OGH 15Os122/88 (15Os149/88)

OGH15Os122/88 (15Os149/88)6.12.1988

Der Oberste Gerichtshof hat am 6.Dezember 1988 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, Dr. Reisenleitner, Hon.Prof. Dr. Brustbauer und Dr. Kuch als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Dr. Tegischer als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Sabine F*** wegen des Verbrechens der Verleumdung nach § 297 Abs 1 letzter Fall StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Beschwerde der Angeklagten gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 25.August 1988, GZ 5 Vr 3539/87-75, sowie über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 1.Juli 1988, GZ 5 Vr 3539/87-72, ach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

I. Der Beschwerde wird Folge gegeben und der angefochtene Beschluß aufgehoben.

II. Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen. Gemäß § 390 a StPO fallen der Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

III. Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Text

Gründe:

Sabine F*** wurde mit dem bekämpften, im zweiten

Verfahrensgang ergangenen Urteil des Vergehens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 2 StGB und des Verbrechens der Verleumdung nach § 297 Abs 1 letzter Fall StGB schuldig erkannt. Darnach hat sie

1. am 20.Juni und 2.Juli 1984 in Straß mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Verfügungsberechtigte der Alois P*** KG dadurch, daß sie Bestellungen mit Karl H*** unterzeichnete und diesen unter Angabe des Geburtsdatums und der Adresse des Bestellers angab, mithin durch Täuschung über Tatsachen, zur Übersendung von Waren im Gesamtwert von 29.148 S, somit zu Handlungen verleitet, welche das genannte Unternehmen an seinem Vermögen schädigte, wobei der Schaden 25.000 S überstieg,

2. am 8.August 1985 in Wolfsberg die Annemarie W*** dadurch der Gefahr einer behördlichen Verfolgung ausgesetzt, daß sie vor Beamten des Gendarmeriepostenkommandos Wolfsberg behauptete, W*** habe die Bestellungen vorgenommen und die Unterschrift des Karl H*** gefälscht, sie mithin einer von Amts wegen zu verfolgenden, mit ein Jahr übersteigender Freiheitsstrafe bedrohten Handlung, nämlich des Vergehens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 2 StGB falsch verdächtigt, wobei sie wußte, daß diese Verdächtigung falsch war.

Rechtliche Beurteilung

Die Angeklagte meldete sogleich nach Verkündung des Urteils Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an. Daß dabei Nichtigkeitsgründe deutlich und bestimmt bezeichnet worden wären, wie die Beschwerdeführerin behauptet (S 428), ist dem Inhalt des Hauptverhandlungsprotokolls, das in der vom Vorsitzenden und vom Schriftführer unterfertigten Form für das Rechtsmittelgericht maßgeblich ist (Mayerhofer/Rieder, StPO2 E 8 zu § 271) nicht zu entnehmen.

Eine Ausfertigung des Urteils wurde dem Vertreter der Beschwerdeführerin am 1.August 1988 zugestellt. Das Ende der Rechtsmittelfrist fiel somit - der 15.August 1988 war ein Feiertag - auf den 16.August 1988. Die mit diesem Tag datierte Rechtsmittelschrift langte beim Erstgericht in einem Briefumschlag ein, der beim Postamt 9024 Klagenfurt unter der Nummer R 132 mit "17.8.89" abgestempelt war (Beilage zu ON 74).

Das Erstgericht wies daraufhin mit dem Beschluß vom 25. August 1988, GZ 5 Vr 3539/87-75, die Nichtigkeitsbeschwerde gemäß § 285 a "Abs 1" Z 2 StPO zurück. Daß dieser Beschluß verfehlt vom einem Dreirichtersenat gefaßt wurde und nicht vom Vorsitzenden des Schöffengerichtes als Einzelrichter (siehe § 285 b Abs 1 StPO), kann vorliegend auf sich beruhen.

In der gegen diesen Zurückweisungsbeschluß erhobenen Beschwerde legte der Verteidiger die Ablichtung eines Aufgabescheins vor, wonach die Sendung mit der Aufgabenummer R 132 am 16.August 1988 vom Postamt 9024 Klagenfurt übernommen wurde.

Zwar hatte der Vorstand dieses Postamtes auf fernmündliche Anfrage am 2.September 1988 erklärt, daß die Sendung R 132 in der Liste der Aufgabescheine als erste Eintragung vom 17.August 1988 aufscheine (S 3 q), doch ergaben vom Obersten Gerichtshof angesichts der Verwendung verschiedener Stampiglien auf dem Aufgabeschein einerseits und dem Briefumschlag andererseits angeordnete Erhebungen, daß zwar Poststücke, die kurz vor 18,00 Uhr aufgegeben werden, den Postaufgabestempel dieses Tages auf das Kuvert gesetzt bekommen sollten, daß aber der nach ihrer Bekundung allein mit der vorliegenden Sache befaßt gewesenen Postangestellten Gertrude M*** augenscheinlich, wie sie selbst als möglich einräumt, zufolge Arbeitsüberlastung ein Versehen insoferne unterlief, daß sie zwar die an ihrem Schalter verwendete Stampiglie "d" am 16.August 1988 auf dem Aufgabeschein abschlug, nicht aber auf dem auf diesen Aufgabeschein Bezug habenden Poststück selbst, sondern dieses vielmehr unabgestempelt zur Seite legte, worauf dieses Stück sodann erst am nächsten Tag von einer Kollegin (mit der zu einem anderen Schalter gehörenden Stampiglie "b") abgestempelt wurde. Eine Manipulation (etwa um einer verspäteten Sendung den Anschein der Rechtzeitigkeit zu verleihen) schließt die Zeugin M*** aus.

Nach diesen Erhebungsergebnissen ist daher davon auszugehen, daß die Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde tatsächlich am 16. August 1988 somit rechtzeitig zur Post gegeben wurde. Demzufolge war daher der Beschwerde Folge zu geben und der Zurückweisungsbeschluß des Erstgerichtes aufzuheben. Über die Nichtigkeitsbeschwerde konnte demnach in der Sache selbst, und zwar sofort bei einer nichtöffentlichen Beratung entschieden werden.

In den Ausführungen der Nichtigkeitsbeschwerde werden die Ziffern 3, 4, 5, 9 (lit a) und 10 des § 281 Abs 1 StPO genannt, die behaupteten Nichtigkeitsgründe jedoch nicht getrennt dargestellt, sondern ineinander vermengt. Dadurch entstehende Unklarheiten in der überdies mit unkorrigiert gebliebenen Diktat- und Schreibfehlern durchsetzten Nichtigkeitsbeschwerde gehen zu Lasten der Beschwerdeführerin, deren Aufgabe es ist, die behaupteten Nichtigkeitsgründe deutlich und bestimmt zu bezeichnen (§ 285 a Z 2 StPO).

Als erkennbare Verfahrensrüge (Z 3 und 4) bringt die Beschwerdeführerin vor, das Erstgericht habe die ON 22, 47, 48 und 69 verlesen; da "diese Ordnungsnummern" während der Hauptverhandlung nicht genannt worden seien, habe kein Einspruch (gemeint wohl: Widerspruch) der Verteidigung erfolgen können; die verlesenen Aktenstücke schienen erst im übertragenen Verhandlungsprotokoll auf.

Abgesehen davon, daß - wie bereits ausgeführt - für das Rechtsmittelgericht das Hauptverhandlungsprotokoll allein in der Form maßgeblich ist, in der es vom Vorsitzenden und vom Schriftführer unterfertigt wurde (ein Berichtigungsantrag wurde im übrigen gar nicht gestellt), wurden selbst nach diesem Vorbringen in der Nichtigkeitsbeschwerde die genannten Aktenstücke ohnedies verlesen. Einer zusätzlichen Bezeichnung, um welche Ordnungsnummern es sich dabei handelt, bedarf es nicht; dies ist auch nicht Voraussetzung für die Erhebung des gemäß § 281 Abs 1 Z 4 StPO als Beschwerdelegitimation notwendigen Widerspruches. Worin hier eine Beschwer der Nichtigkeitswerberin gelegen sein soll, ist völlig unerfindlich.

Als Verfahrensrüge (Z 4) moniert die Beschwerdeführerin des weiteren eine Abweisung eines Antrages auf zeugenschaftliche Vernehmung des Peter W***, der Andrea L***, der Elisabeth F*** und des Ehemannes der Beschwerdeführerin.

Ein Antrag auf Vernehmung des Ehemannes der Beschwerdeführerin wurde im Verfahren erster Instanz gar nicht gestellt (und auch nicht abgewiesen). Der angerufene Nichtigkeitsgrund wurde daher durch das Unterbleiben der Vernehmung des Ehemannes nicht verwirklicht. Der Antrag auf Vernehmung der weiteren drei genannten Personen wurde vom Schöffengericht in seinem Zwischenerkenntnis (S 391 f und 394) mit zutreffender Begründung abgewiesen. Denn angesichts der von der Angeklagten selbst eingeräumten Tatsache, ihre Mutter Annemarie W*** bis zum "Bruch" im November 1984 wiederholt (in Straß) besucht zu haben (S 276), hätten die drei genannten, in Graz und in St. Stefan im Lavanttal wohnhaften Personen, von denen nicht behauptet wurde, daß sie die Angeklagte bei ihren Besuchen jeweils begleitet hätten, in der Tat nichts über das Verhalten der Angeklagten in Straß, über eine allfällige Verwendung der herausgelockten Waren durch Annemarie W*** und deren damaligem Lebensgefährten und deren Wohnungseinrichtung geben können. Eine Beweisaufnahme darüber, ob die Angeklagte allenfalls auch sonst noch Warenbestellungen erlistete oder nicht, war entbehrlich, desgleichen eine Beweisaufnahme darüber, wo sich die Angeklagte am 20.Juni 1984 und am 2.Juli 1984 aufhielt, weil - wie das Schöffengericht zutreffend erkannte - diese Bestelldaten keineswegs zwingend mit einer Postaufgabe in Straß an diesen Tagen zusammenfallen müssen. Abgesehen davon wäre es im Hinblick auf den Inhalt des in der Hauptverhandlung verlesenen Amtsvermerkes vom 6.Juli 1987 (ON 48), wonach Elisabeth F*** auf fernmündliche Anfrage bekanntgegeben hatte, über Warenbestellungen der Angeklagten und deren Besuche bei ihrer Mutter nicht informiert zu sein, geboten gewesen, darzulegen, weshalb jene dennoch darüber aussagen könne (Mayerhofer/Rieder, StPO2, E 19 zu § 281 Abs 1 Z 4).

Letztlich wäre es angesichts des auch vom Verteidiger in der Hauptverhandlung vom 16.Dezember 1987 erklärten Verzichtes auf die zeugenschaftliche Vernehmung der Elisabeth F*** und des Peter W*** (S 284) erforderlich gewesen, darzulegen, aus welchen geänderten tatsächlichen Umständen heraus deren Vernehmung in der neu durchgeführten Hauptverhandlung nunmehr dennoch erforderlich sei. Als Verfahrensrüge (Z 4) moniert die Beschwerdeführerin weiters die Abweisung ihres Antrages auf Einholung eines weiteren Schriftsachverständigengutachtens, und zwar eines des Bundeskriminalamtes Wiesbaden (S 390, 393).

Auch hier ist dem abweisenden Zwischenerkenntnis beizupflichten. Gemäß § 126 Abs 1 StPO ist nur dann das Gutachten eines anderen Sachverständigen einzuholen, wenn sich Widersprüche oder Mängel in bezug auf das erstattete Gutachten ergeben oder wenn sich zeigt, daß es Schlüsse enthält, die aus den angegebenen Vordersätzen nicht folgerichtig gezogen sind und wenn sich die Bedenken nicht durch nochmalige Vernehmung des Sachverständigen beseitigen lassen. Derartige Widersprüche, Mängel oder Denkgesetzwidrigkeiten wurden im Beweisantrag (S 390) nicht dargetan. Daß der Sachverständige in seinem nach Einholung weiterer Schriftproben erstellten Ergänzungsgutachten, das er in der Hauptverhandlung vom 1.Juli 1988 vortrug und näher erläuterte, zum gleichen Ergebnis kam wie im Gutachten vom 9.Februar 1986 (ON 11), demnach seine Meinung nicht änderte und erklärte, auf Grund seines Fachwissens zu keinem anderen Ergebnis kommen zu können, stellt ebensowenig einen der bezeichneten Mängel dar, wie die abstrakte Möglichkeit, daß ein anderer Sachverständiger zu einem anderen Ergebnis kommen könnte. Soweit die Bechwerdeführerin in der Nichtigkeitsbeschwerde eine Äußerung des Schriftsachverständigen, daß ihm medizinische Kenntnisse fehlten, heranzieht, ist ihr vorerst zu entgegnen, daß sie diesen Umstand im Beweisantrag nicht aufgegriffen hatte. Er wäre aber auch gänzlich unerheblich, denn der Sachverständige verwies nur auf die hypothetische Möglichkeit eines veränderten Schriftbildes bei Vorliegen einer Schizophrenie, die er als Nichtmediziner nicht konstatieren könne (S 388); daß aber Annemarie W***, deren Schrift im gegebenen Zusammenhang erörtert wurde, schizophren sei, wurde weder von der Beschwerdeführerin behauptet, noch ergeben sich dafür im Verfahren die mindestens Anhaltspunkte.

Soweit sich die Beschwerdeführerin augenscheinlich gegen die Abweisung ihres Antrages auf Einholung von Schriftproben des Karl H*** und der Annemarie W*** "aus älteren Zeiten" (S 390) wendet, vermag sie ebenfalls einen Verfahrensmangel nicht darzutun. Denn der Sachverständige hatte ausdrücklich erklärt (S 390), daß er die Schriften der Annemarie W*** aus den Akten über ihre Verurteilungen (AZ 9 E Vr 120/85 und 9 E Vr 144/86 des Landesgerichtes für Strafsachen Graz), worunter sich Bestellscheine aus den Jahren 1983 und 1984 befinden, in den Schriftenvergleich miteinbezog.

Weiteres Schriftenmaterial des Karl H*** hingegen war in der Tat nicht erforderlich, denn der Genannte ist, was auch von der Beschwerdeführerin nicht in Zweifel gezogen wird, Analphabet, der nur seinen Namen schreiben kann, sodaß seine Urheberschaft hinsichtlich der ausführlichen handschriftlichen Bestellschreiben (S 21 und 23) von vornherein nicht in Frage kommt.

Soweit aber in der Nichtigkeitsbeschwerde das Unterbleiben der Einholung neuerer Schriftproben der beiden zuletzt genannten Personen gerügt wird, fehlt der Beschwerdeführerin die Beschwerdelegitimation, weil ein darauf abzielender Antrag in der Hauptverhandlung vom 1.Juli 1988 gar nicht gestellt wurde. Gleiches gilt für die von der Beschwerdeführerin vermißte "Anhörung" ihrer Mutter Annemarie W***, die sich im übrigen berechtigterweise (§ 152 Abs 1 Z 1 StPO) der Zeugenaussage entschlug (S 280 und erneut S 379) und somit vom Gericht gar nicht zu einer Aussage hätte verhalten werden dürfen.

Auch den als Mängelrüge (Z 5) zu deutenden Ausführungen der Beschwerdeführerin kommt keine Berechtigung zu.

Dem Umstand, ob die Angeklagte bis Frühjahr 1984 mit ihrer Mutter im gemeinsamen Haushalt lebte oder nur bis 1983, wie sie nunmehr (S 386) nach wechselnden Verantwortungen (anders S 33 in ON 2, S 28, S 189) behauptet, kommt keine entscheidungswesentliche Bedeutung zu, denn das Schöffengericht ließ ohnedies offen, daß die Angeklagte zum Zeitpunkt der von ihr getätigten Bestellungen nicht mehr im gemeinsamen Haushalt mit ihrer Mutter lebte (S 403, 407). Gleichermaßen wird mit der Wiederholung der Behauptung der Angeklagten, die bestellten Waren nicht übernommen zu haben, ein Begründungsmangel nicht dargetan, denn das Schöffengericht ging von der Unmöglichkeit aus, festzustellen, an wen die postalisch übersendeten Waren ausgefolgt wurden (S 404 f), und ließ eine Übernahme durch Annemarie W*** als Möglichkeit im Raum (S 407), konstatierte aber dennoch, daß die Angeklagte in Täuschungsabsicht handelte, um entweder die Lieferfirma oder Karl H*** zu schädigen. Mit der Bekundung des Letztgenannten, von seiner damaligen Lebensgefährtin Annemarie W*** einen Mantel erhalten zu haben, mußte sich hingegen das Schöffengericht nicht beschäftigen, denn ein derartiges Kleidungsstück war gar nicht Gegenstand der beiden Lieferungen (vgl S 25 bis 29).

Inwiefern eine Schlußfolgerung, daß die Angeklagte die Möglichkeit gehabt habe, die Bestellschreiben zur Post zu bringen, nicht "denklogisch" sein sollte, bleibt unerfindlich, desgleichen, inwieweit eine Schlußfolgerung, daß die Beschwerdeführerin für sich oder für Angehörige etwas bestellen wollte, "unlogisch und unzulässig" sein sollte.

Eine Feststellung des Aufgabeortes der Bestellscheine konnte mangels einer Möglichkeit hiezu unterbleiben, zumal die Kuverts bei der Lieferfirma, deren Vertreterin die dort vorhandenen "Beweise" vorlegte (S 280 iVm S 21, 23 und 31 in ON 2 sowie den Originalen in der Mappe "Ergänzungsgutachten"), ersichtlich nicht aufbewahrt wurden.

Die Behauptung, das Erstgericht habe "in keiner Weise festgestellt", ob die Beschwerdeführerin Waren bestellt habe, sondern (nur), daß sie die Bestellungen unterfertigt hätte, übergeht den gegenteiligen Urteilsinhalt, nach welchem die Angeklagte die Bestellungsschreiben und die Unterschriften fälschte (S 405, 407). Inwiefern die bestellten Waren, namentlich die Damenbekleidung, für die Beschwerdeführerin "nicht brauchbar" gewesen sei, wird in der Nichtigkeitsbeschwerde nicht dargetan, desgleichen nicht, worin der behauptete Beweis liegen soll, daß die Männerkleidung nur dem Karl H*** passe.

Soweit die Beschwerdeführerin dem Schöffengericht zum Vorwurf macht, die Tatsache der Inanspruchnahme des Entschlagungsrechtes durch ihre Mutter unberücksichtigt gelassen zu haben und eine "Auslegung" dieses Umstandes zu ihren Gunsten fordert, ist ihr entgegenzuhalten, daß gerade die Inanspruchnahme dieses gesetzlichen Rechtes durch einen Zeugen in keiner Richtung für die Beweiswürdigung verwertbar ist (Mayerhofer/Rieder, StPO2 E 110, 111 zu § 258; E 169 zu § 281 Abs 1 Z 5).

Mit der Behauptung, es sei nicht "logisch zwingend" nachgewiesen, daß die Angeklagte die Bestellungen tätigen wollte, daß sie diese auch tatsächlich tätigte, daß sie eine Schädigung der Lieferfirma wollte "bzw in Kauf nahm, bzw sich selbst den Vorteil aus dem Geschäft zueignete", wird kein Begründungsmangel dargetan, sondern im Rahmen einer Mängelrüge unzulässigerweise nur gegen die Beweiswürdigung des Schöffengerichtes angekämpft. Inwiefern eine gegenteilige Annahme "eindeutig auf Grund der amtlichen Bestätigungen" feststünde, bleibt unerfindlich.

Daß hingegen Annemarie W*** wegen Betruges abgestraft wurde, wurde vom Schöffengericht ohnedies in den Kreis seiner Erwägungen miteinbezogen (S 403).

Aus der Tatsache der Verfertigung der Bestellungen unter falschem Namen konnte das Schöffengericht entgegen der Meinung der Beschwerdeführerin ohne Denkfehler und "Widersprüchlichkeiten" einen Betrugsvorsatz ableiten.

Daß sich das Schöffengericht nicht imstande sah, festzustellen, wem letztlich der Vermögensvorteil zugeflossen ist, betrifft keine für den Schuldspruch wesentliche Tatsache, kann doch ein Betrug gleichermaßen mit dem Vorsatz, entweder sich selbst oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern, begangen werden. Von einer Widersprüchlichkeit oder einer Abweichung zu den "Denkgesetzen der Logik", kann demnach keine Rede sein.

Der bisher untadelhafte Wandel der Angeklagten wurde vom Schöffengericht keineswegs übergangen (S 410).

Ein angeblich mit der im ersten Rechtsgang erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde (ON 28) vorgelegtes Schreiben (nach der Eingangsstampiglie enthielt dieser Schriftsatz allerdings keine Beilagen), das sich auch nicht bei den Akten befindet, war im Urteil nicht zu erörtern, weil es nicht Gegenstand der Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung (S 393 f) war und das Gericht bei Urteilsfällung nur auf das Rücksicht zu nehmen hat, was in in der Hauptverhandlung vorkam (§ 258 Abs 1 StPO).

Welche "anderen Unterlagen" vom Erstgericht außer Acht gelassen worden seien, unterläßt die Beschwerdeführerin darzutun. Ob die Beschwerdeführerin in der Lage gewesen wäre, die bestellten Waren (in Raten) pünktlich zu bezahlen, ist angesichts der Urteilsfeststellung, daß sie entweder die Lieferfirma oder den vorgeblichen Besteller H*** schädigen wollte und dabei als Bestellerin namentlich gar nicht in Erscheinung trat (und damit jedenfalls nicht gewillt war irgendwelche Zahlungen zu leisten), unerheblich. Es erübrigte sich damit auch die von ihr nunmehr geforderte Prüfung ihrer Vermögensverhältnisse oder ihrer "Zahlungsfähigkeit und Billigkeit" (sofern sie ihre Zahlungswilligkeit meint, sei auf das eben Ausgeführte verwiesen), desgleichen ob ihr - die der Lieferfirma ja gar nicht als tatsächliche Bestellerin bekannt war - Mahnungen zukamen. Auch eine exakte Feststellung, wann die Bestellungen bei der Lieferfirma eingingen und wann sie geschrieben wurden, konnte als entscheidungsunwesentlich unterbleiben.

Zu den Ausführungen schließlich, daß aus der Feststellung, daß die Angeklagte Schreiberin der beiden Bestellungen war, nach den "logischen Weggesetzen" (wörtlich S 418; gemeint wohl: Denkgesetze) kein Schädigungsvorsatz abgeleitet werden dürfe, ist auf das schon zuvor Gesagte zu verweisen. Der Gedankengang, daß daraus "auf Grund des Grundsatzes in dubio pro reo die Schlußfolgerung auf meine (der Beschwerdeführerin) Bestelltätigkeit unzulässig" sei, ist hingegen nicht nachvollziehbar.

Soweit die Beschwerdeführerin als Mängelrüge ausführt, es sei dem Schöffensenat verwehrt gewesen, sich auf das Gutachten des Schriftsachverständigen zu berufen, geht sie von durch die Aktenlage überhaupt nicht gedeckten Prämissen aus, indem sie behauptet, der Sachverständige habe nicht "modernste Untersuchungsmethoden" angewendet, sein Ergebnis sei (bloß) "seine subjektive Meinung" und er sehe sich "offenbar auf Grund der beschränkten Möglichkeiten nicht in der Lage", eine andere Meinung zu äußern, sowie daß vom Sachverständigen Schriftproben "immer nur zum Nachteil der Angeklagten ausgelegt" worden seien und "daher das Sachverständigengutachten immer wieder subjektiv einseitig" bleibe. Mit diesen die ausführliche wissenschaftliche Begründung vernachlässigenden Anwürfen gegen den Sachverständigen wird ein Begründungsmangel im Sinn der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO nicht dargetan, sondern wiederum nur in einer im Rahmen der Mängelrüge unzulässigen Weise versucht, die Beweiswürdigung des Schöffengerichtes zu bekämpfen.

Eine Rechtsrüge (Z 9 lit a und Z 10) wird von der Beschwerdeführerin nicht prozeßordnungsgemäß dargestellt. Die gesetzmäßige Ausführung derartiger materiellrechtlicher Nichtigkeitsgründe hat nämlich vom festgestellten Urteilssachverhalt auszugehen und diesen mit dem darauf angewendeten Gesetz zu vergleichen; demgemäß ist die Nichtigkeitsbeschwerde nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt, wenn eine im Urteil konstatierte Tatsache bestritten oder übergangen oder aber ein nicht festgestellter Umstand als gegeben angenommen wird. Letzteres aber unternimmt die Beschwerdeführerin in ihren als Rechtsrüge zu deutenden Ausführungen, indem sie behauptet, eine gefälschte Unterschrift allein bedeute noch nicht die Täuschung eines Dritten, "wenn nur eine Unterschrift ohne weitere Absicht erfolgte", wobei sie übergeht, daß nicht nur die Unterschrift, sondern der gesamte Inhalt beider Bestellschreiben gefälscht wurde und das Schöffengericht überdies ihren Schädigungsvorsatz ausdrücklich feststellte (S 405). Gleiches gilt für die den Urteilsfeststellungen krass zuwiderlaufende Behauptung, hinsichtlich der Schädigungsabsicht seien keine Feststellungen getroffen worden und der darauf aufbauenden Behauptung eines Feststellungsmangels und der weiteren Behauptung, das Erstgericht habe nie festgestellt, daß die Angeklagte "die Waren von Anfang an unter einem fremden Namen unter Fälschung der Unterschrift kaufen wollte".

Ebenso wird in der gegen die Verurteilung wegen Verleumdung remonstrierenden Rechtsrüge mit der Behauptung, die Beschwerdeführerin habe im Rahmen ihrer Verteidigungsrechte auf Grund des ihr "zustehenden Wissensstandes und subjektiver Einschätzung vertretbar" Äußerungen getan, die gegenteilige Urteilskonstatierung zur subjektiven Tatseite, in welcher ausdrücklich von einer wissentlichen Falschbezichtigung die Rede ist (S 405), übergangen.

Worin schließlich ein Subsumtionsirrtum (Z 10) gelegen sein soll, läßt sich den Beschwerdeausführungen überhaupt nicht entnehmen, in denen nicht einmal ansatzweise darzulegen versucht wird, welches andere Strafgesetz auf die konstatierten Taten der Angeklagten anzuwenden gewesen wäre.

Die Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten war daher, teils als offenbar unbegründet, teils als nicht gesetzmäßig ausgeführt, sofort bei der nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen (§ 285 d Abs 1 Z 1 und 2 StPO iVm § 285 a Z 2 StPO).

Die Entscheidung über die Berufung fällt demnach in die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Graz (§ 285 i StPO).

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