Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Der Kläger ist schuldig, den beklagten Parteien die mit S 11.075,70 (darin keine Barauslagen und S 1.006,88 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Am 2.2.1984 ereignete sich auf der Morzgerstraße in Salzburg ein Verkehrsunfall, an dem der Kläger als Radfahrer und der Erstbeklagte als Lenker des von der Zweitbeklagten gehaltenen und bei der Drittbeklagten haftpflichtversicherten PKWs, Mercedes 190, Kennzeichen S 14.324, beteiligt waren. Der Kläger wurde bei diesem Unfall schwer verletzt. Das gegen den Erstbeklagten eingeleitete Strafverfahren wegen des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs 1 und 4 1. Fall StGB wurde eingestellt. Der Kläger begehrte von den Beklagten zur ungeteilten Hand die Zahlung von insgesamt S 546.025 sA sowie die Feststellung der Haftung der Beklagten für alle künftigen Schäden aus dem Verkehrsunfall. Er brachte vor, er sei mit seinem Fahrrad am rechten Fahrbahnrand der Morzgerstraße stadtauswärts gefahren. Der nachkommende Erstbeklagte habe ihn offenbar übersehen, seine Fahrgeschwindigkeit nicht den Verkehrs- und Sichtverhältnissen angepaßt, beim Überholen einen zu geringen Seitenabstand eingehalten, verspätet reagiert und ihn von hinten niedergestoßen. Das Alleinverschulden am Zustandekommen des Unfalls treffe den Erstbeklagten.
Die Beklagten anerkannten den geltend gemachten Sachschaden von S 2.200 und ein Schmerzengeld von S 250.000 der Höhe nach, bestritten aber das Klagebegehren dem Grunde nach zur Gänze und wendeten ein, der Kläger habe den Unfall allein verschuldet. Der Erstbeklagte sei mit einer Geschwindigkeit von 40 bis 50 km/h stadtauswärts gefahren und habe den Kläger aus einer Entfernung von 60 bis 70 m wahrgenommen. Plötzlich sei der Kläger nach links eingeschwenkt. Der Erstbeklagte habe sofort gebremst und den PKW nach rechts verrissen. In diesem Augenblick sei der Kläger wieder zum rechten Fahrbahnrand zurückgefahren. Im Hinblick auf diese Fahrtrichtungsänderung des Radfahrers sei der Zusammenstoß für den Erstbeklagten unvermeidbar gewesen.
Das Erstgericht schränkte das Verfahren auf den Grund des Anspruchs ein und erkannte mit Teil-Zwischenurteil, daß das Leistungsbegehren dem Grunde nach mit 2/5 zu Recht bestehe, wobei es - zusammengefaßt - von folgenden Feststellungen ausging:
Kläger und Erstbeklagter fuhren mit ihren Fahrzeugen auf der Morzgerstraße stadtauswärts. Es war dunkel, die Fahrbahn war naß. Der Unfall ereignete sich nahe der Zufahrt zum Haus Morzgerstraße 31 (Schloßhotel St.Rupert), die nach links mit einem etwa 13 m langen Trichter abzweigt. Im Verlauf dieses Trichters beginnt der parallel zur Morzgerstraße verlaufende Rad- und Gehweg in Richtung Morzg und Hellbrunn. Die Fahrbahn der Morzgerstraße beschreibt in Fahrtrichtung der Beteiligten eine langgezogene Rechtskurve, der Trichterbereich der Hauszufahrt ist jedoch aus einer Entfernung von zumindest 100 m bis 120 m erkennbar, darüber hinaus besteht Sicht über mindestens 50 bis 60 m, so daß die Sicht insgesamt jedenfalls zwischen 150 und 200 m liegt. Der stadtauswärtsführende Fahrstreifen der Morzgerstraße, die durch eine Leitlinie geteilt ist, ist 3,7 m breit. Im Unfallsbereich besteht künstliche Straßenbeleuchtung, die zur Unfallszeit eingeschaltet war, so daß praktisch keine Sichtbehinderung bestand. Die Unfallstelle liegt im Ortsgebiet. Zum Unfallszeitpunkt war jedoch im Bereich der Unfallstelle eine Geschwindigkeitsbeschränkung von 70 km/h verfügt, die kurz vor der Zufahrt zum Haus Morzgerstraße 31 begann. Welche Geschwindigkeit der Erstbeklagte bei der Annäherung an die Unfallstelle einhielt, ist ungeklärt. Als er den vor ihm fahrenden Radfahrer erstmals wahrnahm, bewegte sich der Kläger am äußersten rechten Fahrbahnrand. Der Erstbeklagte lenkte darauf den PKW zur Fahrbahnmitte, um den Radfahrer zu überholen. Plötzlich fuhr der Kläger mit dem Fahrrad ohne Zeichengebung abrupt nach links bis in den Bereich der Fahrbahnmitte. Auf Grund dieses Linkslenkmanövers des Klägers verlenkte der Erstbeklagte den PKW nach rechts. Ob er auch bremste, ist ebenso ungeklärt wie der Tiefenabstand zwischen den beiden Fahrzeugen beim Beginn des Linksschwenkens des Klägers. Als der Radfahrer die Fahrbahnmitte erreicht hatte, blickte er zurück und verriß anschließend das Fahrrad sofort nach rechts. Im Zuge dieses Rechtsschwenkens wurde er vom nachfolgenden, vom Erstbeklagten gelenkten PKW mit einer Anstoßgeschwindigkeit von 40 bis 50 km/h erfaßt und niedergestoßen. Die Kollisionsstelle lag noch vor dem Beginn des Trichters der Hauszufahrt etwa im Bereich der Mitte des stadtauswärtsführenden Fahrstreifens. Für den Seitenversatz vom äußersten rechten Fahrbahnrand bis zur Fahrbahnmitte benötigte der Kläger mindestens 2 Sekunden, für den darauffolgenden Rechtsschwenk bis zur Zusammenstoßstelle wiederum mindestens 1,5 bis 2 Sekunden. Ein abruptes Verreißen eines einspurigen Fahrzeuges wird für einen nachfolgenden PKW-Lenker unmittelbar auffällig. Hielt der Erstbeklagte eine Geschwindigkeit von 50 km/h ein, befand er sich zu Beginn des Linksschwenkens des Klägers mehr als 55 m vor der Zusammenstoßstelle. Der Anhalteweg aus 50 km/h betrug für ihn auf nasser Fahrbahn 32 bis 33 m. Die reine Bremszeit hätte dabei 2,5 Sekunden betragen. In der gleichen Zeit wäre die Verminderung der Geschwindigkeit von 100 km/h auf 50 km/h möglich gewesen. Zum Zeitpunkt der Erkennbarkeit des Rechtsschwenkens des Klägers hätte der Erstbeklagte den Unfall durch eine Vollbremsung nur mehr dann verhindern können, wenn die Geschwindigkeit des PKWs etwa 35 km/h betragen hätte. Hätte der Kläger zu dem Zeitpunkt, als er mit dem Linksschwenken begann, den Nachfolgeverkehr beobachtet, hätte er den nachfolgenden PKW wahrnehmen können.
Zur Rechtsfrage führte das Erstgericht aus, der Kläger habe gegen § 11 StVO verstoßen, weil er ohne Beobachtung des Nachfolgeverkehrs und ohne Handzeichen seine Fahrtrichtung zuerst nach links und dann nach rechts geändert habe. Für den Erstbeklagten sei ab dem Beginn des Linksschwenkens des Radfahrers eine unklare Verkehrssituation vorgelegen, welcher der PKW-Lenker nicht Rechnung getragen habe oder infolge überhöhter Geschwindigkeit nicht habe Rechnung tragen können. Eine Verkehrslage, die ein Rechtsüberholen gestattet habe, sei nicht vorgelegen. Da die unfallsauslösende Ursache vom Kläger gesetzt worden sei, sei eine Verschuldensteilung von 2 : 3 zu seinen Lasten angemessen. Über das Feststellungsbegehren habe noch nicht abgesprochen werden können, weil erst abgeklärt werden müsse, ob Dauerfolgen vorlägen oder Spätfolgen zu erwarten seien.
Infolge Berufungen des Klägers und der Beklagten bestätigte das Gericht zweiter Instanz mit Teilzwischenurteil das Urteil des Erstgerichtes hinsichtlich des Zurechtbestehens der Teilforderung des Klägers auf Zahlung eines Schmerzengeldes von S 450.000 dem Grund nach mit 2/5 und hob die Entscheidung, soweit vom Kläger weitere Forderungen auf Ersatz von S 5.000 sA an Heilungskosten und von S 91.025 sA an Verdienstentgang geltend gemacht wurden, unter Rückverweisung der Rechtssache an das Erstgericht auf. Das Berufungsgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes als unbedenklich und billigte auch die rechtliche Beurteilung der ersten Instanz hinsichtlich der Schadensteilung; hinsichtlich der Ansprüche des Klägers auf Ersatz von Heilungskosten und Verdienstentgang fehle es jedoch an hinreichenden Feststellungen zur abschließenden rechtlichen Beurteilung.
Gegen das Teilzwischenurteil des Berufungsgerichtes wendet sich die Revision des Klägers aus dem Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, die Schmerzengeldforderung des Klägers dem Grunde nach zur Gänze als zu Recht bestehend zu erkennen.
Die Beklagten beantragen in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Der Kläger führt in seinem Rechtsmittel aus, Schutzzweck des § 11 Abs 1 StVO sei die Vermeidung einer Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer. Ausgehend von den gegenständlichen Prämissen, wonach für das Verschulden des Erstbeklagten zumindest alle Varianten einer Annäherungsgeschwindigkeit von 50 km/h bis 100 km/h anzunehmen seien, sei eine Gefährdung und Behinderung bei 50 km/h zu verneinen. Allein der Tiefenabstand von mehr als 30 m, aber auch die dem Erstbeklagten zumutbare Geschwindigkeitsreduzierung schlössen die Gefährdung des PKW-Lenkers aus. Sei aber die Annäherungsgeschwindigkeit bei 70 km/h gelegen, und dies gelte noch im verstärkten Ausmaß bei einer Annäherungsgeschwindigkeit von 100 km/h, habe die Fahrtrichtungsänderung möglicherweise eine Gefährdung oder Behinderung dargestellt. Diesfalls sei aber zu berücksichtigen, daß die weit überwiegende Gefährdung durch die unzulässige Geschwindigkeitsüberschreitung eingeleitet worden sei und diese und nicht die Fahrtrichtungsänderung des Klägers die unfallauslösende Ursache dargestellt habe. Das gleiche gelte hinsichtlich des Verstoßes gegen § 11 Abs 2 StVO. Die Anzeige der Änderung der Fahrtrichtung habe so rechtzeitig zu erfolgen, daß sich andere Straßenbenützer auf den angezeigten Vorgang einstellen könnten. Das Erstgericht habe festgestellt, daß der Erstbeklagte unverzüglich das Linksschwenkens des Klägers feststellen konnte. Ob dies mit Anzeige der Fahrtrichtungsänderung oder ohne solche geschehen sei, in beiden Fällen wäre es dem Erstbeklagten bei 50 km/h ein leichtes gewesen, sich auf diesen Vorgang einzustellen. Er hätte die Geschwindigkeit reduzieren oder mit dem Kläger Kontakt aufnehmen und damit den Unfall vermeiden können. Bei einer Annäherungsgeschwindigkeit von 70 km/h oder gar 100 km/h liege aber wiederum das Schwergewicht des unfallverursachenden Verhaltens in der Geschwindigkeitsüberschreitung und nicht in dem Fahrverhalten des Klägers. Dem Erstbeklagten obliege im Stadtgebiet, bei Dunkelheit (wenngleich die Fahrbahn ausgeleuchtet war) und nasser Fahrbahn und bei Ansichtigwerden eines Radfahrers, eine Verpflichtung zu erhöhter Aufmerksamkeit. Dies schon allein deshalb, weil das Fahrrad zufolge der geringen Spurensicherheit ein besonderes Gefahrenrisiko in sich berge. Schon die Einhaltung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit sei bei den gegebenen Straßenverhältnissen vorwerfbar, sie hätte jedenfalls eine erhöhte Aufmerksamkeit und eine entsprechend rasche Reaktion erfordert. Der Erstbeklagte hätte daher eine sofortige Geschwindigkeitsreduzierung vornehmen müssen und wäre verpflichtet gewesen, bremsbereit zu fahren. In solchen Situationen werde von der Judikatur nicht einmal eine Reaktionszeit von 1 Sekunde zugebilligt, sondern lediglich Sekundenbruchteile. Im Gegensatz dazu sei der Erstbeklagte bei 50 km/h in ungebremstem Zustand durch mehr als 4 Sekunden auf den Kläger zugefahren und es ergebe sich daraus ein eklatanter Verstoß gegen § 20 StVO, welcher gerade zum Schutz anderer Verkehrsteilnehmer die notwendige Geschwindigkeitsanpassung fordere. Bei einer Annäherungsgeschwindigkeit des Erstbeklagten von über 50 km/h bis 100 km/h sei die im Ortsgebiet erfolgte Geschwindigkeitsüberschreitung als solche schon als grober Verstoß gegen § 20 Abs 2 StVO zu werten, durch welche Bestimmung gerade Gefahrenlagen wie die gegenständliche vermieden werden sollten. Im Bereich von über 50 km/h komme zu der Geschwindigkeitsüberschreitung auch noch der deutliche Reaktionsverzug hinzu. Der Kläger habe seine Schadenersatzansprüche neben der Haftung nach ABGB auch auf die Bestimmungen des EKHG gestützt. Eine Haftungsbefreiung gemäß § 9 EKHG habe seitens der Beklagten nicht erwiesen werden können. § 1304 ABGB sei nur anzuwenden, wenn bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Klägers mitgewirkt hat. Die Behauptungs- und Beweislast für ein Mitverschulden des Klägers treffe den beklagten Schädiger. Allfällige Unklarheiten diesbezüglich gingen zu dessen Last. Demnach sei das von der Beklagtenseite geltend gemachte Mitverschulden des Klägers unter dem Gesichtspunkt der nicht geklärten Annäherungsgeschwindigkeit und des ebenso nicht geklärten Reaktionsverzuges zu werten. Im gegenständlichen Fall bedeute dies, daß der vom Erstgericht festgestellte Geschwindigkeitsbereich bis 100 km/h und mehr ebenso wie der Reaktionsverzug von mehr als 4 Sekunden zu Lasten des Erstbeklagten gehen müsse. Zu berücksichtigen sei ferner, daß auf Seiten der Beklagten eine Haftung aus Verschulden und für die Betriebsgefahr nebeneinander bestehen. Gerade im gegenständlichen Fall führe das von den Untergerichten angenommene Verschulden des Erstbeklagten zu einer Erhöhung der Betriebsgefahr. Dies erweise sich deutlich in dem Umstand, daß der Kläger als Radfahrer einer durch den Reaktionsverzug oder die überhöhte Geschwindigkeit vermehrten Gefahr durch den PKW des Erstbeklagten ausgesetzt war. Letztlich habe auch diese Gefährlichkeit zu der Fehlreaktion des Ausweichens des Klägers nach rechts geführt, für welches offensichtlich das herannahende vom Erstbeklagten gelenkte Fahrzeug, sei dieser in unverminderter Geschwindigkeit oder aus überhöhter Geschwindigkeit abbremsend gefahren, ausschlaggebend war. Die fehlende Aufmerksamkeit bzw Sorglosigkeit des Erstbeklagten bei Erkennen des Linksschwenkens des Klägers habe zu einer speziellen Gefährlichkeit in bezug auf eine mögliche Kollision mit dem Kläger als Lenker des Fahrrades geführt. Dem Erstbeklagten hätte bewußt sein müssen, daß jede nur mögliche Kollision seines PKWs mit dem Kläger als Radfahrer zu besonderen Verletzungsfolgen führen könnte, und er hätte daher umso mehr sein Verhalten auf jede Vermeidung eines Zusammenstoßes lenken müssen. Das Erstgericht habe festgestellt, daß bei einer Annäherungsgeschwindigkeit von 50 km/h bereits eine Geschwindigkeitsreduzierung von 15 km/h den Unfall vermeiden hätte können, und zwar selbst in dem Zeitpunkt, als der Kläger noch nach rechts schwenkte. Die erhöhte Betriebsgefahr zufolge der Sorglosigkeit oder der Geschwindigkeitsüberschreitung des Erstbeklagten, bezogen auf den Kläger als gegenüber einem PKW ungeschützten Verkehrsteilnehmer, müsse daher bei der Verschuldensaufteilung zusätzlich ins Gewicht fallen. Aus all dem ergebe sich, daß mit der vorgenommenen Verschuldensaufteilung von 2/5 zu 3/5 zu Lasten des Klägers weder der Unfallssituation allgemein noch der besonderen Gefahrenlage im besonderen Rechnung getragen sei.
Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden.
Nach den vom Berufungsgericht übernommenen Feststellungen des Erstgerichtes konnte nicht festgestellt werden, welche Geschwindigkeit der Erstbeklagte bei Annäherung an die Unfallstelle einhielt. Zum Unfallszeitpunkt war im Bereich der Unfallstelle eine Geschwindigkeitsbeschränkung von 70 km/h verfügt. Als er den vor ihm fahrenden Radfahrer erstmals wahrnahm, bewegte sich der Kläger am äußersten rechten Fahrbahnrand. Der Erstbeklagte lenkte darauf den PKW zur Fahrbahnmitte, um den Radfahrer zu überholen. Plötzlich fuhr der Kläger mit dem Fahrrad ohne Zeichengebung abrupt nach links bis in den Bereich der Fahrbahnmitte. Auf Grund dieses Linkslenkmanövers des Klägers verlenkte der Erstbeklagten den PKW nach rechts. Ob er auch bremste, ist ebenso ungeklärt wie der Tiefenabstand zwischen den beiden Fahrzeugen beim Beginn des Linksschwenkens des Klägers. Als der Radfahrer die Fahrbahnmitte erreicht hatte, blickte er zurück und verriß anschließend das Fahrzeug sofort nach rechts. Im Zug dieses Rechtsschwenkens wurde er vom nachfolgenden, vom Erstbeklagten gelenkten PKW mit einer Anstoßgeschwindigkeit von 40 km/h bis 50 km/h erfaßt und niedergestoßen. Zum Zeitpunkt der Erkennbarkeit des Rechtsschwenkens des Klägers hätte der Erstbeklagten den Unfall durch eine Vollbremsung nur mehr dann verhindern können, wenn die Geschwindigkeit des PKWs etwa 35 km/h betragen hätte. Hätte der Kläger zu dem Zeitpunkt, als er mit dem Linksschwenken begann, den Nachfolgeverkehr beobachtet, hätte er den nachfolgenden PKW wahrnehmen können.
Auf Grund dieser Feststellungen ist entgegen der Auffassung der Revision davon auszugehen, daß dem für das Verschulden der Beklagten beweispflichtigen Kläger der Beweis der Einhaltung einer 50 km/h wesentlich übersteigenden Fahrgeschwindigkeit durch den Erstbeklagten bei Annäherung an die Unfallstelle, in deren Bereich eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 70 km/h angeordnet war, nicht gelungen ist; allfällige ungeklärte Umstände gehen in diesem Fall im Bereich der Verschuldenshaftung zu seinen Lasten. Alle Ausführungen der Revision, denen eine 50 km/h wesentlich übersteigende Annäherungsgeschwindigkeit des vom Erstbeklagten gelenkten PKWs zugrundeliegt, gehen daher nicht vom festgestellten Sachverhalt aus. In diesem Umfang ist die Rechtsrüge nicht gesetzmäßig ausgeführt, so daß auf dieses Vorbringen nicht einzugehen war.
Zu seinen Ausführungen zur Gefährdungshaftung der Beklagten nach dem EKHG sowie zur Betriebsgefahr der beteiligten Fahrzeuge ist der Revisionswerber darauf zu verweisen, daß bei Vorliegen eines Verschuldens des Schädigers die gewöhnliche Betriebsgefahr seines Fahrzeuges außer Betracht zu bleiben hat (vgl ZVR 1984/123) und die Feststellungen der Vorinstanzen für das Vorliegen einer außerordentlichen Betriebsgefahr keinerlei Anhaltspunkte enthalten. Das Revisionsvorbringen insbesondere zur Erbringung des Entlastungsbeweises durch die Beklagten im Sinne des § 9 Abs 2 EKHG sowie zur Beweislastverteilung im Bereich der Haftung nach dem EKHG geht daher ins Leere.
Ausgehend von den für das Revisionsgericht bindenden Feststellungen der Tatsacheninstanzen ist darauf Bedacht zu nehmen, daß gemäß § 11 Abs 1 StVO ein Fahrzeuglenker die Fahrtrichtung nur ändern darf, nachdem er sich davon überzeugt hat, daß dies ohne Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer möglich ist. Nach § 11 Abs 2 erster Satz StVO hat der Lenker eines Fahrzeuges die bevorstehende Fahrtrichtungsänderung oder den bevorstehenden Wechsel des Fahrstreifens so rechtzeitig anzuzeigen, daß sich andere Straßenbenützer auf den angezeigten Vorgang einstellen können. Beabsichtigt der Lenker nach links einzubiegen, so hat er nach § 12 Abs 1 StVO überdies das Fahrzeug, nachdem er sich davon überzeugt hat, daß niemand zum Überholen angesetzt hat, auf den der Fahrbahnmitte zunächst gelegenen Fahrstreifen seiner Fahrtrichtung zu lenken. Maßgebend für die Rechtzeitigkeit der Anzeige der bevorstehenden Änderung der Fahrtrichtung oder des bevorstehenden Wechsels des Fahrstreifens ist es, ob der Zeitraum zwischen der Anzeige der Fahrtrichtungsänderung oder des Fahrstreifenwechsels und der Durchführung für die anderen Straßenbenützer ausreicht, um sich auf den angezeigten Vorgang einstellen zu können. Es entspricht auch ständiger Rechtsprechung, daß im Sinne des § 20 Abs 1 StVO jeder Fahrzeuglenker verpflichtet ist, auf eine erkennbare Gefahrenlage ohne unnötige Verzögerung durch sofortige Herabsetzung seiner Geschwindigkeit, erforderlichenfalls durch Anhalten seines Fahrzeuges, zu reagieren (ZVR 1985/156; ZVR 1986/77 uva). Werden diese Grundsätze auf den im vorliegenden Fall festgestellten Sachverhalt angewendet, ist dem Berufungsgericht beizupflichten, daß dem Kläger als Verschulden anzulasten ist, daß er entgegen den Bestimmungen der §§ 11, 12 StVO weder seine Absicht, nach links abzubiegen, durch ein deutlich erkennbares Handzeichen (§ 11 Abs 3 StVO) anzeigte, noch sich über den Nachfolgeverkehr vergewisserte und an der Fahrbahnmitte einordnete, sondern das Fahrrad abrupt vom rechten Fahrbahnrand nach links lenkte. Hätte er vor Beginn des Abbiegens zurückgeblickt, hätte er den nachfolgenden PKW der Zweitbeklagten wahrnehmen können und seine Fahrweise darauf einstellen müssen. Auch den Erstbeklagten trifft jedoch, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannte, ein Verschulden. Näherte er sich mit einer Geschwindigkeit von etwa 50 km/h, so standen ihm - schließt man das Umblicken des Klägers mit ein - deutlich mehr als vier Sekunden zur Verfügung, um die Fahrweise des vor ihm fahrenden Radfahrers wahrzunehmen. In diesem hier gegebenen Fall ist ihm eine Verletzung der sich aus § 20 Abs 1 StVO abzuleitenden Verpflichtung vorzuwerfen, wonach der Kraftfahrer verpflichtet ist, während der Fahrt die gesamte vor ihm liegende Fahrbahn zu beobachten und bei Auftauchen von Hindernissen oder einer unklaren Verkehrssituation die Geschwindigkeit des Fahrzeuges sofort so weit zu verringern, daß eine Gefährdung von Personen hintangehalten wird. Bei einer Vollbremsung aus einer Geschwindigkeit von 50 km/h bei Beginn der Linksbewegung des Radfahrers hätte der Erstbeklagte den PKW mehr als 20 m vor der Zusammenstoßstelle zum Stillstand bringen können. Hätte er die Geschwindigkeit nur geringfügig auf etwa 35 km/h reduziert, hätte er selbst auf das Rechtsschwenken des Klägers noch unfallverhütend mit einer Vollbremsung reagieren können. Bei der Verschuldensabwägung entscheiden vor allem die Wichtigkeit der verletzten Verkehrsvorschriften für die Sicherheit des Straßenverkehrs im allgemeinen und im konkreten Fall sowie das Ausmaß des Verschuldens und der Grad der Fahrlässigkeit des einzelnen Verkehrsteilnehmers (ZVR 1983/235; ZVR 1984/31 uva). Wird berücksichtigt, daß nach den Feststellungen der Kläger bei Dunkelheit, ohne den Nachfolgeverkehr zu beobachten und ohne ein Handzeichen zu geben, nach links abbog, der Erstbeklagte hingegen mit Rücksicht darauf, daß der Kläger verkehrswidrig zur Fahrbahnmitte fuhr, weder darauf vertrauen durfte, der Radfahrer werde sein Fahrmanöver nach links fortsetzen, noch diesen gemäß § 15 Abs 2 lit a) StVO rechts überholen durfte, weil die Voraussetzungen dafür nicht vorlagen, vielmehr die Geschwindigkeit des von ihm gelenkten PKWs sofort hätte vermindern müssen, um erforderlichenfalls auch anhalten zu können, wodurch er nach den Feststellungen den Unfall hätte verhindern können, ist in der Auffassung des Berufungsgerichtes, daß bei der im Sinne des § 7 EKHG und des § 1304 ABGB vorzunehmenden Verschuldensteilung eine Schadensteilung im Verhältnis von 2 : 3 zu Lasten des Klägers gerechtfertigt sei, keine Fehlbeurteilung zu erblicken. Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.
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