OGH 9ObA133/88

OGH9ObA133/8815.6.1988

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith und Dr. Maier sowie durch die fachkundigen Laienrichter Dr. Friedrich Stefan und Leo Samwald als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Otto S***, Angestellter, Mistelbach, Pater Helde-Straße 4, vertreten durch Dr. Christian Gassauer-Fleissner, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Walter H***, Wirtschaftstreuhänder und Steuerberater, Mistelbach, Bahnstraße 26, vertreten durch Dr. Kurt Spätauf, Rechtsanwalt in Mistelbach, wegen S 214.569,-

brutto sA (Revisionsstreitwert S 30.795,- brutto sA), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 25. Jänner 1988, GZ 32 Ra 124/87-17, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Kreisgerichtes Korneuburg als Arbeits- und Sozialgerichtes vom 6. Juli 1987, GZ 17 Cga 10/87-12, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Aus Anlaß der Revision der beklagten Partei wird das angefochtene Urteil, soweit es die Entscheidung des Erstgerichtes im Zuspruch eines Betrages von S 30.795,- brutto sA bestätigte, als nichtig aufgehoben und die Berufung der beklagten Partei in diesem Umfang zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Text

Begründung

Mit Urteil vom 6. Juli 1987 gab das Erstgericht dem auf Zahlung von Entgeltansprüchen, Urlaubsentschädigung, Urlaubsabfindung und Abfertigung gerichteten Klagebegehren in Höhe von insgesamt S 214.569,- sA zur Gänze statt. Das Urteil wurde dem Vertreter des Beklagten am 3. August 1987 zugestellt. Der Beklagte bekämpfte dieses Urteil mit der am 2. September 1987 beim Erstgericht eingelangten und am 1. September 1987 zur Post gegebenen (Vermerk laut § 108 Abs3 Geo) Berufung insoweit, als dem Kläger ein Betrag von S 58.095,- sA zugsprochen wurde.

Das Berufungsgericht gab der Berufung nicht Folge. In seiner Revision begehrt der Beklagte die Abänderung der angefochtenen Entscheidung dahin, daß das Klagebegehren in Höhe von S 30.795,- sA abgewiesen werde. Der Kläger beantragte in seiner Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben. Aus Anlaß der Revision ist eine dem Berufungsgericht unterlaufene Nichtigkeit (§§ 411 Abs2, 477 ZPO) wahrzunehmen.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß den §§ 464 Abs1 und 465 Abs1 ZPO wird die Berufung durch Überreichung eines Schriftsatzes innerhalb einer Notfrist von 4 Wochen beim Prozeßgericht erster Instanz erhoben (Kuderna ASGG § 61 Erl. 3). Da die Bestimmungen über die Gerichtsferien im arbeits- und sozialgerichtlichen Verfahren nicht anzuwenden sind (§ 39 Abs4 ASGG), endete die Berufungsfrist am 31. August 1987 (RZ 1985/5 ua). Die erst am 1. September 1987 zur Post gegebene Berufung des Beklagten wurde sohin verspätet erhoben und hätte vom Berufungsgericht zurückgewiesen werden müssen (§§ 471 Z 2, 474 Abs2 ZPO).

Die sachliche Erledigung einer verspäteten Berufung begründet Nichtigkeit (Fasching, Kommentar IV 302; ZPR Rz 1538 f; SZ 41/113; ÖBl 1980, 136; Arb. 9.258), deren Vorliegen im Rahmen einer rechtzeitigen und zulässigen Revision von Amts wegen wahrzunehmen ist, soweit nicht bereits durch Unterlassung der Erhebung eines Rechtsmittels Teilrechtskraft eingetreten ist (JBl 1985, 630 mwH). Letzteres ist hinsichtlich eines Zuspruches an den Kläger in Höhe von S 183.774,- sA der Fall. Soweit aber in der Revision noch ein restliches Klagebegehren von S 30.795,- sA bekämpft wird, ist das Urteil des Berufungsgerichtes in diesem Umfang als nichtig aufzuheben und die verspätete Berufung des Beklagten zurückzuweisen. Da die Formalentscheidung im Ergebnis der Sachentscheidung des Berufungsgerichtes entspricht, ist eine Änderung der Kostenentscheidung der zweiten Instanz nicht erforderlich (§ 51 Abs1 ZPO). Der Kläger erzielte im Revisionsverfahren nur einen Formalerfolg; weder er noch der Beklagte erkannten das Vorliegen eines Nichtigkeitsgrundes. Die Kosten des Revisionsverfahrens sind daher gegeneinander aufzuheben (§ 43 Abs1 ZPO).

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