OGH 7Ob636/88 (7Ob637/88)

OGH7Ob636/88 (7Ob637/88)22.9.1988

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz, Dr. Egermann, Dr. Niederreiter und Dr. Redl als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Z*** K*** Versicherungs-AG, Linz, Wiener Straße 48, vertreten durch Dr. Alfred Windhager, Rechtsanwalt in Linz, wider die beklagte Partei Gabriele P***, Angestellte, Linz, Reischekstraße 39, vertreten durch Dr. Alfred Haslinger u.a., Rechtsanwälte in Linz, wegen S 168.091,-- s.A. infolge Revision der beklagten Partei gegen das Teilurteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 21. April 1988, GZ 13 R 10/88-14, sowie Rekurses der beklagten Partei gegen den mit dem erwähnten Teilurteil verbundenen Beschluß, womit das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 2. Dezember 1987, GZ 3 a Cg 209/86-8, teils abgeändert und teils aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Sowohl die Revision als auch der (Revisions-)Rekurs werden zurückgewiesen.

Die klagende Partei hat die Kosten ihrer Rechtsmittelbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die Klägerin begehrt nach einer Klagsausdehnung

S 168.091,-- s.A. mit der Begründung, sie habe dem inzwischen geschiedenen Ehegatten der Beklagten Erwin M*** ein Darlehen gewährt. Die Beklagte sei der Rückzahlungsverpflichtung als Bürge beigetreten. Infolge vertragswidrigen Verzuges der Beklagten habe diese den noch offenen Betrag samt den Verzugszinsen zu zahlen. Das Erstgericht hat das Klagebegehren abgewiesen, wobei es feststellte, daß das Darlehen Erwin M*** als Angestellten der Klägerin gewährt worden ist. Solange dieser bei der Klägerin angestellt war, hat er die vereinbarten monatlichen Darlehensraten von S 3.000,-- anstandslos bezahlt. Auch nach seinem Ausscheiden zahlte er zwei Mal je S 5.000,-- und zwar am 16. Oktober 1985 und am 20. Dezember 1985. Später sind keine Zahlungen mehr erfolgt. Die Beklagte war bei der Darlehensgewährung der Schuld ihres damaligen Ehegatten als Bürge und Zahler beigetreten, wobei festgehalten wurde, daß ihre Haftung auch die mit der Forderung zusammenhängenden Gebühren, Zinsen, Zinseszinsen, Kosten und dergleichen umfaßt.

Am 6. Mai 1986 stellte die Klägerin den gesamten Darlehensrest gegenüber Erwin M*** im Hinblick auf einen vereinbarten Terminsverlust fällig. Mit Schreiben gleichen Datums setzte sie die Beklagte von der Fälligstellung des Darlehens in Kenntnis und ersuchte sie Sorge dafür zu tragen, daß die an Erwin M*** gerichtete Aufforderung zur Rückzahlung eingehalten werde. Das Erstgericht wies das gesamte Klagebegehren mit der Begründung ab, es handle sich auf Seite der Beklagten um eine Verbrauchergeschäft, weshalb Terminsverlust nur bei Vorliegen der im § 13 KSchG erwähnten Voraussetzungen eintreten könne. Diese Voraussetzungen seien hier deshalb nicht erfüllt worden, weil der Beklagten keine qualifizierte Mahnung unter Androhung des Terminsverlustes und Setzung einer Nachfrist zugegangen sei. Das Berufungsgericht sprach mit dem angefochtenen Teilurteil der Klägerin S 53.000,-- s.A. zu und hob die erstgerichtliche Entscheidung bezüglich des Restbetrages von S 115.091,-- s.A. unter Rechtskraftvorbehalt auf. Es erklärte die Revision mit der Begründung für zulässig, es lägen keine höchstgerichtlichen Entscheidungen über die Voraussetzungen der Geltendmachung des Terminsverlustes nach § 13 KSchG gegenüber dem Bürgen und Zahler vor. Aus diesem Grunde sei auch der Rechtskraftvorbehalt gerechtfertigt.

In rechtlicher Hinsicht trat das Berufungsgericht der Rechtsansicht des Erstgerichtes bezüglich der fehlenden Voraussetzungen für die Geltendmachung eines Terminsverlustes gegenüber der Beklagten bei. Zumindest als Minus müsse aus dem klägerischen Vorbringen jedoch auch die Geltendmachung der nach der ursprünglichen Vereinbarung fälligen Beträge abgeleitet werden. Zu deren Zahlung sei die Beklagte aufgrund der übernommenen Bürgschaft verpflichtet. Gehe man von den getroffenen Feststellungen aus, so seien die fällig gewordenen Raten entsprechend der ursprünglichen Darlehensvereinbarung zum 31. Dezember 1985 bezahlt gewesen. Es habe sich zu diesem Zeitpunkt sogar ein Überschuß von S 1.000,-- ergeben. Seit diesem Zeitpunkt sei bis zum Schluß der Verhandlung erster Instanz am 30. Juni 1987 ein Zeitraum von 18 Monaten verstrichen. Berücksichtige man den erwähnten Überschuß von S 1.000,--, so ergebe sich unter Zugrundelegung der vereinbarten Raten von S 3.000,-- monatlich ein Rückstand von S 53.000,--, den die Klägerin auf jeden Fall verlangen könne. Hiezu seien die gesetzlichen Zinsen von 4 % zu schlagen. Weitere Kapitalforderungen seien mangels Terminsverlustes derzeit nicht fällig. Trotzdem sei das erstgerichtliche Urteil um den S 53.000,-- übersteigenden Betrag aufzuheben, weil nicht erörtert worden sei, inwieweit im eingeklagten Saldo kapitalisierte Zinsen enthalten seien und ob bezüglich dieser Zinsen die vertraglichen Voraussetzungen für die Fälligkeit gegenüber der Beklagten vorlägen. Zwar könne es sich hiebei nur um eine im Vergleich zu dem noch offenen Klagsbetrag geringe Forderung handeln, doch lasse sich nach den bisherigen Verfahrensergebnissen dessen tatsächliches Ausmaß auch nicht annähernd abschätzen, sodaß die Aufhebung notwendig sei.

Gegen das Teilurteil erhebt die Beklagte Revision, gegen den Aufhebungsbeschluß Rekurs.

Da das Berufungsgericht über einen S 300.000,-- nicht übersteigenden Streitgegenstand entschieden hat, wäre die Revision gemäß § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO nur zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts abhinge, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukomme, etwa weil das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abgewichen ist oder eine solche Rechtsprechung fehlt oder uneinheitlich ist. Das Berufungsgericht hat eine solche Rechtsfrage bezüglich der Auslegung des § 13 KSchG erblickt. Es kann dahingestellt bleiben, ob das Berufungsgericht mit Recht die Zulässigkeit der Revision bejaht hat. Der Auslegung der erwähnten Bestimmung kommt nämlich im Revisionsverfahren deshalb keine Bedeutung mehr zu, weil das Berufungsgericht, ebenso wie das Erstgericht, den Eintritt eines Terminsverlustes gegenüber der Beklagten verneint hat und die Entscheidung diesbezüglich von niemandem bekämpft wird. Die Klägerin hat keine Revision erhoben und akzeptiert die diesbezügliche Entscheidung des Berufungsgerichtes, wobei sie nur am Rande ausführt, daß sie zwar mit der Rechtsansicht des Berufungsgerichtes nicht konform gehe, ihre gegenteilige Rechtsauffassung jedoch nicht zum Gegenstand eines Rechtsmittels machen wolle. Auch in der Rekursbeantwortung bezeichnet sie die teilweise Aufhebung der erstgerichtlichen Entscheidung durch das Berufungsgericht im Hinblick auf die Notwendigkeit der Prüfung der Zinsen für erforderlich.

Rechtliche Beurteilung

Es ergibt sich sohin, daß die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes nicht mehr von jener Rechtsfrage abhängt, die das Berufungsgericht für die Begründung seines Zulassungsausspruches angeführt hat.

Welche andere Rechtsfrage im vorliegenden Fall eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes im Sinne des § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO rechtfertigen soll, ist nicht ersichtlich. Sieht man von der Terminsverlustfrage ab, so enthält das Konsumentenschutzgesetz keine besonderen Bestimmungen für die Bürgschaft. Auch die Revision zeigt hier keine Rechtsfrage auf, in der das Berufunsgericht von der Judikatur abgewichen sein sollte, oder die von in der erwähnten Gesetzesbestimmung aufgezeigten Bedeutung wäre. Dem Berufungsgericht kann der in der Revision erhobene Vorwurf, es habe über einen nicht geltend gemachten Anspruch entschieden, nicht gemacht werden. Die Klägerin hat ihren Anspruch nämlich eindeutig auf die eingetretene Fälligkeit gestützt. Auch bei engherzigster Auslegung muß darin das Verlangen erblickt werden, daß zumindest die jeweils fällig gewordenen Beträge zu bezahlen sind. Schon aus diesem Grunde ist ein derart schwerwiegender Verfahrensverstoß, der allenfalls eine Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof nach § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO rechtfertigen würde, nicht gegeben.

Die im Zusammenhang mit dem Schreiben vom 6. Mai 1986 in der Revision aufgeworfenen Fragen hätten ebenfalls nur Bedeutung, wenn die Notwendigkeit einer qualifizierten Mahnung nach § 13 KSchG vorläge. Daß aber nach dem Darlehensvertrag bestimmte Voraussetzungen für eine Fälligstellung der Verzugszinsen gegeben sein müssen, hat das Berufungsgericht in seinem die Aufhebung begründenden Teil ohndies hinreichend dargelegt.

Es ergibt sich sohin, daß bezüglich des Teilurteiles die Voraussetzungen des § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO nicht vorliegen. Dies mußte zu einer Zurückweisung der Revision führen.

Da § 519 Abs. 2 ZPO bezüglich des Rechtskraftvorbehaltes ebenfalls auf § 502 Abs. 4 ZPO verweist, gilt das zur Revision ausgeführte auch für den Rekurs, weil diesem dieselben Rechtsfragen zugrunde liegen, wie der Revision.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 40 und 50 ZPO. Für die Revisions- und Rekursbeantwortung waren keine Kosten zuzusprechen, weil die Klägerin auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels der Beklagten nicht hingewiesen hat.

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