Spruch:
Der Revisionsrekurs der Antragstellerin wird zurückgewiesen, soweit er sich gegen die Kostenentscheidung des Rekursgerichtes wendet.
Im übrigen wird beiden Rechtsmitteln nicht Folge gegeben und der angefochtene Beschluß mit der Maßgabe bestätigt, daß die Räumungsverpflichtung von der Vorleistung der Ausgleichszahlung abhängig ist.
Jeder Teil hat die Kosten des Revisionsrekursverfahrens selbst zu tragen.
Text
Begründung
Die zwischen der am 14. November 1928 geborenen Antragstellerin und dem am 15. Dezember 1933 geborenen Antragsgegner am 3. Juni 1960 geschlossene Ehe wurde mit dem Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 31. Juli 1987, GZ 26 Cg 74/87-25, mit dem Ausspruch geschieden, daß die Frau eine Mitschuld trifft, die Schuld des Mannes an der Scheidung aber überwiegt (§ 60 Abs 3 EheG). Beide Teile sind österreichische Staatsbürger. Der Ehe entstammen die volljährigen aber noch studierenden Kinder Franz Georg geboren am 27. Dezember 1965, und Hildegard Marianne geboren am 11. März 1968. Nach Rechtskraft des Scheidungsurteiles beantragte die Frau rechtzeitig die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse.
Das Erstgericht entschied über die Aufteilung dahin, daß die gemietete Ehewohnung ab 1. Dezember 1988 dem Mann zur alleinigen Benützung zugewiesen wird, die Frau die Wohnung bis zum 1. Dezember 1988 zu räumen und dem Mann geräumt zu übergeben hat, daß im einzelnen bezeichnete Hausrats- und Einrichtungsgegenstände sowie Bücher dem Mann und andere der Frau ins alleinige Eigentum übertragen werden, dem Mann auch das Bausparguthaben von S 94.780,27 und der Rückkaufwert der Lebensversicherung von S 34.391,-- zukomme und der Antrag der Frau auf Zuerkennung einer Ausgleichszahlung abgewiesen werde.
Die Frau verlangte mit ihrem Rekurs die Zuweisung bestimmter in ihrem Eigentum stehender Bücher, des Bausparguthabens und des Rückkaufswertes der Lebensversicherung (zusammen S 129.171,--), die Gestattung der Weiterbenützung der Ehewohnung bis 31. Dezember 1990 und den Zuspruch eines Zug um Zug gegen Räumung der Wohnung zu leistenden Ausgleichsbetrages.
Der Mann hat den erstrichterlichen Aufteilungsbeschluß nicht angefochten.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Frau teilweise Folge. Es bestätigte die Zuweisung der sechs vom Rekurs betroffenen Bücher und der ehelichen Ersparnisse (Bausparguthaben und Wert der Lebensversicherung) an den Mann, änderte aber die Anordnung über die Ehewohnung ab: Es verfügte, daß beide Teile die Wohnung bis drei Monate nach Eintritt der Rechtskraft der Aufteilung gemeinsam zu benützen berechtigt sind und danach dem Mann die Alleinbenützung zustehe, die Frau daher die Wohnung zu räumen, der Mann ihr aber binnen einem Monat nach Rechtskraft als Ausgleichszahlung S 30.000,-- zu bezahlen habe. Das Rekursgericht erklärte den Rekurs an den Obersten Gerichtshof für zulässig.
Die Vorinstanzen gingen von den folgenden noch bedeutsamen Feststellungen aus:
Beide Teile wohnen auch seit der Scheidung ihrer Ehe weiter in der vom Mann gemieteten Ehewohnung. Er kommt für die Kosten der aus Wohnzimmer, Schlafzimmer, Kinderzimmer, Küche, Bad und Abstellraum bestehenden Mietwohnung mit rund 60 m2 Nutzfläche von durchschnittlich S 5.200,-- im Monat auf. Den beiden Kindern, die in Graz studieren und dort im Studentenheim wohnen, leistet der Mann monatlich je S 5.180,-- Unterhalt. Für die Frau hat er monatlich S 4.300,-- Unterhalt zu leisten. Er hat als Postbeamter ein Durchschnittseinkommen ohne Familienbeihilfen von rund S 24.500,-- im Monat. Die Frau erhielt 1969 bei ihrem Ausscheiden aus dem Postdienst rund S 111.000,-- an Abfertigung und führte seither den gemeinsamen Haushalt, in dem sie auch die Kinder betreut hat. Im Februar 1981 bekam die Frau ein Guthaben aus mit ihrer Abfertigung finanziertem Bausparen von rund S 160.000,-- und verwendete S 150.000,-- zum Ankauf eines 534 m2 großen Grundstückes in Wölfnitz um den Kaufpreis von rund S 176.600,--. Der Mann gab ihr auf den Kaufpreis und zur Deckung der Kosten und Gebühren rund S 40.000,-- und kaufte selbst das 482 m2 große Nachbargrundstück am 18. Feber 1981 um rund S 160.000,--. Er finanzierte den Grundstückskauf über einen Bausparbrief mit S 150.000,--, Mitteln aus einer Erbschaft von S 400.000,-- nach seiner Mutter und einem Kredit, der zum 30. September 1987 noch mit rund S 52.000,-- aushaftete. Zur Deckung der Kosten der Haushaltsführung und der Studienkosten der Kinder nahm der Mann im Herbst 1986 noch einen Kredit in Anspruch, trat seine Ansprüche aus einem im Jahr 1980 geschlossenen Bausparvertrag mit einem Guthaben von rund S 95.000,-- zur Besicherung der Bank ab und schuldet noch S 200.000,--. Für einen erst im November 1987 aufgenommenen weiteren Kredit hat der Mann die Ansprüche aus einer 1981 abgeschlossenen Lebensversicherung mit einem Rückkaufwert zum 30. September 1987 von rund S 34.400,-- zur Besicherung verpfändet. Für beide Teile ist ein weiteres Zusammenwohnen in der Ehewohnung unzumutbar. Die Frau hat sich bisher ohne Erfolg um eine andere Unterkunft bemüht. Das Erstgericht meinte, die Ersparnisse von rund S 129.000,-- seien dem Mann zu belassen, weil er noch rund S 252.000,-- Schulden abzustatten und zum Ankauf des im Eigentum der Frau bleibenden Grundstückes mit geerbtem Geld beigetragen habe. Die Wohnung bleibe dem Mann, weil die Frau die Mietkosten nicht aufbringen könne. Bis zum 1. Dezember 1988 habe sie genug Zeit, eine andere Unterkunft zu finden.
Das Rekursgericht billigte die Entscheidung über die Zuteilung der ehelichen Ersparnisse unter Bedachtnahme auf die Schulden, lehnte eine Verlängerung der Mitbenützung der Ehewohnung durch die Frau bis zum 31. Dezember 1990 ab, verlängerte aber die Frist zur Räumung der Wohnung auf drei Monate nach Eintritt der Rechtskraft und verpflichtete den Mann zu einer zur Deckung der Übersiedlungskosten und einer allfälligen Mietzinskaution notwendigen Ausgleichszahlung von S 30.000,-- an die Frau. Er könne den Kredit aufstocken, wenn er schon aus seinem laufenden Bezug von S 24.500,-- neben dem Unterhalt für die Kinder von S 10.360,-- und für die Frau von bisher S 4.300,-- und Wohnungskosten von S 5.200,-- nichts abzweigen könne.
Gegen die Entscheidung des Rekursgerichtes über die Aufteilung haben beide geschiedenen Ehegatten den (zugelassenen) Rekurs an den Obersten Gerichtshof erhoben.
Rechtliche Beurteilung
Soweit die Frau auch die Entscheidung über die Verfahrenskosten bekämpft, ist ihr Rechtsmittel unzulässig, weil durch § 232 AußStrG keine Anfechtung der Kostenentscheidung (vgl § 14 Abs 2 AußStrG) eröffnet wird (SZ 54/119; EFSlg 52.939 uva).
Der Mann wendet sich gegen die Auferlegung der Ausgleichszahlung und gegen einen Verbleib der Frau in der früheren Ehewohnung über den vom Erstgericht bestimmten Zeitpunkt (1. Dezember 1988) hinaus, die Frau strebt eine Erhöhung der Ausgleichszahlung und die Verlängerung der Räumungsfrist bis zum 31.Dezember 1990 an. Beide Revisionsrekurse sind unberechtigt.
Die Scheidung der Ehe erfolgte auf Klage der Frau, die nun 60 Jahre alt ist, über kein Einkommen verfügt und auf den Unterhalt des Mannes angewiesen ist. Es mußte ihr klar sein, daß sie nicht in der Lage sein werde, die Wohnungskosten aufbringen und in der Ehewohnung bleiben zu können. Es stand ihr schon bisher ausreichend Zeit zur Verfügung sich um eine andere Wohnversorgung umzusehen. Ein weiteres Hinausschieben der ohnedies unausbleiblichen gesonderten Wohnungnahme um etwa zwei Jahre ist schon deshalb nicht zu rechtfertigen, weil die Frau gar nicht aufzeigt, warum sich die Lage auf dem Wohnungsmarkt in diesem Zeitraum bessern sollte oder eine Ersatzwohnung erst später erlangt werden kann. Grundsätzlich soll bei der Aufteilung ein für beide Teile tragbares, den Umständen des Einzelfalles gerecht werdendes Ergebnis erzielt werden. Die Aufteilung ist nach § 84 EheG so vorzunehmen, daß sich die Lebensbereiche der geschiedenen Ehegatten künftig möglichst wenig berühren. Wenn auch davon aus Billigkeitserwägungen Ausnahmen möglich sind, würde ein Verbleib beider geschiedener Ehegatten bei den bestehenden persönlichen Differenzen auf einen Zeitraum von mehreren Jahren nach der Ehescheidung dem Gebot des § 84 EheG widersprechen (vgl EFSlg 51.779 ua). Die mit drei Monaten nach Rechtskraft der Aufteilung festgesetzte Räumungsfrist ist angemessen, weil die Frau ihre Bemühungen um eine andere Wohnung ohnedies schon seit zumindest der Ehescheidung aufnehmen konnte und zunächst nur den Weiterverbleib in der Wohnung bis zum 31. Mai 1988 angestrebt hatte. Es ist aber auch keine kürzere Räumungsfrist zu setzen, weil die Frau zunächst den für die Wohnungsbeschaffung und Übersiedlung benötigten Betrag der Ausgleichszahlung erhalten soll. Dabei ist nur zu verdeutlichen, daß die Räumungsverpflichtung durch die Vorleistung der Ausgleichszahlung bedingt ist. Die Frau soll je diesen Beitrag zur Wohnungsbeschaffung und Übersiedlung zur Verfügung haben.
Die Höhe dieses Betrages ist in einer den erhobenen Umständen angemessenen und dem Gebot der Billigkeit entsprechenden Weise vom Rekursgericht festgesetzt worden. Immerhin ist die Frau, auch wenn sie nicht als schuldlos an der Ehescheidung anzusehen ist und die Scheidung anstrebte, nach 27 Ehejahren und der Erziehung von zwei Kindern bis auf das gekaufte Grundstück mittellos, während der Mann über ein gesichertes Einkommen verfügt und für seine beiden Kinder nur bis zum Abschluß ihres Studiums sorgen muß. Er kann in der Ehewohnung bleiben und es ist seine Sache, ob er sich nach der Scheidung eine kostengünstigere Unterkunft sucht. Die Frau aber benötigt dringend wenigstens einen Beitrag zur Wohnungsbeschaffung, wenn sie nicht auch ihr Grundstück verwerten muß. Bei der gegenwärtigen Situation des Mannes, der beträchtliche Unterhaltspflichten zu erfüllen und die Schulden abzustatten hat, ist ihm andererseits eine höhere Ausgleichszahlung nicht zuzumuten, denn auch er soll bestehen bleiben können. Die Mietwohnung selbst bedeutet bei dem damit verbundenen Aufwand keinen ihm zukommenden Vermögensteil. Im äußersten Fall müßten sich die geschiedenen Ehegatten Geldmittel durch Verkauf der beiden in ihrem Alleineigentum verbliebenen Grundstücke verschaffen. Der Oberste Gerichtshof billigt daher auch die den Grundsätzen der nachehelichen Aufteilung im Einzelfall gerecht werdenden Bemessung der vom Mann an die Frau als Beitrag zur Übersiedlung zu leistenden Ausgleichszahlung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 234 AußStrG.
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