Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagenden Parteien sind schuldig, der beklagten Partei die mit 2.991,12 S (darin 271,92 S an Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Kläger sind je zur Hälfte Eigentümer eines Hauses in Klagenfurt. Die Mieterin eines in diesem Haus befindlichen Geschäftslokals. Luise Z*** ist am 23. März 1986 unter Hinterlassung eines Testaments vom 19. Oktober 1985 verstorben. In diesem Testament setzte Luise Z*** die Beklagte zur Erbin ein und verfügte unter anderem, daß das von ihr in dem Haus der Kläger betriebene Unternehmen samt allen Einrichtungsgegenständen und dem Lokal ihrer Angestellten Luise S*** zufallen soll. Luise S*** hat dieses Legat angenommen und betreibt das Unternehmen weiter. Der Nachlaß der Luise Z*** wurde der Beklagten eingeantwortet. Die Kläger haben der Übertragung der Mietrechte an Luise S*** nicht zugestimmt.
Die Kläger kündigten das Bestandverhältnis auf. Luise Z*** habe die Mietrechte an Luise S*** ohne Einwilligung der Kläger übertragen. Dies stelle im Zusammenhang mit § 14 Abs 1 MRG den Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 4, erster Fall, MRG dar. Die Beklagte erhob Einwendungen und beantragte die Aufhebung der Aufkündigung. Luise S*** habe nicht nur die Mietrechte an dem Geschäftslokal durch Legat übertragen erhalten, sondern das gesamte Unternehmen.
Das Erstgericht erkannte die Aufkündigung als wirksam. Das Berufungsgericht hob die Aufkündigung auf und wies das Räumungsbegehren ab. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes 300.000 S übesteigt. Die zweite Instanz kam unter ausführlicher Darlegung von Lehre und Rechtsprechung zur Zeit vor und nach dem Inkrafttreten des Mietrechtsgesetzes zum Ergebnis, daß es sich auch bei einer Unternehmensübertragung durch Legat um eine Veräußerung iS des § 12 Abs 3 MRG handle. Die Voraussetzungen für eine Aufkündigung nach § 30 Abs 2 Z 4, erster Fall, MRG seien daher nicht gegeben.
Die Kläger bekämpfen das Urteil des Berufungsgerichtes mit Revision aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, es dahin abzuändern, daß die Entscheidung des Erstgerichtes wiederhergestellt werde. Die Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Ein Sachverhalt wie der vorliegende war bisher nicht Gegenstand einer Entscheidung des Obersten Gerichtshofes. Das Revisionsgericht pflichtet jedoch den Ausführungen der zweiten Instanz bei. Es vermag sich der in der Revision vertretenen Ansicht, unter einem Veräußerungsgeschäft iS des § 12 Abs 3 MRG könne nur eine endgültige Übertragung der Rechte an einem Unternehmen unter Lebenden und nicht auch von Todes wegen verstanden werden, nicht anzuschließen.
Veräußert der Hauptmieter einer Geschäftsräumlichkeit das von ihm im Mietgegenstand betriebene Unternehmen und führt der Erwerber das erworbene Unternehmen im Mietgegenstand weiter, so gehen die Hauptmietrechte am Mietgegenstand und die Verpflichtung zur Zahlung des Mietzinses gemäß § 12 Abs 3 MRG auf den Erwerber des Unternehmens über.
Nach Würth-Zingher, MRG2, Anm. 5 zu § 12, und Würth in Rummel, ABGB, Rz 8 zu § 12 MRG, kann unter "Veräußerung" nur eine endgültige Übertragung der Rechte am Unternehmen verstanden werden, zB durch Kauf, Schenkung, Übergabs- und Leibrentenvertrag, also stets nur durch Einzelrechtsnachfolge. Nicht als Veräußerung anzusehen sind alle von vornherein nur auf Zeit vorgesehenen Übertragungen wie etwa Verpachtung sowie jegliche Art der Universalsukzession. Eine Einschränkung dahin, daß die Einzelrechtsnachfolge unter Lebenden erfolgen müsse - der Vermächtnisnehmer ist im Gegensatz zum Erben Einzelrechtsnachfolger des Erblassers (Welser in Rummel, ABGB, Rz 5 zu § 535) -, wird von Würth-Zingher sowie Würth aaO nicht gemacht, Würth-Zingher heben vielmehr aaO Anm. 4 zu § 12, hervor, daß die Rechtsfigur des gespaltenen Mietverhältnisses perpetuiert würde, sollte die in MietSlg 34.252/20 (= JBl 1984, 612) vertretene Ansicht, wonach ein (erbrechtlicher) Übergang der Mietrechte auf einen bloßen Vermächtnisnehmer als Singularsukzessor - im Gegensatz zu der bis dahin herrschenden und auch noch in JBl 1984, 610 (= MietSlg 35.214) aufrechterhaltenen, von der Lehre zum Teil bekämpften (Wilhelm, "Übergang des Bestandverhältnisses durch Vermächtnis - noch immer?" in JBl 1984, 594 ff) Judikatur - nicht mehr möglich wäre, ständige Rechtsprechung werden (vgl. auch Zingher, MG16 III/2, ABGB, E 10 zu § 1116 a). Der jener Entscheidung (MietSlg 34.252/20) zugrundeliegende Sachverhalt war allerdings nach der Rechtslage vor dem Inkrafttreten des Mietrechtsgesetzes zu beurteilen. In der Entscheidung JBl 1984, 610 - sie betraf das Vermächtnis von Hauptmietrechten an Geschäftsräumlichkeiten, wobei das in diesen Räumlichkeiten betriebene Unternehmen vom Hauptmieter bereits Jahre vor seinem am 12. April 1981 erfolgten Tod an eine andere Person übertragen worden war - wird im übrigen hervorgehoben, daß § 12 Abs 3 MRG für Unternehmensveräußerungen nach dem 1. Jänner 1982 den gesetzlichen übergang der Hauptmietrechte vorsehe, daß aber diese Bestimmung im behandelten Fall "noch nicht" zum tragen komme. Und auch Wilhelm, der in der erwähnten Entscheidungsbesprechung (aaO 597) bemängelt, daß in der von ihm kritisierten Rechtsprechung zum Legat von Bestandrechten der Unterschied zwischen Universal- und Singularsukzession verwischt werde, bemerkt, daß bei Geltung des § 12 Abs 3 MRG "solche Tricks" nicht mehr nötig seien (aaO 597 f). Wird auf diese Weise die Rechtsansicht, auch ein Vermächtnis sei eine "Veräußerung" iS des § 12 Abs 3 MRG nur angedeutet, wird sie von Fenyves in Korinek-Krejci, Handbuch zum Mietrechtsgesetz 320, Schauer, Die Unternehmensübertragung nach § 12 Abs 3 MRG, JBl 1985, 266 und 267, und Gabler, Einzelfragen zu § 12 Abs 3 MRG, ImmZ 1986, 167, ausdrücklich vertreten. Gabler spricht sogar von einer "einhelligen Auffassung" (Schimetschek, Mietrechtsübergang an Geschäftsräumlichkeiten, ImmZ 1984, 171 ff, nimmt zur konkreten Frage nicht Stellung).
Der Oberste Gerichtshof schließt sich dieser Ansicht an. Wird das Schwergewicht darauf gelegt, daß unter "Veräußerung" stets nur Einzelrechtsnachfolge, nicht aber Gesamtrechtsnachfolge zu verstehen ist, und daß auch eine unentgeltliche Unternehmensübertragung (Schenkung) als Veräußerung anzusehen ist, ist es gerechtfertigt, auch ein Vermächtnis unter diesem Begriff zu subsumieren. Der Umstand, daß der bisherige Hauptmieter im Fall einer Veräußerung durch Legat nicht in der Lage ist, dem Mieter gemäß § 12 Abs 3 MRG den Übergang der Hauptmietrechte anzuzeigen, ist ohne weitere Bedeutung, da es sich hiebei nur um eine Ordnungsvorschrift handelt und die Verletzung dieser Verpflichtung nur Schadenersatzansprüche des Vermieters begründen könnte (Fenyves aaO 323, Würth aaO, Rz 7 zu § 12 MRG; 3 Ob 584, 585/87).
Mit Recht hat deshalb die zweite Instanz die Kündigung aufgehoben.
Die Kostenentscheidung erfolgte nach den §§ 41, 50 ZPO.
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