OGH 10ObS266/88

OGH10ObS266/8822.11.1988

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier und Dr. Angst als weitere Richter sowie durch die fachkundigen Laienrichter Dr. Sylvia Krieger (Arbeitgeber) und Werner Fendrich (Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Cäcilia V***, Bürohilfskraft, 1140 Wien, Sebastian Kelch-Gasse 1-3/1/8, vertreten durch Dr. Franz Podovsovnik, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei P*** DER A***,

1021 Wien, Friedrich Hillegeist-Straße 1, diese vor dem Obersten Gerichtshof nicht vertreten, wegen Berufsunfähigkeitspension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 6. Juni 1988, GZ 33 Rs 112/88-20, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 19. Jänner 1988, GZ 16 Cgs 1139/87-12, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsverfahrens selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Das Erstgericht wies das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der Klägerin ab 1. April 1987 die Berufsunfähigkeitspension im gesetzlichen Ausmaß zu gewähren, ab. Es stellte im wesentlichen folgenden Sachverhalt fest:

Die 48jährige Klägerin erlernte keinen Beruf. Sie war bis 1961 als Küchen- und Hausgehilfin und dann bis 1969 mit Unterbrechungen als Apothekenhelferin tätig. 1971 bis 1972 arbeitete sie als angelernte Verkäuferin in einem Papiergeschäft und von 1972 bis 1975 als Bürohilfskraft.

Auf Grund ihres - im einzelnen näher

beschriebenen - körperlichen und geistigen Zustands kann sie noch leichte und mittelschwere Arbeiten in der normalen Arbeitszeit und mit den üblichen Pausen verrichten, wenn sie in temperierten Räumen auszuführen sind. Arbeiten unter dauerndem besonderen Zeitdruck sind zu vermeiden. Sie ist unterweisbar und kann eingeordnet werden, die Fingerfertigkeit ist erhalten, das Zurücklegen der Anmarschwege ist gewährleistet. Ausgesprochene Hebe- und Tragearbeiten, Arbeiten in dauernd gebückter Haltung (dh. unter Tischhöhe) und Arbeiten in ausgesprochener Zwangshaltung (Akkord- und Bandarbeiten, Arbeiten an rasch laufenden Maschinen, bei denen das Arbeitstempo von der Maschine diktiert wird) sind auszuschließen. Die gelegentlich notwendige Diät kann von zu Hause mitgebracht werden, wenn sie am Arbeitsplatz nicht zur Verfügung steht.

Die Klägerin könnte auf Grund ihres Leistungskalküls noch die bisher ausgeübte Berufstätigkeit einer Bürohilfskraft sowie die Tätigkeit einer Werkstättenschreiberin, Registraturhilfskraft und Hilfskraft in einer Versandabteilung ausüben.

Rechtlich beurteilte das Erstgericht den von ihm festgestellten Sachverhalt dahin, daß die Klägerin nicht berufsunfähig im Sinn des für sie maßgebenden § 273 Abs 1 ASVG sei, weil sie noch die angeführten Berufstätigkeiten ausüben könne.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht Folge. Es verneinte die von ihr geltend gemachten Verfahrensmängel und hielt auch die Rechtsrüge für unzutreffend, weil die Klägerin nicht nur den bisher ausgeübten Beruf, sondern auch weitere Verweisungstätigkeiten mit gleicher Einstufung ohne Einschränkung verrichten könne. Die im § 273 ASVG für die Berufsunfähigkeit festgelegten Voraussetzungen seien daher nicht erfüllt. Gegen dieses Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision der Klägerin wegen unrichtiger Beweiswürdigung und Tatsachenfeststellung sowie unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, es "aufzuheben" (richtig: abzuändern) und dem Klagebegehren stattzugeben oder es allenfalls aufzuheben und das Verfahren zur Ergänzung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen.

Die beklagte Partei erstattete keine Revisionsbeantwortung.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Da § 503 Abs 1 ZPO zufolge § 2 Abs 1 ASGG auch in Sozialrechtssachen anzuwenden ist, kann auch in solchen Rechtssachen die Revision nicht wegen unrichtiger Tatsachenfeststellung oder Beweiswürdigung begehrt werden. Die entsprechenden Revisionsausführungen sind daher nicht zielführend. Es werden damit teilweise allerdings Mängel des Verfahrens erster Instanz gerügt. Diese Ausführungen können zwar dem Revisionsgrund des § 503 Abs 1 Z 2 ZPO unterstellt werden, wobei die unrichtige Benennung gemäß § 2 Abs 1 ASGG iVm § 84 Abs 2 ZPO nicht schadet. Es kann ihnen aber ebenfalls ein Erfolg nicht beschieden sein, weil schon das Berufungsgericht das Vorliegen der - auch in der Berufung gerügten - Mängel verneinte. Mängel des Verfahrens erster Instanz, welche das Berufungsgericht nicht für gegeben erachtet, können aber auch in Sozialrechtssachen nicht mehr mit Revision geltend gemacht werden (SSV-NF 1/32; JBl 1988, 197 uva).

In den dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung der Sache zuzuordnenden Ausführungen wird nur allgemein behauptet, das Berufungsgericht hätte zu dem Ergebnis gelangen müssen, daß die Klägerin gemäß § 273 ASVG berufsunfähig sei. Damit wird dieser Revisionsgrund nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt, weil entgegen § 2 Abs 1 ASGG iVm § 506 Abs 2 nicht die Gründe angegeben werden, aus denen die rechtliche Beurteilung der Sache unrichtig erscheint. Es ist daher hierauf nicht weiter einzugehen. Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.

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