Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben; das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, daß die Entscheidung des Erstgerichtes in der Hauptsache wiederhergestellt wird.
Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit S 13.284,40 (darin enthalten S 1.207,67 USt und keine Barauslagen) bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Die klagende Partei ist weiter schuldig, den beklagten Parteien die mit S 12.161,14 (darin enthalten S 651,-- USt und S 5.000,-- Barauslagen) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin ist Eigentümerin der Grundstücke Nr. 449/14 und 449/41 KG. Urfahr. In § 4 Satz 2 des am 4. Jänner 1962 zwischen der Klägerin und dem Rechtsvorgänger der Beklagten über das Grundstück Nr. 449/14 geschlossenen Baurechtsvertrages wurde vereinbart, daß der Baurechtsnehmer alle auf die Liegenschaft entfallenden öffentlichen Abgaben, Steuern und Gebühren wie ein Grundeigentümer zu zahlen hat. Am 8. April 1982 schlossen die Streitteile einen Ergänzungsvertrag zu diesem Baurechtsvertrag, mit dem die Klägerin den Beklagten auch das Baurecht am Grundstück Nr. 449/41 KG. Urfahr im Ausmaß von 402 m2 einräumte. Nach Punkt VII dieses Ergänzungsvertrages blieben (ua) die Bestimmungen des § 4 des Baurechtsvertrages vom 4. Jänner 1962 aufrecht.
Die Grundstücke Nr. 449/14 und 449/41 KG. Urfahr liegen im Kreuzungsbereich der Reindlstraße mit der Peuerbachstraße. Die Fahrbahn der Reindlstraße war ursprünglich 6,35 m breit gewesen; sie wurde 1963 um weitere 8 m auf 14,35 m Breite ausgebaut. In den Teilbebauungsplänen Nr. 459 (1959) und Nr. 459 a (1961) sowie in dem seit 13. April 1983 rechtswirksamen Bebauungsplan Nr. 103/4 war die Straßenbreite der Reindlstraße mit 18,5 m festgesetzt; eine Festsetzung der Fahrbahnbreite und der Gehsteigbreiten war darin nicht enthalten.
Mit Bescheid des Magistrates der Landeshauptstadt Linz, Baurechtsamt, vom 4. Februar 1982, 501/Gr-23/81 wurde die am 2. September 1981 erteilte widerrufliche Bewilligung der Änderung von in der KG. Urfahr vorgetragenen Bauplätzen - darunter auch der Erweiterung des mit Bescheid vom 24. April 1961, GZ 671/R-Gr, bewilligten Bauplatzes Grundstück Nr. 449/14 um das Grundstück Nr. 449/41 - in eine nicht widerrufliche (definitive) Bewilligung umgewandelt.
Am 15. November 1983 schrieb der Magistrat der Landeshauptstadt Linz, Baurechtsamt, dem Eigentümer des Grundstücks Nr. 449/41 KG. Urfahr (Magistrat der Landeshauptstadt Linz, Liegenschaftsamt) unter Bezugnahme auf die vorerwähnten Bauplatzbewilligungen vom 2. September 1981 und 4. Februar 1982 und den zwischenzeitig rechtswirksam gewordenen Bebauungsplan Nr. 103/4 die Entrichtung des Betrages von S 62.556,-- als Beitrag zu den Kosten der Herstellung der Fahrbahn öffentlicher Verkehrsflächen vor. Als zur Berechnung herangezogene öffentliche Verkehrsfläche war in diesem Bescheid die 1963 ausgebaute Reindlstraße angeführt: Als anrechenbare Fahrbahnbreite wurden 6 lfm, als anrechenbare Frontlänge 20,05 lfm angenommen; ferner wurde ein Einheitssatz von S 520,--/m2 herangezogen. Die nachträgliche Vornahme der Vorschreibung begründete der Magistrat damit, daß im maßgeblichen Zeitpunkt der Bewilligung der Änderung eines Bauplatzes kein rechtswirksamer Bebauungsplan bestanden habe.
Die Klägerin als Grundstückseigentümerin erhob gegen diesen Bescheid kein Rechtsmittel. Die Beklagten erhielten durch ein Schreiben der Klägerin vom 20. Jänner 1984 Kenntnis von diesem Bescheid. Die Erhebung eines Rechtsmittels im Verwaltungsverfahren stand ihnen mangels Parteistellung nicht offen.
Die Klägerin begehrt mit der vorliegenden Klage von den Beklagten auf Grund der in den Baurechtsverträgen getroffenen Vereinbarung die Zahlung des ihr vorgeschriebenen Betrages zur Errichtung der Fahrbahn öffentlicher Verkehrsflächen von S 62.556,-- samt 8 % Zinsen vom 13. April 1984 bis 18. August 1985 und 7 % Zinsen seit 19. August 1985. Da die Beklagten ihre vertragliche Verpflichtung nicht erfüllt hätten, habe die Klägerin am 17. Jänner 1984 den ihr vorgeschriebenen Anliegerbeitrag selbst gezahlt. Der Abgabenbescheid sei nicht nur formell rechtskräftig geworden sondern auch inhaltlich richtig gewesen; er sei auf Grund des § 20 Abs 1 O.ö.BauO aus Anlaß der Erweiterung des Bauplatzes ergangen. In einem solchen Fall könnten die der Gemeinde bereits erwachsenen Kosten für die Herstellung öffentlicher Verkehrsflächen unabhängig davon vorgeschrieben werden, wie lange davor sie entstanden seien. Die Vorschreibung nach § 20 Abs 1 O.ö.BauO setze nicht voraus, daß die Verkehrsfläche nach Erteilung der Bauplatzbewilligung so verändert wurde, daß dies wirtschaftlich einer Errichtung gleichzusetzen sei. Der Ausbau der Reindlstraße sei auf Grund des am 16. Oktober 1959 rechtswirksam gewordenen Teilbebauungsplanes erfolgt. Dieser habe zwar nicht die Fahrbahnbreite der Reindlstraße festgesetzt; da jedoch das Höchstausmaß des Faktors "Fahrbahnbreite" für die Berechnung des Anliegerbeitrages in § 20 Abs 4 O.ö.BauO mit 6 m festgesetzt worden sei, sei die Festsetzung der Fahrbahnbreite im Bebauungsplan nicht erforderlich. Die Vorschreibung sei auch der Höhe nach richtig. Schließlich sei den Beklagten auch im Zuge der Vertragsgespräche zum Baurechtsergänzungsvertrag bekannt geworden, daß sie für das "Vergrößerungsstück" einen Anliegerbeitrag würden zahlen müssen. Die die gesetzlichen Zinsen übersteigenden Verzugszinsen stünden der Klägerin im Hinblick auf die in den Baurechtsverträgen getroffene Vereinbarung zu.
Die Beklagten beantragten die Abweisung der Klage. Die Vorschreibung eines Anliegerbeitrages für das Grundstück Nr. 449/41 sei durch die O.ö.BauO nicht gedeckt. Da die Klägerin als Grundeigentümerin kein Rechtsmittel eingelegt habe, könne sie diesen Anliegerbeitrag von den Beklagten nicht fordern. Sie habe die Beklagten von diesem Bescheid erst verständigt, nachdem er rechtskräftig geworden sei. Die O.ö.BauO sei am 1. Jänner 1977 in Kraft getreten. Da die öffentliche Verkehrsfläche bereits im Jahr 1963 errichtet worden sei, könnten die Bestimmungen der erst nachher in Kraft getretenen Bauordnung über den Anliegerbeitrag hier nicht angewendet werden. Die Anwendung des späteren Gesetzes auf einen vor seinem Inkrafttreten verwirklichten Sachverhalt sei auch nicht durch Übergangsvorschriften gedeckt gewesen. Der Bescheid sei auch deshalb rechtswidrig, weil die in § 20 Abs 10 O.ö.BauO vorgesehene zeitliche Reihenfolge (rechtswirksamer Bebauungsplan - Bauplatzbewilligung - Errichtung der Verkehrsfläche) nicht eingehalten worden sei. Der Klägerin seien nach dem Rechtswirksamwerden des nunmehr geltenden Bebauungsplanes keine Straßenerrichtungskosten erwachsen; die 1981 und 1982 erfolgte Bauplatzänderung bilde keine ausreichende Grundlage für die Vorschreibung eines Anliegerbeitrages. Die Vorschreibung des Anliegerbeitrages hätte bereits mit der (ursprünglichen) Bauplatzbewilligung der Vergrößerungsfläche erfolgen müssen. Sie sei aber auch deshalb rechtswidrig, weil im Bebauungsplan die Breite der Reindlstraße nicht festgesetzt war. Die O.ö.BauO sehe keine anrechenbare Mindestbreite der Fahrbahn als Berechnungsgrundlage vor. Die Berechnung sei auch der Höhe nach unrichtig; da die anrechenbare Frontlänge bei richtiger Berechnung nur 6,52 m und nicht 20,5 m betrage, errechne sich der Anliegerbeitrag für die Errichtung der Fahrbahn der Reindlstraße richtig mit S 20.342,40. Die Klägerin könne den Anliegerbeitrag von den Beklagten auch deshalb nicht fordern, weil sie die Beklagte im Zuge der Gespräche zum Baurechtsergänzungsvertrag nicht darüber aufgeklärt habe, daß ein Anliegerbeitrag für das Vergrößerungsstück zu zahlen sein werde. Alle für die Vorschreibung geltend gemachten Tatbestandsmerkmale seien damals bereits vorgelegen. Die von den Beklagten übernommene Verpflichtung, sämtliche auf die vertragsgegenständliche Liegenschaft entfallenden Abgaben, Steuern und Gebühren wie ein Grundeigentümer zu zahlen, habe nur solche Abgaben betroffen, deren Voraussetzungen erst nach dem Abschluß des Baurechtsergänzungsvertrages (8. April 1982) eintreten würden. Die Klägerin hätte die Beklagten darüber aufklären müssen, daß die Vorschreibung von Anliegerleistungen, die üblicherweise unverzüglich nach der Bauplatzbewilligung erfolge, seinerzeit unterblieben sei und daher noch bevorstehe.
Hilfsweise wendeten die Beklagten bis zur Höhe des eingeklagten Betrages auch eine Gegenforderung zur Aufrechnung ein: Die Klägerin habe es grob fahrlässig versäumt, gegen die gesetzliche Vorschreibung des Anliegerbeitrages Rechtsmittel zu ergreifen; dabei sei ihr bewußt gewesen, daß diese Vorschreibung der Bauordnung widersprochen habe.
Das Erstgericht wies die Klage ab. Es bejahte die Zulässigkeit des Rechtsweges für den geltend gemachten Anspruch. Die Zivilgerichte seien zwar an rechtskräftige Bescheide der Verwaltungsbehörden gebunden; der zivilrechtlichen Beurteilung unterliege aber die von den Parteien aufgeworfene Frage, ob die bescheidmäßige Vorschreibung durch ein Rechtsmittel gänzlich oder teilweise hätte abgewendet werden können. Dies sei zu bejahen, weil die für das Baugebiet maßgeblichen Bebauungspläne nicht die Fahrbahnbreite der Reindlstraße, sondern nur die gesamte Straßenbreite festgesetzt hätten. Da damit ein in § 20 Abs 3 O.ö.BauO für die Berechnung des Anliegerbeitrages vorgesehener Faktor nicht festgelegt gewesen sei, hätte ein Anliegerbeitrag für die Errichtung der Fahrbahn dieser öffentlichen Verkehrsfläche nicht vorgeschrieben werden dürfen. Eine rechtzeitige Anfechtung hätte daher zur Behebung des Abgabenbescheides geführt; die Klägerin sei daher nicht berechtigt, die ihr vorgeschriebene Abgabe auf die Beklagten zu überwälzen.
Das Berufungsgericht erkannte die eingeklagte Forderung mit S 62.556,-- samt 8 % Zinsen vom 13. April 1984 bis 18. August 1985 und 7 % Zinsen seit 19. August 1985 als zu Recht, die Gegenforderung hingegen als nicht zu Recht bestehend und verurteilte die Beklagten daher zur ungeteilten Hand, der Klägerin den angeführten Betrag zu zahlen; weiters sprach es aus, daß die Revision gemäß § 502 Abs 4 Z 1 ZPO zulässig sei. Auch wenn § 20 Abs 4 O.ö.BauO davon ausgehe, daß die Fahrbahnbreite im Bebauungsplan festgesetzt sei, sei die von der Klägerin geübte Praxis, in Bebauungsplänen regelmäßig nur die Straßenbreite, nicht aber auch die Fahrbahnbreite auszuweisen, im Hinblick auf § 20 Abs 1 Z 5 des O.ö. Raumordnungsgesetzes LGBl 1972/18 nicht rechtswidrig. Das Fehlen einer Festlegung der Fahrbahnbreite dürfe aber nicht dazu führen, daß der Grundeigentümer von der Anliegerleistung befreit werde;
die - planwidrige - Gesetzeslücke müsse vielmehr durch analoge Anwendung des § 21 Abs 2 lit a O.ö.BauO geschlossen werden: Diese den Kostenbeitrag für die Errichtung eines Gehsteiges regelnde, einer analogen Anwendung durchaus zugängliche Bestimmung sehe nämlich für den Fall, daß der Gehsteig im Bebauungsplan nicht gesondert ausgewiesen ist, vor, daß die tatsächliche Breite des Gehsteiges, höchstens aber eine Breite von 3 m, für die Berechnung des Anliegerbeitrages maßgebend sei. Für die Berechnung des Anliegerbeitrages für die Errichtung der Fahrbahn der Reindlstraße sei daher die tatsächliche Breite der Fahrbahn maßgebend, auch wenn sie im Bebauungsplan nicht festgelegt wurde. Dieser Mangel des Bescheides hätte zwar zur Behebung dieses Bescheides durch den Verwaltungsgerichtshof führen können; er hätte aber die Erlassung eines neuerlichen Bescheides nicht gehindert, so daß die Grundeigentümer nicht endgültig von der Zahlung des Anliegerbeitrages befreit gewesen wären. Die tatsächliche Fahrbahnbreite betrage 14,35 m; da hievon gemäß § 20 Abs 4 O.ö.BauO höchstens 6 m auf den Anliegerbeitrag anrechenbar seien, entspreche die im Bescheid unter Heranziehung dieser Fahrbahnbreite ermittelte Anliegerleistung dem Gesetz. Daß die Verkehrsfläche erst nach dem Inkrafttreten der O.ö.BauO hergestellt wird, werde in § 20 O.ö.BauO nicht als Voraussetzung der Vorschreibung eines Anliegerbeitrages gefordert. Auch die in dieser Gesetzesstelle vorgesehene Reihenfolge (Ausweisung der öffentlichen Verkehrsfläche im Bebauungsplan - Rechtswirksamwerden des Bebauungsplanes - Errichtung der Verkehrsfläche - Bauplatzbewilligung) sei eingehalten worden; der in § 20 Abs 10 O.ö.BauO vorgesehene Fall der nachträglichen Errichtung einer Verkehrsfläche liege hier nicht vor. Die Verbreiterung der Fahrbahn von 6,35 m auf 14,35 m, wie sie 1963 vorgenommen worden sei, entspreche dem Begriff der "Errichtung" einer Verkehrsfläche. Der Berechnungsfaktor "anrechenbare Frontlänge" habe allein von dem Grundstücksteil ermittelt werden dürfen, um den der Bauplatz vergrößert wurde (402 m2). Sämtliche im Bescheid angegebenen Berechnungsgrundlagen seien daher richtig. Da die Beklagten eine Minderung des Baurechtszinses nicht geltend gemacht hätten, müsse auf ihr Vorbringen, sie hätten den Baurechtsergänzungsvertrag nicht oder nicht in der Form abgeschlossen, wenn sie gewußt hätten, daß noch alte Anliegerbeiträge aus der Errichtung von Verkehrsflächen vor 1982 vorgeschrieben würden, nicht eingegangen werden; auch die Klägerin habe die während der Laufzeit des Vertrages von 80 Jahren anfallenden Kosten von vornherein nicht einschätzen können. Davon abgesehen, seien die Voraussetzungen für die Vorschreibung des Anliegerbeitrages zum Zeitpunkt des Abschlusses des Baurechtsergänzungsvertrages noch nicht zur Gänze vorgelegen. Die eingewendete Gegenforderung bestehe nicht zu Recht, weil das Verhalten der Klägerin nicht rechtswidrig gewesen sei. Gegen dieses Urteil richtet sich die wegen Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens, Aktenwidrigkeit und unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Revision der Beklagten mit dem Antrag, das Urteil des Erstgerichtes wiederherzustellen; hilfsweise stellen die Beklagten auch einen Aufhebungsantrag.
Die Klägerin beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist berechtigt.
Die Beklagten bekämpfen in erster Linie die Ansicht des Berufungsgerichtes, daß die tatsächlich errichtete Fahrbahnbreite der Berechnung des Anliegerbeitrages zugrunde zu legen sei, wenn die Fahrbahnbreite im Bebauungsplan nicht festgesetzt wurde. Eine analoge Anwendung der ein solches Vorgehen ermöglichenden Vorschriften des § 21 O.ö.BauO über den Anliegerbeitrag für die Errichtung eines Gehsteiges sei nicht möglich, weil keine planwidrige Unvollständigkeit vorliege, die Bestimmung über die Berücksichtigung der tatsächlich errichteten Gehsteigbreite nur eine nicht der Analogie zugängliche Ausnahmebestimmung sei und der in der Vorschreibung des Anliegerbeitrages liegende Eingriff in das Eigentumsrecht nur insoweit geschehen dürfe, als er durch das Gesetz gedeckt sei. Die Beklagten bekämpfen ferner die Annahme des Berufungsgerichtes, daß der Ausbau der Fahrbahn der Reindlstraße im Jahr 1963 einer die Vorschreibung einer Anliegerleistung rechtfertigenden "Neuherstellung" der Fahrbahn gleichgekommen sei, rügen die hier angewendete Berechnungsmethode für die Anliegerleistung betreffend eine Vergrößerungsfläche auch als Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes und weisen auf eine ihrem Standpunkt im wesentlichen Rechnung tragende Berufungsvorentscheidung der Klägerin als Abgabenbehörde hin. Das Berufungsgericht hätte aber auch ihrem Irrtumseinwand Rechnung tragen und die Veranlassung des Irrtums durch die Klägerin aus Anlaß des Abschlusses des Baurechtsergänzungsvertrages prüfen müssen. Schon den Ausführungen, daß die Nichtfestsetzung der Fahrbahnbreite im maßgeblichen Bebauungsplan die Vorschreibung eines Anliegerbeitrages für die Errichtung der Fahrbahn gehindert habe, ist beizupflichten:
Zutreffend haben die Vorinstanzen die Zulässigkeit des Rechtsweges im Hinblick darauf bejaht, daß die in die Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden fallende Vorschreibung von Anliegerbeiträgen für die Herstellung öffentlicher Verkehrsflächen hier nur als Vorfrage für den zivilrechtlichen Erstattungsanspruch zu beurteilen ist (JBl 1986, 803).
§ 20 O.ö.BauO (LGBl 35/76 idF der Novelle LGBl 1983/82) regelt den "Beitrag zu den Kosten der Herstellung der Fahrbahn öffentlicher Verkehrsflächen". Hat die Gemeinde eine im Bebauungsplan ausgewiesene öffentliche Verkehrsfläche errichtet, so hat sie dem Grundeigentümer anläßlich der Bewilligung eines durch diese Verkehrsfläche aufgeschlossenen Bauplatzes (§ 4 O.ö.BauO) oder der Vergrößerung eines solchen Bauplatzes oder einer solchen bebauten Liegenschaft (§ 7 Abs 1 lit b O.Ö.BauO) einen Beitrag zu den ihr erwachsenen Kosten der Herstellung der Fahrbahn dieser öffentlichen Verkehrsfläche vorzuschreiben (Abs 1). Die Höhe des Beitrages ist gleich dem Produkt der anrechenbaren Breite der Fahrbahn, der anrechenbaren Frontlänge und dem Einheitssatz (Abs 3). Anrechenbare Breite der Fahrbahn ist die Hälfte der im Bebauungsplan festgesetzten Fahrbahnbreite, höchstens jedoch 6 m (Abs 4). Nach § 21 Abs 2 O.ö.BauO gelten hinsichtlich des Beitrages zu den Kosten der Herstellung des Gehsteiges öffentlicher Verkehrsflächen die Bestimmungen des § 20 O.ö.BauO mit folgender, in lit a dieser Bestimmung für die Gehsteigbreite genannten Abweichung:
Anrechenbare Breite des Gehsteiges ist die im Bebauungsplan festgesetzte Gehsteigbreite, wenn der Gehsteig im Bebauungsplan aber nicht gesondert ausgewiesen ist, die Breite, in der der Gehsteig tatsächlich errichtet wird, in beiden Fällen aber höchstens eine Breite von 3 m.
Der Inhalt der - als Verordnungen zu
qualifizierenden - Bebauungspläne, die im wesentlichen raumordnende Maßnahmen bei Nutzung des Bodens zu Bauzwecken enthalten, ist in den Raumordnungsgesetzen festgelegt. § 20 Abs 1 Z 5 O.ö.ROG LGBl 1972/18 bestimmt diesbezüglich, daß in den Bebauungsplänen (ua) der Verlauf und die Breite der Verkehrsflächen festzulegen bzw. auszuweisen sind. Daß es sich bei der Errichtung der Verkehrsfläche im Sinne des § 20 Abs 1 O.ö.BauO um eine solche nach deren Inkrafttreten handeln müsse, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen (VwSlg 6013/F = Beilage H).
§ 20 Abs 1 O.ö.BauO schreibt als zeitliche Reihenfolge für den Fall der Errichtung der öffentlichen Verkehrsfläche vor der Bauplatzbewilligung oder der Bewilligung der Bauplatzvergrößerung - anders als § 20 Abs 10 O.ö.BauO, der eine Regelung für die Errichtung der öffentlichen Verkehrsfläche nach diesen Bewilligungen enthält: Neuhofer, Zur Vorschreibung von Anliegerleistungen nach der O.ö.Bauordnung, O.ö.Gemeindezeitung 1978, 151 ff, insbesondere 154) - folgende zeitliche Reihenfolge vor: Ausweisung der öffentlichen Verkehrsfläche im Bebauungsplan - Errichtung der im Bebauungsplan ausgewiesenen Verkehrsfläche - Bewilligung eines Bauplatzes oder einer Bauplatzvergrößerung (VwSlg 10.663/A; VwSlg 6.013/F = Beilage H; Neuhofer-Sapp, O.ö.Baurecht und Umweltschutzrecht 115 f Anm 2 zu
§ 20 O.ö.BauO). Die Errichtung einer im Bebauungsplan ausgewiesenen Verkehrsfläche vor der Rechtswirksamkeit des Bebauungsplanes steht hingegen seit der O.ö.BauO.Nov. 1983 LGBl 82 der Vorschreibung des Anliegerbeitrages nicht mehr entgegen (Neuhofer, Neuerungen im O.ö.Baurecht - O.ö.Bauordnungsnovelle 1983, O.ö.Gemeindezeitung 1983, 145 ff, insbesondere 147 unter Berufung auf den AB zur BauO.Nov. 1983, 3, Z 15).
Das Vorliegen eines (gesetzmäßigen) Bebauungsplanes war also nach der für den vorliegenden Abgabenbescheid vom 15. November 1983 (Beilage C) maßgebenden Gesetzeslage - d.h. unter Berücksichtigung der Bestimmungen der O.ö.BauO.Nov. 1983 - unabdingbare Voraussetzung für die Vorschreibung einer Anliegerleistung nach § 20 O.ö.BauO. Dem in dieser Regelung zum Ausdruck kommenden Grundsatz, daß jeder Grundeigentümer, der durch die Errichtung einer öffentlichen Verkehrsfläche in den Genuß der Anliegerrechte kommt, auch eine entsprechende Leistung entrichten soll, hatte aber der Landesgesetzgeber auch durch die O.ö.BauO.Nov.1983 noch nicht zur Gänze entsprochen, war doch die Verknüpfung der Beitragspflicht mit dem Vorhandensein eines die öffentliche Verkehrsfläche ausweisenden Bebauungsplanes mit diesem Grundsatz nicht zu vereinbaren (Neuhofer, Neuerungen im O.ö.Baurecht - O.ö.Bauordnungsnovelle 1983 aaO 147); erst durch die O.ö.BauO.Nov.1988 LGBl 33 wurde er entsprechend berücksichtigt: § 20 Abs 4 O.ö.BauO bestimmt nunmehr, daß die Hälfte der Breite, in der die Fahrbahn tatsächlich errichtet wird, höchstens aber eine Breite von 4 m, als anrechenbare Breite der Fahrbahn bei der Vorschreibung der Anliegerleistung zu berücksichtigen ist, wenn die Fahrbahnbreite im Bebauungsplan nicht festgesetzt ist bzw. ein Bebauungsplan nicht besteht. Durch diese Neuformulierung des § 20 Abs 4 O.ö.BauO sollte nach dem Willen des Landesgesetzgebers die Gleichbehandlung aller Anrainer erreicht werden (AB zur O.ö.BauO.Nov.1988, 1 f).
Für den vorliegenden Fall ist daher am Erfordernis eines (gesetzmäßigen) Bebauungsplanes als Grundlage für die Vorschreibung eines Anliegerbeitrags zur Errichtung der Fahrbahn öffentlicher Verkehrsflächen festzuhalten. Im Zeitpunkt des Ausbaues der Reindlstraße hatte zwar der Teilbebauungsplan 459 a eine derartige Verkehrsfläche vorgesehen; er enthielt jedoch nicht die Breite der Fahrbahn dieser öffentlichen Verkehrsfläche. Damit fehlte aber ein für die Berechnung der Anliegerleistung wesentlicher, in § 20 Abs 4 O.ö.BauO ausdrücklich genannter Faktor. Nach der für den vorliegenden Fall maßgebenden Gesetzeslage hatte nur § 21 Abs 2 O.ö.BauO für die Berechnung der Anliegerleistung für die Errichtung eines Gehsteiges einer öffentlichen Verkehrsfläche vorgesehen, daß die tatsächliche Gehsteigbreite maßgebend sei, wenn diese im Bebauungsplan nicht festgesetzt wurde. Da jedoch der Grundsatz der Gleichbehandlung bei der Ermittlung von Anliegerleistungen nach dem Gesagten damals erst zum Teil in das Gesetz Eingang gefunden hatte, kann nicht angenommen werden, daß das Fehlen einer dem nunmehrigen § 20 Abs 4 O.ö.BauO entsprechenden Bestimmung eine planwidrige Gesetzeslücke gewesen wäre, die durch Analogie hätte gefüllt werden können (siehe Koziol-Welser8I 24). Analogie ist zwar grundsätzlich auch im Verwaltungsrecht erlaubt (VwSlg 6973/A), doch ist dabei zu beachten, daß im öffentlichen Recht (anders als im Privatrecht) im Zweifel aus dem Fehlen einer ausdrücklichen Gesetzesregelung nicht auf eine Lücke geschlossen werden darf (VwSlg 9677/A; VwSlg 11.305/A; Adamovich-Funk, Allgemeines Verwaltungsrecht3, 59). Der Landesgesetzgeber, der nach dem klaren Wortlaut des § 20 Abs 4 O.ö.BauO eine im Bebauungsplan festgesetzte Breite der Fahrbahn als Grundlage für die Vorschreibung der Anliegerleistung normiert hatte, hat der Praxis, daß in manchen Bebauungsplänen Fahrbahnbreiten und Gehsteigbreiten nicht festgesetzt werden, nur durch die Regel des § 21 Abs 2 O.ö.BauO Rechnung getragen; damit ist aber davon auszugehen, daß nach der für den vorliegenden Fall maßgebenden Rechtslage die Berücksichtigung der tatsächlichen Breite eines Teils einer Verkehrsfläche bei der Berechnung der Anliegerleistung auf den Beitrag für die Errichtung eines Gehsteiges beschränkt sein sollte. War demnach aber das Fehlen einer "im Bebauungsplan festgesetzten Fahrbahnbreite" dem gänzlichen Fehlen des Bebauungsplanes gleichzuhalten, dann mangelt es der Vorschreibung eines Anliegerbeitrages im strittigen Abgabenbescheid an der erforderlichen gesetzlichen Grundlage. Eine Bekämpfung dieses Abgabenbescheides hätte somit Erfolg haben müssen. Auch die Klägerin selbst hat als Abgabenbehörde in einem gleichgelagerten Fall diesen Standpunkt vertreten. Daß die Neuordnung durch die O.ö.BauO.Nov.1988 der Lückenfüllung gedient hätte, läßt sich auch dem Ausschußbericht (aaO) nicht entnehmen; sie sollte danach lediglich die nach der bisherigen Rechtslage bestehenden, sachlich nicht gerechtfertigten Differenzierungen beseitigen und eine Gleichbehandlung aller Anrainer, deren Bauplätze durch eine öffentliche Verkehrsfläche aufgeschlossen werden, erreichen.
Da im vorliegenden Fall auf Grund der Bestimmungen des Baurechtsvertrages nur zu beurteilen ist, ob die Beklagten, wären sie Eigentümer der Baurechtsliegenschaften, den gegenständlichen Anliegerbeitrag im Fall der Bekämpfung des Abgabenbescheides zu entrichten gehabt hätten, und dies aus den vorstehenden Gründen verneint werden muß, ist der von der Klägerin geltend gemachte Erstattungsanspruch nicht berechtigt.
In Stattgebung der Revision war daher das Urteil des Erstgerichtes - wegen der berechtigten Anfechtung durch die Klägerin im Kostenpunkt jedoch nur in der Hauptsache - wiederherzustellen. Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens erster Instanz gründet sich auf § 41 ZPO. Mit Recht wendet sich die Klägerin in ihrer Berufung im Kostenpunkt gegen den Zuspruch der Kosten der Beklagten im Verwaltungsverfahren als (notwendige) vorprozessuale Kosten. Da den Beklagten im Verwaltungsverfahren keine Parteistellung zugekommen und ihr dortiges Einschreiten deshalb erfolglos geblieben war, waren ihre Kosten auch nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig.
Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.
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