OGH 7Ob591/88

OGH7Ob591/8814.7.1988

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel, Dr. Warta, Dr. Egermann und Dr. Niederreiter als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei mj. Gabor N***, geboren am 9.April 1982, Wien 3., Wedelgasse 3/8, vertreten durch das Jugendamt für den 3. Wiener Gemeindebezirk, Wien 3., Sechskrügelgasse 11, dieses vertreten durch Dr. Werner Neuhauser, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Joan N***, Kaufmann, Wien 2., Taborstraße 68/2, vertreten durch Dr. Hans Michael Simoni, Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung der Vaterschaft und Unterhalt, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien als Berufungsgerichtes vom 10. November 1987, GZ 43 R 1082/87-70, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 25.Juni 1987, GZ 6 C 13/84-61, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 2.719,20 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 247,20 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger begehrt die Feststellung der Vaterschaft des Beklagten und einen monatlichen Unterhalt von S 1.900.

Der Beklagte bestreitet, mit der Mutter des Klägers jemals geschlechtlich verkehrt zu haben und behauptet, daß sein Zwillingsbruder Josi bzw. Jani N*** mit der Mutter des Klägers in der kritischen Zeit Geschlechtsverkehr gehabt habe. Die Mutter des Klägers habe diesen auch wiederholt als Vater bezeichnet und dieser habe seine Vaterschaft auch anerkannt.

Das Erstgericht erkannte im Sinne des Klagebegehrens. Nach seinen Feststellungen hatte die Mutter des Klägers innerhalb der Vermutungsfrist vom 11.6.1981 bis 11.10.1981 nur mit dem Beklagten Geschlechtsverkehr. Nach dem serologischen Gutachten beträgt die Vaterschaftswahrscheinlichkeit des Beklagten 99,96 %. Das Erstgericht folgerte daraus, daß die Voraussetzungen nach § 163 ABGB gegeben seien. Dem von Jani N***, dessen Existenz überhaupt fraglich sei, vor einem Münchner Notar am 7.11.1986 abgegebenen Vaterschaftsanerkenntnis, das nur in Fotokopie vorgelegt worden sei (ON 48), komme keine Feststellungswirkung zu. Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und teilte auch dessen Rechtsansicht.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen die Entscheidung der zweiten Instanz erhobenen Revision des Beklagten kommt keine Berechtigung zu.

Der Vorwurf der Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes ist unberechtigt. Auch in einem Verfahren, in dem der Untersuchungsgrundsatz gilt, müssen nicht alle erdenklichen Beweise aufgenommen werden. Die Nichtaufnahme von Beweisen begründet nur dann einen Verfahrensmangel, wenn die Grenzen des pflichtgemäßen richterlichen Ermessens verkannt wurden (EFSlg 51.252, 49.394 uva). Hiebei ist zu beachten, daß auch in einem vom Untersuchungsgrundsatz beherrschten Verfahren die Sammlung des Prozeßstoffes nicht allein beim Gericht liegt. Sie ist in gleicher Weise Pflicht der Parteien und des Gerichtes (Gamerith, Verfahrensrechtliche Probleme des neuen Unehelichenrechts in ÖJZ 1972, 59). Desgleichen ist zu beachten, daß die Erreichung des Verfahrenszieles höher zu werten ist, als die Verwertung solcher Tatbestände, deren Ermittlung fraglich erscheint (EFSlg 45.823).

Der Beklagte hat schon in der ersten Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung am 11.Oktober 1984 behauptet, daß nicht er, sondern sein Zwillingsbruder der Mutter des Klägers in der kritischen Zeit beigewohnt habe, ohne diesen als Zeugen zu beantragen oder auch nur dessen Anschrift bekanntzugeben. Erst nach fast zweijähriger Prozeßdauer hat der Beklagte die Vernehmung des angeblich im Ausland (Kanada bzw. Rumänien) befindlichen Jani N*** beantragt und sich bereiterklärt, für dessen Erscheinen bei Gericht Sorge zu tragen (AS 132, ON 41). Die Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung wurde in der Folge mehrfach zur Vernehmung des Genannten erstreckt. Eine Vernehmung konnte jedoch nie durchgeführt werden, obwohl sich Jani N*** in der in Betracht kommenden Zeit immerhin in München aufgehalten haben soll (ON 48). In Anbetracht dieses Verfahrensverlaufes kann nach den obgenannten Grundsätzen in der Unterlassung einer Anfrage an die Kanadischen Behörden über die Existenz des Jani N*** und die Ausstellung eines Reisepasses an ihn ebensowenig ein Verfahrensmangel erblickt werden, wie in der Unterlassung der gleichfalls an das pflichtgemäße Ermessen des Gerichtes gestellten Verfahrensunterbrechung bis zur Beendigung des Strafverfahrens gegen den Beklagten.

Zur Wirksamkeit des Anerkenntnisses (ON 48) weist der Revisionsgegner zutreffend darauf hin, daß abgesehen von den übrigen Voraussetzungen, die hier nicht gegeben sind, nach § 163 c Abs 2 ABGB - außer im Falle des Anerkenntnisses vor der Bezirksverwaltungsbehörde als Amtsvormund - auch die Bezeichnung des Anerkennenden als Vater durch die Mutter und das Kind (vertreten durch seinen gesetzlichen Vertreter) gegenüber den das Anerkenntnis entgegennehmenden Stellen erforderlich ist. Auch daran fehlt es im vorliegenden Fall.

Demgemäß ist der Revision ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

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