OGH 14Os90/88

OGH14Os90/8822.6.1988

Der Oberste Gerichtshof hat am 22.Juni 1988 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak, Dr. Lachner, Dr. Massauer und Dr. Rzeszut als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Hanglberger als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Erich T*** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 ff StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Kreisgerichtes Wels als Schöffengericht vom 8.April 1988, GZ 12 Vr 2026/86-82, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Gemäß § 285 i StPO werden die Akten zur Entscheidung über die Berufungen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des (bisherigen) Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem oben näher bezeichneten Urteil wurde der 33jährige Erich T*** (zu A) des Vergehens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2, 15 Abs. 1 StGB, (zu B) des Vergehens des Gebrauchs fremder Ausweise nach § 231 Abs. 1 StGB, (zu C) des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 1, 130, erster und vierter Fall, StGB, (zu D) des Vergehens der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs. 1 StGB, (zu E) des Vergehens der Veruntreuung nach § 133 Abs. 1 StGB, (zu F) des Vergehens der Urkundenfälschung nach § 223 Abs. 2 StGB und (zu G) des Vergehens der dauernden Sachentziehung nach § 135 Abs. 1 StGB schuldig erkannt.

Rechtliche Beurteilung

Die vom Angeklagten gegen die Urteilsfakten A 1 und 2, B und F aus den Z 8, 9 lit a, 9 lit b, 9 lit c und 11, gegen die Annahme der gewerbsmäßigen Diebstahlsbegehung aus der Z 10 und gegen die Strafbemessung aus der Z 11 des § 281 Abs. 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde ist zum Teil offenbar unbegründet, zum Teil entbehrt sie einer prozeßordnungsgemäßen Darstellung. Letzteres gilt zunächst in Ansehung der Beschwerdebehauptung, der Angeklagte hätte wegen der von ihm im Jahre 1986 in der Schweiz begangenen Straftaten (die Gegenstand des Urteiles des Amtsgerichtes Niedau vom 12.Dezember 1986 gewesen waren und die dem Gerichte und der Staatsanwaltschaft bekannt gewesen seien, als er am 3.April 1987 vom Kreisgericht Wels zu 12 Vr 933/86 verurteilt wurde) nicht neuerlich schuldig gesprochen werden dürfen, weil im genannten Vorverfahren weder ein Verfolgungsvorbehalt der Staatsanwaltschaft Linz noch eine sonstige einschlägige Erklärung dieser Behörde stattgefunden habe, womit das Verfolgungsrecht des österreichischen Anklägers erloschen sei. Diesen Behauptungen genügt es zu erwidern, daß sie die aktenkundigen Anträge der Staatsanwaltschaft Wels vom 27. November 1986 (vgl S 1 f des Antrags- und Verfügungsbogens) mit Stillschweigen übergehen, wonach mit Bezug auf die fraglichen Auslandstaten Einbeziehung gemäß § 56 StPO, gleichzeitig aber zur Vermeidung von Verfahrensverzögerungen sofortige Wiederausscheidung gemäß § 57 StPO, Anlegung eines neuen Aktes und unter anderem verantwortliche Abhörung des Angeklagten beantragt worden war. Wenn der Beschwerdeführer - in diesem Zusammenhang ersichtlich die Z 11 des § 281 Abs. 1 StPO relevierend - meint, bezüglich jener Fakten, die vor der Fällung des Urteils des Kreisgerichtes Wels vom 3. April 1987 gesetzt wurden, hätte nunmehr lediglich "eine Zusatzstrafe nach § 31 StGB" verhängt werden dürfen, verkennt er die Natur dieser Bestimmung. Denn darnach kommt eine Bedachtnahme auf ein Vorurteil nur dann in Betracht, wenn sämtliche zur Aburteilung gelangende Taten vor der Fällung des früheren Urteils begangen wurden, nicht aber dann, wenn - wie hier - auch Taten vorliegen, die nach dem Vorurteil gesetzt wurden (Fakten C und E mit Begehungszeiten im Juni und Juli 1987).

Nicht vom festgestellten Sachverhalt ausgehend und damit nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt, ist die Rechtsrüge (Z 9 lit a) zum Faktum F. Denn wenn der Rechtsmittelwerber insoweit behauptet, er habe die Unterschrift des Eigentümers des Mopeds, Mag.N***, auf dem Kaufvertrag nicht mit dem Vorsatz gefälscht, die Urkunde im Rechtsverkehr zum Beweis eines (tatsächlich nicht stattgefundenen) Verkaufs zu gebrauchen, läßt er die konträre tatrichterliche Konstatierung außer Betracht (vgl US 16), wonach er die Urkundenfälschung beging, weil er wußte, daß N*** das Moped nicht verkaufen wollte, und daß er sodann den Kaufvertrag (mit gefälschter Unterschrift) der Versicherung zur polizeilichen Anmeldung übermittelte.

Die schöffengerichtliche Annahme, er habe die ihm zur Last gelegten Diebstähle in gewerbsmäßiger Absicht begangen, bekämpft der Angeklagte nominell unter der Z 10, der Sache nach aber auch unter der Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO. Unter beiden Aspekten ermangelt der Beschwerde jedoch einer prozeßordnungsgemäßen Darstellung. Der Mängelrüge ist einerseits zu erwidern, daß sie eine wesentliche Urteilsprämisse für die fragliche Qualifikation (vgl US 18), nämlich die einschlägigen Vorverurteilungen, mit völligem Stillschweigen übergeht und andererseits zu entgegnen, daß die im Urteil angeführten Tatsachen (vgl abermals US 18) einen denkrichtigen Schluß darauf zulassen, der Angeklagte habe von vornherein die Absicht gehabt, sich durch die wiederkehrende Begehung von Einbruchsdiebstählen eine Einkommensquelle zu erschließen. Damit erweist sich aber die gesamte gegen diese Konstatierung gerichtete Beschwerdepolemik als im schöffengerichtlichen Verfahren (nach wie vor) unzulässige Bekämpfung der Beweiswürdigung, in welchem Zusammenhang die Beschwerde der Vollständigkeit halber darauf hinzuweisen ist, daß der sogenannte Zweifelsgrundsatz das Gericht keineswegs verpflichtet, sich bei mehreren möglichen Auslegungsvarianten die für den Angeklagten günstigste zu eigen zu machen (vgl Mayerhofer-Rieder StPO2 § 258 Nr 42 ff). Angesichts der festgestellten Absicht, von der der Angeklagte bei der Begehung der Diebstähle erfüllt war, erübrigen sich weitere Ausführungen zu der diesen Punkt betreffenden Rechtsrüge, weil sie sich in unzulässiger Weise über diese Annahmen tatsächlicher Natur hinwegsetzt.

Als offenbar unbegründet erweisen sich schließlich die unter der Z 11 gemachten Beschwerdeausführungen. Da der Betrugsschaden rund 102.000 S und der Wert der Diebsbeute rund 150.000 S ausmachte, bleibt im Dunkeln, weshalb es Nichtigkeit bewirken soll, daß das Schöffengericht den 25.000 S erheblich übersteigenden Schaden als erschwerend wertete. Im übrigen bietet das Urteil keinerlei Anhaltspunkte dafür, daß Betrugs- und Diebstahlsschaden entgegen der Vorschrift des § 29 StGB zusammengerechnet worden seien. Unerfindlich bleibt auch, weshalb der Wert des gestohlenen Personenkraftwagens dem sonstigen Schaden "nicht so uneingeschränkt" zugeschlagen werden dürfe, "weil sich das entsprechende Faktum doch sehr dem § 136 StGB nähere". Denn wenn diese Verfehlung als Diebstahl qualifiziert wurde, mußte gemäß § 29 StGB der Schaden mit dem der übrigen Diebstahlsfakten zusammengerechnet werden. Schließlich bewirkt es ganz offensichtlich keine Nichtigkeit nach dem zweiten oder dritten Anwendungsfall der Z 11 des § 281 Abs. 1 StPO, wenn dem Angeklagten nicht als mildernd zugute gehalten wurde, daß er es unterließ, Verwüstungen anzurichten, die Auslage des Waffengeschäftes auszuräumen und im Faktum Euro-Scheck nicht den Maximalbetrag zu beheben.

Nach dem Gesagten war mithin die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten teils als offenbar unbegründet nach § 285 d Abs. 1 Z 2 StPO, teils als nicht gesetzmäßig ausgeführt nach der Z 1 dieser Gesetzesstelle in Verbindung mit § 285 a Z 2 StPO bereits bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen.

Die übrigen Entscheidungen fußen auf den bezogenen Gesetzesstellen.

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