Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsverfahrens selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Mit Bescheid vom 5.Dezember 1982 gewährte die beklagte Partei der Klägerin ab 26.Juli 1982 die Invaliditätspension. Dem Bescheid lagen der Befund und das Gutachten eines von der beklagten Partei mit der Untersuchung der Klägerin beauftragten Arztes vom 1. September 1982 zugrunde, der auf Grund einer am 9.August 1982 durchgeführten Untersuchung bei der Klägerin einen Zustand nach einem Hinterwandinfarkt, eine Hyperlipoproteinämie Typ II nach Frederikson, eine asymptomatische Hyperurikämie, einen Zustand nach Nephrolithiasis sowie Übergewichtigkeit als gegeben annahm und daraus folgerte, daß die Klägerin infolge der stark eingeschränkten kardialen Belastbarkeit nicht imstande sei, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt die Hälfte des Normalverdienstes zu erreichen. Mit Bescheid vom 6.Juni 1986 entzog die beklagte Partei der Klägerin die Invaliditätspension gemäß § 99 Abs 1 ASVG mit Ablauf des Monates Juli 1986, weil die Voraussetzungen des Anspruchs nicht mehr vorhanden seien.
Das Erstgericht erkannte die beklagte Partei schuldig, der Klägerin die Invaliditätspension ab 1.August 1986 im gesetzlichen Ausmaß weiterzugewähren. Es stellte im wesentlichen folgenden Sachverhalt fest:
Die am 14. April 1939 geborene Klägerin leistete bei der vom gerichtlichen Sachverständigen (im Oktober 1986) durchgeführten Fahrradergometrie 75 Watt ohne pectanginöse Beschwerden. In einem am 13. Oktober 1986 durchgeführten Ergometrieversuch leistete sie 125 Watt ohne pathologisches EKG und ohne Angina pectoris. Sie zeigte damit die körperliche Belastbarkeit eines gesunden Probanden. Es kann nicht festgestellt werden, daß in ihrem Leidenszustand gegenüber dem, der in dem zur Gewährung der Invaliditätspension führenden Befund vom 1.September 1982 festgestellt wurde, eine wesentliche Änderung, insbesondere eine Verbesserung, und zwar auch nicht durch Anpassung und Gewöhnung an den Zustand, eingetreten ist. Die seinerzeit festgestellte eingeschränkte kardiale Belastbarkeit war im Oktober 1986 nicht mehr gegeben, "weil dieser Zustand zum damaligen Zeitpunkt mit größter Wahrscheinlichkeit auch nicht vorgelegen hat".
Die Klägerin ist seit August 1986 imstande, leichte, vorübergehend auch mittelschwere Arbeiten im Wechsel zwischen Gehen und Stehen sowie zwischen Gehen und Sitzen in geschlossenen Räumen mit den üblichen Pausen zu verrichten. Kälte-, Nässe- und Zugluftexposition, das Heben und längere Tragen von Gegenständen über 20 kg sowie das Arbeiten an überhöhten Plätzen sollte vermieden werden.
Für die Klägerin, die während der 15 Jahre vor dem Stichtag vorwiegend als Textilarbeiterin beschäftigt war, kommen auf Grund ihres gegenwärtigen Leistungskalküls einfache Kontrollarbeiten oder einfache Montagearbeiten in der Metall-, Elektro- und Kunststoffindustrie sowie Verpackungsarbeiten und dgl. in Betracht. Hiedurch könnte sie wenigstens die Hälfte des Entgelts erwerben, das ein körperlich und geistig gesunder Versicherter regelmäßig durch eine solche Tätigkeit zu erzielen pflegt.
Rechtlich beurteilte das Erstgericht den von ihm festgestellten Sachverhalt dahin, daß die Voraussetzungen für die Entziehung der Invaliditätspension nicht gegeben seien, weil sich der Leidenszustand der Klägerin gegenüber dem zur Zeit der Zuerkennung der Pension nicht wesentlich gebessert habe.
Das Berufungsgericht wies infolge Berufung der beklagten Partei das Klagebegehren ab. Es traf nach teilweiser Beweiswiederholung folgende Feststellungen:
Die Klägerin erlitt im Jänner 1982 einen Hinterwandinfarkt und wurde deshalb vom 26.Jänner bis 19.Februar 1982 in einem Krankenhaus und vom 16.März bis 20.April 1982 in einem Rehabilitationszentrum stationär behandelt. Sie litt zur Zeit der Untersuchung durch den Arzt der beklagten Partei an den von diesem festgestellten Leiden. Im Rehabilitationszentrum konnte ihre Leistungsfähigkeit nicht über 50 Watt gesteigert werden. Im August (1982) war die kardiale Belastbarkeit "dementsprechend" auch noch stark eingeschränkt. Rechtlich folgerte das Berufungsgericht, daß der Gesundheitzustand der Klägerin, der zur Zeit der Entziehung der Pension bestand, gegenüber jenem zur Zeit der Gewährung der Pension wesentlich gebessert gewesen sei. Zwischen einer Leistungsfähigkeit von 50 Watt und einer solchen von 75 Watt bestehen naturgemäß ein ganz erheblicher Unterschied in der Leistungsbreite. Die Klägerin könne auf Grund des Leistungskalküls, das im Zeitpunkt der Entziehung gegeben gewesen sei, die vom Erstgericht festgestellten Verweisungsberufe voll ausüben. Sie habe daher spätestens ab Juli 1986 keinen Anspruch auf Invaliditätspension mehr.
Gegen dieses Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision der Klägerin wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens, Aktenwidrigkeit und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, es im Sinne der Wiederherstellung des Ersturteils abzuändern oder es allenfalls aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Urteilsschöpfung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Die beklagte Partei erstattete keine Revisionsbeantwortung.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Die geltend gemachte Mangelhaftigkeit und Aktenwidrigkeit liegen
nicht vor (§ 2 Abs 1 ASGG iVm § 510 Abs 3 ZPO).
Auch die Rechtsrüge ist nicht begründet.
Schon die Vorinstanzen erkannten richtig, daß eine Leistung gemäß § 99 Abs 1 ASVG nur entzogen werden darf, wenn sich die Verhältnisse gegenüber dem Zeitpunkt der Zuerkennung wesentlich geändert haben (SSV-NF 1/43; SSV-NF 2/43).
Der vom Berufungsgericht festgestellte Sachverhalt weicht insofern von dem vom Erstgericht festgestellten entscheidend ab, als das Erstgericht nicht als erwiesen annahm, daß die Klägerin an den Beschwerden litt, von denen bei der Gewährung der Invaliditätspension ausgegangen wurde. Das Erstgericht verneinte deshalb eine wesentliche Änderung der Verhältnisse. Das Berufungsgericht hat diese Beschwerden als erwiesen angenommen. Daran ist der Oberste Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, gebunden.
Nach den Feststellungen des Berufungsgerichtes war die kardiale Leistungsfähigkeit der Klägerin zur Zeit der Gewährung der Pension auf 50 Watt eingeschränkt. Dem steht gegenüber, daß die Klägerin nach den - insoweit unbekämpft gebliebenen und vom Berufungsgericht übernommenen - Feststellungen des Erstgerichtes im Oktober 1986 einmal eine Leistung von 75 Watt und ein anderes Mal eine Leistung von 125 Watt erreichte, wobei die zuletzt angeführte Leistung der eines gesunden Menschen entspricht. Dies verkennt die Klägerin in ihren Revisionsausführungen, in denen sie sich nur mit der Verbesserung der Leistung von 50 auf 75 Watt beschäftigt. Jedenfalls wenn man beide Leistungen zusammen betrachtet, muß dem Berufungsgericht darin gefolgt werden, daß sich die Verhältnisse im Leistungskalkül der Klägerin gegenüber jenen zur Zeit der Zuerkennung der Pension wesentlich im Sinn einer Besserung geändert haben, wobei nach den Verfahrensergebnissen davon auszugehen ist, daß dies schon zur Zeit der Wirksamkeit der Entziehung der Pension, also im August 1986 (vgl. § 99 Abs 2 ASVG), der Fall war. Der Klägerin mußte daher gemäß § 99 Abs 1 ASVG die Invaliditätspension entzogen werden, wenn auf Grund der Änderung der Verhältnisse die Voraussetzungen des Anspruchs auf die Pension nicht mehr vorhanden waren. Dies war aber bei dem für August 1986 festgestellten Leistungskalkül der Fall, weil sie demnach noch imstande ist, die vom Erstgericht angeführten Berufstätigkeiten ohne Beeinträchtigung ihres Gesundheitszustandes auszuüben und sie deshalb hierauf zu verweisen ist. Sie ist dann aber nicht invalid im Sinn des für sie maßgebenden § 255 Abs 3 ASVG. Gegen diese schon vom Berufungsgericht vertretene Rechtsansicht wird in der Revision nichts vorgebracht, weshalb sich der Oberste Gerichtshof nicht veranlaßt sieht, hierauf weiter einzugehen.
Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit c ASGG (vgl. SSV-NF 1/19).
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