Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit S 4.880,37 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 443,67 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Abwässer des Hauses Linz, Wankmüllerhofstraße 5, werden durch ein ca. 2,5 bis 3 m tief verlegtes Kanalrohr, das einen Durchmesser von ca. 25 cm hat, in den etwa in der Mitte der Wankmüllerhofstraße verlaufenden öffentlichen Kanal abgeleitet. Diese Straße ist öffentliches Gut und steht im Eigentum der Klägerin. Im Sommer 1983 trat an dem unter der Wankmüllerhofstraße befindlichen Teil des Hauskanals ein Schaden auf, der zur Folge hatte, daß am 28. Juni 1983 die Fahrbahn einbrach. Die Hauseigentümerin hatte keine Möglichkeit, die Schadhaftigkeit des Hauskanals zu entdecken, eine Begehung des öffentlichen Kanals war ihr nicht gestattet. Mit Bescheid vom 11. Juli 1983 trug die Klägerin der Hauseigentümerin auf, den schadhaften Hauskanal wieder instandzusetzen. Am 11. August 1983 erfolgte die Instandsetzung im Wege einer Ersatzvornahme durch die Firma P*** AG. Die Kosten der Instandsetzungsarbeiten wurden der Hauseigentümerin zur Zahlung vorgeschrieben und von dieser beglichen. Die beschädigte Fahrbahn der Wankmüllerhofstraße wurde vom Tiefbauamt des Magistrats der Klägerin am 18. und 19. August 1983 repariert.
Die Klägerin begehrt für die Reparatur der beschädigten Fahrbahn und die Absicherung der Schadensstelle von den Beklagten als Rechtsnachfolgern bzw. Gesellschaftern der früheren Hauseigentümerin einen Betrag von S 81.995,44 im wesentlichen mit der Begründung, die Hauseigentümerin sei ihrer Pflicht, den in ihrem Eigentum stehenden Hauskanal zu erhalten, nicht nachgekommen; das Klagebegehren werde in erster Linie auf Bereicherungsgrundsätze, insbesondere auf § 1042 ABGB gestützt.
Die Beklagte wendete - soweit im Revisionsverfahren noch von Bedeutung - ein, der unter dem öffentlichen Gut verlaufende Hauskanal stehe gemäß § 297 ABGB im Eigentum der Klägerin. Die Schäden seien nicht auf eine Vernachlässigung der Erhaltungspflicht, sondern auf die extrem starke Verkehrsbelastung der Wankmüllerhofstraße zurückzuführen.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Aus nachbarrechtlichen Bestimmungen (§§ 364 ff ABGB) könne die Klägerin keinen Anspruch ableiten, weil sie selbst gemäß § 297 ABGB Eigentümerin des unter dem öffentlichen Gut befindlichen Teils des Hauskanals sei, da eine dem § 5 Wiener Kanalgesetz entsprechende Bestimmung in der Oberösterreichischen Bauordnung fehle. Der Hauseigentümer sei zwar zur Erhaltung und Instandsetzung des Hauskanals verpflichtet, doch beschränke sich die Haftung der Beklagten auf die Wiederinstandsetzung des Hauskanals, während für die als Gemeindestraße einzustufende Wankmüllerhofstraße gemäß § 37 des Oberösterreichischen Landesstraßenverwaltungsgesetzes die Klägerin aufzukommen habe. Ein Schadenersatzanspruch bestehe nicht, weil die Hauseigentümerin, der eine Überprüfung des Hauskanals nicht möglich gewesen sei, kein Verschulden treffe.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht Folge und erklärte die Revision für zulässig. Das Gericht zweiter Instanz führte aus, es könne dahingestellt bleiben, ob die vom Verwaltungsgerichtshof in BauRSlg 253 vertretene Ansicht, der Hauseigentümer sei Eigentümer des Hauskanals, oder jene des Erstgerichts, in Oberösterreich sei die Regel des § 297 ABGB nicht durchbrochen, richtig sei. Das Erstgericht habe ohnedies die Verpflichtung der Hauseigentümerin zur Instandhaltung des Hauskanals unabhängig davon bejaht, ob sie Eigentümerin des Kanals sei. Diese Instandhaltungs- und Instandsetzungspflicht der Beklagten sei in den §§ 59, 60 der Oberösterreichischen Bauordnung normiert. Sie entspringe der Beziehung, die durch den von der Klägerin als Baubehörde der Erstbeklagten einerseits vorgeschriebenen und andererseits auch baubehördlich bewilligten Anschluß des Hauskanals an das öffentliche Kanalnetz zwischen den Streitteilen entstanden sei. Diese Beziehung sei öffentlich-rechtlicher Art. Die Parteien stünden einander nicht gleichberechtigt gegenüber, sondern die Klägerin sei Kraft ihrer Hoheitsgewalt in der Lage, etwa bei Auftreten eines Baugebrechens am Hauskanal den Beklagten mittels Bescheides die Wiederinstandsetzung des Kanals bindend aufzutragen, aber auch diesbezüglich eine Ersatzvornahme anzuordnen und deren Kosten den Beklagten bescheidmäßig aufzutragen. Die Klägerin leite ihre Forderung allerdings nicht aus der öffentlich-rechtlichen Beziehung ab, vielmehr mache sie privatrechtliche Ansprüche geltend, die sie insbesondere auf § 1042 ABGB stütze. Diese Bestimmung sei jedoch auf ein zweipersonales Schuldverhältnis nicht anwendbar. Falls die mit der Klage begehrten Kosten solche der Instandsetzung des Hauskanals wären, handelte es sich um öffentlich-rechtliche Ansprüche, was die Unzulässigkeit des Rechtsweges zur Folge hätte. Als privatrechtlicher Anspruch könne die Forderung nur dann angesehen werden, wenn man zwischen der Instandsetzung des Hauskanals und der Reparatur der Fahrbahn unterscheide. Der Anspruch könne auch nicht auf nachbarrechtliche Bestimmungen gestützt werden. Es käme nur eine Haftung der Beklagten für die von ihrem Hauskanal ausgehende Beeinträchtigung der im Eigentum der Klägerin stehenden Wankmüllerhofstraße im Rahmen einer analogen Anwendung des einen verschuldensunabhängigen Schadenersatzanspruch gewährenden § 364 ABGB in Betracht, da ein schuldhaftes Verhalten der Beklagten nicht zu erkennen sei. Eine derartige Analogie könnte aber nur dann in Erwägung gezogen werden, wenn dem Geschädigten ein Abwehrrecht genommen werde, das ihm nach dem Inhalt seines Eigentums "an sich" zugestanden wäre. Eine solche Situation sei im vorliegenden Fall aber nicht gegeben. Insbesondere sei ins Kalkül zu ziehen, daß die Bedingungen und Umstände der Errichtung bzw. des Anschlusses eines Hauskanals weitestgehend von der Behörde - hier von der Klägerin - bestimmt würden und der betreffende Hauseigentümer darauf praktisch kaum Einfluß nehmen könne. Dies beginne schon damit, daß der Hauseigentümer zur Errichtung der Anlage bzw. zum Anschluß verpflichtet werde. Weiters werde ihm im Rahmen der Baubewilligung sodann die Ausgestaltung, die Art der Verlegung etc. von der Behörde vorgeschrieben. Insbesondere sei der öffentliche Rechtsträger aber auch selbst für die Ausgestaltung des Umfeldes der Hauskanalanlage verantwortlich; im konkreten Fall also dafür, in welchem Ausmaß die Anlage etwa Belastungen durch den Straßenverkehr ausgesetzt sei. Unter diesen Aspekten erscheine es nicht gerechtfertigt, in analoger Anwendung des § 364 a ABGB eine Gefährdungshaftung Platz greifen zu lassen.
Die Klägerin bekämpft das Urteil des Berufungsgerichtes mit Revision, macht den Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung geltend und beantragt Abänderung im Sinne der Klagsstattgebung; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Die Beklagten beantragen, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Soweit die Klägerin die Ansicht vertritt, die die Hauseigentümerin treffende Instandhaltungs- und Instandsetzungspflicht umfasse auch den Aufwand für die Straßenarbeiten, versucht sie den Anspruch aus der Oberösterreichischen Bauordnung abzuleiten. Für einen derartigen öffentlich-rechtlichen Anspruch wäre aber - wie schon das Berufungsgericht zutreffend ausführte - der Rechtsweg nicht zulässig, und zwar auch dann nicht, wenn der Anspruch auf "Bereicherungsgrundsätze, insbesondere § 1042 ABGB" gestützt wird. Entscheidend dafür, ob der Rechtsweg zulässig ist, ist nämlich nach nunmehr herrschender Ansicht die Natur, das Wesen des geltendgemachten Anspruchs, nicht aber, wie der Kläger den Anspruch rechtlich formt (SZ 51/161 mwN). Da die ordentlichen Gerichte nicht berufen sind, die Tätigkeit der Verwaltungsbehörden zu überprüfen, ist für die Beurteilung der Zulässigkeit des Rechtsweges das Grundverhältnis maßgebend (siehe die bei Kerschner, Bereicherung im öffentlichen Recht, im Kapitel V. Rechtsprechung und Lehre,
1. Rechtsprechung, enthaltene Übersicht über die Judikatur des Obersten Gerichtshofes, des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes, vgl. auch Rummel in Rummel, ABGB, Rdz 28 vor § 1431 sowie Gassner in Antoniolli Festschrift 146 f; 2 Ob 601/85). Wohl kann ein auf § 1042 ABGB gestütztes Begehren auch dann im Rechtsweg geltendgemacht werden, wenn die gesetzliche Verpflichtung des Beklagten zu dem Aufwand öffentlich-rechtlicher Natur ist (SZ 24/59, SZ 52/79 uva), doch setzt dies voraus, daß ein Dritter einen Aufwand machte, den der Beklagte aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Verpflichtung hätte machen müssen. Im vorliegenden Fall hat die Klägerin, der gegenüber die aus der Oberösterreichischen Bauordnung abzuleitenden öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen des Hauseigentümers bestehen, den Aufwand selbst gemacht. Ein auf der Bauordnung beruhender öffentlich-rechtlicher Anspruch kann daher auch nicht unter Hinweis auf § 1042 ABGB im Rechtsweg geltendgemacht werden. Daran vermögen die Revisionsausführungen, es sei zwischen den Behörden des Bauverfahrens einerseits und dem Privatrechtssubjekt S***LINZ andererseits zu unterscheiden, das Privatrechtssubjekt S***LINZ könne nicht mit einer Behörde gleichgesetzt werden, nichts zu ändern. Rechtsträger ist auch insoweit die S***und nicht eine Behörde, als es sich um öffentlich-rechtliche Ansprüche handelt. Derartige Ansprüche können nicht unter Berufung darauf, daß die S***auch Träger von Privatrechten sein könne, aus dem Titel des § 1042 ABGB im Rechtsweg geltendgemacht werden. Für Ansprüche, die nicht aus der die Hauseigentümerin nach der Oberösterreichischen Bauordnung treffenden öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen abgeleitet werden, sondern aus Nachbarrecht oder Schadenersatzrecht, ist der Rechtsweg zulässig, die Klage ist daher nicht wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges zurückzuweisen. Die Vorinstanzen haben das Klagebegehren jedoch zutreffend abgewiesen, weil keine privatrechtliche Verpflichtung der Beklagten besteht, den Klagsbetrag zu bezahlen.
Für einen Schadenersatzanspruch wäre ein von der Klägerin zu beweisendes Verschulden der Beklagten bzw. der früheren Hauseigentümerin erforderlich. Da keine Möglichkeit besteht, den Hauskanal zu überprüfen, kann ein Verschulden nicht auf eine mangelhafte Kontrolle gegründet werden. Es sind aber auch keine sonstigen Umstände hervorgekommen, aus denen sich ein Verschulden ergeben würde. Völlig verfehlt ist es, wenn in der Revision der Versuch unternommen wird, einen Schadenersatz damit zu begründen, daß die Beklagte im Rahmen ihrer Verpflichtung zur Instandsetzung des Kanals die Fahrbahn hätte bewußt beschädigen müssen, was eine Wiederherstellungspflicht zur Folge gehabt hätte. Das Aufgraben der Fahrbahn zur Erfüllung einer Rechtspflicht könnte nämlich mangels Rechtswidrigkeit keinen Schadenersatzanspruch begründen. Auf Schadenersatz kann daher das Klagebegehren nicht mit Erfolg gestützt werden.
Aber auch aus den Vorschriften der §§ 364 ff ABGB kann der Anspruch der Klägerin nicht abgeleitet werden, und zwar auch dann nicht, wenn die Hauseigentümerin im Sinne der Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes Eigentümerin des Hauskanals wäre. Eine Immission im Sinne des § 364 Abs 2 ABGB liegt nicht vor; § 364 ABGB, dessen Abs 1 nur verweisenden Charakter hat (Spielbüchler in Rummel, ABGB, Rdz 1 zu § 364) kann daher im vorliegenden Fall nicht herangezogen werden. Eine unmittelbare Anwendung des § 364 a ABGB kommt - abgesehen davon, daß auch hier eine Immission nach § 364 Abs 2 ABGB vorliegen müßte (Spielbüchler in Rummel, ABGB, Rdz 2 zu § 364 a) - nicht in Betracht, weil ein Hauskanal keine behördlich genehmigte Anlage im Sinne dieser Vorschrift ist (vgl Spielbüchler in Rummel, ABGB, Rdz 4 zu § 364 a mwN; Klang in Klang2 II 174). Eine Analogie zu § 364 a ABGB hat an der Grundsituation anzuknüpfen, daß dem Geschädigten ein Abwehrrecht genommen sein muß, das ihm nach dem Inhalt seines Eigentums "an sich" zugestanden wäre (SZ 51/47 mwN u.a.). Wie das Berufungsgericht zutreffend ausführte, ist im vorliegenden Fall eine derartige Situation im Hinblick darauf, daß die Bedingungen und Umstände der Errichtung bzw. des Anschlusses des Hauskanals weitestgehend von der Klägerin selbst bestimmt wurden und die Hauseigentümer darauf praktisch kaum Einfluß nehmen können, nicht gegeben. Im übrigen würde Analogie eine Gesetzeslücke voraussetzen (Bydlinski in Rummel, ABGB, Rdz 2 zu § 7), was dann nicht der Fall ist, wenn die Klägerin - wie sie selbst meint - ohnedies auf Grund der Bauordnung, also auf Grund öffentlich-rechtlicher Vorschriften, einen Anspruch hat. Ob das Recht des Anschlusses an das öffentliche Kanalnetz als Legalservitut zu bezeichnen ist, ist ohne Bedeutung. Die sich aus dem Anschlußrecht und der Anschlußpflicht ergebenden Pflichten gehören dem öffentlichen Recht an, eine privatrechtliche Zahlungspflicht kann daraus nicht abgeleitet werden. Aus diesen Gründen war der Revision ein Erfolg zu versagen. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)