Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben und die Rechtssache zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Die Kosten der Revision sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Das Erstgericht wies das Begehren des am 18. April 1921 geborenen Klägers auf Gewährung eines Hilflosenzuschusses ab. Es stellte fest, daß der Kläger in der Lage ist, die lebensnotwendigen Funktionen ohne fremde Hilfe auszuführen, leichte Hausarbeiten zu verrichten, kleine Wäsche zu waschen, Betten zu machen, den Ofen zu warten und einfache Mahlzeiten regelmäßig selbst zuzubereiten. Beim Einkauf und bei der Überquerung von Straßen und Plätzen bedarf er einer Begleitperson, das Tragen auch nur kleiner Lasten kann ihm nicht zugemutet werden. Der Kläger bedürfe daher nicht ständiger Wartung und Hilfe.
Das Berufungsgericht gab der wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobenen Berufung keine Folge. Hilflosigkeit liege dann vor, wenn der Rentner oder Pensionist nicht in der Lage sei, auch nur einzelne dauernd wiederkehrende lebensnotwendige Verrichtungen selbst auszuführen. Ein Bedürfnis nach ständiger Wartung und Hilfe könne aber nur dann angenommen werden, wenn die für die notwendigen Dienstleistungen nach dem Lebenskreis des Rentners oder Pensionisten üblicherweise aufzuwendenden Kosten im Monatsdurchschnitt mindestens so hoch seien wie der begehrte Hilflosenzuschuß. Daß der Kläger für eine Begleitperson beim Einkaufen und Überqueren von Straßen und Plätzen sowie zum Tragen auch nur kleinerer Lasten auch nur annähernd S 2.840,-- - so hoch sei der Monatsdurchschnitt des Mindesthilflosenzuschusses - aufwenden müßte, sei auszuschließen. Hilflosigkeit liege daher nicht vor.
In seiner wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobenen Revision begehrt der Kläger, dieses Urteil im Sinne einer Stattgebung abzuändern und stellt hilfsweise einen Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag.
Die beklagte Partei hat keine Revisionsbeantwortung erstattet.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist im Sinne des Aufhebungsantrages berechtigt. Die Ausführungen des Berufungsgerichtes zur ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage der Hilflosigkeit sind zutreffend (§ 48 ASGG), aber nicht vollständig. Denn bei Beurteilung der Frage, ob es sich um notwendige Dienstleistungen nach dem Lebenskreis des Rentners oder Pensionisten handelt, müssen die dem Hilfsbedürftigen tatsächlich zur Verfügung stehenden Hilfsmittel berücksichtigt werden (JBl. 1988, 64 ua). Dies bedeutet aber, daß die persönlichen Lebensumstände und damit auch das Fehlen sonst allgemein üblicher Hilfsmittel, wenn deren Anschaffung aus finanziellen oder örtlichen Gegebenheiten nicht zumutbar ist, in die Beurteilung einbezogen werden müssen. Der Kläger hat schon in der Klage vorgebracht, daß es in seinem Haus kein Fließwasser gebe, die nächste Wasserstelle ca. 80 bis 100 m vom Haus entfernt sei und er, da er mit festen Brennstoffen heize, auch das erforderliche Brennmaterial von der Lagerstelle nicht zum Ofen schaffen könne und auch in der Berufung auf diese - nicht festgestellten - Umstände im Zusammenhang mit der Feststellung, daß ihm das Tragen auch nur kleiner Lasten nicht mehr möglich sei, ausdrücklich hingewiesen.
Um abschließend beurteilen zu können, in welchem Ausmaß der Kläger auf fremde Hilfe angwiesen ist, werden daher ergänzende Feststellungen über die Wohnverhältnisse des Klägers während des gesamten Jahres - Lage und Ausstattung seines Hauses einschließlich Beheizungs- und Wasserentnahmemöglichkeit - zu treffen sein. Danach wird allenfalls eine Ergänzung der medizinischen Beurteilung erforderlich sein, ob und inwieweit der Kläger wegen seiner Einschränkung beim Tragen von Lasten noch in der Lage ist, selbst für ausreichende lebensnotwendige Versorgung mit Wasser und Heizmaterial zu sorgen. Erst dann kann abschließend abgeschätzt werden wie hoch die durchschnittlichen monatlichen Kosten für die Inanspruchnahme fremder Hilfe in allen lebensnotwendigen Bereichen sind.
Es war daher in Stattgebung der Revision wie im Spruch zu entscheiden.
Die Entscheidung über den Vorbehalt der Revisionskosten beruht auf § 77 Abs 1 Z 1 ASGG iVm § 52 ZPO.
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