OGH 4Ob508/89

OGH4Ob508/8921.2.1989

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Melber, Dr. Kodek, Dr. Niederreiter und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Dr. Roland M***, Facharzt, Wien 18., Gregor Mendelstraße 26, vertreten durch Dr. Helmut Hoppel, Rechtsanwalt in Wien, 2. Mag. Harald F***, AHS-Professor, Wien 19., Kreindlgasse 17-19/8, vertreten durch Dr. Erich Kadlec, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Dipl.Dolm. Dr. Ulrike M***, Richterin, Wien 19., Kreindlgasse 17-19/2, vertreten durch Dr. Rudolf Stöhr, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterfertigung eines Einreichplanes (Streitwert: S 1,000.000) infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom 29.November 1988, GZ 12 R 41/88-28, womit der Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 29.Jänner 1988, GZ 3 Cg 136/87-16, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei hat die Kosten ihres Revisionsrekurses selbst zu tragen.

Die Revisionsrekursbeantwortungen der klagenden Parteien werden zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die Kläger behaupten, die Beklagte habe von Otto F*** am 22. Juli 1980 einen Achtel Miteigentumsanteil der Liegenschaft EZ 366 KG Oberdöbling Haus Kreindlgasse 17 und 19 erworben und sich im Kaufvertrag (Pkt X und XIV) verpflichtet, die für die Aufstockung des Hauses und die Errichtung der Wohnungen top.Nr. 7 und 8 im Dachgeschoß erforderlichen Erklärungen abzugeben und einer zur Wohnungseigentumsbegründung allenfalls erforderlichen Änderung ihres Anteiles unentgeltlich zuzustimmen. Sie hätten von Otto F*** ebenfalls je ein Achtel des Hauses mit der Verpflichtung erworben, das Dachgeschoß auszubauen und dort zwei getrennte Wohneinheiten zu errichten; die Beklagte weigere sich jedoch, den Auswechslungsplan des Mag. Arch. Hugo P*** vom 1.April 1985 über den endgültigen Dachbodenausbau zu unterfertigen. Die Kläger beantragen daher, die Beklagte schuldig zu erkennen, den Auswechslungsplan vom 1. April 1985 zum Einreichungsplan vom 1.April 1985 für den Ausbau des Dachgeschosses des Hauses Wien 19., Kreindlgasse 17-19, zu unterfertigen.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete ein, daß sie gegenüber den Klägern keine vertragliche Verpflichtung zur Unterfertigung von Bauplänen übernommen habe; die gegenüber Otto F*** übernommene Verpflichtung, den anläßlich des Kaufvertragsabschlusses vorliegenden Einreichungsplan zu unterfertigen, habe sie bereits erfüllt; die nunmehrige Bauführung widerspreche der Bauordnung und ihren Interessen als Miteigentümerin und Wohnungseigentumsbewerberin.

In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 14. Dezember 1987 trugen die Kläger vor, daß der Auswechslungsplan tatsächlich vom 18.Dezember 1984 stamme, mit Änderungen vom 1. April 1985 versehen (gewesen) und am 14.Oktober 1987 durch den Planverfasser nach Rücksprache mit der Baupolizei ergänzt worden sei. Die letztgenannten Ergänzungen hätten nur die Kamintürchen im Obergeschoß, die Korrektur der "Schnittbezeichnungen 3 und 6" sowie die Einzeichnung des Dachflächenfensters des Abstellraumes im Obergeschoß anstelle des zuvor enthalten gewesenen normalen Fensters betroffen. Die Kläger änderten ihr Klagebegehren im Hinblick darauf dahin, daß die Beklagte zur Unterfertigung des Bauplanes mit den am 14. Oktober 1987 vorgenommenen Ergänzungen schuldig erkannt werde. Ferner trugen die Kläger vor, daß ihnen Otto F*** den gegen die Beklagte geltend gemachten Anspruch aus Gründen der Vorsicht auch abgetreten habe.

Die Beklagte sprach sich gegen die Änderung der Klage aus. Es habe bereits ein Schriftsatzwechsel stattgefunden, der auf den mit der Klage vorgelegten Plänen basiere. Der geänderte Plan erfordere eine neuerliche Prüfung. Damit sei aber eine Erschwerung und Verzögerung des Verfahrens verbunden.

Das Erstgericht ließ die Klageänderung nicht zu. Im Fall der Zulassung der Klageänderung auf Unterfertigung eines geänderten Austauschplanes wäre der bisherige Verfahrensaufwand, der sich auf den mit der Klage vorgelegten Plan bezogen habe, "frustriert". Alle bereits vorliegenden Erklärungen und Erörterungen müßten wiederholt werden; das würde aber zu einer erheblichen Verzögerung des Verfahrens führen.

Das Rekursgericht ließ die Änderung der Klage zu und sprach aus, daß der Wert des Beschwerdegegenstandes S 300.000 übersteige. Der bisher getätigte - allerdings weitgehend aus unzulässigen Schriftsätzen bestehende - Verfahrensaufwand gehe durch die Zulassung der Klageänderung nicht verloren und bedürfe nur geringfügiger Ergänzungen. Es sei auch nicht erkennbar, daß die Ergänzung des Bauplanes einen Einfluß auf die Größe der Wohnflächen oder auf ein künftiges Nutzwertfeststellungsverfahren habe. Eine erhebliche Erschwerung und Verzögerung der Verhandlung sei daher nicht zu besorgen.

Rechtliche Beurteilung

Der von der Beklagten dagegen erhobene Revisionsrekurs ist rechtzeitig, weil ihr bisheriger Rechtsanwalt gestorben ist (§ 160 Abs. 1 ZPO) und der angefochtene Beschluß zunächst dem von ihr nicht bevollmächtigen und am Tage der Zustellung (21.Dezember 1988) bereits wieder enthobenen mittlerweiligen Stellvertreter ihres verstorbenen Vertreters zugestellt worden ist; der als aktive Richterin gemäß § 28 Abs. 1 ZPO vom Anwaltszwang befreiten Beklagten ist der angefochtene Beschluß am 23.Dezember 1988 zugekommen. Ob dies, wiewohl sie einen Anwalt als Prozeßbevollmächtigten bestellt hatte, den Lauf der Rechtsmittelfrist in Gang setzen konnte, kann auf sich beruhen, weil das Rechtsmittel durch den neuen Prozeßbevollmächtigten am 20.Jänner 1989 zur Post gegeben wurde und daher (infolge der Gerichtsferien am 24.Dezember bis 6.Jänner) rechtzeitig ist. Der Revisionsrekurs ist jedoch nicht berechtigt. Gemäß § 235 Abs. 3 ZPO kann das Gericht eine Änderung der Klage nach Eintritt der Streitanhängigkeit und ungeachtet der Einwendungen des Gegners zulassen, wenn durch die Änderung die Zuständigkeit des Prozeßgerichtes nicht überschritten wird und aus ihr eine erhebliche Erschwerung oder Verzögerung der Verhandlung nicht zu besorgen ist. Wie bereits das Rekursgericht hervorgehoben hat, sind Klageänderungen nach der Rechtsprechung tunlichst zuzulassen; dies gilt insbesondere dann, wenn der bisherige Prozeßaufwand verwertbar bleibt und eine neue Klage vermieden wird (Fasching, Zivilprozeßrecht, Lehr- und Handbuch Rz 1240; SZ 27/167; EvBl. 1959/382; SZ 43/35 uva). Das trifft hier zu: Der bisherige Verfahrensaufwand geht durch die Zulassung der Klageänderung nicht verloren. Ob die Beklagte verpflichtet ist, den ursprünglich mit der Klage vorgelegten Auswechslungsplan zu unterfertigen, bleibt weiterhin Beweisthema. Infolge der Erweiterung des Klagebegehrens tritt nur das neue Beweisthema hinzu, ob die Beklagte auch den nunmehrigen Änderungen (Ergänzungen) des Auswechslungsplanes durch Unterfertigung des Bauplanes zustimmen muß. Eine erhebliche Erschwerung oder Verzögerung des Verfahrens ist daher nicht zu besorgen. Ob die Ergänzungen (Änderungen) des Auswechslungsplanes einen Einfluß auf die Leistungspflicht der Beklagten haben und daher ihre Interessen in einem künftigen Nutzwertfeststellungsverfahren beeinträchtigen können, ist für die Beurteilung der Zulässigkeit der Klageänderung ohne Bedeutung.

Dem Revisionsrekurs war daher ein Erfolg zu versagen. Im Zivilprozeß sind Rekurse (Revisionsrekurse) nur in den in § 521 a ZPO genannten Fällen zweiseitig. Rekurse (Revisionsrekurse) gegen Entscheidungen über die Zulässigkeit einer Klageänderung sind in der taxativen Aufzählung dieser Gesetzesstelle nicht angeführt (4 Ob 1510/84; 14 Ob 101,102/86 ua; zuletzt 2 Ob 560,561/87). Die Revisionsrekursbeantwortungen der Kläger sind daher unzulässig. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsrekurses gründet sich auf §§ 40, 50, 52 Abs. 1 ZPO.

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