OGH 3Ob6/89

OGH3Ob6/8915.3.1989

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Dr. Angst als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1.) Familie Erwin A*** "Hotel M***" KG, 2.) Erwin A***, 3.) Günther A***, 4.) Günther und Elisabeth A*** & Co KG, und 5.) Elisabeth A***, alle Ischgl, Hotel "E***" bzw. Hotel "M***" und vertreten durch

Dr. Wolfgang Walser, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei M*** Planungsbüro für Hoch-, Industrie- und Sportbauten Gesellschaft m.b.H., Wien 5., Kliebergasse 13, vertreten durch Dr. Julius Schuster ua, Rechtsanwälte in Wien, wegen Einwendungen gegen eine Exekution zur Hereinbringung von 466.780 S, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 11.Oktober 1988, GZ 3 a R 423/88-52, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 15.Juni 1988, GZ 20 C 43/87-46, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, den klagenden Parteien binnen vierzehn Tagen die mit 19.133,82 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 1.739,44 S Umsatzsteuer) zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die beklagte Partei erbrachte für das von der erstklagenden Partei betriebene Hotel "M***" (Zweit- und Drittkläger sind Komplementäre der erstklagenden Partei) und für das von der viertklagenden Partei betriebene Hotel "E***" (Dritt- und Fünftkläger sind Komplementäre der viertklagenden Partei) Architektenleistungen und begehrte ihr Honorar in zwei getrennten Klagen (eingebracht 1977). In einem gerichtlichen Vergleich verpflichteten sich die fünf Kläger zur Bereinigung dieser beiden Rechtsstreitigkeiten zur Zahlung eines Gesamtbetrages von 3,060.000 S in fünf Raten mit der Maßgabe, daß sie bei der Zahlung der letzten, am 31.Dezember 1984 fälligen Rate von 500.000 S die im Vergleichsbetrag enthaltene Umsatzsteuer in nicht strittiger Höhe von 466.780 S durch Verrechnung mit der ihnen vom Finanzamt gutzubuchenden Vorsteuer begleichen könnten. Zwischen den Parteien entstanden später deshalb Differenzen, weil die Kläger den Standpunkt vertraten, sie hätten bisher keine Rechnungen erhalten, die sie zum Vorsteuerabzug berechtigten, sodaß sie den Teilbetrag von 466.780 S noch nicht zahlen müßten, während die beklagte Partei den Standpunkt vertritt, dieser Restbetrag sei schon fällig. Die beklagte Partei führt zur Hereinbringung dieses Betrages Fahrnisexekution.

Die klagenden Parteien machen in ihrer Klage nach Einschränkung geltend, daß der betriebene Anspruch gehemmt sei.

Im ersten Rechtsgang (siehe dazu den Aufhebungsbeschluß des Obersten Gerichtshofes vom 15.April 1987, 3 Ob 119/86) wurde klargestellt, daß die beklagte Partei wegen der besonderen Gestaltung des Vergleiches die Nebenpflicht traf, eine vorsteuerabzugsfähige Rechnung auszustellen, und daß die Kläger hierauf im Verlaufe der zwischen den Streitteilen geführten Korrespondenz nicht schlüssig verzichtet haben.

Aufklärungsbedürftig war im ersten Rechtsgang jedoch geblieben, ob die beklagte Partei an die beiden Unternehmen je getrennte Rechnungen ausgestellt hat und ob der Vergleich selbst, allenfalls in Verbindung mit einer Schlußgebührennote vom 5.Juli 1979 (die einzige nicht strittige Rechnung der beklagten Partei) auf Grund der steuerrechtlichen Spruchpraxis als Grundlage für den Vorsteuerabzug ausgereicht hätte.

Im zweiten Rechtsgang machte die beklagte Partei im wesentlichen geltend, sie habe ohnedies zu den einzelnen Leistungen Rechnungen übermittelt. Falls übermittelte Rechnungen mangelhaft gewesen sein sollten, hätten sie von den Klägern gerügt werden müssen, was nie geschehen sei, sodaß ihr Recht auf Ausstellung einer neuen Rechnung verschwiegen und auch verjährt sei. Der Umstand, daß die Schlußrechnung vom 5.Juli 1979 nicht zwischen der erst- und viertklagenden Partei aufschlüssle, sei ausschließlich von den Klägern verschuldet, die sich immer wieder anders bezeichnet hätten. Die allfälligen Nicht-Leistungsempfänger seien übrigens aktiv nicht zur Klage legitimiert. Der Verzug der Kläger bestehe auch deshalb, weil sie bisher keinen Umbuchungsauftrag erteilt hätten, obwohl dies auf Grund der alten Rechnungen und des Vergleichstextes möglich gewesen wäre. Insbesondere hätten die Kläger auch durch Ausstellung einer Gutschrift im Sinne des § 11 Abs 8 Z 2 UStG zum Vorsteuerabzug gelangen können. Ihre Klageführung sei schikanös. Das Erstgericht gab dem Klagebegehren im zweiten Rechtsgang statt.

Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichtes. Die Vorinstanzen trafen im wesentlichen folgende ergänzende Tatsachenfeststellungen:

Es ist nicht erwiesen, daß die beklagte Partei außer der Schlußgebührennote vom 5.Juli 1979 je weitere Rechnungen an die klagenden Parteien übermittelt hat. Die erstklagende und die viertklagende Partei haben bisher keinen Versuch unternommen, den Vorsteuerabzug bei ihrem Finanzamt geltend zu machen. Die Schlußgebührennote wäre aber vom Finanzamt nicht anerkannt worden, weil in ihr als Rechnungsempfänger nur der Drittkläger aufscheint. Den Klägern war es daher nicht möglich, wie im Vergleich vereinbart die Vorsteuer geltend zu machen und den dafür vom Finanzamt gutgebuchten Betrag auf ein Konto der beklagten Partei umzubuchen. Über die Möglichkeit, mittels einer Gutschrift abzurechnen, wurde zwischen den Streitteilen nie gesprochen.

Auf Grund dieser Tatsachenfeststellungen waren die Vorinstanzen in Anlehnung an die im Aufhebungsbeschluß des Obersten Gerichtshofes ausgesprochene Rechtsansicht der Auffassung, daß die Kläger den strittigen Betrag zurückhalten können, weil die beklagte Partei bisher noch keine formgerechte, zum Vorsteuerabzug ausreichende Rechnung ausgestellt habe.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der beklagten Partei ist nicht berechtigt. Für die Annahme, der beklagten Partei seien die richtigen Leistungsempfänger, nämlich die beiden Gesellschaften und nicht deren Gesellschafter, wegen des Verhaltens der Kläger nicht bekannt gewesen, oder ein hier unterlaufener Fehler sei nicht der beklagten Partei anzulasten, gibt es keine Anhaltspunkte. Neben der Eintragung im Handelsregister muß vor allem darauf verwiesen werden, daß die beklagte Partei bei Einleitung der beiden Vorprozesse wußte, für wen sie ihre Leistungen erbracht hat.

Unrichtig ist, daß die Kläger die Schlußgebührennote vom 5. Juli 1979 unbeanständet entgegengenommen hätten; sie haben vielmehr unverzüglich, nämlich mit ihrem Schreiben vom 9.Juli 1979, nicht nur den zu hohen Rechnungsbetrag beanstandet, sondern ausdrücklich um die Ausstellung zweier getrennter Rechnungen für die beiden von den Klägern betriebenen Hotels ersucht, nach deren Erhalt sie den im Vergleich vorgesehenen Umbuchungsantrag stellen würden. Die beklagte Partei konnte also nicht im Zweifel darüber sein, daß es um zwei Unternehmen ging und daß daher zwei Rechnungen auszustellen seien. Die Schlußgebührennote vom 5.Juli 1979 wurde demnach von den Klägern nicht genehmigt. Dies geschah auch nicht etwa mit dem Schreiben der Kläger vom 26.Juli 1979 (siehe dazu die Ausführungen im Aufhebungsbeschluß des Obersten Gerichtshofes). Bei dieser Sachlage kann nicht gesagt werden, daß die Kläger der beklagten Partei keine Gelegenheit zur Berichtigung ihrer allenfalls mangelhaften Rechnung gegeben hätten.

Eine Verschweigung des Rechtes auf Ausstellung einer zum Vorsteuerabzug geeeigneten Rechnung liegt nicht vor. Wie der Oberste Gerichtshof schon in seinem Aufhebungsbeschluß ausgeführt hat, haben die Kläger darauf auch nicht schlüssig verzichtet. Sie mußten zunächst vor allem deshalb nicht auf die Ausstellung einer solchen Rechnung dringen, weil der Vorsteuerabzug erst bei der Zahlung der letzten Rate eine Rolle spielen sollte, welche erst am 31. Dezember 1984 zur Zahlung fällig war. Schon am 19.Februar 1985 haben aber die Kläger ohnedies die vorliegende Oppositionsklage eingebracht. Es kann daher auch keine Verjährung vorliegen, welche Verjährungsfrist immer man zugrunde legen wollte.

Die Auffassung, nur die erst- und die viertklagende Partei seien zur vorliegenden Oppositionsklage aktiv legitimiert, ist verfehlt. Die zweit-, dritt- und fünftklagenden Parteien haften für die Verbindlichkeit der erst- und viertklagenden Parteien nur wegen ihrer Eigenschaft als persönlich haftende Gesellschafter. Gemäß § 129 Abs 1 HGB können sie daher alle Einwendungen geltend machen, die die Gesellschaft erheben kann. Darunter fällt insbesondere auch die Einrede, der Gesellschaftsgläubiger habe den mit der Gesellschaft abgeschlossenen Vertrag nicht erfüllt (Koppensteiner in Straube, HGB, Rz 4 zu § 129). Wegen dieses akzessorischen Charakters der Haftung nach § 128 HGB und der Exekutionsführung auch gegen sie selbst sind daher auch die Gesellschafter der erst- und viertklagenden Partei zur Erhebung der vorliegenden Oppositionsklage legitimiert.

Inwiefern eine Unmöglichkeit der von der beklagten Partei geschuldeten Leistung vorliegen soll, ist nicht verständlich. Sobald sie den beiden Gesellschaften eine zum Vorsteuerabzug geeignete Rechnung übermittelt, können die Gesellschaften den Vorsteuerabzug geltend machen und sind dann verpflichtet, die dadurch entstehende Gutschrift auf die beklagte Partei umzubuchen, oder, was in der Wirkung auf dasselbe hinauslauft, den offenen Restbetrag zu bezahlen. Sobald die Gesellschaften zur Zahlung verpflichtet sein werden, sind es auch ihre persönlich haftenden Gesellschafter. Die beiden gegen die Kläger im Jahr 1977 eingebrachten Klagen konnten die fehlenden Rechnungen nicht ersetzen, weil sie nicht den Inhalt aufwiesen, den eine zum Vorsteuerabzug berechtigende Rechnung enthalten muß.

Nichts zu gewinnen ist für die beklagte Partei auch mit dem Hinweis auf § 11 Abs 7 und 8 UStG.

Nach diesen Bestimmungen gelten Gutschriften, die im Geschäftsverkehr an die Stelle von Rechnungen treten und mit denen der Leistungsempfänger (hier erst- und viertklagende Partei) über eine Lieferung oder sonstige Leistung abrechnet, die an ihn ausgeführt wurde, unter gewissen Voraussetzungen als Rechnungen des Unternehmers der die steuerpflichtige Lieferung oder sonstige Leistung an den Aussteller der Gutschrift erbracht hat (hier die beklagte Partei). Mit Recht haben jedoch die Vorinstanzen das gemäß § 11 Abs 8 Z 2 UStG vorausgesetzte Einverständnis zwischen dem Aussteller und dem Empfänger der Gutschrift verneint. Das gegen Ende des Rechtsstreites erstattete Vorbringen der beklagten Partei war nicht geeignet, ein solches Einverständnis zu begründen. Die beklagte Partei hat ihren Prozeßstandpunkt nie aufgegeben, daß sie die Umsatzsteuer zusätzlich zum Vergleichsbetrag verlangen könne, daß sie schon eine geeignete Rechnung ausgestellt habe, und daß sie nicht verpflichtet sei, getrennt zu fakturieren. Eine von den erst- und viertklagenden Parteien auszustellende Gutschrift hätte daher nicht den Erfordernissen des § 11 Abs 7 und 8 UStG entsprochen. Dazu kommt, daß im vorliegenden Fall keiner der Fälle gegeben ist, in denen üblicherweise durch Gutschriften des Leistungsempfängers abgerechnet wird (siehe dazu die Beispiele bei Dorazil-Frühwald-Hock-Mayer-Paukowitsch, Kommentar zum UStG I § 11 Anm. 9).

Aus der Bestimmung des § 11 Abs 7 letzter Satz UStG, wonach die Gutschrift die Wirkung einer Rechnung verliert, soweit der Empfänger der Gutschrift dem in ihr enthaltenen Steuerbetrag widerspricht, kann nicht gefolgert werden, daß der Empfänger einer steuerpflichtigen Leistung auch ohne Vorliegen eines Einverständnisses im Sinne des § 11 Abs 8 Z 2 UStG und ohne daß überhaupt ein Geschäftsvorgang vorliegt, wo im Geschäftsverkehr an die Stelle einer Rechnung die Abrechnung durch Gutschrift tritt, immer den Versuch der Zusendung einer Gutschrift unternehmen müßte. Auch wenn in einem solchen Fall die Zusendung einer Gutschrift versucht würde und der Empfänger der Gutschrift nicht oder nur teilweise widersprechen würde, lägen die Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug noch nicht vor.

Es trifft zu, daß die Form der Herstellung des Einverständnisses zwischen Aussteller und Empfänger der Gutschrift den Parteien freisteht. Weigert sich aber der leistende Unternehmer, dem Leistungsempfänger auf dessen Verlangen eine Rechnung auszustellen, so kann dieser sich die Grundlage für die Geltendmachung des Vorsteuerabzugs nicht dadurch verschaffen, daß er dem Leistungserbringer ohne dessen Zustimmung eine Gutschrift mit Steuerausweis erteilt (Kranich-Siegl-Waba-Caganek, Mehrwertsteuerhandbuch5 Anm 21 zu § 11 und die dort angeführte VwGH-Judikatur). Wenn der leistende Unternehmer zunächst eine mangelhafte, zum Vorsteuerabzug nicht berechtigende Rechnung ausgestellt hat, könnte diese nur dann durch eine Gutschrift ersetzt werden, wenn zumindest nachträglich ein Einverständnis des leistenden Unternehmers vorliegt, so vorzugehen (Dorazil und andere aaO: Umkehrschluß aus DE-UStG Z 81 Abs 4, wonach die Erteilung einer Gutschrift nicht zulässig ist, wenn der Leistungsempfänger eine unvollständige Rechnung ohne ausdrückliches Einverständnis des Leistungserbringers durch eine Gutschrift ersetzt). Wegen des nicht aufgegebenen Prozeßstandpunktes der beklagten Partei liegt aber auch ein solches nachträgliches Einverständnis nicht vor.

Die Erteilung einer Gutschrift würde zwar für den Leistungsempfänger (den Aussteller der Gutschrift) als Beleg zur Geltendmachung des Vorsteuerabzugs gelten (DE-UStG Z 81 Abs 1); Voraussetzung ist aber, daß die Ausstellung einer Gutschrift überhaupt angebracht und zulässig war. Nach § 132 a Abs 3 Z 1 BAO entfällt zwar die Belegerteilungspflicht, wenn vom Leistungsempfänger eine Gutschrift erteilt wird. Aber auch diese Bestimmung schafft keine neue Verpflichtung zur Ausstellung einer Gutschrift, sondern regelt nur die Wirkungen einer solchen. Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte