Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Am 4.Oktober 1987 verstarb die britische Staatsangehörige Margarethe B***. Die Erblasserin hatte einen Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland, möglicherweise auch in Österreich, und war Eigentümerin einer in Österreich gelegenen Liegenschaft und eines Guthabens bei einer österreichischen Bank.
Unter Berufung auf ein Testament vom 28.Oktober 1979 gaben ihre Söhne Walter B***, britischer Staatsangehöriger, wohnhaft in der Bundesrepublik Deutschland, und Bernhard P***, deutscher Staatsangehöriger, wohnhaft in der Bundesrepublik Deutschland, (künftig kurz "Söhne"), je zur Hälfte eine bedingte Erbserklärung ab. Keine Erbserklärungen liegen bisher von der Rekurswerberin Edda M***, deutsche Staatsangehörige, wohnhaft in der Bundesrepublik Deutschland, Tochter der Erblasserin (künftig kurz "Tochter") und der minderjährigen Katrin S***, geboren 16.August 1977, vertreten durch die Mutter und Vormünderin Gisela S***, deutsche Staatsangehörige, wohnhaft in der Bundesrepublik Deutschland, Tochter eines vorverstorbenen Sohnes der Erblasserin (künftig kurz "Enkelin") vor.
Die Tochter wird im Testament vom 28.Oktober 1979 enterbt, aber nach der letztwilligen Verfügung vom 6.Juli 1987 mit dem Guthaben bei verschiedenen deutschen Banken auf Sparbüchern und einem Sparbrief bedacht. Mit einem Vertrag vom 19.August 1982, abgeschlossen zwischen ihr und der Erblasserin vor einem deutschen Notar, hat sie auf ihr gesetzliches Erbrecht und ihr Pflichtteilsrecht verzichtet.
Die Söhne der Erblasserin beantragten, ihnen die Besorgung und Benützung der Verlassenschaft zu überlassen. Sie wiesen darauf hin, daß sie mit ihrer Schwester in keinem guten Einvernehmen stünden, weil diese nunmehr vom seinerzeit abgegebenen Erb- und Pflichtteilsverzicht nichts mehr wissen wolle. Bei der Antragstellung lag auch schon ein Beschluß des Bayrischen Obersten Landesgerichtes vom 5.Mai 1988 vor, mit dem eine weitere Beschwerde der Tochter gegen den Beschluß des deutschen Abhandlungsgerichtes auf Ausstellung des gemeinschaftlichen Erbscheines zugunsten der Söhne zurückgewiesen wurde. Nach der Begründung dieser Entscheidung mache die Tochter kein eigenes Erbrecht geltend, sondern bestreite nur die Wirksamkeit eines Übergabe- und Erbvertrages vom 23. November 1945, der aber für die Testierfähigkeit der Erblasserin nicht relevant sei, und des Verzichtsvertrages vom 19.August 1982, bringe aber nichts gegen ihre Enterbung im Testament vom 28. Oktober 1979 vor.
Das Erstgericht nahm die Erbserklärungen der Söhne an und überließ ihnen gemäß § 810 ABGB die Besorgung und Benützung der Verlassenschaft.
Erst nach Erlassung dieses Beschlusses langte ein Antrag der Tochter auf Nachlaßseparation bis zur Klärung ihres Pflichtteilsrechtes ein.
Das Gericht zweiter Instanz wies den Rekurs der Tochter gegen den angeführten Beschluß des Erstgerichtes wegen Fehlen der Beteiligtenstellung als unzulässig zurück. Als Pflichtteilsberechtigte komme die Tochter wegen des Verzichtsvertrages nicht in Betracht. Daß sie die Gültigkeit dieses Vertrages in Frage stelle, sei unbeachtlich, weil sie selbst nicht das Vorliegen eines die Unwirksamkeit feststellenden Urteiles behaupte. Ob ein Erbverzicht möglich sei, sei zwar nach britischem Erbrecht zu beurteilen, dieses verweise aber beim unbeweglichen Nachlaßvermögen auf das Recht des Staates, in dem dieses gelegen sei, also auf österreichisches Recht, und für das bewegliche Vermögen auf das Domizilrecht der Erblasserin, also auf deutsches Recht. Als Pflichtteilsberechtigte habe die Tochter nur die Stellung einer Nachlaßgläubigerin. Auf den nach Beschlußfassung des Erstgerichtes gestellten Separationsantrag sei noch nicht Bedacht zu nehmen, doch schließe die Überlassung der Besorgung des Nachlasses die Separation nicht aus.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist nicht berechtigt.
Soweit gemäß den §§ 22, 23 AußStrG über den Nachlaß der ausländischen Erblasserin eine Verlassenschaftsabhandlung in Österreich durchzuführen ist, sind nach § 28 Abs 2 IPRG der Erbschaftserwerb und die Haftung für Nachlaßschulden nach österreichischem Recht zu beurteilen.
Nach österreichischem Recht kommt aber der Tochter der Erblasserin nur die Stellung einer Vermächtnisnehmerin und damit einer Verlassenschaftsgläubigerin zu. In dieser Eigenschaft hat sie ein Rekursrecht nur gegen solche Verfügungen, mit denen in ihre Rechte eingegriffen wird. Außerhalb dieser in den §§ 811 bis 815 ABGB gegründeten Rechte steht ihr eine Einflußnahme auf die Verlassenschaftsabhandlung nicht zu (EvBl 1968/32, RZ 1988/38). Die Überlassung der Besorgung und Benützung der Verlassenschaft an die hinreichend ausgewiesenen Erben im Sinne des § 810 ABGB berührt diese Gläubigerrechte nicht. Trotz der Überlassung der Verwaltung an die beiden Söhne kann die Tochter die Absonderung der Verlassenschaft im Sinne des § 812 ABGB beantragen (welcher Antrag ohnedies schon gestellt wurde); die Bewilligung derselben hätte das Erlöschen der Verwaltung nach § 810 ABGB zur Folge (Welser in Rummel, ABGB, Rz 10 zu § 810 mwN). Hier ist aber die Sachlage im Zeitpunkt der Entscheidung erster Instanz maßgebend. Das Gericht zweiter Instanz hat daher den Rekurs der Tochter der Erblasserin mit Recht zurückgewiesen.
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