Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die beklagte Partei gewährt dem Kläger auf Grund seines Antrags vom 17. Februar 1979 seit 1. März 1979 die vorzeitige Alterspension bei langer Versicherungsdauer. In dem Bescheid vom 9. April 1979 über die Gewährung der Alterspension stellte sie zugleich die dem Kläger ab 1. März 1979 gebührende Ausgleichszulage mit S 1.323,50 monatlich fest, wobei sie Einkommen des Klägers aus einem von ihm gepachteten landwirtschaftlichen Betrieb berücksichtigte. Auf Grund der Mitteilung des Klägers, daß er dieses Pachtverhältnis schon zum 31. Dezember 1978 aufgelöst gehabt habe, setzte die beklagte Partei mit Bescheid vom 18. Mai 1979 die dem Kläger ab 1. März 1979 gebührende Ausgleichszulage mit S 2.998,50 monatlich fest. Mit Bescheid vom 26. Februar 1980 stellte sie sodann fest, daß die Ausgleichszulage vom 1. März bis 31. Dezember 1979 S 2.446,50 monatlich und ab 1. Jänner 1980 S 2.584,10 monatlich beträgt und forderte zugleich den Überbezug an Ausgleichszulage für die Zeit vom 1. März 1979 bis 31. Jänner 1980 in der Höhe von S 6.989,80 zurück, weil ihr erstmals am 28. November 1979 bekannt wurde, daß der Kläger mit Kaufvertrag vom 8. Februar 1978 mehrere landwirtschaftlich genutzte Grundstücke erworben hatte, die bisher bei der Berechnung der Ausgleichszulage nicht berücksichtigt worden waren. Am 10. November 1982 teilte die beklagte Partei dem Kläger in Form eines Schreibens mit, daß die Ausgleichszulage ab 1. Jänner 1983 vorsorglich herabgesetzt und nur vorschußweise ausgezahlt werde, weil der zum 1. Jänner 1983 festzustellende Einheitswert seines landwirtschaftlichen Betriebes noch nicht bekannt sei. Mit Bescheid vom 10. Juni 1983 stellte sie die ihm ab 1. Jänner 1983 gebührende Ausgleichszulage unter Berücksichtigung des neuen Einheitswertes seines landwirtschaftlichen Betriebes mit S 3.375,20 und schließlich mit Bescheid vom 30. August 1983 auf Grund der 6. BSVGNov für den selben Zeitraum mit S 3.507,20 fest. Am 18. Dezember 1985 ersuchte das für den Kläger zuständige Finanzamt die beklagte Partei um Übersendung eines Lohnzettels für den Kläger, weil dieser Teilhaber eines Betriebes seines Sohnes sei. Die beklagte Partei entschied hierauf mit Bescheid vom 21. Jänner 1986, daß die Pension des Klägers ab 1. Februar 1986 mit S 679,10 monatlich ruht. In der Begründung des Bescheides heißt es außerdem, daß die Zahlung der Ausgleichszulage zur Vermeidung eines Überbezuges vorsorglich eingestellt werde. Nach Durchführung von Erhebungen über das Einkommen, das der Kläger als Teilhaber des Gewerbebetriebes bezog, entschied die beklagte Partei mit Bescheid vom 12. März 1987, 1. daß die Pension des Klägers vom 1. Juli 1984 bis 30. September 1984 mit S 643,70 monatlich ruht und daß das Ruhen ab 1. Jänner 1987 aufgehoben wird, 2. daß dem Kläger die Ausgleichszulage für die Zeit vom 1. Oktober bis 31. Dezember 1979 mit S 2.446,50, für das Jahr 1980 mit S 2.584,10, für das Jahr 1981 mit S 2.779,30, für das Jahr 1982 mit S 3.009,80, für die Zeit vom 1. Jänner bis 31. Juli 1983 mit S 3.507,20, für die Zeit vom 1. Oktober bis 31. Dezember 1983 mit S 3.507,20, für die Zeit vom 1. Jänner bis 31. Juli 1984 mit S 3.693,10, für die Zeit vom 1. Oktober bis 31. Dezember 1984 mit S 3.693,10 und ab 1. Jänner 1987 mit S 4.128,80 jeweils monatlich gebührt, daß ihm für die Zeit vom 1. August bis 30. September 1979, vom 1. August 1983 bis 30. September 1983 und vom 1. August 1984 bis 30. September 1984 keine Ausgleichszulage gebührt und daß die Feststellung des Anspruchs auf Ausgleichszulage für die Jahre 1985 und 1986 einer späteren Entscheidung vorbehalten wird, 3. daß der Überbezug an Ausgleichszulage und Pension für die Zeit vom 1. August bis 30. September 1979, vom 1. August 1983 bis 30. September 1983 und vom 1. Juli bis 30. September 1984 im Ausmaß von zusammen S 20.708,-
zurückgefordert und daß 4. der Überbezug mit der für die Zeit vom 1. Jänner bis 31. März 1987 gebührenden Nachzahlung an Ausgleichszulage und Pension in der Höhe von S 14.066,10 aufgerechnet wird, wodurch sich der rückzuerstattende Überbezug auf S 6.641,90 verringere.
Der Kläger hatte in Auskünften, die die beklagte Partei von ihm einholte und die bei ihr am 2. Juli 1980 und am 17. Februar 1983 einlangten, die Frage, ob er ein Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit in einem Gewerbe beziehe, jeweils mit Nein beantwortet.
Den Bescheid der beklagten Partei vom 12. März 1987 bekämpfte der Kläger rechtzeitig mit einer Klage, in der er - unter Berücksichtigung einer in der Berufungsverhandlung vorgenommenen Einschränkung - begehrt, die Beklagte schuldig zu erkennen, von der Rückforderung eines Überbezugs an Pension und Ausgleichszulage für die im Bescheid angeführten Zeiträume in der Höhe von S 20.708,-
Abstand zu nehmen. Er bringt dazu vor, daß es zwar am 20. August 1979 zur Gründung einer offenen Handelsgesellschaft zum Betrieb eines Gasthauses gekommen sei, daß er den Gesellschaftsvertrag aber nur aus Gefälligkeit gegenüber seinem Sohn unterschrieben habe. Er habe der Gesellschaft ohne Gegenleistung sein Grundstück samt dem darauf befindlichen Gebäude zur Verfügung gestellt und habe hiefür nie ein Einkommen erhalten. Er habe aus diesem Grund seine Meldepflicht nicht verletzt. Überdies seien ihm die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 1979 bis 1984 erst am 21. Juli 1986 zugestellt worden, weshalb ihm erst ab diesem Zeitpunkt die Meldung über ein Einkommen möglich gewesen wäre. Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es stellte im wesentlichen folgenden Sachverhalt fest:
Am 20. August 1979 schloß der Kläger mit seinem Sohn und einem Dritten einen Vertrag über die Gründung einer offenen Handelsgesellschaft ab, deren Gegenstand der Betrieb eines Gasthauses war. Der Kläger brachte in die Gesellschaft das Grundstück ein, auf dem sich das Gasthaus befindet, die beiden anderen Gesellschafter ihre Arbeitskraft, der Sohn des Klägers außerdem einen Barbetrag. Über die Verteilung des Gewinns vereinbarten die Gesellschafter, daß der dritte Gesellschafter als Geschäftsführer S 4.000,- monatlich erhalte, dafür aber weder am Gewinn noch am Verlust beteiligt sein solle. Der Gewinn, der über das dem dritten Gesellschafter zu zahlende Entgelt hinausgeht, sollte je zur Hälfte den Kapitalkonten des Klägers und seines Sohnes gutgeschrieben werden, die auch einen Verlust allein zu tragen hatten und verpflichtet waren, den dritten Gesellschafter insoweit klag- und schadlos zu halten. Die Gesellschaft wurde durch Vereinbarung der Gesellschafter zum 31. Dezember 1986 aufgelöst. Mit Vertrag vom 14. Jänner 1987 verpachtete der Kläger den Gastgewerbebetrieb an seinen Sohn, wobei dieser die "Instandsetzungskosten" zu tragen hat und dem Kläger ein Anspruch auf Entgelt nicht zusteht.
Der Kläger kümmerte sich nicht um den Betrieb des Gasthauses. Alle Agenden, insbesondere auch allfällige Abrechnungen, Investitionen udgl., besorgte sein Sohn, der auch allein über die Einnahmen verfügte. Der Kläger erhielt nie irgendwelche Beträge ausbezahlt.
Mit den Bescheiden vom 21. Juli 1986 stellte das für den Kläger zuständige Finanzamt seine Einkünfte aus Gewerbebetrieb für 1979 mit einem Gewinn von S 24.033,-, für 1980 mit einem Verlust von S 22.228,- für 1981 mit einem Verlust von S 13.242,-, für 1982 mit einem Verlust von S 103.027,-, für 1983 mit einem Gewinn von S 37.500,- und für 1984 mit einem Gewinn von S 30.000,- fest. Rechtlich folgerte das Erstgericht aus dem von ihm festgestellten Sachverhalt, daß das Einkommen des Klägers zwar zum Ruhen der Pension führe und bei der Ermittlung der Ausgleichszulage anzurechnen sei und daß der Kläger auch verpflichtet gewesen wäre, es der beklagten Partei zu melden. An der Unterlassung der Meldung treffe ihn aber kein Verschulden, weil er bis zur Zustellung der Steuerbescheide nicht habe wissen können, daß er auf Grund des Gesellschaftsvertrages einen Gewinn erhielt.
Das Berufungsgericht wies infolge Berufung der beklagten Partei das Klagebegehren ab, erkannte den Kläger schuldig, der beklagten Partei den Betrag von S 20.708,- binnen einem Monat zurückzuzahlen und sprach aus, daß die Revision zulässig ist. Der Kläger müsse sich das ihm auf Grund des Gesellschaftsvertrages zustehende Einkommen auf die Ausgleichszulage unabhängig davon anrechnen lassen, ob es ihm zugeflossen sei, weil ein Verzicht auf Einkünfte im Ausgleichszulagenrecht unbeachtlich sei. Er habe auch die Meldepflicht verletzt, weil ihm klar sein habe müssen, daß die Beteiligung an einer offenen Handelsgesellschaft einen Umstand darstelle, der für seinen Anspruch auf Ausgleichszulage maßgebend sein könnte. Die Leistungen, auf die der Kläger keinen Anspruch habe, seien ihm nur deshalb zugekommen, weil er seiner Meldepflicht nicht nachgekommen sei. Sie seien daher gemäß § 72 Abs 1 BSVG von ihm zurückzufordern. Die Revision sei zulässig, weil der Lösung der Frage, ob der Pensionsbezieher schon die Beteiligung an einer Gesellschaft zu melden hat oder ob die Meldepflicht erst ab dem Zeitpunkt besteht, ab dem bekannt ist, daß tatsächlich ein Nettoeinkommen erzielt wird, erhebliche Bedeutung zukomme und eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes hiezu fehle. Gegen dieses Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision des Klägers, in der der Revisionsgrund nicht bezeichnet, inhaltlich jedoch jener der unrichtigen rechtlichen Beurteilung der Sache geltend gemacht wird, mit dem Antrag, es im Sinne des Klagebegehrens abzuändern.
Die beklagte Partei erstattete keine Revisionsbeantwortung.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Da die rückgeforderte Leistung mehrmals mit Bescheid festgestellt wurde, hatte der Oberste Gerichtshof zunächst zu prüfen, unter welchen Voraussetzungen die Rückforderung zulässig ist. Hiezu bestimmt § 107 Abs 1 ASVG (und entsprechend § 76 Abs 1 GSVG, § 72 Abs 1 BSVG, § 49 Abs 1 B-KUVG und § 38 Abs 1 NVG), daß der Versicherungsträger "zu Unrecht erbrachte" Geldleistungen sowie Aufwendungen für Heilbehelfe und Anstaltspflege und an Stelle von Sachleistungen erbrachte Kostenersätze bzw. bare Leistungen (§§ 131, 131 a, 132 und 150) zurückzufordern hat, wenn der Zahlungsempfänger (§ 106) bzw. der Leistungsempfänger den Bezug durch bewußt unwahre Angaben, bewußte Verschweigung maßgebender Tatsachen oder Verletzung der Meldevorschriften (§ 40) herbeigeführt hat oder wenn der Zahlungsempfänger (§ 106) bzw. der Leistungsempfänger erkennen mußte, daß die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte. Nur im § 107 Abs 1 ASVG wird noch bestimmt, daß Geldleistungen zurückzufordern sind, wenn und soweit sich wegen eines nachträglich festgestellten Anspruches auf Weiterleistung der Geld- und Sachbezüge herausstellt, daß sie zu Unrecht erbracht wurden.
Das Oberlandesgericht Wien als damaliges Höchstgericht leitete aus den angeführten Bestimmungen in ständiger Rechtsprechung ab, daß die Rückforderung die Wiederaufnahme des Verfahrens nicht voraussetze, und begründete dies im wesentlichen damit, daß der dem Versicherungsträger erteilte imperative Auftrag zur Rückforderung zu Unrecht erbrachter Leistungen es ausschließe, daß die Rückforderung nur dann möglich sein sollte, wenn auch die im § 69 AVG normierten Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens gegeben sind (SVSlg. 17.908; SSV 14/135 ua). Gegen diese Auffassung wendete sich vor allem Gründler (Verfahrensrechtliche Voraussetzungen der Rückforderung zu Unrecht erbrachter Leistungen der Sozialversicherung, ZAS 1980, 123), der in Fällen, in denen die rückzufordernde Leistung mit Bescheid gewährt wurde und in denen die mit der Rechtskraft des Bescheides verbundene Bindungswirkung nicht wegen Änderung der Verhältnisse weggefallen ist, uneingeschränkt die Wiederaufnahme des Verfahrens als Voraussetzung der Rückforderung verlangt. Eine vermittelnde Stellung nimmt Schrammel ein (Die Entziehung von Leistungen der Sozialversicherung in Tomandl, Sozialversicherung: Grenzen der Leistungspflicht 43, insb 44 ff; ferner in Tomandl, System 2.1.5.3 A 3.ErgLfg. 173 f), der in den Fällen der Erlangung der Leistung durch bewußt unwahre Angaben oder bewußte Verschweigung maßgebender Tatsachen (§ 107 Abs 1 erster Tatbestand) die Wiederaufnahme des Gewährungsverfahrens nicht für notwendig, in den Fällen Meldepflichtverletzung (zweiter Tatbestand) für nicht in Betracht kommend und in den Fällen der Erkennbarkeit der Unrichtigkeit der Leistung (dritter Tatbestand) für unerläßlich hält. Zuletzt hat sich Stolzlechner (Probleme des Irrtums im Leistungsrecht der Sozialversicherung, DRdA 1986, 288, insb 297 und 306 f) der Rechtsprechung des Oberlandesgerichtes Wien angeschlossen und die Meinung vertreten, die Wiederaufnahme des Gewährungsverfahrens sei nicht nur nicht erforderlich, sondern auch unzulässig, wenn die Voraussetzungen des § 107 Abs 1 ASVG gegeben seien. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Frage, ob die Rückforderung die Wiederaufnahme voraussetzt, in seinem Erkenntnis vom 8. Mai 1987, Zl. 83/08/0251, ausdrücklich dahingestellt lassen (daher unrichtig wiedergegeben in InfAS 1987, H 5, 16). Auszugehen ist davon, daß sowohl im gerichtlichen als auch im Verwaltungsverfahren der Grundsatz der materiellen Rechtskraft der Entscheidungen gilt, der verhindert, daß über dieselbe Sache neuerlich entschieden wird (vgl Fasching, Zivilprozeßrecht Rz 1497 ff; Walter-Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht 4 Rz 462; Antoniolli-Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht 537 ff). Dieser Grundsatz ist auch im Verfahren vor den Versicherungsträgern zu beachten (VwGH Slg. 5230/A). Gerade die Gesetze über das Verwaltungsverfahren sehen aber neben der Wiederaufnahme des Verfahrens meist Ausnahmen von diesem Grundsatz vor. Dies ist etwa im § 68 Abs 2 bis 7 AVG geschehen, der allerdings im § 357 Abs 1 ASVG nicht angeführt wird und daher im Verfahren vor den Versicherungsträgern, von dem im § 417 Abs 1 ASVG ausdrücklich geregelten Fall der Nichtigerklärung abgesehen, nicht gilt. Eine besonders weitgehende Möglichkeit der Abänderung, Zurücknahme und Aufhebung von rechtskräftigen Bescheiden sieht die BAO in den §§ 293 ff (vgl vor allem § 299) vor. Schließlich enthält auch das ASVG nicht nur im § 417 Abs 1, sondern auch im § 101 eine Regelung, die unbestritten dahin zu verstehen ist, daß sie die Änderung eines Bescheides ohne Wiederaufnahme des Verfahrens zuläßt, in der geltenden Fassung allerdings nur zugunsten des Berechtigten. Die Ansicht Schrammels (in Sozialversicherung: Grenzen der Leistungspflicht 47), daß die unbeschränkte Zulassung der Rückforderung ohne Wiederaufnahme des Verfahrens mehr oder minder auf eine Abkehr vom Grundsatz der Rechtskraftwirkung eines Bescheides hinausliefe, ist im Hinblick auf die zahlreichen, in den einzelnen Gesetzen vorgesehenen Ausnahmen daher nicht zwingend. Der Grundsatz der materiellen Rechtskraft von Entscheidungen steht einer Auslegung des § 107 Abs 1 ASVG in der Richtung, daß die Rückforderung ohne Wiederaufnahme zulässig ist, nicht entgegen. Wie Gründler zutreffend aufzeigt (aaO 126), richtet sich die Lösung der zu behandelnden Frage danach, ob man die Wörter "zu Unrecht" im § 107 Abs 1 ASVG formell oder materiell versteht. Im ersten Fall wäre jede Leistung so lange "zu Recht" erbracht, als nicht der Gewährungsbescheid beseitigt ist, im zweiten Fall könnte für die Zwecke der Rückforderung unabhängig vom Bestand des Gewährungsbescheides geprüft werden, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für die Erbringung der Leistung erfüllt waren. Nach Meinung des erkennenden Senates spricht der Wortlaut des § 107 Abs 1 ASVG entgegen der Ansicht Gründlers (aaO 126), für die Auslegung im materiellen Sinn. Eine Leistung, die auf Grund eines Gewährungsbescheides erbracht wurde, wird nämlich formell nicht dadurch zu einer "zu Unrecht erbrachten" Leistung, daß der Gewährungsbescheid nachträglich beseitigt wird; formell bleibt sie vielmehr immer im Recht erbracht. Den Wörtern "zu Unrecht" im § 107 Abs 1 ASVG kommt daher nur dann eine dem Sprachgebrauch entsprechende Bedeutung zu, wenn man daraus ableitet, daß es für die Rückforderung darauf ankommt, ob die Erbringung der Leistung den gesetzlichen Vorschriften entsprach, sie also im materiellen Sinn versteht.
Gründler (aaO 127 f) ist allerdings darin beizupflichten, daß sich aus der Entstehungsgeschichte des § 107 Abs 1 ASVG ein Argument für seine Ansicht gewinnen ließe. In der Stammfassung des § 101 Abs 1 ASVG war nämlich die rückwirkende Herstellung des gesetzlichen Zustandes auch dann vorgesehen, wenn sich nachträglich ergab, daß eine Geldleistung infolge eines wesentlichen Irrtums über den Tatbestand oder eines offenkundigen Versehens zu Unrecht zuerkannt, zu hoch bemessen oder nicht oder mit einem zu niedrigeren Betrag zum Ruhen gebracht wurde. Diese Regelung wurde in der
9. ASVGNov BGBl 1962/13 durch die Regelung des § 107 Abs 1 ASVG ersetzt, wobei die Rückforderungstatbestände später durch die
23. ASVGNov BGBl 1969/17 und durch die 31. ASVGNov BGBl 1974/775 erweitert wurden. In der Begründung zum Initiativantrag betreffend ein 9. ASVGNov (517 BlgNR 9.GP 65) wurde die Änderung damit begründet, daß in den Fällen, in denen es sich um eine Wiederaufnahme des Verfahrens zu Ungunsten des Berechtigten handelt, ausschließlich nach den Grundsätzen des § 69 AVG vorgegangen werden solle. Zwingend ergibt sich diese Absicht aus der Änderung des Gesetzeswortlautes allerdings nicht, weil es durchaus denkbar ist, daß hiedurch die früher in sehr weitgehendem Maß zulässige rückwirkende Herstellung des gesetzlichen Zustands auf die Tatbestände des neugefaßten § 107 Abs 1 ASVG beschränkt werden sollte.
Der Gesetzgeber hat seine Auffassung in der Folge überdies offensichtlich geändert. Mit der 23. ASVGNov wurde nämlich die Möglichkeit geschaffen, eine Leistung zurückzufordern, wenn der Zahlungsempfänger bzw. der Leistungsempfänger erkennen mußte, daß die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührt. Dieser Tatbestand hat aber gerade dann Bedeutung, wenn die anderen Tatbestände nicht vorliegen, insbesondere also, wenn keine neuen Tatsachen oder Beweismittel hervorgekommen sind und somit die Wiederaufnahme des Verfahrens nicht in Betracht kommt. Sie könnte meist auch wegen des dem Versicherungsträger anzulastenden Verschuldens nicht verfügt werden (vgl VwGH Slg. 3822/A, 5008/A, 5969/A ua). Würde die Rückforderung die Wiederaufnahme des Gewährungsverfahrens voraussetzen, so wäre eine Rückforderung aus den angeführten Gründen daher nur möglich, wenn die Leistung formlos, also ohne Bescheid gewährt wurde (so Schrammel in Sozialversicherung: Grenzen der Leistungspflicht 49 f), allenfalls auch unter den - in der Praxis allerdings selten
vorkommenden - Voraussetzungen des § 69 Abs 1 lit c AVG (so Gründler aao 131), und sonst nur, wenn sich die Verhältnisse seit der Erlassung des Gewährungsbescheides geändert haben. Es muß bezweifelt werden, ob die der Absicht des Gesetzgebers entsprach, und es ist eher anzunehmen, daß er davon ausging, bei Vorliegen des neugeschaffenen Tatbestandes sei die Rückforderung ohne Wiederaufnahme des Gewährungsverfahrens möglich.
Ähnlich gilt für den durch die 31. ASVGNov neugeschaffenen Rückforderungstatbestand des § 107 Abs 1 letzter Satz ASVG, der die Rückforderung von Geldleistungen ermöglicht, wenn und soweit sich wegen eines nachträglich festgestellten Anspruches auf Weiterleistung der Geld- und Sachbezüge herausstellt, daß sie zu Unrecht erbracht wurden. Dieser Rückforderungstatbestand wurde in erster Linie für Geldleistungen aus der Krankenversicherung oder für ein vom Pensionsversicherungsträger gemäß § 302 ASVG bezahltes Familien- oder Taggeld geschaffen (vgl die EBzRV der 31. ASVGNov 1286 BlgNR 13.GP 15). Diese Leistungen werden zwar meist ohne Erlassung eines Bescheides gewährt (vgl § 367 Abs 1 ASVG). Wurden sie aber mit Bescheid zuerkannt, so könnten sie im allgemeinen nicht zurückgefordert werden, obwohl sich nachträglich herausstellt, daß der Empfänger zugleich einen arbeitsrechtlichen Anspruch auf Leistungen hatte. Es muß bezweifelt werden, daß dies der Absicht des Gesetzgebers entsprach. Am Rande sei bemerkt, daß in der angeführten Gesetzesstelle (§ 107 Abs 1 letzter Satz ASVG) die Wörter "zu Unrecht erbracht" eindeutig im materiellen Sinn verwendet werden, weil es nur darauf ankommt, daß der sozialversicherungsrechtlichen Geldleistung eine andere Geldleistung oder Sachbezüge gegenüberstehen.
Ferner ergibt sich aus den erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage der 41. ASVGNov BGBl 1986/111
(774 BlgNR 16.GP 37), mit der im neugeschaffenen § 107 Abs 2 lit a ASVG das Recht zur Rückforderung eingeschränkt wurde, wenn der Versicherungsträger die für eine bescheidmäßige Feststellung erforderlichen Maßnahmen innerhalb einer angemessenen Frist unterlassen hat, daß dabei nur an Erhebungen gedacht wurde. Es wäre naheliegend gewesen, hier die Wiederaufnahme anzuführen, wenn sie nach Ansicht des Gesetzgebers die Voraussetzung für die "bescheidmäßige Feststellung" der Rückforderung gewesen wäre. Auch hier ist wieder darauf hinzuweisen, daß in der in der angeführten Gesetzesstelle enthaltenen Wendung "in dem er erkennen mußte, daß die Leistung zu Unrecht erbracht worden ist" die Wörter "zu Unrecht erbracht" nur im materiellen Sinn verstanden werden können. Schließlich ist zu erwähnen, daß § 107 ASVG schon in der Stammfassung im Abs 2 eine Vorschrift enthielt, wonach das Recht auf die Rückforderung binnen zwei Jahren nach dem Zeitpunkt verjährt, in dem dem Versicherungsträger bekannt geworden ist, daß die Leistung zu Unrecht erbracht wurde. Diese Frist war unproblematisch, solange gemäß § 101 ASVG der gesetzliche Zustand auch zu Ungunsten des Berechtigten auf einfache Weise hergestellt werden konnte. Hätte die Änderung des § 101 ASVG zur Folge gehabt, daß die Rückforderung in vielen Fällen nur nach Wiederaufnahme des Verfahrens möglich ist, so bestünde die Gefahr, daß die Leistung sehr oft nur deshalb nicht zurückgefordert werden kann, weil das Verfahren über die Wiederaufnahme innerhalb der für die Verjährung maßgebenden Frist noch nicht rechtskräftig abgeschlossen ist. Es muß bezweifelt werden, ob diese Rechtsfolge der Absicht des Gesetzgebers entsprach. Dazu kommt noch, daß auch in der angeführten Bestimmung die Wörter "zu Unrecht erbracht" nur im materiellen Sinn verstanden werden können. Es wäre ungewöhnlich, wenn der Gesetzgeber eine Regelung hätte schaffen wollen, in dem in einem verwandten Zusammenhang dieselben Wörter verschiedene Bedeutungen haben.
Dieser Überblick zeigt, daß die historische Auslegung hier nicht zielführend ist, weil sich die Absicht des Gesetzgebers nicht eindeutig ermitteln läßt. Die in den erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage der 9. ASVGNov zum Ausdruck kommende Ansicht entspricht nur der Meinung ihrer Verfasser, kann aber nicht mit der Absicht des Gesetzgebers gleichgesetzt werden, weil sich aus dem Wortlaut des Gesetzes selbst Anhaltspunkte dafür ergeben, daß die Absicht des Gesetzgebers eine andere gewesen sein könnte. Da somit weder die wörtliche noch die historische Auslegung ein eindeutiges Ergebnis bringt, ist der Zweck der Regelung zu beachten, der darin liegt zu verhindern, daß jemand im Genuß einer Leistung verbleibt, auf die er nach dem Gesetz keinen Anspruch hat. Dieses Ergebnis würde aber nur unvollkommen und in einer oft von Zufällen abhängigen Weise erreicht, wenn die Rückforderung von der Wiederaufnahme des Verfahrens abhinge. Es wurde schon gesagt, daß dies im Hinblick auf die im Gesetz vorgesehene Verjährung gilt. Daß diese Frist in der 41. ASVGNov auf 3 Jahre verlängert wurde, ändert am Grundsätzlichen nichts, zumal diese Verlängerung in der Gleichstellung mit der in § 69 ASVG idF der 41. ASVGNov für die Rückforderung ungebührlich entrichteter Beiträge festgelegten Verjährungsfrist ihren Grund hatte (vgl die EBzRV der 41. ASVGNov 774 BlgNR 16.GP 38). Diese Frist hätte allerdings für die Wiederaufnahme eines Verwaltungsverfahrens nur geringe Bedeutung, wenn man im Sinn der Rechtsprechung des VwGH (Slg. 9277/A ua) davon ausgeht, daß der in dem wiederaufgenommenen Verfahren ergangene Bescheid mit der Bewilligung oder Verfügung der Wiederaufnahme - ohne Rücksicht auf die Rechtskraft - außer Kraft tritt. Es besteht aber die Möglichkeit, daß diese Rechtsprechung, die ihre Grundlage in der Rechtsmittelbeschränkung des § 70 Abs 3 AVG hat, für die Wiederaufnahme von Verfahren in Leistungssachen nicht aufrecht zu erhalten ist, weil in diesen Verfahren nach der nunmehr ständigen Rechtsprechung des VwGH (Slg. 9551/A; SVSlg. 28.262 bis 28.264 ua) der Bescheid, mit dem die Wiederaufnahme verfügt wird, sofort mit einem Einspruch an den Landeshauptmann bekämpft werden kann und somit die Entscheidung des VwGH Slg. 9277/A insoweit überholt sein könnte. Jedenfalls könnte die Frist von Bedeutung sein, wenn die rückzufordernde Leistung in einem gerichtlichen Urteil zugesprochen wurde, weil dann unter Umständen (vgl §540 ZPO) über die Rückforderung erst nach Rechtskraft des die Wiederaufnahme des Verfahrens verfügenden Urteils entschieden werden kann. Nur schwer möglich und oft sogar ausgeschlossen wäre die Rückforderung, wenn die Leistung in einem gerichtlichen Vergleich vereinbart wurde. Überdies ist zu bedenken, daß die Rechtskraft der Entscheidung über die Gewährung einer Leistung deren Rückforderung dann nicht entgegensteht, wenn sie auf einen Sachverhalt zurückgeht, der erst nach Erlassung der Entscheidung verwirklicht wurde. Sowohl im gerichtlichen als auch im Verwaltungsverfahren besteht nämlich bei Änderung der Verhältnisse eine Bindung an eine rechtskräftige Entscheidung nicht mehr. Wie nicht zuletzt der hier zu behandelnde Fall zeigt, könnte das Recht auf Rückforderung daher oft davon abhängen, ob nach Gewährung der Leistung hierüber aus anderen als den für die Rückforderung maßgebenden Gründen nochmals entschieden wurde. Schließlich wurde schon aufgezeigt, daß einzelne Rückforderungsstatbestände überhaupt nur auf nicht bescheidmäßig zuerkannte Leistungen angewendet werden könnten, ohne daß hiefür ein zwingender Grund zu sehen ist. In all diesen Fällen ergibt sich das Recht des Versicherungsträgers auf Rückforderung aus demselben Verhalten des Berechtigten. Dem Obersten Gerichtshof erschiene es nicht sachgerecht, wenn es dennoch auf die Rückforderung von Einfluß wäre, ob und in welcher Form über die rückzufordernde Leistung entschieden wurde, und enthält dies mit dem Zweck der Regelung nicht vereinbar. Schließlich spricht auch § 76 ASGG dafür, daß die Rückforderung ohne vorherige Wiederaufnahme des Verfahrens möglich ist.
§ 76 Abs 1 ASGG sieht nämlich die Unterbrechung des Verfahrens beim Tod des Klägers wohl im Fall des § 65 Abs 1 Z 1 ASGG (Streitigkeiten über den Bestand, den Umfang oder das Ruhen eines Anspruchs auf Versicherungsleistungen), nicht aber auch im Fall des § 65 Abs 1 Z 2 ASGG (Streitigkeiten über die Pflicht zum Rückersatz einer zu Unrecht empfangenen Versicherungsleistung) und in nachfolgenden Absatz 2 wird das Recht zur Aufnahme des unterbrochenen Verfahrens auf die dort angeführten Personen beschränkt. Wäre Voraussetzung für den Rückersatz die Wiederaufnahme des Verfahrens und sodann ein neuerlicher Bescheid über den Bestand, den Umfang oder das Ruhen des Anspruchs, der selbst wieder anfechtbar wäre, so könnten die Eintrittsberechtigten die Rückforderung dadurch unmöglich machen, daß sie in das Verfahren, soweit es den auf Grund der Wiederaufnahme ergangenen neuen Bescheid über den Anspruch selbst betrifft, nicht eintreten, weil der Versicherungsträger zur Aufnahme des Verfahrens nicht berechtigt ist. Dieses Ergebnis wäre aber nicht sachgerecht. Der Umstand, daß der Gesetzgeber im § 76 ASGG die Rückforderung zu Unrecht erbrachter Leistungen verfahrensrechtlich in anderer Weise behandelt, spricht also dafür, daß es sich dabei um einen materiell-rechtlichen Anspruch handelt, der für sich allein und ohne neuerliche Feststellung der Leistungen und vorherige Wiederaufnahme des Verfahrens geltend gemacht werden kann.
Es stützt somit schon der Wortlaut, noch eindeutiger aber der Zweck der gesetzlichen Regelung der Ansicht, daß die Rückforderung die Wiederaufnahme des Verfahrens über die Gewährung der Leistung nicht voraussetzt. Schrammel (in Tomandl, System 173; ähnlich auch Gründler aaO 126 f) hat allerdings zutreffend darauf hingewiesen, daß auf diese Weise ein Widerspruch zu den Vorschriften über die Entziehung von Leistungsansprüchen (§ 99 ASVG, § 67 GSVG, § 63 BSVG, § 40 B-KUVG, § 31 NVG) entstehen kann, weil diese voraussetzen, daß sich die Verhältnisse gegenüber dem Zeitpunkt der Zuerkennung der Leistung geändert haben (SSV-NF 1/43; SSV-NF 1/44) und der Versicherungsträger auch in anderen Fällen das Ergebnis der Entziehung dadurch herbeiführen könnte, daß er die Leistung zunächst gewährt und dann zurückfordert. Dieser Widerspruch läßt sich aber lösen, weil aus den Bestimmungen über die Rückforderung abgeleitet werden muß, daß bei Vorliegen eines Rückforderungstatbestandes die Leistung auch für die Zukunft ohne Rücksicht auf eine frühere Entscheidung oder einen früheren Vergleich neu festgesetzt werden darf. Es wäre nämlich in der Tat unsinnig, den Versicherungsträger zur Leistung zu verpflichten, obwohl er das Recht auf Rückforderung hat. Da die Regelung über die Rückforderung als lex specialis der allgemeinen Regelung über die Entziehung vorgeht, steht diese der hier vertretenen Ansicht nicht entgegen.
Zusammenfassend kommt der Oberste Gerichtshof daher zu dem Ergebnis, daß die Rückforderung von Leistungen nicht von der Beseitigung der über die Leistung ergangenen Entscheidung oder des hierüber abgeschlossenen Vergleiches abhängt und daß die Leistung gegebenenfalls ohne Rücksicht auf eine frühere Entscheidung oder einen früheren Vergleich für die Zukunft neu festgesetzt werden darf, wenn die Voraussetzungen für die Rückforderung der Leistung erfüllt sind. Dies gilt nicht nur für den Anwendungsbereich des § 107 ASVG, sondern auch für den des damit weitgehend übereinstimmenden § 76 GSVG, § 72 BSVG, § 49 B-KUVG und § 38 NVG, weil auch für diese Bestimmungen die angeführten Argumente zutreffen. Hier konnte die beklagte Partei daher die dem Kläger zu Unrecht erbrachten Leistungen auf Grund des § 72 BSVG zurückfordern, wenn die darin festgelegten Voraussetzungen erfüllt waren, ohne daß die Verfahren wieder aufgenommen werden mußten, in denen die Ausgleichszulage des Klägers festgestellt wurde. Dies wäre im übrigen im Hinblick auf § 69 Abs 3 AVG teilweise gar nicht mehr möglich gewesen.
Von den Tatbeständen, die den Versicherungsträger nach § 72 BSVG zur Rückforderung von zu Unrecht erbrachten Leistungen berechtigen und verpflichten, kommt hier nur die Verletzung der im § 18 BSVG enthaltenen Meldevorschrift in Betracht. Nach dieser Bestimmung hat der Leistungs- bzw. Zahlungsempfänger jede Änderung in den für den Fortbestand der Bezugsberechtigung maßgebenden Verhältnisse sowie jede Änderung ihres Wohnsitzes bzw. des Wohnsitzes des Anspruchsberechtigten binnen zwei Wochen dem Versicherungsträger anzuzeigen. Daß ein Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit für den Fortbestand des Rechtes auf Bezug einer Pension und einer hszulage maßgebend ist, ergibt sich aus § 56 BSVG, weil es nach dieser Bestimmung zum Ruhen des Pensionsanspruches führt oder zumindest führen kann, und aus § 140 Abs 1 BSVG, weil es nach dieser Bestimmung für die Feststellung des Anspruchs auf Ausgleichszulage zu berücksichtigen ist.
Gemäß § 182 BSVG iVm § 367 Abs 2 ASVG hat der Versicherungsträger über die Feststellung des Ruhens des Pensionsanspruchs einen Bescheid zu erlassen. Dasselbe gilt, wie aus § 182 BSVG iVm § 367 Abs 1 letzter Satz ASVG und aus § 144 Abs 3 BSVG abzuleiten ist, wenn die Ausgleichszulage wegen Änderung der Einkommensverhältnisse neu festgestellt werden muß. Aus § 368 Abs 2 ASVG, der gemäß § 182 BSVG auch hier anzuwenden ist, ergibt sich, daß der Versicherungsträger, der einen Bescheid zu erlassen hat, dies aber innerhalb der nach dem vorangehenden Absatz 1 in Betracht kommenden Frist nicht kann, weil der Sachverhalt noch nicht genügend geklärt ist, die Leistung zu bevorschussen hat, wenn seine Leistungspflicht dem Grund nach feststeht. Ist die Höhe des Einkommens aus selbständiger Erwerbstätigkeit für die zu erbringende Leistung maßgebend, ist also nicht nach § 140 Abs 5 und 6 BSVG (oder nach § 292 Abs 5 und 7 ASVG oder nach § 149 Abs 5 und 6 GSVG) vorzugehen, wird die Voraussetzung für die Feststellung der Leistung durch Bescheid im allgemeinen erst gegeben sein, wenn der Einkommensteuerbescheid des Finanzamtes oder zumindest die hiefür erforderlichen Unterlagen vorhanden sind. Der Oberste Gerichtshof hat zum Ruhen des Pensionsanspruchs schon ausgesprochen (SSV-NF 1/66), daß hiefür die Einkünfte eines Kalenderjahres maßgebend sind. Dasselbe wird für den Anspruch auf Ausgleichszulage zu gelten haben. Ehe der Bescheid des Finanzamtes oder die hiefür erforderlichen Unterlagen nicht vorhanden sind, wird daher im allgemeinen der für die Erlassung des Bescheides des Versicherungsträgers maßgebende Sachverhalt noch nicht genügend geklärt und der Versicherungsträger zur Erlassung des Bescheides daher noch nicht imstande sein. Folgt man dem aus § 368 Abs 2 ASVG hervorleuchtenden Grundgedanken, so bedeutet dies, daß der Versicherungsträger berechtigt, aber auch verpflichtet ist, die Leistung zunächst als Vorschuß zu erbringen. Sofern nicht auf Grund der zur Verfügung stehenden Unterlagen ein anderer Betrag wahrscheinlicher ist, wird für die Höhe des Vorschusses der Betrag der zuletzt gebührenden Leistung maßgebend sein.
Diese Aufassung steht nicht im Widerspruch mit der Absicht, die der Gesetzgeber in der 41. ASVGNov (und entsprechend in der 10. GSVGNov BGBl 1986/112 und in der 9. BSVGNov BGBl 1986/113) bei der Änderung des § 103 Abs 1 Z 3 ASVG (bzw § 71 GSVG und § 67 BSVG) verfolgte, als er in diese Bestimmung den Hinweis auf § 104 Abs 1 letzter Satzund § 368 Abs 2 ASVG aufnahm. Dies geschah im Hinblick auf die Rechtsprechung des Oberlandesgerichtes Wien (SSV 22/43), wonach die vom Ruhen erfaßten Pensionsteile als Vorschüsse des Versicherungsträgers zu gelten haben und daher gemäß § 103 Abs 1 Z 3 ASVG aufzurechnen sind, ohne daß es eines besonderen Rückforderungstatbestandes bedarf (s. hiezu die EBzRV der 41. ASVGNov 774 BlgNR 16.GP 37). Wie der angeführten Entscheidung zu entnehmen ist, betraf sie einen Fall, in dem der Versicherungsnehmer dem Pensionsberechtigten, der die Aufnahme einer selbständigen Erwerbstätigkeit angezeigt hatte, die Pension weiterzahlte, ohne auf seine Meldung zu reagieren. Geht man von der hier vertretenen Auffassung aus, wäre eine Aufrechnung mit den als Vorschuß bezahlten Beträgen hingegen nur möglich, wenn der Versicherungsträger festgestellt hätte, daß die Leistung als Vorschuß gewährt wird. Dies hätte gemäß § 367 Abs 2 ASVG in Form eines Bescheides zu geschehen, weil es sich dabei um einen Vorgang handelt, der den dort angeführten Entscheidungen gleichzuhalten ist. Unter dieser Voraussetzung ist aber ein schutzwürdiges Interesse des Leistungs- oder Zahlungsempfängers, das den Gesetzgeber zu der wiedergegebenen Novellierung veranlaßte (s. die EB aaO), nicht gegeben und es ist daher nicht anzunehmen, daß der Gesetzgeber die Aufrechnung auch für diese Fälle verbieten wollte. Im übrigen wird die hier vertretene Ansicht auch durch die gebotene verfassungskonforme Auslegung der in Betracht kommenden Bestimmungen gestützt, weil nur dadurch vermieden wird, daß bei der Berücksichtigung des Einkommens und der Rückforderung zu Unrecht erbrachter Leistungen unselbständig Erwerbstätige, bei denen das Einkommen im allgemeinen sofort festgestellt werden kann, gegenüber selbständig Erwerbstätigen ohne sachlichen Grund schlechtergestellt sind.
Aus dargestellten Überlegeungen folgt, daß der Leistungs- oder Zahlungsempfänger dem Versicherungsträger schon den Beginn einer Erwerbstätigkeit anzeigen muß, auch wenn zu dieser Zeit noch nicht feststeht, in welcher Höhe ihm ein Einkommen zufließen wird. Der Versicherungsträger muß nämlich in die Lage versetzt werden, über die Gewährung der Leistung als Vorschuß zu entscheiden. In diesem Sinn gehört schon der Beginn einer Erwerbstätigkeit zu den für den Fortbestand des Bezugsrechtes maßgebenden Verhältnissen. Daran ändert auch § 298 Abs 1 ASVG (und der gleichartige § 155 Abs 1 GSVG und § 146 Abs 1 BSVG) nichts, weil aus der dort festgelegten Verpflichtung, jede Änderung des Nettoeinkommens anzuzeigen, nicht geschlossen werden darf, daß der Sachverhalt, der zur Erzielung eines Nettoeinkommens führen kann (und der daher im wörtlichen Sinn keine "Änderung" des Nettoeinkommens bedeutet), nicht anzuzeigen ist. Insoweit bleibt es bei den allgemeinen Meldevorschriften. Schon die Vorinstanzen erkannten richtig, daß eine Verletzung der Meldevorschriften den Versicherungsträger nur dann zur Rückforderung berechtigt, wenn den Leistungs- oder Zahlungsempfänger daran ein Verschulden trifft, wobei leichte Fahrlässigkeit ausreicht. Dies ist im Schrifttum (Pichler, Die Rückforderung zu Unrecht erbrachter Geldleistungen im Sozialversicherungsrecht, ZAS 1967, 103; Schrammel in Sozialversicherung: Grenzen der Leistungspflicht 50; Stolzlechner aaO 298 f; Teschner-Fürböck in MGA ASVG 107 Anm 2 a 46 ErgLfg 622) allgemein anerkannt, entsprach der ständigen Rechtsprechung des Oberlandesgerichtes Wien als damaligen Höchstgerichtes (SSV 2/106; SSV 23/16 ua) und wurde auch vom Obersten Gerichtshof bereits ausgesprochen (SSV-NF 1/69). Es hat nämlich nur dann eine selbständige Bedeutung, daß in den Vorschriften über die Rückforderung auf die Verletzung der Meldevorschriften und nicht bloß auf die dort genannte Änderung der für den Fortbestand der Bezugsberechtigung maßgebenden Verhältnisse abgestellt wird. Würde eine Verletzung der Meldevorschriften ohne Verschulden ausreichen, so würde jede Änderung der Verhältnisse zur Rückforderung berechtigen; dies entspricht aber sicher nicht der Absicht des Gesetzgebers. Für die Rückforderung genügt es allerdings, daß der Versicherungsträger die objektive Verletzung einer Meldevorschrift beweist. Sache des zur Meldung Verpflichteten ist es nachzuweisen, daß ihn kein Verschulden an der Verletzung der Meldevorschrift trifft (SSV-NF 1/69).
Der vom Erstgericht und vom Kläger in der Revision vertretenen Auffassung, ihn treffe kein Verschulden daran, daß er der beklagten Partei seine Erwerbstätigkeit nicht anzeigte, kann nicht gefolgt werden. Er hatte schon in dem Pensionsantrag die Frage zu beantworten, ob er ein Einkommen aus einer selbständigen Erwerbstätigkeit im Gewerbe oder in einem freien Beruf bezieht. Ferner ist gerichtsbekannt, daß die Pensionsberechtigten vom Versicherungsträger anläßlich der Zuerkennung der Pension schriftlich darauf hingewiesen werden, daß sie verpflichtet sind, ein allfälliges Einkommen dem Versicherungsträger bekanntzugeben. Der Kläger wurde außerdem erstmals schon im Jahre 1980 neuerlich ausdrücklich aufgefordert, seine Einkünfte mitzuteilen, wobei darunter auch Einkünfte aus selbständiger Erwerbstätigkeit im Gewerbe oder in einem freien Beruf angeführt waren. Er mußte unter diesen Umständen bei Anwendung der bei einem Pensionsberechtigten gewöhnlichen Fähigkeiten und Kenntnisse (vgl SSV-NF 1/69) erkennen, daß er der beklagten Partei den Abschluß des Gesellschaftsvertrages, der den Beginn seiner selbständigen Erwerbstätigkeit bedeutete und ihm Anspruch auf ein Einkommen gab, anzuzeigen hatte. Der Kläger hat nicht behauptet, geschweige dann bewiesen, daß er nicht über die bei einem Pensionsberechtigten gewöhnlichen Fähigkeiten und Kenntnisse verfügt, weshalb hievon auszugehen ist (vgl § 1297 ABGB). Es würde ihn nicht entschuldigen, wenn er die Belehrung und Aufforderung nicht gelesen hätte, weil dann in diesem Verhalten sein Verschulden gelegen wäre.
Für den Kläger ist schließlich auch nichts daraus zu gewinnen, daß ihm nach den Feststellungen des Erstgerichtes auf Grund des Gesellschaftsvertrages kein Geld zufloß. Entscheidend ist nur, daß er Anspruch auf einen Teil des Gewinnes und damit auf ein Einkommen hatte. Daß er diesen Anspruch nicht verfolgte, sondern den ihm zustehenden Anteil am Gewinn seinem Sohn überließ, ändert nichts daran, daß es sich um sein Einkommen handelte, weil nur er Anspruch auf die entsprechenden Beträge hatte, mag es auch von seinem Sohn verbraucht worden sein. Der angeführte Umstand schließt entgegen der Ansicht des Klägers schließlich höchstens eine vorsätzliche, nicht aber auch eine fahrlässige Verletzung der Meldevorschriften aus. Das Berufungsgericht kam daher zutreffend zu dem Ergebnis, daß der Kläger aus selbständiger Erwerbstätigkeit Einkommen bezog, das zum Ruhen des Pensionsanspruchs und zur Minderung des Anspruchs auf Ausgleichszulage führte, und daß die beklagte Partei die somit zu Unrecht bezahlten Beträge, die der Höhe nach außer Streit stehen, zurückfordern darf.
Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Die Billigkeit erfordert den Zuspruch von Kosten schon deshalb nicht, weil dem Kläger der Rechtsanwalt, der für ihn die Revision verfaßte, im Rahmen der Verfahrenshilfe beigegeben wurde (SSV-NF 1/19).
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