Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung
Die zweite Ehe der Eltern der Kinder Andreas, geboren 16. September 1983, und Christian, geboren 17.November 1986, wurde mit Beschluß vom 6.Mai 1988 gemäß § 55 a EheG geschieden. Eine erste Scheidung war mit Beschluß vom 10.November 1983 ausgesprochen worden, die Eltern hatten sich aber in der Folge wieder verehelicht. Die elterlichen Rechte stehen der Mutter zu.
Der Vater beantragte ein Besuchsrecht für jeden ersten und dritten Sonntag jeden Monates.
Die Mutter sprach sich gegen jegliches Besuchsrecht aus, wobei sie geltend machte, der Vater habe sich schon während der Ehe nie besonders um die Kinder gekümmert, habe diese geschlagen und angeschrien und sei als Alkoholiker eine Gefahr für sie. Das Erstgericht bewilligte ein Besuchsrecht an jedem ersten und dritten Sonntag im Kalendermonat jeweils von 14 bis 17 Uhr. Es wies auf die positive Stellungnahme des Jugendamtes hin, wonach der Vater seiner Unterhaltspflicht pünktlich nachkomme und die Befürchtungen der Mutter ohne konkrete Grundlage seien, und vertrat die Ansicht, es müsse zur Verhinderung einer gegenseitigen Entfremdung ein persönlicher Kontakt zwischen dem Vater und den Kindern im Interesse des Kindeswohles ermöglicht werden. In ihrem Rekurs gegen diesen Beschluß wies die Mutter darauf hin, daß der Vater sie in der Nacht vom 27. auf den 28.August 1988 bei einem Feuerwehrfest in alkoholisiertem Zustand zur Rede gestellt, grundlos gewürgt, geschlagen und zu Boden geworfen und getreten habe. Schon vorher und besonders wegen dieses Vorfalls seien die Mutter und die Kinder in Furcht und Unruhe versetzt. Andreas habe erklärt, er fürchte sich, weil ihn der Vater schon wiederholt geschlagen habe, er werde solange schreien bis ihn der Vater wieder zur Mutter bringe, falls er ihn abhole. Beide Kinder wünschten keinen Kontakt mit dem Vater.
Das Gericht zweiter Instanz bestätigte den Beschluß des Erstgerichtes.
Es nahm nach Einsicht in die Gendarmerieanzeige das neue Vorbringen zu dem Vorfall vom 27./28.August 1988 so als erwiesen an, wie ihn die Mutter im Rekurs vorgetragen hatte. Trotzdem bestehe kein Anlaß, von der vom Erstgericht getroffenen Besuchsregelung abzugehen. Eine Besuchsrechtsentziehung komme nur bei Vorliegen besonders schwerwiegender Gründe und einer Gefährdung des Kindeswohles in Betracht. Der Umstand, daß die Mutter den Vater ein zweites Mal geehelicht habe, sei ein Indiz dafür, daß der Vater nicht so schlecht sein könne, wie ihn die Mutter jetzt darzustellen versuche. Gewisse ängstliche Reaktionen eines Kindes seien im Anfangstadium der Kontaktaufnahme nicht zu vermeiden. Es sei Sache der Eltern, keine negative Einstellung der Kinder zu erzeugen oder zu vertiefen, sondern sie abzubauen. Auf die persönlichen Stellungnahmen der Kinder könne nicht Rücksicht genommen werden, weil ihnen noch die nötige Einsicht fehle. Nach der derzeitigen Sachlage erscheine das vom Erstgericht eingeräumte Besuchsrecht dem Wohl der Kinder nicht abträglich.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs der Mutter ist nicht zulässig.
Gemäß § 16 Abs 1 AußStrG kann ein bestätigender Beschluß der zweiten Instanz abgesehen von den hier nicht angezogenen Rechtsmittelgründen der Nichtigkeit oder Aktenwidrigkeit nur wegen offenbarer Gesetzwidrigkeit angefochten werden, womit eine schlichte unrichtige rechtliche Beurteilung nicht gleichbedeutend ist (EFSlg 52.741 bis 52.743). Eine Besuchsrechtsentscheidung ist daher nicht schon dann offenbar gesetzwidrig, wenn nicht alle Umstände des Einzelfalles gebührend beachtet wurden (EFSlg 49.933, 52.770), sondern nur, wenn das Kindeswohl gänzlich außer acht gelassen worden wäre (EFSlg 49.932, 52.759).
Das Besuchsrecht gehört zu den Grundrechten jeder Eltern-Kind-Beziehung, und das Kindeswohl erfordert in aller Regel den Kontakt zu beiden Elternteilen. Eine Entziehung des Besuchsrechtes kommt daher nur ausnahmsweise und bei Vorliegen besonders schwerwiegender Gründe in Frage (EFSlg 51.199). Wenn das Gericht zweiter Instanz die Mißhandlung der Mutter durch den Vater sowie die derzeit bestehenden Ängste der Mutter, es könne bei den Besuchen zu Unzukömmlichkeiten kommen, noch nicht als ausreichend für einen gänzlichen Entzug des Besuchsrechtes ansah, kann darin keine offenbare Gesetzwidrigkeit erblickt werden. Der Fall der im Revisionsrekurs zitierten Entscheidung RZ 1982/16 ist mit dem vorliegenden nicht vergleichbar. Dort war es schon zu einer Vielzahl gegenseitiger Anschuldigungen im Pflegschaftsverfahren und zu Gehaltsexekutionen und zur Entstehung eines negativen Vaterbildes bei einem schon im fünfzehnten Lebensjahr stehenden Kind gekommen; überdies ging es nicht um die Annahme einer offenbaren Gesetzwidrigkeit.
Es wird im vorliegenden Fall Sache der Mutter sein, die Kinder vor jedem Besuch zu beruhigen und ihnen deutlich zu machen, daß sie jetzt ihren Vater besuchen dürfen, der für sie sorgt und an ihnen interessiert ist und vor dem sie sich daher nicht zu fürchten haben. Es wird allerdings wesentlich auch am Vater liegen, zumindest am Besuchstag nicht alkoholisiert zu sein, der Mutter keine Vorwürfe zu machen und sich im Umgang mit den Kindern und der Mutter jeder Gewalttätigkeit zu enthalten. Aber schon jetzt davon auszugehen, daß es wahrscheinlich zu Mißhandlungen der Kinder kommen werde, daß die Kinder in psychische Bedrängnis gerieten oder durch die Besuche die Beziehungen der Kinder zu ihrer Mutter unerträglich gestört würden, liegt nicht so auf der Hand, daß von einer offenbaren Gesetzwidrigkeit der Entscheidung der zweiten Instanz gesprochen werden könnte.
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