Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 4.243,80 (darin S 385,80 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger war seit 1.Dezember 1983 kollektivzeichnungsberechtigter handelsrechtlicher Geschäftsführer der Beklagten. Am 30.Juni 1987 kündigte die Beklagte sein Dienstverhältnis mit Wirkung zum 31.Dezember 1987 auf und widerrief die Bestellung des Klägers zum Geschäftsführer mit Wirkungsamkeit per 31.Juli 1987. Überdies wurde der Kläger ab 1.August 1987 dienstfrei gestellt. Am 30.September 1987 sprach die Beklagte die Entlassung des Klägers aus. Der Betriebsrat gab dazu keine Stellungnahme ab.
Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger die Entlassung als rechtsunwirksam zu erkennen. Die Entlassung sei ungerechtfertigt, verspätet und sozial nicht gerechtfertigt.
Die Beklagte beantragte, die Klage abzuweisen. Das Vertragsverhältnis zum Kläger als Geschäftsführer sei gemäß Punkt XII des Vertrages aus wichtigem Grund vorzeitig aufgelöst worden, da er bzw seine Gattin Geschäftsanteile einer zur Liquidation vorgesehenen Gesellschaft mbH erworben habe. Durch Fehlhandlungen des Klägers sei der Beklagten ein Schaden von 10 Mio S entstanden. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es vertrat die Rechtsauffassung, daß die Anfechtung einer Entlassung - wie bei einem befristeten Arbeitsverhältnis - dann nicht mehr möglich sei, wenn bereits eine rechtswirksame Kündigung vorliege. Gemäß § 106 ArbVG müsse als Voraussetzung einer erfolgreichen Anfechtung die Entlassung ungerechtfertigt und überdies ein Anfechtungsgrund im Sinne des § 105 Abs 3 ArbVG gegeben sein. Da der Kläger bereits wirksam gekündigt worden sei, habe es zu keiner Beeinträchtigung wesentlicher Interessen - etwa durch Umgehung des Kündigungsschutzes - nach dieser Gesetzesstelle kommen können. Er könne seine Ansprüche vielmehr zur Gänze mit Leistungsklage einfordern.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegestandes, über den es entschieden hat, S 30.000 übersteige. Es billigte die Rechtsansicht des Erstgerichtes und führte ergänzend aus, daß der Kläger schon auf Grund seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der Beklagten zu einer Klage nach den §§ 105, 106 ArbVG nicht legitimiert sei. Gegen dieses Urteil richtet sich die aus den Gründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens, Aktenwidrigkeit und unrichtigen rechtlichen Beurteilung erhobene Revision des Klägers mit dem Antrag auf Abänderung der angefochtenen Enscheidung im Sinne des Klagebegehrens. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Die Beklagte beantragte in ihrer Revisonsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Die geltend gemachten Revisionsgründe der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der Aktenwidrigkeit liegen nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).
Wie das Berufungsgericht richtig erkannte, ist hinsichtlich des Arbeitnehmerbegriffes des II.Teils des Arbeitsverfassungsgesetzes, der die gesetzliche Betriebsverfassung behandelt, nicht vom allgemeinen Arbeitnehmerbegriff auszugehen, wie er von Lehre und Rechtsprechung auf Grund des § 1151 ABGB entwickelt wurde, sondern von dem davon abweichenden Begriff des § 36 ArbVG (vgl Floretta-Strasser, Handkommentar ArbVG 217, Kurzkommentar ArbVG2 71; Cerny ArbVG8 133; Schwarz-Löschnigg Arbeitsrecht 110). Gemäß § 36 Abs 2 Z 1 ArbVG gelten in Betrieben einer juristischen Person die Mitglieder des Organs, das zur gesetzlichen Vertretung der juristischen Person berufen ist, nicht als Arbeitnehmer im Sinne des II.Teils dieses Gesetzes. Der Kläger war bis zu seiner Abberufung am 31. Juli 1987 Geschäftsführer der Beklagten und damit gemäß § 15 GesmbHG gesellschaftliches Organ der Beklagten. Er zählt daher nicht zu den Arbeitnehmern im Sinne der Betriebsverfassung (Schwarz-Löschnigg aao 110; Cerny aaO 138).
Dem in der Revision erhobenen Einwand, es komme auf die Arbeitnehmereigenschaft im Zeitpunkt der Entlassung an, zu diesem Zeitpunkt sei aber der Kläger nicht mehr Geschäftsführer, sondern nur mehr "einfacher" Angestellter gewesen, ist entgegenzuhalten, daß sein Dienstvertrag keinerlei diesbezügliche Änderung erfuhr. Der Kläger war bis zu seiner Dienstfreistellung als Geschäftsführer und somit auf Arbeitgeberseite tätig. Seine Enthebung bildete lediglich die zwangsläufige Folge der Dienstfreistellung. Eine andere Beurteilung dieses Dienstverhältnisses wäre etwa dann gerechtfertigt, wenn der Kläger nach dem Widerruf der Bestellung zum Geschäftsführer tatsächlich als "einfacher" Angestellter weitergearbeitet hätte oder weiterarbeiten hätte sollen. Eine solchen Dienstleistung wurde von der Beklagten, welche die Entlassung des Klägers auf den mit ihm als Geschäftsführer abgeschlossenen Dienstvertrag stützte, aber nicht in Anspruch genommen. Da der Kläger sohin auch in seiner Eigenschaft als abberufener und vom Dienst suspendierter Geschäftsführer nicht Arbeitnehmer im Sinne des § 36 ArbVG wurde, kommt ihm der Entlassungsschutz des § 106 ArbVG nicht zu.
Die Kostenentscheidung ist in den §§ 41 und 50 ZPO iVm § 58 Abs 1 ASGG begründet.
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