OGH 6Ob652/88 (6Ob653/88)

OGH6Ob652/88 (6Ob653/88)6.10.1988

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schobel, Dr.Melber, Dr.Schlosser und Dr.Redl als weitere Richter in der Pflegschaftssache des am 20.Mai 1979 geborenen Christian F***, infolge Revisionsrekurses des Vaters Gerhard

F***, derzeit beschäftigungslos, Wiener Straße 104, 3390 Melk, gegen den Beschluß des Landesgerichtes St. Pölten als Rekursgerichtes vom 8.Juli 1988, GZ R 388/88-39, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Melk vom 20.Mai 1988, GZ P 98/86-30, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die am 23.April 1966 geschlossene Ehe des Gerhard und der Christa F*** wurde am 25.September 1986 aus gleichteiligem Verschulden geschieden. Der Ehe entstammen der am 5.Juni 1967 geborene Andreas, der am 18.Jänner 1969 geborene Markus, der am 19. November 1971 geborene Michael und der am 20.Mai 1979 geborene Christian. In der Tagsatzung am 16.Juni 1987 (ON 13) trafen die Eltern eine Vereinbarung, mit welcher sie die elterlichen Rechte und Pflichten den beiden Söhnen Markus und Michael gegenüber auf den Vater übertrugen. Schon vorher (ON 2) hatte der Vater den Antrag gestellt, ihm die Elternrechte und -pflichten zu übertragen. Mit Beschluß vom 1.Juli 1987 wies das Erstgericht die elterlichen Rechte und Pflichten Christian gegenüber der Mutter zu. Der Rekurs des Vaters gegen diese Entscheidung blieb erfolglos. Seinen Revisionsrekurs wies der Oberste Gerichtshof zurück. Am 11.Mai 1988 faßte das Erstgericht einen weiteren Beschluß mit nachstehendem Wortlaut (ON 29):

"Pflegschaftssache mj. Michael geb. 19.11.1971, mj. Christian F*** geb. 20.5.1979

Der zwischen den Eltern Gerhard und Christa F*** vor dem Bezirksgericht Melk am 16.6.1987 geschlossene Vereinbarung betreffend Übertragung der elterlichen Rechte und Pflichten (§ 144 ABGB) an den ehelichen Vater Gerhard F***, wird pflegschaftsbehördlich genehmigt."

Mit Beschluß vom 20.Mai 1988 (ON 30) stellte das Erstgericht "in Ergänzung zum Beschluß vom 11.5.1988" fest, "daß die pflegschaftsbehördliche Genehmigung der Übertragung der elterlichen Rechte und Pflichten (§ 144 ABGB) an den ehelichen Vater Gerhard F*** nur den mj. Michael F***, geb. 19.11.1971

betrifft, weil in der Vereinbarung vom 16.6.1987 hinsichtlich des mj. Christian F***, geb. 20.5.1979 keinerlei Verfügungen getroffen wurden".

Am 24.Juni 1988 lehnte der Vater den Vorsteher des Bezirksgerichtes Melk, Dr.Hans S***, wegen Befangenheit ab. Das Landesgericht St. Pölten gab mit Beschluß vom 8.Juli 1988 (ON 39) einerseits dem Ablehnungsantrag statt (1.) und gab andererseits als Gericht zweiter Instanz dem Rekurs des Vaters gegen den Beschluß vom 20.Mai 1988 (ON 30) nicht Folge (2.). Es führte in Erledigung des Rechtsmittels gegen den Beschluß ON 30 aus, soweit der Vater behaupte, die pflegschaftsgerichtliche Genehmigung der Vereinbarung vom 16.Juni 1987 erstrecke sich auch auf Christian, die Voraussetzungen für die Berichtigung oder Ergänzung des Beschlusses ON 29 lägen somit nicht vor, übersehe er, daß die Vereinbarung vom 16.Juni 1987 auf dieses Kind überhaupt nicht Bezug nehme, sodaß der Beschluß ON 29 diesem Kind gegenüber keinerlei Wirkung entfalten könne. Lediglich diese Umstände habe das Erstgericht mit dem angefochtenen Beschluß klarstellen wollen. Mit seiner Eingabe ON 42 ficht der Vater unter anderem die beiden Aussprüche des Landesgerichtes St. Pölten in dessen Beschluß ON 39 an. Vom Obersten Gerichtshof ist nur die als Revisionsrekurs aufzufassende Anfechtung des Punktes 2. des bekämpften Beschlusses (Bestätigung des erstinstanzlichen Beschlusses ON 30) zu erledigen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nicht zulässig.

Mit diesem Rechtsmittel bekämpft der Vater eine bestätigende rekursgerichtliche Entscheidung, sodaß der Revisionsrekurs nur auf die im § 16 Abs 1 AußStrG angeführten Anfechtungsgründe gestützt werden kann. Der Rechtsmittelwerber macht auch in erster Linie Nichtigkeit geltend. Zu deren Dartuung beruft er sich zunächst auf die (näher ausgeführte Befangenheit) der dem Senat des Rekursgerichtes angehörigen Richter, übersieht dabei jedoch, daß gemäß § 477 Abs 1 Z 2 ZPO, der - wie die übrigen Nichtigkeitsgründe dieser Bestimmung - im Verfahren außer Streitsachen sinngemäß anzuwenden ist, nur die Mitwirkung bereits rechtskräftig abgelehnter Richter die Nichtigkeit der Entscheidung nach sich zieht (vgl. Fasching, Zivilprozeßrecht Rz 1760). Die behauptete Nichtigkeit liegt somit nicht vor. Über den gleichzeitig gestellten Ablehnungsantrag ist jedoch weder im Zusammenhang mit dem vorliegenden Rechtsmittel noch überhaupt vom Obersten Gerichtshof zu entscheiden. Nur die Stattgebung des Ablehnungsantrages durch das nach § 23 JN zuständige Gericht löst die im § 25 JN vorgesehene Rechtsfolgen, die der Vater offenbar vor Augen hat, aus. Ferner erblickt der Vater im Beschluß ON 30 der Sache nach einen rechtswidrigen Eingriff in die Bindung des Erstgerichtes an seinen Beschluß ON 29, weil sich die pflegschaftsgerichtliche Genehmigung auch auf den mj. Christian erstrecke. Diesen Beschluß hätte das Erstgericht nach Ansicht des Rechtsmittelwerbers nicht mehr abändern dürfen.

Dieses Vorbringen findet in der Aktenlage jedoch keine Deckung:

Wohl hat das Erstgericht im Kopf seines Beschlusses ON 29 versehentlich auch die Pflegschaftssache des mj. Christian angeführt, doch genehmigte es mit diesem Beschluß ohne jeden Zweifel nur die Vereinbarung der Eltern vom 16.Juni 1987, die bloß die elterlichen Rechte und Pflichten in bezug auf (den inzwischen volljährig gewordenen) Markus und den mj. Michael zum Gegenstand hatte. Damit konnte das Erstgericht mit seinem Beschluß nur (mehr) über die Zuweisung der elterlichen Rechte und Pflichten dem mj. Michael gegenüber absprechen, wogegen die Elternrechte in Ansehung des mj. Christian nach Ausschöpfung des Instanzenzuges rechtskräftig der Mutter zugewiesen worden sind. Dem Beschluß ON 30 kommt demnach nur die Bedeutung einer Berichtigung (des Kopfes) des Beschlusses ON 29 zu, wozu das Erstgericht gemäß § 419 ZPO ("andere offenbare Unrichtigkeiten") auch berechtigt war. Dem rekursgerichtlichen Beschluß, der den Beschluß ON 30 aus diesen Erwägungen bestätigte, haftet demnach weder eine Nichtigkeit noch eine offenbare Gesetzwidrigkeit an.

Das als Revisionsrekurs gemäß § 16 Abs 1 AußStrG zu behandelnde Rechtsmittel des Vaters war daher als unzulässig zurückzuweisen.

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