OGH 9ObA120/88

OGH9ObA120/881.6.1988

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith und Dr. Maier sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Richard Bauer und Franz Erwin Niemitz als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Sieglinde S***, Angestellte, Anif, Neu-Anif 53, vertreten durch Dr. Karl Wampl, Rechtsanwalt in Oberndorf, wider die beklagte Partei Gerd L***, Steuerberater, Salzburg, Wolf-Dietrich-Straße 10, vertreten durch Dr. Wilfried Haslauer, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen S 137.200,-- brutto sA, infolge Revision und Rekurses der beklagten Partei gegen das Teilurteil und den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 2. Februar 1988, GZ 13 Ra 1089/87-15, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Arbeits- und Sozialgerichtes vom 8. Mai 1987, GZ 39 Cga 19/87-9, zum Teil bestätigt und zum Teil aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt und beschlossen:

 

Spruch:

Weder der Revision noch dem Rekurs wird Folge gegeben. Die Kosten des Revisions- und Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Die geltend gemachten Revisionsgründe der Mangelhaftigkeit und Aktenwidrigkeit liegen nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO). Im übrigen ist die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes zutreffend. Es reicht daher aus, auf die Richtigkeit der Begründung der angefochtenen Entscheidung hinzuweisen (§ 48 ASGG). Ergänzend ist auszuführen, daß das Gericht alle vom Arbeitnehmer im Prozeß zur Begründung seines Austritts genannten Umstände auf deren Tatbestandsmäßigkeit zu prüfen hat, ohne daß es an eine vom Arbeitnehmer etwa vorgenommene rechtliche Qualifikation gebunden wäre (vgl. zur Entlassung, Kuderna, Das Entlassungsrecht, 30 f; SZ 42/138; RdW 1986, 271). Dem Berufungsgericht ist daher insoferne beizupflichten, daß die Behauptungen der Klägerin, sie sei von seiten des Beklagten einem "Psychoterror" ausgesetzt gewesen, um sie zur Kündigung zu veranlassen, ihre Arbeit sei ständig grundlos beanstandet worden, sie sei fälschlich der Begehung von Dienstverfehlungen geziehen worden, man habe ihr privates Fehlverhalten vorgeworfen, sie fälschlich beschuldigt und sie sei falschen Unterstellungen ausgesetzt gewesen, auch den Vorwurf einer erheblichen Ehrverletzung im Sinne des § 26 Z 4 AngG beinhalten. Eine wörtliche Anführung der dazu gefallenen Äußerungen ist nicht erforderlich.

Nach den maßgeblichen Feststellungen steigerten sich die gegen die Klägerin ergriffenen Maßnahmen ab Anfang des Jahres 1986 von Vorwürfen auf die Entziehung des Telefons und die Abschließung eines der Zugänge zu ihrem Zimmer. Die Klägerin hielt dieses Verhalten des Beklagten für eine vorsätzliche Kränkung und für sachlich nicht gerechtfertigt. Es kam zu verstärkter Überwachung bzw. zu Eingriffen in ihre Tätigkeit, welche die Klägerin ebenfalls als herabsetzend empfand, da solche Eingriffe vorher nicht vorgenommen worden waren. Letztlich zitierte der Beklagte die Klägerin am 28. April 1986 zu sich und machte ihr im lauten Ton sachlich nicht gerechtfertigte Vorwürfe ("Oppermann"). Zu dieser Auseinandersetzung kam die Gattin des Beklagten, die der Klägerin im Rahmen des Betriebes ebenfalls Weisungen zu erteilen pflegte, hinzu und machte der Klägerin ebenfalls im lauten Ton Vorwürfe, was sie für eine Art habe und sich einbilde und erklärte schließlich: "Sie sind schon das Letzte."

Weder der anwesende Beklagte noch dessen Gattin nahm diese Äußerung zurück. Die Klägerin verließ das Büro, kam am nächsten Tag kurz zurück und erklärte schriftlich ihren vorzeitigen Austritt. Auf Grund dieses Sachverhalts ist dem Berufungsgericht beizupflichten, daß dieses Verhalten mit Rücksicht auf die Art des Betriebes und der gehobenen Stellung der Klägerin als eine erhebliche Ehrverletzung im Sinne des § 26 Z 4 AngG zu beurteilen ist, wobei es bloßer Formalismus gewesen wäre, vom ohnehin anwesenden und die Angriffe ganz offenbar billigenden Beklagten Abhilfe zu verlangen. Die in der Revision neu aufgestellte Behauptung, der Beklagte habe die in lautem Ton abgegebene Äußerung seiner Gattin nicht gehört, entspricht nicht den Feststellungen. Dadurch, daß die Klägerin nach Inanspruchnahme einer Rechtsberatung erst am nächsten Tag ihren Austritt erklärte, erfolgte ihr gerechtfertigter Austritt entgegen der Ansicht des Revisionswerbers keineswegs verspätet. Die Haftung des Beklagten für die geltend gemachten Ansprüche auf Abfertigung und Kündigungsentschädigung besteht schließlich schon deshalb, weil er unbestritten Arbeitgeber der Klägerin war und die Vorinstanzen seine Behauptung, die Klägerin sei bei einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (vgl. Kuderna ASGG § 51 Erl. 1), bestehend aus ihm und seiner Gattin angestellt gewesen, nicht für erwiesen hielten.

Soweit das Erstgericht implicite auch die compensando eingewendete Gegenforderung als nicht zu Recht bestehend erkannte, wurde dies weder im Berufungsverfahren noch im Revisionsverfahren gerügt.

Die Kostenentscheidung ist im § 52 ZPO begründet.

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