OGH 11Os94/88

OGH11Os94/889.8.1988

Der Oberste Gerichtshof hat am 9.August 1988 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Reisenleitner und Dr. Felzmann als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Doblinger als Schriftführer, in der Strafsache gegen Hermann K*** wegen des Vergehens der schweren Körperverletzung nach den §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 1 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 11. Mai 1988, GZ 6 b Vr 4.154/87-66, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 21.Februar 1958 geborene, beschäftigungslose Hermann K*** - im zweiten Rechtsgang - der Vergehen der schweren Körperverletzung nach dem § 83 Abs. 1, 84 Abs. 1 StGB und des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach den §§ 15, 269 StGB schuldig erkannt. Diesbezüglich liegt ihm zur Last, am 6.Mai 1987 in Wien Heinz P*** dadurch vorsätzlich am Körper verletzt zu haben, daß er mehrmals mit einem Klappmesser auf ihn einstach, wodurch dieser eine Stichwunde an der linken Brustseite mit einer sechs Millimeter langen Einstichöffnung in Höhe der achten Rippe und eine zwei Zentimeter lange Schnittwunde am rechten Handrücken über dem Köpfchen des linken Mittelhandknochens mit einer längsverlaufenden Läsion der Mittelfingerstrecksehne erlitt, was eine länger als 24 Tage dauernde Berufsunfähigkeit des Verletzten zur Folge hatte; ferner die Polizeibeamten Heinz P*** und Karl L*** an einer Amtshandlung, und zwar seiner Festnahme, dadurch zu hindern versucht zu haben, daß er um sich schlug und mit den Füßen gegen die Beamten trat.

Dieses Urteil wird vom Angeklagten im Schuldspruch mit einer nominell auf die Z 5, 5 a und 9 lit a des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde und im Strafausspruch - ebenso wie von der Staatsanwaltschaft - mit Berufung bekämpft. Der Beschwerdeführer erhebt zunächst unter dem Aspekt eines Begründungsmangels den Vorwurf, das Erstgericht sei nicht näher auf seine Verantwortung eingegangen, er habe bei Auftreten des Inspektors P*** an einen Angriff seines Schwiegervaters S*** oder von ihm bestellter Leute gedacht und das Messer erst während der sich entspinnenden Rauferei gezogen.

Rechtliche Beurteilung

Dem ist entgegenzuhalten, daß sich das Schöffengericht im Urteil ohnedies mit dieser vom Angeklagten vorgebrachten Version des Geschehensablaufes auseinandersetzte, sie aber auf Grund der für glaubwürdig befundenen Angaben des Zeugen P*** für widerlegt erachtete (Band II S 31 f d.A).

Auch die weitere Rüge, es sei im Urteil unerörtert geblieben, daß in der Hauptverhandlung vom 19.August 1987 (im ersten Rechtsgang) eine von Inspektor P*** an seinen Kollegen Inspektor L*** gerichtete Aufforderung zum Schießen erwähnt wurde, geht fehl. Denn nach der Aussage des Zeugen Karl L*** in der Hauptverhandlung vom 19.August 1987 wurde diese Aufforderung erst während des zwischen dem Angeklagten und Bezirksinspektor P*** bereits im Gang befindlichen Kampfes an ihn gerichtet. Zu diesem Zeitpunkt war jedoch nach Annahme des Schöffengerichtes dem Zeugen P*** die inkriminierte Stichverletzung bereits zugefügt worden (Band I S 378 d.A). Die reklamierte Feststellung könnte daher zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung unter dem Aspekt einer Notwehrsituation führen.

Die behaupteten Begründungsmängel liegen daher nicht vor. Was in der Beschwerdeschrift zum Nichtigkeitsgrund der Z 5 a des § 281 Abs. 1 StPO ausgeführt wird, erschöpft sich teils in der Wiederholung der Argumentation zur Mängelrüge, teils in dem Versuch eines Nachweises, es hätten auf der Basis einer anderen Würdigung der Ergebnisse des Beweisverfahrens auch für den Angeklagten günstigere Feststellungen getroffen werden können. Dieses Vorbringen vermag umsoweniger erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der entscheidungswesentlichen Urteilsfeststellungen zu erwecken, als der Angeklagte (nach Rücksprache mit seinem Verteidiger) noch vor Schluß der Hauptverhandlung - offenbar den Verfahrensergebnissen Rechnung tragend - ein Schuldbekenntnis ablegte (Band II S 17 d.A). Die Rechtsrüge hinwieder baut auf einem urteilsfremden Sachverhalt auf. Die prozeßordnungsgemäße Darstellung eines materiellen Nichtigkeitsgrundes erfordert aber das Festhalten an allen Urteilsfeststellungen, deren Vergleich mit dem Gesetz und den daraus abzuleitenden Vorwurf unrichtiger Rechtsfindung (Mayerhofer-Rieder2 ENr 30 zu § 281 StPO).

Demgemäß war die Nichtigkeitsbeschwerde teils gemäß dem § 285 d Abs. 1 Z 2 StPO als offenbar unbegründet, teils nach der Z 1 dieser Gesetzesstelle in Verbindung mit dem § 285 a Z 2 StPO als nicht gesetzmäßig ausgeführt bereits bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen.

Über die Berufungen wird demnach das Oberlandesgericht Wien zu befinden haben (§ 285 i StPO nF).

Die Kostenentscheidung beruht auf der zitierten Gesetzesstelle.

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