerichtes Leoben als Arbeits- und Sozialgerichtes vom 6. Juli 1988, GZ 22 Cgs 190/88-15, abgeändert wurde,in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, daß die Entscheidung der ersten Instanz wiederhergestellt wird. Die beklagte Partei ist auch schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die (einschließlich 214,35 S Umsatzsteuer) mit 2.357,85 S bestimmten Kosten der Berufungsbeantwortung zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Bescheid vom 30. April 1986 lehnte die beklagte Partei den Antrag der Klägerin vom 12. April 1985 auf Waisenpension (nach ihrer am 1. März 1985 verstorbenen unehelichen Mutter Angelika R***) unter Berufung auf § 235 Abs 1 ASVG (Nichterfüllung der Wartezeit) ab.

In der dagegen rechtzeitig erhobenen Klage bestritt die Klägerin die Nichterfüllung der Wartezeit nicht, behauptete aber, diese würde entfallen, weil sich ihre Mutter die tödliche Krankheit in Ausübung ihres Berufes zugezogen habe. Sie beantragte daher die Zuerkennung der Waisenpension.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung der Klage und wendete ein, daß der Versicherungsfall die Folge einer Krankheit sei, die erst durch die 41. ASVGNov als Berufskrankheit (LfdNr 38 der Anlage 1 zum ASVG) gelte. Deshalb könne die Wartezeit für die begehrte Leistung zum Stichtag 1. März 1985 nicht iS des § 235 Abs 3 lit a ASVG entfallen.

Das Erstgericht erkannte das Klagebegehren als dem Grunde nach zu Recht bestehend und trug dem beklagten Versicherungsträger auf, der Klägerin ab 1. März 1985 bis zur Erlassung des die Höhe der Leistung festsetzenden Bescheides eine vorläufige Zahlung von 1.000 S monatlich zu erbringen.

Es stellte im wesentlichen fest, daß Angelika R***, die am 26. Mai 1962 geborene und am 1. März 1985 verstorbene (uneheliche) Mutter der am 16. Oktober 1982 geborenen Klägerin, von 1977 bis (Juni) 1980 die Kindergärtnerinnenschule (richtig Bundesbildungsanstalt für Kindergärtnerinnen) in Judenburg absolvierte, vom Juli 1980 bis Mai 1981 in Spanien als Kindermädchen tätig war, vom 12. Oktober 1981 bis 28. Februar 1982 die Schule für den logopädisch-phoniatrisch-audiometrischen Dienst (in Graz) absolvierte, vom 5. März bis 31. August 1984 im Hirtenkloster als AMFG-Praktikantin im Bereich der Kinderbetreuung und vom 21. November 1984 bis 8. Februar 1985 als AMFG-Praktikantin des Landesarbeitsamtes Steiermark an der Universitätskinderklinik in Graz als Kindergärtnerin und Erzieherin tätig war. Dort erkrankte sie durch den Kontakt mit Kindern der Kinderinfektionsabteilung an einer Non-A-Non-B-Hepatitis, die fulminant verlief und an der sie am 1. März 1985 starb. Das Kreisgericht Leoben als Arbeits- und Sozialgericht stellte mit rechtskräftigem Urteil vom 4. Februar 1988 22 Cgs 1333/87-6 fest, daß die Erkrankung, die sich die Mutter der Klägerin im Landeskrankenhaus Graz als Praktikantin des Landesarbeitsamtes Steiermark zugezogen hat und an deren Folgen sie am 1. März 1985 gestorben ist, eine Berufskrankheit nach § 177 ASVG Anlage 1 Nr 38 darstellt. Es verurteilte die (dort) beklagte Partei (A*** U***), der Klägerin ab 1. Jänner 1986 die Waisenrente im Ausmaß von 20 vH der Bemessungsgrundlage in der gesetzlichen Höhe zu leisten, (wies aber das auf Leistung der Waisenrente bereits ab 1. März 1985 und Feststellung, daß die Berufskrankheit bereits am 1. März 1985 vorgelegen sei und diese Berufskrankheit auch zum Tod der Mutter der Klägerin geführt habe, gerichtete Mehrbegehren ab).

Daraus zog das Erstgericht den rechtlichen Schluß, daß die Wartezeit nach § 235 Abs 3 (lit a) ASVG entfalle.

Das Berufungsgericht gab der wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobenen Berufung der beklagten Partei Folge und änderte das erstgerichtliche Urteil im klageabweisenden Sinn ab. Fremdpersonal in Krankenanstalten, zu dem auch die Mutter der Klägerin zur Zeit ihres Todes gehört habe, falle erst seit der nach deren Tod verlautbarten 41. ASVGNov unter den Versicherungsschutz des § 177 ASVG. Nach der Übergangsbestimmung dieser Novelle seien im Falle des durch eine Krankheit verursachten Todes des Versicherten, die erst auf Grund des § 177 Abs 1 ASVG idF des Art III Z 1 oder des Art V Z 19 bzw 20 der 41. ASVGNov als Berufskrankheit anerkannt werde, die Leistungen der Unfallversicherung an die Hinterbliebenen auch dann zu gewähren, wenn der Versicherungsfall nach dem 31. Dezember 1955 eingetreten sei und der Antrag bis 31. Dezember 1986 gestellt werde. Die Leistungen seien frühestens ab 1. Jänner 1986 zu gewähren. Eine Übergangsbestimmung für Leistungen aus der Pensionsversicherung im Zusammenhang mit der Änderung des § 177 ASVG durch die 41. ASVGNov sei nicht geschaffen worden, weshalb für die Beurteilung dieser Leistungen die Gesetzeslage zum Stichtag, hier zum Todestag am 1. März 1985 (Versicherungsfall) maßgeblich sei. Damals sei der Tod der Mutter der Klägerin noch nicht als Folge einer Berufskrankheit anzusehen gewesen, weshalb die Wartezeit nicht nach § 235 Abs 3 lit a ASVG entfalle.

Dagegen richtet sich die Revision der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung (der Sache) mit dem Antrag, das angefochtene Urteil durch Wiederherstellung der erstgerichtlichen Entscheidung abzuändern.

Die beklagte Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die nach § 46 Abs 4 ASGG ohne die Beschränkungen des Abs 2 dieser Gesetzesstelle zulässige Revision ist berechtigt.

Nach § 235 Abs 3 lit a ASVG entfällt die Wartezeit für eine

Leistung aus dem Versicherungsfall ... des Todes, wenn der

Versicherungsfall die Folge ... einer Berufskrankheit (§ 177)

ist, ... (die) bei einem in der Pensionsversicherung nach diesem

oder einem anderen Bundesgesetz Pflichtversicherten oder bei einem nach § 19a Selbstversicherten eingetreten ist.

Nach § 223 Abs 1 Z 3 ASVG gilt der Versicherungsfall bei Leistungen aus dem Versicherungsfall des Todes mit dem Tod als eingetreten. Stichtag für die Feststellung, ob, in welchem Zweige der Pensionsversicherung und in welchem Ausmaße eine Leistung gebührt, ist der Eintritt des Versicherungsfalles, wenn er auf einen Monatsersten fällt, ... (Abs 2 leg cit).

Als Berufskrankheit gelten nach § 177 Abs 1 ASVG idF Art III Z 1 der 41. ASVGNov BGBl 1986/111 die in der Anlage 1 zu diesem BG bezeichneten Krankheiten unter den dort angeführten Voraussetzungen, wenn sie durch Ausübung der die Versicherung begründenden Beschäftigung in einem in Spalte 3 der Anlage bezeichneten Unternehmen verursacht worden sind.

In der vor der 41. ASVGNov geltenden Fassung des § 177 Abs 1 ASVG galten als Berufskrankheiten die in der Anlage 1 zu diesem BG bezeichneten Krankheiten unter den dort angeführten Voraussetzungen, wenn sie durch berufliche Beschäftigung in einem in Spalte 3 der Anlage bezeichneten Unternehmen verursacht waren. Unter LfdNr 38 dieser Anlage wurden bis und seit der 41. ASVGNov "Infektionskrankheiten" ua in Krankenhäusern bezeichnet. In den EB der RV zur 41. ASVGNov 774 BlgNR 16. GP 40 wird ausgeführt, daß der auf eine Anregung der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt sowie der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter zurückgehende Novellierungsvorschlag des § 177 Abs 1 mit der Berufskrankheit Nr 38 der Liste der Berufskrankheiten (Infektionskrankheiten) zusammenhänge. Diese Berufskrankheit sei auf Betriebe bestimmter Art beschränkt. Nach herrschender Auffassung (vgl OLG Wien 4. März 1968 13 R 25/68 und 14. Februar 1979 31 R 3/79) sei der Versicherungsschutz davon abhängig, daß der Versicherte in dem in Spalte 3 genannten Unternehmen als Dienstnehmer dieses Unternehmens beschäftigt sei. Das Fremdpersonal in Krankenanstalten (Krankenpflegepersonal, welches nicht in einem Dienstverhältnis zum Rechtsträger der Krankenanstalt stehe,) sei vom Versicherungsschutz nicht erfaßt. Damit diese Personen in den Versicherungsschutz einbezogen seien, solle es in Hinkunft genügen, daß die Erkrankung durch Ausübung der die Versicherung begründenden Beschäftigung in einem der angeführten Unternehmen verursacht worden sei.

In der ersten von den EB zitierten E (SSV 8/25 = SVSlg 18.185) führte das OLG Wien aus, unter "berufliche Beschäftigung in einem in der Anlage bezeichneten Unternehmen" könne nur eine solche Tätigkeit verstanden werden, die mit dem geschützten Unternehmen auch in einem ursächlichen Zusammenhang stehe, weil zwischen Unternehmen und Versichertem ein Dienstvertrag bestehe. Ein örtlicher und zeitlicher Zusammenhang zu einem in der Spalte 3 der Liste der Berufskrankheiten angeführten Unternehmen allein genüge nicht. Aus dem Umstand, daß jeweils bestimmte einzelne Unternehmensgruppen einerseits, aber auch alle Unternehmen ohne Unterschied anderseits sowie auch bestimmte Erkrankungen angeführt würden, könne der Schluß gezogen werden, daß nur die in den geschützten Unternehmen beschäftigten Dienstnehmer geschützt sein sollten, nicht aber Dienstnehmer anderer Betriebe, deren Arbeitsort vorübergehend in ein geschütztes Unternehmen verlegt werde (zB Dienstnehmer eines Installationsbetriebes, der in einem Krankenhaus Reparaturarbeiten verrichte), weil diese keinen dauernden Einwirkungen von möglichen Krankheitsüberträgern unter den besonderen betrieblichen Verhältnissen des geschützten Betriebes unterworfen seien. In der zweiten von den EB zitierten E (SSV 19/14 = SVSlg 25.652) erklärte das OLG Wien, der Gesetzgeber stelle eindeutig auf eine berufliche Beschäftigung des Versicherten in einem in der Spalte 3 der LfdNr 38 der Liste der Berufskrankheiten genannten Unternehmen ab. Vom Zweck des Gesetzes her sei es sicherlich nicht entscheidend, ob der betreffende Versicherte mit einem solchen Unternehmen ein Dienstverhältnis begründet habe, wie dies beispielsweise bei der Bereitstellung von Arbeitskräften durch ein anderes Unternehmen nicht zutreffe. Es komme dabei ausschließlich darauf an, ob eine berufliche Beschäftigung in einem solchen Unternehmen tatsächlich vorliege, wobei die rechtliche Qualifikation dieser beruflichen Beschäftigung und die Tatsache, wer als Dienstgeber auftrete, nicht maßgebend seien. Durch die gesetzliche Regelung sollten erhöhte typische Berufsgefahren erfaßt werden. Das Anführen der Art der Unternehmen in der LfdNr 38 lasse zwingend darauf schließen, daß der Gesetzgeber davon ausgehe, daß in diesen Unternehmen beruflich Beschäftigte in erhöhtem Maß einer Ansteckung mit Infektionskrankheiten ausgesetzt und daher besonders zu schützen seien. Der Gesetzgeber setze also voraus, daß Infektionskrankheiten bei derart Beschäftigten als durch die berufliche Tätigkeit verursacht angesehen werden müßten. Daraus ergebe sich aber zwangsläufig, daß als "berufliche Beschäftigung" in einem solchen Unternehmen nur solche Tätigkeiten gewertet werden könnten, die mit einer meist regelmäßigen Arbeitsleistung im Rahmen dieses Unternehmens verbunden sind. Denn nur in diesem Fall sei die Annahme gerechtfertigt, daß der Versicherte infolge seines ständigen oder doch häufigen, wenn auch allenfalls nur indirekten Kontaktes mit Kranken in erhöhtem Maß der Gefahr einer Ansteckung mit Infektionskrankheiten ausgesetzt sei. Davon könne bei gelegentlichen Besuchen in einer Krankenanstalt, mögen sie auch beruflich bedingt sein, nicht die Rede sein. Ebensowenig könnten sich zB Professionisten, die in einem Unternehmen dieser Art oft auch längere Zeit hindurch Arbeiten verrichten, darauf berufen, dort von einer Infektionskrankheit angesteckt worden zu sein. Sie wären zwar in einem Gebäude einer Krankenanstalt beschäftigt gewesen, nicht aber in deren Unternehmen mit dem damit durch die Ansteckungsgefahr verbundenen Berufsrisiko, wie es (wenn auch nur faktische) Dienstnehmer dieser Unternehmen gewöhnlich treffe. Der Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung wegen Berufskrankheiten erstrecke sich nur auf die (auch nur faktischen) Dienstnehmer eines der in der Anlage 1 zu § 177 ASVG angeführten Unternehmen, nicht aber auf Dienstnehmer anderer Betriebe, deren Arbeitsort vorübergehend in einem geschützten Unternehmen liege. Daran ändere auch der unmittelbare Umgang eines solchen Dienstnehmers mit Patienten anläßlich seiner Krankenhausbesuche nichts. Denn auch dadurch sei er dem Personal solcher Anstalten, das auf Grund seiner Tätigkeit in erhöhtem Maß einer Ansteckung mit Infektionskrankheiten ausgesetzt und daher besonders zu schützen sei, nicht gleichzuhalten. Es mache einen wesentlichen Unterschied aus, ob jemand bei seiner beruflichen Tätigkeit andauernd oder zumindest relativ oft einer Ansteckungsgefahr unterliege oder nur bisweilen als Außenstehender davon betroffen werde, ohne daß geprüft werden müßte, wie lange er sich dort jeweils aufgehalten habe. Diese E betraf einen zeitverpflichteten Soldaten, der als Vertreter des Betreuungsreferenten eines Militärkommandos alle Vierteljahre die in einer (Lungen)Heilstätte untergebrachten, dem Bundesheer angehörigen Patienten zu besuchen und zu betreuen hatte, wobei er sich bei jedem Patienten jeweils ungefähr eine Viertelstunde aufhielt, um ihn über die Rechte nach dem Heeresversorgungsgesetz zu belehren. Auch in der E vom 7. November 1974 SSV 14/122 hatte das OLG Wien aus der Anführung der Art der "Unternehmen" in der LfdNr 38 darauf geschlossen, der Gesetzgeber sei davon ausgegangen, daß die in diesen Unternehmen beruflich Beschäftigten in erhöhtem Maß einer Ansteckung mit Infektionskrankheiten ausgesetzt und daher besonders zu schützen seien.

Ivansits, Die 41. Novelle zum ASVG DRdA 1986, 78 (83), führt - ähnlich wie die EB zur RV zu dieser Novelle - aus, die Berufskrankheiten erfaßten nach der Judikatur ausschließlich die Dienstnehmer bestimmter Unternehmen, jedoch nicht das Fremdpersonal von Krankenanstalten, das in keinem Dienstverhältnis zum Anstaltsträger stehe. § 177 Abs 1 ASVG werde in diesem Sinne ergänzt. Auch Dragaschnig und Souhrada, 41. Novelle zum ASVG SozSi 1986, 43 (51), meinen unter Berufung auf die in den erwähnten EB zitierten beiden E des OLG Wien, nach herrschender Auffassung sei der Versicherungsschutz gegen Berufskrankheiten davon abhängig, daß der Versicherte in einem in der Berufskrankheitenliste angeführten Unternehmen als Dienstnehmer dieses Unternehmens beschäftigt sei. Das Fremdpersonal in Krankenanstalten (= Krankenpflegepersonal, das nicht in einem Dienstverhältnis zum Rechtsträger der Krankenanstalt stehe; Reinigungspersonal) sei bisher hinsichtlich Berufskrankheiten nicht vollständig vom Versicherungsschutz erfaßt gewesen. Auch diese Personen, die in der Praxis denselben Risken wie die Dienstnehmer des betroffenen Unternehmens ausgesetzt seien, würden nunmehr in den Schutz der Unfallversicherung gegen Berufskrankheiten einbezogen. In der E des OLG Wien vom 14. Februar 1979 wurde entgegen der Annahme der EB der RV zur 41. ASVGNov und den diesen folgenden Meinungen von Ivansits und Dragaschnig/Souhrada nicht die Auffassung vertreten, daß der Versicherungsschutz nach der damals geltenden Fassung des § 177 Abs 1 ASVG davon abhängig gewesen sei, daß der Versicherte in dem in Spalte 3 genannten Unternehmen als Dienstnehmer dieses Unternehmens beschäftigt sei und daß Fremdpersonal in Krankenanstalten, das nicht in einem Dienstverhältnis zum Rechtsträger der Krankenanstalt stehe, vom Versicherungsschutz nicht erfaßt sei. Diese E betonte vielmehr ausdrücklich, daß vom Zweck des Gesetzes her sicherlich nicht entscheidend sei, ob der Versicherte mit einem solchen Unternehmen ein Dienstverhältnis begründet habe, wie dies beispielsweise bei der Bereitstellung von Arbeitskräften durch ein anderes Unternehmen nicht zutreffe. Es komme dabei ausschließlich darauf an, ob eine berufliche Beschäftigung in einem solchen Unternehmen tatsächlich vorliege, wobei die rechtliche Qualifikation dieser beruflichen Beschäftigung und die Tatsache, wer als Dienstgeber auftrete, nicht maßgebend seien. Als berufliche Beschäftigung in einem (in der Spalte 3 genannten) Unternehmen könnten nur solche Tätigkeiten gewertet werden, die mit einer meist regelmäßigen Arbeitsleistung im Rahmen dieses Unternehmens verbunden seien. Der Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung wegen Berufskrankheiten erstrecke sich nur auf die (auch nur faktischen) Dienstnehmer eines solchen Unternehmens, nicht aber auf Dienstnehmer anderer Betriebe, deren Aufenthaltsort vorübergehend in einem geschützten Unternehmen liege. In diesem Sinn verstand richtigerweise die zit E auch die darin angeführte E vom 4. März 1968 SSV 8/25. Diese enthält zwar auch den Rechtssatz, unter "berufliche Beschäftigung in einem in der Anlage bezeichneten Unternehmen" könne nur eine solche Tätigkeit verstanden werden, die mit dem geschützten Unternehmen auch in einem ursächlichen Zusammenhang stehe, weil zwischen Unternehmen und Versicherten ein Dienstvertrag bestehe. Aus den weiteren Ausführungen der letztzitierten E ergibt sich aber, daß das OLG Wien schon damals nur zum Ausdruck bringen wollte, daß nur die in bestimmten Unternehmen beschäftigten Dienstnehmer geschützt sein sollten, nicht aber Dienstnehmer anderer Betriebe, deren Arbeitsort vorübergehend in ein geschütztes Unternehmen verlegt wird (zB Dienstnehmer eines Installationsbetriebes, der in einem Krankenhaus Reparaturarbeiten verrichtet), weil diese keinen dauernden Einwirkungen von möglichen Krankheitserregern unter den besonderen betrieblichen Verhältnissen des geschützten Betriebes unterworfen sind.

Der erkennende Senat teilt die in der E des OLG Wien vom 14. Februar 1979 SSV 19/14 zur vor der 41. ASVGNov geltenden Fassung des § 177 Abs 1 ASVG vertretene Rechtsansicht, daß es schon damals nicht darauf ankam, ob der Versicherte mit dem Träger der in der LfdNr 38 der Liste der Berufskrankheiten genannten Unternehmen ein Dienstverhältnis begründet hatte, sondern ausschließlich darauf, ob eine berufliche Beschäftigung in einem solchen Unternehmen vorlag, wobei die rechtliche Qualifikation dieser beruflichen Beschäftigung und die Tatsache, wer als Dienstgeber auftrat, nicht maßgeblich waren.

Aus dieser Auslegung der bis 31. Dezember 1985 geltenden Fassung des § 177 Abs 1 ASVG folgt, daß die zum Tod der Mutter der Klägerin führende Infektionskrankheit Non-A-Non-B-Hepatitis durch berufliche Beschäftigung als Kindergärtnerin und Erzieherin an der Universitätskinderklinik in Graz in der Zeit vom 21. November 1984 bis 8. Februar 1985, und zwar durch Kontakt mit Patienten der Kinderinfektionsabteilung, verursacht wurde und daher schon nach der damaligen Rechtslage als Berufskrankheit galt. Daß die Mutter der Klägerin während des angeführten Zeitraumes in der genannten Universitätskinderklinik als auf Grund der §§ 25ff AMFG nach dem ASVG versicherte Praktikantin des Landesarbeitsamtes Steiermark tätig war, ändert daran nichts, daß es sich dabei um eine berufliche Beschäftigung in einem Krankenhaus handelte, bei der sie in erhöhtem Maß einer damit verbundenen typischen Berufsgefahr, nämlich der Ansteckung mit Infektionskrankheiten, ausgesetzt war. Davor war sie schon nach der zur Zeit des Eintrittes des Versicherungsfalles des Todes am 1. März 1985 (§ 223 Abs 1Z 3 ASVG), bei dem es sich auch um den Stichtag für die Feststellung, ob, in welchem Zweige der Pensionsversicherung und in welchem Ausmaße die eingeklagte Waisenpension gebührt, handelt (Abs 2 leg cit), geltenden Rechtslage, insbesondere der damaligen Fassung des § 177 Abs 1 ASVG geschützt.

Weil der Versicherungsfall die Folge einer Berufskrankheit ist, die bei einer in der Pensionsversicherung nach dem ASVG oder einem anderen Bundesgesetz Pflichtversicherten eingetreten ist, entfällt nach § 235 Abs 3 lit a ASVG die Wartezeit für die begehrte Leistung aus dem Versicherungsfall des Todes.

Daher war der Revision Folge zu geben und das angefochtene Urteil durch Wiederherstellung der der berechtigten Klage stattgebenden erstgerichtlichen Entscheidung abzuändern. Die Verpflichtung der beklagten Partei zum Ersatz der Kosten der Berufungsbeantwortung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit a und Abs 2 ASGG. Über die Verpflichtung zum Ersatz der Kosten der Revision war mangels Verzeichnung dieser Kosten nicht zu entscheiden (§ 52 Abs 3 und § 54 Abs 1 ZPO).

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte