OGH 3Ob90/88

OGH3Ob90/887.9.1988

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Warta, Dr. Klinger, Dr. Angst und Dr. Kellner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Edith S***, Geschäftsfrau, Klosterneuburg, Agnesstraße 72, vertreten durch Dkfm. DDr. Wilfried Dorazil, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei S*** T***, Tulln, Rathausplatz 8, vertreten durch Dr. Christiane Berethalmy-Deuretzbacher, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unzulässigkeit einer Exekution (Streitwert 137.296,26 S sA), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien als Berufungsgerichtes vom 29.Februar 1988, GZ 46 R 1093/87-22, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Klosterneuburg vom 27.August 1987, GZ 2 C 44/86-18, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 5.657,85 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 514,35 S an Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Als Karl Heinz S*** die beklagte Partei im Jahre 1980 um Gewährung eines Kredites ersuchte, hielt diese die ihr angebotene Sicherstellung auf der Liegenschaft E 3.659 KG Klosterneuburg, die im Eigentum des Karl Heinz S*** stand, für unzureichend. Maria S***, die Mutter des Karl Heinz S***, war einverstanden, auch ihre Liegenschaft EZ 1420 KG Klosterneuburg zu verpfänden. Die beklagte Partei räumte daraufhin am 20.November 1980 Karl Heinz S*** einen Kredit von 400.000 S ein. Am gleichen Tag unterfertigten Karl Heinz S*** und Maria S*** eine Pfandbestellungsurkunde, dergemäß auf die genannten Liegenschaften ein Simultanpfandrecht für einen Höchstbetrag von 625.000 S zur Sicherstellung aller Forderungen und Ansprüche an Haupt- und Nebenverbindlichkeiten aller Art bis zum Höchstbetrag von 625.000 S, welche der beklagten Partei gegen Karl Heinz S*** erwachsen oder in Hinkunft erwachsen würden, bestellt wurde. Nach Punkt 5 b der Urkunde galt als vereinbart, daß, sollten die Forderungen aus Haupt- und Nebenverbindlichkeiten den sichergestellten Höchstbetrag übersteigen, allfällige Teilzahlungen in erster Linie zur Abdeckung des pfandrechtlich nicht sichergestellten Teils dieser Forderungen zu verwenden seien.

Sowohl Maria S*** als auch die beklagte Partei gingen von einer bloßen Sachhaftung der Maria S*** mit der gegenständlichen Liegenschaft aus.

Am 2.Dezember 1980 und 23.Jänner 1981 gewährte die beklagte Partei dem Karl Heinz S*** weitere Darlehen von je 50.000 S. Bei den drei Wechselkreditzusagen war von der beklagten Partei nur zugesichert worden, daß die Kredite einmalig ausnützbar seien. Eine Wiederausnützung von auf das Konto eingelangten Beträgen wurde einer gesonderten schriftlichen Vereinbarung vorbehalten. Es sollte auch kein Rahmenkreditverhältnis begründet werden.

Karl Heinz S*** geriet in Zahlungsverzug und wurde mit Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 14.Juni 1982 schuldig erkannt, der beklagten Partei 604.177 S samt 17,5 % Zinsen seit 10.Februar 1982 sowie Prozeßkosten von 47.226,68 S zu bezahlen. Mit Versäumungsurteil des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 17.Juni 1982 wurde auch Maria S*** zur Zahlung von 607.916 S samt 17,5 % Zinsen seit 2.März 1982 bei sonstiger Exekution in die Liegenschaft EZ 1420 KG Klosterneuburg verurteilt.

Im Mai 1983 trat Maria S*** an die Klägerin heran und fragte sie, ob sie die gegenständliche Liegenschaft, die außer durch die Höchstbetragshypothek zugunsten der beklagten Partei noch mit einer weiteren Höchstbetragshypothek von 2,650.000 S zugunsten der Ersten Österreichischen Spar-Casse belastet war, erwerben wolle. Es kam zum Vertrag vom 13.Mai 1983, in dem der Kaufpreis als Summe der auf der Liegenschaft haftenden Höchstbetragshypotheken festgesetzt wurde. Nach dem Tod der Maria S*** am 17.Mai 1983 wurde dieser Vertrag zwischen der Klägerin und der Verlassenschaft nach Maria S***, vertreten durch Karl Heinz S***, vor einem Notar nochmals abgeschlossen, wobei als Kaufpreis 3,275.000 S vereinbart wurde, die Klägerin die genannten Höchstbetragshypotheken in Anrechnung auf den Kaufpreis übernahm und die Vertragsparteien ohne Kontaktaufnahme mit der beklagten Partei feststellten, daß die Darlehensforderungen zum 13. Mai 1983 mit zusammen 3,275.000 S aushaften.

Da Karl Heinz S*** seinen Verpflichtungen gegenüber der beklagten Partei auch in der Folge nicht nachkam, trat diese einem laufenden Exekutionsverfahren (E 25/83), in dem die Liegenschaft EZ 3.659 KG Klosterneuburg versteigert wurde, mit Schriftsatz vom 8. November 1984 bei (E 68/84). Am 26.April 1985 ersteigerte die Klägerin diese Liegenschaft um 137.000 S. Im Meistbotsverteilungsbeschluß vom 16.September 1985 wurde der beklagten Partei ein Betrag von 134.506,50 S samt anteiligen Zinsen zugesprochen, weshalb ihr am 19.November 1985 ein Gesamtbetrag von 137.296,26 S aus dem Meistbot überwiesen wurde.

Über Antrag vom 17.Juli 1985 wurde der beklagten Partei gegen die Klägerin auf Grund des gegen Maria S*** ergangenen Urteils vom 17.7.1982 die Versteigerung der Liegenschaft EZ 1420 KG Klosterneuburg zur Hereinbringung einer Forderung von 625.000 S bewilligt (E 34/85).

Am 16.Jänner 1986 überwies die Klägerin der beklagten Partei einen Betrag von 487.703,74 S mit der Widmung "Restzahlung zur Pfandurkunde 20.11.1980 zu EZ 1420 GB Klosterneuburg, S 625.000 abzüglich Meistbot EZ 3.659" und ersuchte mit Schreiben vom 20. Jänner 1986, ihr eine Löschungsquittung zur Grundbuchsbereinigung zukommen zu lassen. Sie wußte bei der Zahlung, daß die beklagte Partei von ihr unabhängig vom erzielten Meistbotserlös (aus der Versteigerung der Liegenschaft EZ 3.659 KG Klosterneuburg) 625.000 S wollte und die Ausstellung einer Teillöschungsquittung verweigerte, weil die Personalschuld des Karl Heinz S*** höher sei als die auf der Liegenschaft EZ 1420 haftende Höchstbetragshypothek. Auf Grund der Zahlung der Klägerin vom 16.Jänner 1986 schränkte die beklagte Partei das Zwangsversteigerungsverfahren auf 137.296,26 S ein, sie gab weder eine Einstellungs-, noch eine Löschungserklärung ab.

Mit der am 25.Februar 1986 eingelangten Klage stellt die Klägerin das Begehren, es werde ihren Einwendungen, daß der Anspruch der beklagten Partei durch die Zahlungen in der Gesamthöhe von 625.000 S erloschen sei, Folge gegeben; die Exekution E 34/85 sei unzulässig.

Die beklagte Partei beantragt die Abweisung der Klage. Im Zeitpunkt der Zahlung der Klägerin habe die Forderung der beklagten Partei 963.442,32 S betragen; sie habe sich durch die Zahlung auf 475.738,58 S verringert. Dieser Betrag finde in der Höchstbetragshypothek Deckung. Die beklagte Partei sei daher nicht verpflichtet, der Klägerin eine Löschungs- oder auch nur Teillöschungsquittung auszustellen und das Zwangsversteigerungsverfahren einzustellen.

Das Erstgericht wies die Klage ab. Bei einer Höchstbetragshypothek diene der Höchstbetrag dazu, die Forderung samt etwa ausstehenden Zinsen- und Kostenbeträgen bis zur Höhe des Höchstbetrages, aber nicht darüber hinaus gehend, zu besichern. Teilzahlungen einzelner entstandener Forderungen aus dem Kreditverhältnis seien ohne Einfluß auf den Bestand der Hypothek, könne der Gläubiger doch die Hypothek als Deckung für die anderen noch aufrechten Forderungen aus dem Vertragsverhältnis in Anspruch nehmen. Auch die Zahlung des Höchstbetrages zum Zwecke der Bereinigung der Liegenschaft reiche nicht aus,die Höchstbetragshypothek zu bereinigen, diese hafte vielmehr bis zur völligen Rückzahlung des Kredites. Die Klägerin habe mit ihrer Zahlung vom 16.Jänner 1986 die Forderung nicht zum Erlöschen gebracht. Die Höchstbetragshypothek bleibe daher aufrecht. Daran ändere nichts, daß die Klägerin nur Realschuldnerin sei. Das Berufungsgericht gab der Klage statt und sprach aus, daß die Revision gegen seine Entscheidung zulässig sei. Begehre der Gläubiger vom Pfandeigentümer Leistung auch bloß außergerichtlich, wozu er bei sonstigen Kostenfolgen verpflichtet sei, entstehe sowohl das Einlösungsrecht der anderen Hypothekare als auch die Lösungsbefugnis des Liegenschaftseigentümers. Zur Einlösung bzw. Pfandfreistellung seien nur jene Beträge aufzuwenden, die dem Belastungs-Höchstbetrag einschließlich der auf diesen entfallenden Nebengebühren entsprächen. Mit dem Leistungsbegehren habe sich der Gläubiger zur Realisierung der Pfandhaftung entschieden, er müsse das Pfand gegen jene Beträge freigeben, die er maximal aus dem von ihm angestrengten Exekutionsverfahren erlösen könnte. Die Klägerin habe daher zumindest nach dem exekutiv geltend gemachten Leistungsbegehren der beklagten Partei zur Pfandfreistellung ihrer Liegenschaft nur jene Beträge aufzuwenden, die dem Belastungshöchstbetrag entsprächen. Dies sei geschehen. Die beklagte Partei habe aus der simultanhaftenden Liegenschaft EZ 3.659 KG Klosterneuburg auf Grund des Meistbotsverteilungsbeschlusses vom 16. September 1985 137.396,26 S überwiesen erhalten; darüber hinaus habe die Klägerin am 16.Jänner 1986, nachdem der beklagten Partei die Versteigerung der Liegenschaft der Klägerin EZ 1420 KG Klosterneuburg bewilligt worden war, 487.703,74 S mit der festgestellten Widmung als "Restzahlung" erhalten. Biete der Liegenschaftseigentümer den Höchstbetrag zur Zahlung gegen Bereinigung der Liegenschaft an, folge die Verpflichtung des Gläubigers zur Bereinigung aus der Annahme der Zahlung. Ein Recht, der Erklärung des Pfandschuldners trotz Annahme der Zahlung zu widersprechen, stehe dem Gläubiger nicht zu, da es ihm an einer Forderung gegen den Pfandschuldner mangle.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der beklagten Partei ist nicht begründet. Bei einer Höchstbetragshypothek besteht pfandrechtliche Sicherheit zweifelsfrei nur bis zur Höhe des eingetragenen Höchstbetrages. Nach Lehre (Klang in Klang2 II 421; Petrasch in Rummel, ABGB, Rz 9 zu § 481) und Rechtsprechung (SZ 10/330; ZBl.1933/291; JBl 1958, 122) bedeutet das aber nicht, daß bei Überschreitung des eingetragenen Höchstbetrages durch Kreditüberziehung die Hypothek schon dann erlischt, wenn ein dem Höchstbetrag entsprechender Teil des Kredites zurückgezahlt wurde; vielmehr haftet die Hypothek bis zur völligen Rückzahlung des Kredites, nur ist jener Betrag, um welchen dieser jeweils die eingetragene Höchstsumme überschreitet, ohne pfandrechtliche Deckung. In uneingeschränkter Weise gilt dies allerdings nur für den Liegenschaftseigentümer, der auch Personalschuldner ist; ist der Realschuldner nicht auch gleichzeitig Personalschuldner, ist zu differenzieren.

Ist das Rechtsverhältnis, aus dem die besicherten Forderungen entspringen können, noch nicht abgewickelt, besteht keine Möglichkeit, selbst durch Vollzahlung des Höchstbetrages die Entlastung der Liegenschaft gegen den Willen des Gläubigers zu erreichen (Hoyer, FS Demelius, 355 und 356 f, Petrasch aaO). Aber auch dann, wenn das Rechtsverhältnis bereits abgewickelt ist, weitere Forderungen also aus diesem nicht mehr entstehen können, hat der Pfandschuldner kein Recht zur Zahlung, bevor er vom Pfandgläubiger auf Grund der Pfandhaftung beansprucht wird; denn es muß dem Gläubiger frei stehen, auf wen er zuerst greift (Reischauer in Rummel, ABGB, Rz 18 zu § 1422; Hoyer aaO 358 und 363). Anders verhält es sich nur dann, wenn der Realschuldner ausdrücklich oder schlüssig erklärt, bloß den besicherten Teil abtragen zu wollen, und der Kreditgeber dieser Zahlungsbestimmung nicht widerspricht (Reischauer aaO; Hoyer aaO 364).

Wird allerdings der bloße Realschuldner einer Höchstbetragshypothek vom Pfandgläubiger auf Grund der Pfandhaftung beansprucht, so darf dieser eine geleistete Zahlung nicht auf den nicht besicherten Teil anrechnen (Reischauer aaO; Hoyer aaO 361 ff). Ob das Einlösungsrecht des Realschuldners bereits ab einer außergerichtlichen Zahlungsaufforderung besteht (Hoyer aaO; vgl. auch Petrasch, Rz 2 zu § 462), ab Anstrengung der Hypothekarklage (vgl. Hoyer aaO 361 f) oder erst ab der Exekutionsführung des Gläubigers (vgl. Hoyer aaO und Petrasch aaO), kann im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben; denn der Hypothekarprozeß hat im vorliegenden Fall stattgefunden, und die beklagte Partei führt auf Grund des erwirkten Versäumungsurteiles des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 17.Juni 1982, 40 d Cg 114/82, gegen die Klägerin Exekution (E 34/85 BG Klosterneuburg).

Die Klägerin war daher berechtigt, Zahlung unter Verrechnung auf den besicherten Teil zu leisten.

Dies entspricht ungeachtet gegenteiliger Stellungnahmen offensichtlich auch dem Rechtsstandpunkt der beklagten Partei; denn sie hat die ungeachtet einer höheren Judikatschuld der früheren Pfandschuldnerin ausdrücklich nur auf den Höchstbetrag geführte Exekution E 34/85 nach Zahlung des Betrages von 487.703,74 S auf die Hereinbringung eines Restbetrages von 137.296,26 S eingeschränkt (E 34/85-7). Es ist keine Frage, daß die durch die Kredithypothek sichergestellte Forderung aus dem Meistbot keinesfalls über den einverleibten Höchstbetrag hinaus befriedigt werden darf (SZ 20/66; JBl 1987, 112; Heller-Berger-Stix 1482). Der Gläubiger einer Simultanhypothek, der aus dem Meistbot einer der haftenden Liegenschaften bereits teilweise befriedigt wurde, kann aber darüber hinaus bei einer späteren Versteigerung der anderen Liegenschaften nur die Zuweisung des restlichen Betrages verlangen (EvBl 1968/63). Der eingetragene Höchstbetrag stellt auch bei Simlutanhypotheken die Obergrenze dar, bis zu welcher alle haftenden Grundstücke zusammen zur Befriedigung des Gläubigers beizutragen haben (Klang aaO). Die beklagte Partei ist daher nicht berechtigt, den bereits im Zuge der Zwangsversteigerung der simultanhaftenden Liegenschaft EZ 3.659 KG Klosterneuburg erhaltenen Betrag von 137.296,26 S in dem Exekutionsverfahren betreffend die Liegenschaft der Klägerin ein weiteres Mal zu verlangen.

Mit Recht hat daher die zweite Instanz der Klage stattgegeben. Die Kostenentscheidung erfolgte nach den §§ 41, 50 ZPO.

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