Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß der Beschluß des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.
Der Verpflichtete hat die Kosten seines Rekurses selbst zu tragen.
Die Kosten des Revisionsrekurses der betreibenden Partei werden mit 16.958,70 S (darin 1.541,70 S Umsatzsteuer und keine Barauslagen) als weitere Exekutionskosten bestimmt.
Text
Begründung
Die betreibende Partei beantragte beim Gerichtshof erster Instanz als Titelgericht, ihr auf Grund eines Urteils, gegen das der Verpflichtete Berufung erhoben hatte, zur Sicherung der Forderung von 938.058,23 S sA die Exekution durch Zwangsverwaltung einer dem Verpflichteten gehörenden Liegenschaft zu bewilligen. Sie brachte zur Bescheinigung der Gefährdung ihres Anspruchs vor, daß auf der zu verwaltenden Liegenschaft mehrere Pfandrechte und ein Veräußerungs- und Belastungsverbot eingetragen seien. Der Verpflichtete habe außerdem gegenüber seiner früheren Ehefrau Verbindlichkeiten bis zu einem Höchstbetrag von 4 Mio S und er habe an sie sein bewegliches Vermögen verkauft, weshalb mehrere im Jahr 1988 geführte Fahrnisexekutionen einschließlich des Offenbarungseidesverfahrens erfolglos geblieben seien. Als Bescheinigungsmittel führte sie einen gerichtlichen Vergleich, eine Vereinbarung vom 26. Mai 1988 und die Zahlen mehrerer Exekutionsakten des Bezirksgerichtes am Sitz des Titelgerichtes. Das Erstgericht bewilligte, ohne Bescheinigungsmittel aufzunehmen und Feststellungen zur Gefährdung der Forderung der betreibenden Partei zu treffen, die beantragte Exekution in Form eines Bewilligungsvermerkes gemäß § 112 Abs 1 Geo.
Das Rekursgericht wies den Exekutionsantrag infolge Rekurses des Verpflichteten ab. Die Exekution zur Sicherstellung durch Zwangsverwaltung dürfe nur bewilligt werden, wenn die Begründung eines Pfandrechts zur Sicherung nicht ausreiche. Der betreibende Gläubiger müsse daher behaupten und bescheinigen, daß durch die Pfandrechtsvormerkung der Sicherungszweck nicht erreicht werde. Dies habe die betreibende Partei hier nicht getan.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs der betreibenden Partei ist berechtigt. Die Rechtsansicht des Rekursgerichtes, daß die Sicherungsexekution durch Zwangsverwaltung einer Liegenschaft nur bewilligt werden darf, wenn der Sicherungszweck durch die Pfandrechtsvormerkung nicht erreicht wird, entspricht zwar dem Schrifttum (Heller-Berger-Stix III 2668) und der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (RPflSlgE 1978/77; RPflSlgE 1979/74; vgl. für gewerbliche Unternehmungen SZ 46/18 und RPflSlgE 1983/54). Das Rekursgericht übersah jedoch, daß die betreibende Partei behauptete, auf der zu verwaltenden Liegenschaft sei ein rechtsgeschäftliches Veräußerungs- und Belastungsverbot eingetragen. Ein solches Verbot hindert die zwangsweise Pfandrechtsbegründung (MGA EO12 § 87/15), während es der Zwangsverwaltung nicht entgegensteht (SZ 47/86). Die betreibende Partei hat die Eintragung des Verbotes auch bescheinigt. Sie hat zwar keine Grundbuchsabschrift vorgelegt, wohl aber eine - allerdings unbeglaubigte - Ablichtung der Vereinbarung vom 26. Mai 1988, in der der Verpflichtete seinen Kindern ein Veräußerungs- und Belastungsverbot an der zu verwaltenden Liegenschaft einräumt. Zugleich mit dieser Vereinbarung legte sie den Beschluß des Pflegschaftsgerichts über die Genehmigung der Einräumung des Verbotes und jenen des Grundbuchsgerichtes über die Bewilligung der Einverleibung des Verbotes, diesen in Urschrift, vor. Damit ist die Eintragung des Veräußerungs- und Belastungsverbotes bescheinigt; es war ausreichend, daß die Urkunden zum Teil in unbeglaubigter Ablichtung vorgelegt wurden, zumal der Beschluß des Grundbuchsgerichtes in Urschrift vorlag. Daran ändert es nichts, daß die betreibende Partei diesen Beschluß nicht als Bescheinigungsmittel anführte, weil sie ihn vorlegte. Hat aber die betreibende Partei behauptet und bescheinigt, daß der Sicherungszweck durch die Vormerkung eines Pfandrechts nicht erreicht wird, so liegt der vom Rekursgericht angenommene Abweisungsgrund nicht vor.
Die betreibende Partei hat den Exekutionsantrag ausdrücklich nur auf die Gefährdung ihrer Forderung und damit erkennbar nur auf § 370 EO gestützt, weshalb die Exekution nicht gemäß § 371 a EO gegen Sicherheitsleistung bewilligt werden darf (Heller-Berger-Stix III 2663; 3 Ob 262/58; 5 Ob 272/69 u.a.). Voraussetzung für die Bewilligung des Exekutionsantrags ist daher die Glaubhaftmachung, daß ohne die beantragte Exekutionshandlung die Einbringung der der betreibenden Partei gerichtlich zuerkannten Geldforderung vereitelt oder erheblich erschwert werden würde. Diese Glaubhaftmachung ist entgegen der von der betreibenden Partei im Revisionsrekurs vertretenen Auffassung nicht schon durch die von ihr vorgelegten Urkunden erbracht, weil sich daraus nur Verbindlichkeiten des Verpflichteten und der Verkauf beweglicher Sachen an seine frühere Ehefrau ergeben. Dies schließt noch nicht aus, daß er über ein zur Berichtigung der Forderung der betreibenden Partei hinreichendes Vermögen verfügt. Die betreibende Partei hat im Exekutionsantrag aber weiters behauptet, daß gegen den Verpflichteten vor kurzem mehrere Fahrnisexekutionsverfahren einschließlich des Offenbarungseidesverfahrens ergebnislos geführt worden seien, und zur Bescheinigung dieses Vorbringens die Zahlen mehrerer Exekutionsakten angeführt.
Die im § 370 EO geforderte Glaubhaftmachung richtet sich zufolge § 78 EO nach § 274 ZPO. Gemäß dessen Absatz 1 letzter Satz eignet sich eine Beweisaufnahme, die sich nicht sofort ausführen läßt, nicht zum Zweck der Glaubhaftmachung. In jüngerer Zeit hat sich Kralik, Die paraten Beweismittel, GesRZ 1987, 178 ausführlich mit dieser Bestimmung beschäftigt und ist zu dem Ergebnis gekommen (bes. 186), daß das Erfordernis der sofortigen Ausführbarkeit der Beweisaufnahme dann nicht gelte, wenn die rasche Glaubhaftmachung ausschließlich im Interesse des Bescheinigungspflichtigen liege. Ob diese weitgehende Ansicht, für die allerdings beachtliche Argumente vorgebracht werden, mit dem Gesetzeswortlaut in Einklang zu bringen ist, kann dahingestellt bleiben. Es ist nämlich in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes anerkannt, daß der Erfordernis der sofortigen Ausführbarkeit der Beweisaufnahme der Ladung von Zeugen nicht grundsätzlich entgegensteht (EvBl 1971/111; JBl 1979, 550 ua); auch eine solche Beweisaufnahme wird aber nicht "sofort" im strengen Sinn des Wortes ausgeführt. Nach Ansicht des erkennenden Senates ist iglS zumindest eine in kürzester Zeit mögliche Beischaffung von Urkunden, besonders von Akten einer Behörde, zur Glaubhaftmachung geeignet, wenn nicht im einzelnen Fall berechtigte Interessen dritter Personen entgegenstehen (ebenso 5 Ob 109/65, insoweit wiedergegeben bei Heller-Berger-Stix III 2835; ferner 5 Ob 553/85 und Kralik aaO 185; aM Fasching, Kommentar III 292 und ZPR, Rz 809).
Das Erfordernis der sofortigen Ausführbarkeit der Beweisaufnahme legt der Partei nur die Pflicht auf, jene Urkunden dem Gericht vorzulegen, die sich in ihren Händen befinden oder die sie sich beschaffen kann. Ist dies aber nicht der Fall und führt die Beischaffung der Urkunden insbesondere also der Akten, zu keiner ins Gewicht fallenden Verzögerung des Bescheinigungsverfahrens, so hindert das angeführte Erfordernis die Beischaffung nicht, und der zur Glaubhaftmachung Verpflichtete kann sie beantragen. Dies gilt auch für den Antrag auf Bewilligung der Exekution zur Sicherstellung, obwohl § 55 Abs 2 EO für Exekutionsanträge Erhebungen oder Beweisaufnahmen verbietet. Die im § 370 EO vorgesehene Glaubhaftmachung, die sich nach § 274 EO richtet, geht als Spezialbestimmung der allgemeinen Bestimmung des § 55 Abs 2 EO vor.
Im vorliegenden Fall wäre die Beischaffung der vom Revisionsrekurswerber bezeichneten Akten besonders einfach gewesen, weil sie im selben Gerichtsgebäude lagen.
Da die Würdigung des Inhalts von Urkunden zur rechtlichen Beurteilung gehört, wenn sie das einzige Beweis- oder Bescheinigungsmittel bilden, und daher vom Obersten Gerichtshof vorgenommen werden darf (vgl. ZAS 1984, 20; JBl 1985, 97 ua), hat dieser die von der betreibenden Partei bezeichneten Exekutionsakten beigeschafft. Daraus ergibt sich in Verbindung mit dem Pfändungsprotokoll, daß in der Zeit vom 29.Dezember 1987 bis 24.März 1988 in insgesamt acht gegen den Verpflichteten geführten Exekutionssachen für Forderungen von 8.435,27 S, 5.010,71 S, 8.451,33 S, 11.497,18 S, 3.330,20 S, 5.601,09 S, 10.712 S und 13.679,41 S je sA ein Kraftfahrzeug mit einem Bleistiftwert von 50.000 S gepfändet wurde, wodurch - infolge Einstellung einzelner dieser Exekutionen - jeweils Deckung erzielt wurde. Ein am 25.August 1988 für eine Forderung von 6.162,35 S sA durchgeführter Pfändungsversuch blieb erfolglos, weil keine pfändbaren Gegenstände vorgefunden wurden. Der Verpflichtete hatte den Offenbarungseid nicht abzulegen, weil alle Exekutionen mit Zustimmung des betreibenden Gläubigers vorher eingestellt wurden. Nach einer am 29. Jänner 1988 vom Hauptverband der Sozialversicherungsträger gemäß § 294 a EO erteilten Auskunft waren dort zwar die Daten des Verpflichteten, aber kein Drittschuldner gespeichert. Aus der von der betreibenden Partei vorgelegten Vereinbarung vom 26. Mai 1988 geht hervor, daß der Verpflichtete seiner früheren Ehefrau eine Anzahl von beweglichen körperlichen Sachen, darunter offensichtlich auch das im Pfändungsprotokoll verzeichnete Kraftfahrzeug, verkaufte. Berücksichtigt man, daß ein am 25.August 1988 durchgeführter Pfändungsversuch mangels pfändbarer Gegenstände erfolglos blieb, so spricht dies für die Behauptung der betreibenden Partei, daß der Verpflichtete sein bewegliches Vermögen seiner früheren Ehefrau verkauft hat. Aus der erwähnten Vereinbarung ergibt sich weiters, daß der Kaufpreis mit einer Forderung aufgerechnet wurde, die der früheren Ehefrau des Verpflichteten gegen ihn zustand, und daß der Verpflichtete ihr noch 1,552.200 S zu bezahlen hat. Schließlich ist in der Vereinbarung als einzige Liegenschaft des Verpflichteten die hier in Exekution gezogene angeführt. Unter diesen Umständen erscheint es dem Obersten Gerichtshof glaubhaft, daß die Einbringung der verhältnismäßig hohen zu sichernden Forderung ohne die von der betreibenden Partei beantragte Exekutionshandlung vereitelt oder zumindest erheblich erschwert würde. Es ist nämlich nicht anzunehmen, daß die betreibende Partei sie gegebenenfalls durch ein anderes Exekutionsmittel in angemessener Zeit hereinbringen könnte, zumal ihr ein anderer Zugriff auf die Liegenschaft infolge des durch den Verpflichteten begründeten Veräußerungs- und Belastungsverbots verwehrt ist. Daß der Verpflichtete die in den Fahrnisexekutionen betriebenen Forderungen anscheinend bezahlt hat, steht dieser Annahme nicht entgegen, weil es sich dabei um verhältnismäßig geringe Beträge gehandelt hat.
Es sind somit sämtliche Voraussetzungen für die Bewilligung der beantragten Exekution erfüllt, weshalb der Beschluß des Erstgerichtes wiederherzustellen war.
Der Ausspruch über die Kosten des Rekurses des Verpflichteten beruht auf § 78 EO iVm §§ 40 und 50 ZPO, jener über die Kosten der betreibenden Partei auf § 74 EO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)