OGH 10ObS321/88

OGH10ObS321/886.12.1988

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch als Vorsitzenden, durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier und Dr. Angst als weitere Richter und durch die fachkundigen Laienrichter Dr. Josef Mandak und Dr. Anton Strasser (beide AG) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Pauline K***, Pensionistin, 4632 Pichl/Wels, Sulzbach 4, vertreten durch Dr. Alfred Haslinger, Rechtsanwalt in Linz, wider die beklagte Partei S*** DER

B*** (Landesstelle Oberösterreich), 1031 Wien, Ghegastraße 1, vor dem Obersten Gerichtshof nicht vertreten, wegen Ausgleichszulage und Rückforderung eines Vorschusses infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 13. September 1988, GZ 12 Rs 120/88-20, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Kreisgerichtes Wels als Arbeits- und Sozialgerichtes vom 24. Mai 1988, GZ 25 Cgs 1111/87-16, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Klägerin hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Bescheid vom 27. April 1987 stellte die beklagte Partei fest, daß der Klägerin für die Zeit vom 1. Jänner bis 31. Dezember 1985 keine Ausgleichszulage gebührt und rechnete den für diese Zeit erbrachten Vorschuß an Ausgleichszulage (einschließlich Energiekostenabgeltung) von 7.800,-- S auf die monatlich fällige Pension in zehn Raten von 760,-- S und einer Restrate von 200,-- S auf.

In der dagegen rechtzeitig erhobenen Klage behauptete die Klägerin, daß ihr Ehegatte aus seinem Gewerbebetrieb im Jahre 1985 keine Einkünfte erwirtschaftet habe, weshalb ihr für dieses Jahr die Ausgleichszulage im Ausmaß der Differenz zwischen ihrer Pension von 1.415,40 S und dem Familienrichtsatz von 6.466,-- S, also von (richtig) 5.050,60 S zustehe. Sie begehrte schließlich, die beklagte Partei schuldig zu erkennen, ihr vom 1. Jänner bis 31. Dezember 1985 die Ausgleichszulage im gesetzlichen Ausmaß ohne Anrechnung von Einkünften des Ehegatten aus selbständiger Erwerbstätigkeit zu gewähren und die Rückforderung von Ausgleichszulagenvorschüssen für das Jahr 1985 von 7.800,-- S zu unterlassen.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung der Klage. Sie wendete ein, daß sie der Klägerin für die Zeit vom 1. Jänner bis 31. Dezember 1985 monatliche Vorschüsse auf die Ausgleichszulage von 500,-- S gewährt habe. Aus dem ihr im März oder April 1987 vorgelegten Umsatz- und Einkommensteuerbescheid des Ehegatten der Klägerin ergebe sich, daß dessen Einkommen aus dem Gewerbebetrieb im Jahre 1985 148.870,-- S, daher monatlich 12.405,80 S betragen habe. Das Erstgericht wies die Klage ab und legte der Klägerin den Rückersatz der für das Jahr 1985 erbrachten Ausgleichszulagenvorschüsse von 7.800,-- S in zwölf Monatsraten von 650,-- S, beginnend ab dem auf die Rechtskraft dieses Urteils folgenden Monatsersten auf.

Es stellte fest, daß die Klägerin von der beklagten Partei im Jahre 1985 eine Pension von (monatlich) 1.415,40 S und einen Vorschuß auf die Ausgleichszulage von monatlich 500,-- S zuzüglich eines Heizkostenzuschusses von 800,-- S bezog. Peter K***, der Ehegatte der Klägerin, erzielte im selben Jahr aus seiner selbständigen Erwerbstätigkeit als Immobilienmakler nach Abzug von im Jahre 1986 als uneinbringlich abgeschriebenen Provisionsforderungen von 20.580,30 S Einkünfte aus Gewerbebetrieb von 128.290,-- S, von denen jedoch keine Einkommensteuer eingehoben wurde, weil 21.512,-- S als Sonderausgaben und für aus den Jahren 1982 und 1984 resultierende Verluste ein Verlustabzug von insgesamt 336.310,-- S berücksichtigt wurden. Daraus ergaben sich für das Jahr 1985 monatliche reine Einkünfte des Ehegatten der Klägerin von 10.690,83 S.

Dieses Nettoeinkommen des Ehegatten der Klägerin sei nach § 140 Abs 2 BSVG bei Feststellung des Anspruches der Klägerin auf eine Ausgleichszulage zu berücksichtigen und führe wegen Überschreitung des Richtsatzes zur Verneinung eines solchen Anspruches. Das Berufungsgericht gab der wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobenen, auf Abänderung im klagestattgebenden Sinn gerichteten Berufung der Klägerin nicht Folge, sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden habe, 30.000,-- S nicht übersteige und daß die Revision zulässig sei. Es vertrat die Rechtsansicht, daß der einkommensteuerrechtliche Vortrag von Verlusten früherer Jahre (§ 18 Abs 1 Z 4 Einkommensteuergesetz) das auf die Ausgleichszulage anrechenbare Einkommen des Pensionsberechtigten oder seines Ehegatten nicht mindern könne. Verluste früherer Jahre seien einkommensteuerrechtlich gesehen Sonderausgaben, die - wie außerordentliche Belastungen - (im Ausgleichszulagenrecht) nicht vom Nettoeinkommen abgesetzt werden könnten.

Dagegen richtet sich die Revision der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung (der Sache) mit dem Antrag, daß angefochtene Urteil "aufzuheben" (richtig abzuändern) und auszusprechen, daß ihr vom 1. Jänner bis 31. Dezember 1985 eine monatliche Ausgleichszulage von 5.051,60 S zu zahlen und die Rückforderung von erbrachten Ausgleichszulagenvorschüssen für das Jahr 1985 von 7.800,-- S zu unterlassen sei.

Die beklagte Partei erstattete keine Revisionsbeantwortung. Da es sich auch um ein Verfahren über eine wiederkehrende Leistung in Sozialrechtssachen, nämlich über die Feststellung der Ausgleichszulage für das Jahr 1985 handelt, ist die Revision nach § 46 Abs 4 ASGG ohne die Beschränkungen des Absatzes 2 dieser Gesetzesstelle zulässig. Deshalb hätten auch nach § 45 Abs 5 ASGG die Aussprüche des Berufungsgerichtes nach Abs 1 dieser Gesetzesstelle zu unterbleiben gehabt. Die vom Berufungsgericht zitierte 12. Jänner 1988 10 Ob S 157/87 JBl 1988, 473 bezog sich anders als die vorliegende nicht auch auf eine Rechtsstreitigkeit über den Bestand und den Umfang des Anspruches auf Ausgleichszulage im Sinn des § 65 Abs 1 Z 1 ASGG, bei der es um eine wiederkehrende Versicherungsleistung geht, sondern ausschließlich auf eine Rechtsstreitigkeit über die Pflicht des damaligen Klägers zum Rückersatz einer unbestrittenermaßen zu Unrecht empfangenen Versicherungsleistung im Sinn der Z 2 der letztzitierten Gesetzesstelle, und zwar auf einen 30.000,-- S nicht übersteigenden Überbezug an Ausgleichszulage, welcher Rechtsstreit nicht über einen Anspruch des Klägers auf wiederkehrende Versicherungsleistungen geführt wurde. Bei dem im Zusammenhang mit dem Bewertungsausspruch vom Berufungsgericht genannten § 34 ASGG !richtig § 45 handelt es sich um einen Schreibfehler in der Ausfertigung.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Da im gesamten Verfahren von dem Richtsatz ausgegangen wurde, der im Jahre 1985 für Pensionsberechtigte aus eigener Pensionsversicherung, die mit dem Ehegatten im gemeinsamen Haushalt lebten, 6.466,-- S betrug, hat es als unbestritten und daher nicht beweis- und feststellungsbedürftig zu gelten, daß bei Feststellung des Anspruchs der Klägerin auf eine Ausgleichszulage zur Pension neben ihrer Pension nicht nur nach § 140 Abs 1 BSVG ihr aus ihren übrigen Einkünften erwachsendes Nettoeinkommen, sondern nach Abs 2 der zitierten Gesetzesstelle auch das gesamte Nettoeinkommen ihres im gemeinsamen Haushalt lebenden Ehegatten zu berücksichtigen ist. Nettoeinkommen im Sinn der zitierten Absätze 1 und 2 ist nach Abs 3 des § 140 BSVG, soweit im folgenden nichts anderes bestimmt wird, die Summe sämtlicher Einkünfte in Geld oder Geldeswert nach Ausgleich mit Verlusten und vermindert um die gesetzlich geregelten Abzüge.

Einkünfte aus Gewerbebetrieb sind nach § 2 Abs 4 Z 1 EStG der Gewinn. Das ist nach § 4 Abs 1 leg cit der Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluß des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluß des vorangegangenen Wirtschaftsjahres vermehrt um den Wert der Entnahmen und vermindert um den Wert der Einlagen. Entnahmen liegen vor, wenn der Steuerpflichtige dem Betrieb Wirtschaftsgüter (Barentnahmen, Waren, Erzeugnisse, Nutzungen und Leistungen) für sich, für seinen Haushalt oder für andere betriebsfremde Zwecke entnimmt. Einlagen liegen vor, wenn der Steuerpflichtige dem Betrieb Wirtschaftsgüter (Bareinzahlungen und sonstige Wirtschaftsgüter) zuführt.

Dieser Gewinn (= Einkünfte aus Gewerbebetrieb) des Ehegatten der Klägerin wurde für das Jahr 1985 insgesamt mit 128.290,-- S festgestellt.

Auf diese Einkünfte aus Gewerbebetrieb hat der Verlustabzug von insgesamt 336.310,-- S keinen Einfluß. Dabei handelt es sich um in den vorangegangenen Wirtschaftsjahren 1982 und 1984 entstandene Verluste aus Gewerbebetrieb, die, soweit sie nicht bei der Veranlagung für die vorangegangenen Kalenderjahre ausgeglichen oder abgezogen worden sind, bei Steuerpflichtigen, die den Gewinn nach § 4 Abs 1 oder § 5 EStG auf Grund ordnungsmäßiger Buchführung ermitteln, nach § 18 Abs 1 Z 4 leg cit als Sonderausgabe vom Gesamtbetrag der Einkünfte abzuziehen sind (vgl SSV-NF 1/66; 25. Oktober 1988 10 Ob S 57/88).

Ein solcher Abzug von in früheren Wirtschaftsjahren entstandenen Verlusten im Sinn des § 18 Abs 1 Z 4 EStG vermindert - wie die übrigen Sonderausgaben - nur die Einkommensteuer, kann aber, weil er sich auf in früheren Wirtschaftsjahren entstandene Verluste beziehen muß, nicht die Summe sämtlicher Einkünfte im Sinn des § 140 Abs 3 BSVG vermindern. Diese sind nämlich nur mit im selben Kalenderjahr entstandenen tatsächlichen Verlusten auszugleichen und um die gesetzlich geregelten Abzüge zu vermindern, nicht aber um bloß steuerlich gewinnmindernde Abzugsposten (vgl SSV-NF 1/21 und 1/66).

Das angefochtene Urteil war daher zu bestätigen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.

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