OGH 4Ob47/88

OGH4Ob47/8812.7.1988

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr. Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith, Dr. Kodek, Dr. Niederreiter und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ö*** R***, Wien 13.,

Würzburggasse 30, vertreten durch Dr. Gottfried Korn, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Manfred K***, Werbungsmittler, Linz, Gesellenhausstraße 21, vertreten durch Dr. Alfred Haslinger, DDr. Heinz Mück und Dr. Peter Wagner, Rechtsanwälte in Linz, wegen Unterlassung (Streitwert 450.000 S), infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgerichtes vom 19. April 1988, GZ 3 R 101/88-9, womit der Beschluß des Landesgerichtes Linz vom 3. März 1988, GZ 8 Cg 30/88-3, teilweise abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß, der in seinem bestätigenden Teil unberührt bleibt, wird in seinem abändernden Teil dahin abgeändert, daß der Beschluß des Erstgerichtes zur Gänze wiederhergestellt wird. Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 14.739,45 S bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin 1.339,95 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Begründung

Der Kläger strahlt seit 5. Jänner 1968 im gesamten Gebiet der Republik Österreich eine Fernsehsendung mit dem Titel "Österreich-Bild" aus; seit November 1979 ist er Mitherausgeber der Zeitschrift "ORF-Nachlese".

Der Beklagte ist Werbungsmittler und Geschäftsführer. Auf seinen Antrag hat das Österreichische Patentamt im Markenregister unter Nr. 115311 die Wortmarke "Österreich-Bild" für die Klassen 16 (Zeitungen und Zeitschriften) und 35 (Werbung) mit dem Schutzdauerbeginn 2. März 1987 eingetragen. Mit Schreiben vom 23. September 1987 forderte der Kläger den Beklagten auf, den Gebrauch der Marke zu unterlassen und deren Löschung im Markenregister zu veranlassen; der Beklagte antwortete darauf mit Schreiben vom 14. Oktober 1987, daß er von der Marke ohnehin noch keinen Gebrauch gemacht habe.

Nach einer Umfrage des Marktforschungsinstitutes F*** + GFK haben 97 % der österreichischen Bevölkerung ab dem Alter von 14 Jahren den Begriff "Österreich-Bild" schon einmal gehört; 70 % der Bevölkerung verbinden ihn mit dem Kläger, 74 % hievon seit mindestens sechs Jahren. Weitere 25 % der Bevölkerung verbinden den Begriff "Österreich-Bild" mit Fernsehen, 68 % davon wiederum seit mindestens sechs Jahren.

Der Kläger begehrt zur Sicherung seines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches, dem Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr Waren oder Dienstleistungen, insbesondere Zeitungen oder Zeitschriften oder Dienstleistungen im Bereiche der Werbung, unter der Bezeichnung "Österreich-Bild" anzubieten und/oder anzukündigen und/oder in Verkehr zu bringen. Der Begriff "Österreich-Bild" habe als Hinweis auf das Unternehmen des Klägers Kennzeichnungskraft und werde von einem Großteil der Verkehrskreise mit dem Kläger assoziiert. Da der Kläger nicht nur Sendungen produziere, sondern auch die Zeitschrift "ORF-Nachlese" herausgebe und als Werbeunternehmen auftrete sowie Werbesendungen kommerziell verbreite, bestehe ein Wettbewerbsverhältnis zu den Leistungen des Beklagten (Werbung und Herausgabe von Zeitschriften). Bei Durchführung solcher Leistungen durch den Beklagten unter Benützung der Marke "Österreich-Bild" bestehe die Gefahr von Verwechslungen mit dem Zeichen des Klägers. Die Übernahme der Bezeichnung "Österreich-Bild" sei auch sittenwidrig. Aus der Erklärung des Beklagten vom 14. Juni 1987, daß er die Marke noch nicht verwende, sei zwingend auf seine Absicht zu schließen, Waren und Dienstleistungen unter dieser Marke zu vertreiben. Ungeachtet der Frage, ob nicht schon die Anmeldung beim Markenregister eine Benützungshandlung sei, bestehe jedenfalls ein Anspruch auf präventive Verhinderung der drohenden Gesetzesverletzung durch vorbeugende Unterlassungsklage.

Der Beklagte beantragte die Abweisung des Sicherungsantrages. Zwischen den Streitteilen bestehe kein Wettbewerbsverhältnis; der Kläger sei möglicherweise Herausgeber der Zeitschrift "ORF-Nachlese", trage aber nicht das wirtschaftliche Risiko. Dem Schreiben des Beklagten vom 14. Oktober 1987 könne nicht entnommen werden, daß eine Verwendung seiner Marke "Österreich-Bild" unmittelbar bevorstehe. Auch die Gefahr einer Verwechslung der Informationssendung des Klägers "Österreich-Bild" mit einem vom Beklagten herausgegebenen Produkt (Zeitschrift, Werbung) mit dem gleichen Titel bestehe im Hinblick auf die grundlegende Verschiedenheit dieser Produkte nicht. Der Beklagte habe mit der Markenregistrierung auch nicht sittenwidrig gehandelt. Der Erstrichter wies den Sicherungsantrag ab. Auf Grund des eingangs wiedergegebenen Sachverhaltes meinte er rechtlich, daß die Parteien miteinander nicht im Wettbewerb stünden und auch keine Gefahr einer Verwechslung zwischen der Fernsehsendung "Österreich-Bild" und einer vom Beklagten herausgegebenen Zeitschrift bestehe.

Das Rekursgericht verbot dem Beklagten mit einstweiliger Verfügung bis zur Rechtskraft des Urteils im Unterlassungsstreit, in Österreich im geschäftlichen Verkehr Waren oder Dienstleistungen, insbesondere Zeitungen oder Zeitschriften oder Dienstleistungen im Bereich der Werbung, unter der Bezeichnung "Österreich-Bild" anzubieten, anzukündigen oder in Verkehr zu bringen; das Mehrbegehren, dem Beklagten diese Handlungen auch außerhalb Österreichs zu verbieten, blieb abgewiesen. Zugleich sprach das Gericht zweiter Instanz aus, daß der Wert des von der Abänderung betroffenen Streitgegenstandes 300.000 S übersteige. Allgemein bekannt (§ 269 ZPO) sei, daß der Kläger - auf Grund der Ermächtigung nach § 5 Abs 3 RundfunkG - im Rahmen seiner Hörfunk- und Fernsehprogramme entgeltlich Sendezeiten für kommerzielle Werbung vergebe; sein Wettbewerbsverhältnis mit dem Beklagten, der seinen Beruf als Werbungsmittler und Geschäftsführer angebe, könne daher nicht zweifelhaft sein. Im übrigen setze § 9 UWG kein Wettbewerbsverhältnis voraus.

Die Bezeichnung "Österreich-Bild" sei ein schwaches Zeichen mit geringer Kennzeichnungskraft, das aber infolge Verkehrsgeltung gemäß § 9 Abs 3 UWG schutzfähig sei; die unveränderte, buchstabengetreue Übernahme dieser Bezeichnung durch den Beklagten sei demnach unzulässig. Von einer durchgreifenden Warenverschiedenheit der Produkte der Streitteile könne keine Rede sein: Der Durchschnittsösterreicher werde ein Druckwerk oder ein Werbemittel mit der Bezeichnung "Österreich-Bild" zwanglos mit dem Kläger in Verbindung bringen und annehmen, daß die Herausgabe des Druckwerkes oder Werbemittels unter Beteiligung des Klägers oder zumindest mit seiner Billigung erfolge. Ob der Kläger zu derlei Tätigkeiten überhaupt berechtigt ist, könne auf sich beruhen, weil den angesprochenen Verkehrskreisen keine genaue Kenntnis des Rundfunkgesetzes und der zum Aufgabenbereich des Klägers vertretenen Rechtsansichten unterstellt werden könne. Da die Bezeichnung "Österreich-Bild" für eine Fernsehsendung des Klägers bereits lange vor der Registrierung der Marke des Beklagten Verkehrsgeltung gehabt habe, könne dieser nach § 9 UWG auf Unterlassung in Anspruch genommen werden.

Die Voraussetzungen für eine vorbeugende Unterlassungsklage lägen vor, weil aus dem Verhalten des Beklagten, der sich zum Gebrauch der Marke für berechtigt halte, und seiner Äußerung, er habe sie "noch nicht" verwendet, auf eine unmittelbar bevorstehende Benützung der Marke geschlossen werden müsse. Sein Hinweis auf die Registrierbarkeit einer Vorratsmarke sei nur allgemeiner Natur; er enthalte keine Tatsachenbehauptung, daß er die Bezeichnung "Österreich-Bild" (nur) als Vorratsmarke habe registrieren lassen. Berechtigt sei jedoch der Einwand des Beklagten, daß das Unterlassungsgebot auf Österreich zu beschränken sei. Der Schutz eines nicht registrierten Zeichens sei örtlich auf das Gebiet beschränkt, in dem das Zeichen als Unternehmenskennzeichen angesehen werde; daß die Bezeichnung "Österreich-Bild" auch außerhalb des Bundesgebietes mit dem Kläger in Verbindung gebracht würde, sei nicht behauptet worden.

Gegen diesen Beschluß richtet sich der Revisionsrekurs des Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß der Beschluß des Erstrichters wiederhergestellt werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Kläger beantragte, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist berechtigt.

Die Rechtsmeinung des Klägers, daß sich die Frage nach den Voraussetzungen einer vorbeugenden Unterlassungsklage im vorliegenden Fall nicht stelle, weil schon die Anmeldung der Marke eine Benützungshandlung sei, kann nicht geteilt werden. Weder durch die Anmeldung noch durch die Veröffentlichung der registrierten Marke im österreichischen Patent- und Markenanzeiger hat der Beklagte im geschäftlichen Verkehr Waren oder Dienstleistungen "unter dieser Marke angeboten, angekündigt oder in Verkehr gebracht", also das getan, was ihm nach dem Antrag des Klägers verboten werden soll. Von einem "kennzeichenmäßigen Gebrauch" dieser Marke im Sinne des § 13 MSchG durch den Beklagten kann keine Rede sein. Die vom Kläger zur Stützung seiner Ansicht angeführten Entscheidungen stehen dieser Annahme nicht entgegen: Nach ständiger Rechtsprechung genießt zwar die registrierte Marke den Schutz des § 9 UWG schon auf Grund ihrer Registrierung; einer Marke "bedient" sich der Berechtigte im Sinne des § 9 Abs 1 UWG schon dann, wenn er sie hat registrieren lassen; ob er die Marke auch tatsächlich "benützt", ist unerheblich (SZ 39/45; SZ 40/129; ÖBl. 1971, 110 u. a.). Diese Entscheidungen unterscheiden demnach auf der Seite des Berechtigten zwischen der bloßen Markenregistrierung, die den Schutz des § 9 UWG gewährt, und der tatsächlichen Benützung der Marke; nur letztere ist aber nach dem Wortlaut des § 9 Abs 1 UWG ("wer ... in einer Weise benützt, ...") maßgebend, wenn es um die Verletzung fremder Zeichenrechte geht. Die Fälle, in denen ein Unternehmer in einem Schreiben Leistungen unter Bezugnahme auf eine Marke ankündigt (vgl. ÖBl. 1985, 46) oder seine Marke in einem Inserat verwendet (vgl. ÖBl. 1959, 11), gehen über eine bloße Markenregistrierung weit hinaus.

Hat der Beklagte demnach die Marke "Österreich-Bild" bisher noch nicht im geschäftlichen Verkehr "benützt", so käme hier nur eine vorbeugende Unterlassungsklage in Frage. Dem Beklagten ist aber darin zuzustimmen, daß die Voraussetzungen dafür fehlen:

Nach ständiger Rechtsprechung (ÖBl. 1976, 67; ÖBl. 1978, 102;

SZ 53/147 u.a.) und Lehre (Hohenecker-Friedl, 85;

Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht15 Rz 260 EinlUWG; Schönherr, Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht, Grundriß Rz 505;

Koppensteiner, Wettbewerbsrecht2, 271) können im Einzelfall auch schon bloße Vorbereitungshandlungen eines Mitbewerbers einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch rechtfertigen, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die konkrete Besorgnis einer unmittelbar bevorstehenden Rechtsverletzung begründet ist. Aus der Anmeldung der Marke ergibt sich aber weder, welchen konkreten kennzeichenmäßigen Gebrauch der Beklagte vorhat, noch, daß eine solche Benützung unmittelbar bevorstünde. § 33 a MSchG geht vielmehr vom Prinzip des "aufgeschobenen Gebrauchszwanges aus" und sieht demnach auch die Möglichkeit vor, daß eine registrierte Marke - zumindest durch längere Zeit - nicht benützt wird: Nach § 33 a Abs 1 MSchG kann die Löschung einer seit mindestens 5 Jahren registrierten Marke begehrt werden, soweit diese innerhalb der letzten 5 Jahre vor Überreichung des Löschungsantrages im Inland weder vom Markeninhaber noch mit dessen Zustimmung von einem Dritten in angemessenem Umfang kennzeichenmäßig (§ 13 MSchG) gebraucht wurde, es sei denn, daß der Markeninhaber den Nichtgebrauch rechtfertigen kann. Danach ist es nicht nur möglich, daß jemand eine Marke für sich registrieren läßt, obwohl er diese erst in weiterer Zukunft tatsächlich zu benützen plant (Vorratsmarke); die Anmeldung der Marke für sich allein läßt nicht einmal den Schluß zu, daß eine künftige Verwendung überhaupt beabsichtigt ist (Defensivmarke).

Aus der Mitteilung des Beklagten vom 14. Juni 1987, daß er von der Wortmarke "ohnehin noch keinen Gebrauch gemacht" habe, geht nicht hervor, daß er die Marke in unmittelbarer Zukunft verwenden wolle; andere konkrete Tatsachen, aus denen sich dies folgern ließe, hat der Kläger nicht behauptet.

Fehlt es sohin an den Voraussetzungen einer vorbeugenden Unterlassungsklage, dann bedarf es keiner Untersuchung der Frage, ob der Kläger seinen Anspruch auch auf § 1 UWG stützen könnte. Dem Revisionsrekurs des Beklagten war daher Folge zu geben und der Beschluß des Erstrichters wiederherzustellen.

Der Ausspruch über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gründet sich auf die §§ 78, 402 Abs 2 EO iVm §§ 41, 50 und 52 ZPO. Da die - keinen Gegenstand des Revisionsrekursverfahrens bildende - Teilbestätigung durch das Gericht zweiter Instanz nur einen ganz geringfügigen Teil des Streitgegenstandes betroffen hat, waren die Kosten auf der Bemessungsgrundlage von 450.000 S zu bestimmen (vgl. § 43 Abs 2 ZPO).

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte