OGH 10ObS77/89

OGH10ObS77/897.3.1989

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier und Dr. Bauer als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Franz Köck (AG) und Karl Amsz (AN) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Renate K***, Eichenwaldweg 11, 2410 Hainburg a d Donau, vertreten durch Dr. Florian Gehmacher, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei P*** DER A***, Roßauer Lände 3, 1092 Wien, im Revisionsverfahren nicht vertreten wegen Invaliditätspension infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 6. September 1988, GZ 31 Rs 175/88-15, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 19. Jänner 1988, GZ 5 Cgs 1186/87-11, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die am 11. Juli 1944 geborene Klägerin hat keinen Beruf erlernt und war während der letzten 15 Jahre vor der Antragstellung als Küchengehilfin, Hilfsarbeiterin, Bedienerin und Hausbesorgerin beschäftigt. Aus chirurgischer Sicht sind der Klägerin seit Antragstellung alle Arbeiten in beliebiger Körperhaltung in der üblichen Arbeitszeit unter Einhaltung der üblichen Pausen möglich. Aus interner Sicht ist die Klägerin für alle mittelschweren Arbeiten geeignet. Psychiatrisch-neurologisch besteht bei der Klägerin ein normaler Befund, für eine endogene Depression besteht kein Anhaltspunkt. Der Klägerin sind Schwerarbeiten und Arbeiten in vorwiegend gebückter Haltung nicht möglich. Die Fingerbeweglichkeit ist voll erhalten, die Anmarschwege sind nicht eingeschränkt. Eine Umstellung kommt im Sinn einer Anlernung oder Unterweisung in Frage. Das Erstgericht wies das auf Gewährung einer Invaliditätspension ab 1. März 1987 gerichtete Begehren der Klägerin ab. Die Voraussetzungen des § 255 Abs 3 ASVG seien nicht erfüllt, da die Klägerin in der Lage sei, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zahlreiche Beschäftigungen wie etwa die einer Bedienerin, Bürobotin, Saaldienerin, Bade- oder Garderobenwartin auszuüben. Das Berufungsgericht verneinte das Vorliegen der von der Klägerin gerügten Verfahrensmängel und gab der von ihr erhobenen Berufung nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Klägerin aus den Revisionsgründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, es im Sinne einer Klagestattgebung abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei hat sich am Revisionsverfahren nicht

beteiligt.

Die Revision ist nicht berechtigt.

Soweit die Revisionswerberin die Unterlassung einer weiteren Aufklärung über das Vorliegen eines behaupteten Asthmaleidens bemängelt, macht sie einen bereits in der Berufung gerügten Mangel des Verfahrens erster Instanz geltend. Wie der erkennende Senat in seiner grundsätzlichen Entscheidung SSV 1/32 ausführlich dargelegt hat, hält er auch im Verfahren in Sozialrechtssachen an der seit der Entscheidung SZ 22/106 ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fest, daß Mängel des Verfahrens erster Instanz, deren Vorliegen vom Berufungsgericht verneint wurde, nicht mit Revision geltend gemacht werden können. Wenn die Klägerin moniert, der Sachverständige für Chirurgie sei der mündlichen Streitverhandlung nicht zugezogen und ein Psycho- und Arbeitstest nicht durchgeführt worden, rügt sie im Berufungsverfahren nicht geltend gemachten Mängel des Verfahrens erster Instanz, die nicht zum Gegenstand der Mängelrüge in der Revision gemacht werden können !SSV-NF 1/68 . Die Berufungsausführungen, mit denen die Klägerin die Unterlassung der Einholung eines zusammenfassenden ärztlichen Gutachtens bemängelt, stellen sich inhaltlich als Rechtsrüge dar, weil damit die Unvollständigkeit der Entscheidungsgrundlage, sohin ein Feststellungsmangel, geltend gemacht wird. Diesen in der Revision neuerlich vorgetragenen Ausführungen kann jedoch nicht beigetreten werden. Wohl trifft es zu, daß eine isolierte Feststellung von Leidenszuständen und der Einschränkungen der Leistungsfähigkeit nach bestimmten medizinischen Fachgebieten zumeist nicht ausreichend ist, weil nur ausgehend von Feststellungen über den Gesamtzustand und die sich daraus ergebende Leistungsfähigkeit, die bedingt durch gegenseitige Leidensbeeinflussung über eine bloße Summierung der sich aus den Teilgutachten ergebenden Einschränkungen hinausgehen könnte, die Einsetzbarkeit auf dem Arbeitsmarkt verläßlich beurteilt werden kann. Zutreffend hat das Berufungsgericht jedoch darauf hingewiesen, daß im vorliegenden Fall in keinem der Fachgebiete relevante Einschränkungen bestehen. In diesem Fall kann bereits aufgrund der vom Erstgericht getroffenen Feststellungen mit ausreichender Sicherheit beurteilt werden, daß die Klägerin in der Lage ist, die herangezogenen Verweisungsberufe auszuüben. Da es sich dabei um Tätigkeiten handelt, deren Anforderungen als allgemein bekannt vorausgesetzt werden können, bedurfte es auch keiner Feststellungen hierüber (10 Ob S 253/88).

Der Revision mußte daher ein Erfolg versagt bleiben. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.

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