OGH 4Ob27/88

OGH4Ob27/8831.5.1988

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith, Dr. Kodek, Dr. Niederreiter und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S*** G*** U*** W***, Wien 4., Schwarzenbergplatz 14, vertreten durch Dr. Walter Prunbauer, Dr. Friedrich Prunbauer und Dr. Marcella Prunbauer, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei S***-D*** Betriebsberatungs- und Vermögensberatungs- Gesellschaft mbH, Graz, Hans-Sachs-Gasse 4, vertreten durch Dr. Ulrich Daghofer, Rechtsanwalt in Graz, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert S 220.000), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 26. Jänner 1988, GZ 6 R 246/87-58, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Graz vom 27. April 1987, GZ 19 Cg 305/84-47, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung

1. den

B e s c h l u ß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Antrag der beklagten Partei, der Oberste Gerichtshof möge beim Verfassungsgerichtshof den Antrag auf Aufhebung des Ladenschlußgesetzes und der darauf beruhenden Ladenschlußzeitenverordnungen stellen, wird zurückgewiesen.

2. zu Recht erkannt:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 7.928,25 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 720,75 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Beklagte ist Inhaberin verschiedener Gewerbeberechtigungen, darunter jener der Gold- und Silberschmiede und Juweliere sowie des Antiquitäten- und Kunstgegenständehandels. Sie veranstaltete am 31. März und 1. April 1984 (Samstag und Sonntag) im Hotel Europa in Innsbruck, am 5. und 6. Mai 1984 (Samstag und Sonntag) im Hotel Schillerpark in Linz, am 1., 2. und 3. Juni 1984 (Freitag bis Sonntag) im Hotel Bristol in Wien und am 27., 28. und 29. Juli 1984 (gleichfalls Freitag bis Sonntag) im Kurhaus Seeburg in Pörtschach am Wörthersee jeweils Verkaufsausstellungen unter dem Titel "Österreichisches Silber (Biedermeier bis Jugendstil)". Für jede Veranstaltung gab es gedruckte Einladungen. Die Veranstaltung in Linz wurde in den "Oberösterreichischen Nachrichten", jene in Wien in der Zeitung "Die Presse" und jene in Pörtschach in den Zeitungen "Die Presse", "Kurier" und "Kleine Zeitung (Ausgabe für Kärnten)" veröffentlicht. Die Innsbrucker Veranstaltung wurde in den Einladungen als "Ausstellung", die Veranstaltungen in Linz, Wien und Pörtschach wurden als "Verkaufsausstellungen" bezeichnet; alle Veranstaltungen waren tatsächlich Verkaufsausstellungen. Die Werbeankündigungen enthielten jeweils folgenden Hinweis:

"Ca. 1300 Einzelstücke wie Tee- und Kaffeeservice, Kerzenleuchter, Tabletts, Zuckerdosen, komplette Tafelbestecke, Schalen, Kannen, Aufsätze, Ziergegenstände und dergleichen. Mehrere tausend Einzelbesteckteile, bitte bringen Sie Muster Ihres Bestecks, wenn Sie fehlende Teile ergänzen wollen". Die Bezeichnung "Verkaufsausstellung" wurde gewählt, damit das Publikum wußte, daß die Gegenstände auch zu erwerben waren, und nicht der irrigen Meinung war, es handle sich um museale Ausstellungen.

Alle Veranstaltungen wurden, wie angekündigt, an den Freitagen jeweils von 15.00 Uhr bis 21.00 Uhr, an den Samstagen von 8.00 Uhr bis 20.00 Uhr und an den Sonntagen von 9.00 Uhr bis 20.00 Uhr abgehalten. An der von Sabine S***, Kauffrau, Graz, Hans-Sachs-Gasse 4, am 8. März 1985 (Freitag) von 15.00 Uhr bis 18.00 Uhr, am 9. März 1985 (Samstag) von 9.00 Uhr bis 18.00 Uhr und am 10. März 1985 (Sonntag) von 9.00 Uhr bis 16.00 Uhr im Warmbad Villach veranstalteten Verkaufsausstellung mit der Bezeichnung "Silber der österreichisch-ungarischen k.u.k. Monarchie" nahm die Beklagte als Ausstellerin teil. An den aufgezählten Verkaufsausstellungen der Beklagten in Innsbruck, Linz, Wien und Pörtschach beteiligten sich auch 6 andere Händler mit österreichischen Silbergegenständen; diese Händler waren nicht in der Lage, die Ausstellungen für sich zu organisieren. Ihre Teilnahme war aber für das Publikum nicht erkennbar.

Bei allen Ausstellungen waren die Preise der Waren angeschrieben. Sämtliche ausgestellten Waren konnten käuflich erworben werden.

Unter Berufung auf die Bestimmungen des Sonn- und Feiertags-Betriebszeitengesetzes BGBl. 1984/129 (BZG), des Arbeitsruhegesetzes BGBl. 1983/144 (ARG), des Ladenschlußgesetzes BGBl. 1958/156 und der dazu erlassenen Verordnungen begehrt der klagende Schutzverband, die Beklagte schuldig zu erkennen, es im geschäftlichen Verkehr beim Handel mit Waren, insbesondere beim Handel mit, auch österreichischen, Silberwaren zu unterlassen,

a) für und an Werktagen ihre dem Verkauf gewidmeten Einrichtungen, auch in Form kurzfristiger Verkaufsveranstaltungen in gemieteten Sälen, "zu Zeiträumen nach Ende der für Werktage nach dem Ladenschlußgesetz und den örtlich gültigen Ladenschlußverordnungen bestimmten Uhrzeiten",

b) für und an Samstagen ihre dem Verkauf gewidmeten Einrichtungen, auch in Form von für kurzfristige Verkaufsveranstaltungen gemieteten Sälen, für Zeiten nach der gebotenen Mittagssperre von 13.00 Uhr, und

c) für und an Sonn- und Feiertagen ohne besondere Genehmigung des jeweils zuständigen Landeshauptmannes Betriebsstätten, das Offenhalten für den Verkauf gewidmeten Einrichtungen, bzw. Betriebsstätten anzukündigen und/oder während der gebotenen Ladenschlußzeiten offenzuhalten.

Außerdem begehrt der Kläger die Ermächtigung zur Veröffentlichung des Urteilsspruches in Samstagausgaben der Zeitungen "Kurier", "Kronen Zeitung", "Presse" und "Kleine Zeitung". Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Bei den Ausstellungen habe es sich um messeähnliche Veranstaltungen gehandelt, an denen neben ihr noch 6 weitere Händler teilgenommen hätten. "Außerhalb der Ladenschlußzeiten" seien keine Gegenstände verkauft worden. Ein Verstoß gegen das Arbeitsruhegesetz liege nicht vor, weil die bei den Veranstaltungen beschäftigten Personen nur im Werkvertrag tätig gewesen seien. Im übrigen seien die Bestimmungen über Ladenschluß- und Arbeitsruhezeiten auf Ausstellungen, die in einer Hotelhalle durchgeführt und daher in den gewerblichen Betrieb der Hotels inkorporiert würden, nicht anzuwenden. Für das Begehren auf Urteilsveröffentlichung in der "Kronen Zeitung", in der es keine Werbung für die Ausstellungen der Beklagten gegeben habe, fehle jedes Interesse des Klägers (ON 8). Im Kunst- und Antiquitätenhandel bestehe ein Handelsbrauch, wonach das Ladenschlußgesetz und die einschlägigen Verordnungen, das Arbeitsruhegesetz und das Sonn- und Feiertagsbetriebszeitengesetz nicht gälten (ON 17). Der Erstrichter erkannte die Beklagte schuldig, im geschäftlichen Verkehr beim Handel mit Waren, insbesondere beim Handel mit, auch österreichischen, Silberwaren, es zu unterlassen, ohne Bewilligung des zuständigen Landeshauptmanns

1.1. das Offenhalten der für den Kleinverkauf von Waren bestimmten Betriebseinrichtungen (Läden und sonstigen Verkaufsstellen) auch in Form kurzfristiger Verkaufsveranstaltungen in gemieteten Sälen für Zeiträume, die nach dem Ladenschlußgesetz und den örtlich gültigen Ladenschlußverordnungen in die Ladenschlußzeiten fallen, und/oder für Sonn- und Feiertage anzukündigen und/oder 1.2. die für den Kleinverkauf von Waren bestimmten Betriebseinrichtungen (Läden und sonstige Verkaufsstellen) auch in Form kurzfristiger Verkaufsveranstaltungen in gemieteten Sälen in Zeiträumen, die nach dem Ladenschlußgesetz und den örtlich gültigen Ladenschlußverordnungen in die Ladenschlußzeiten fallen und/oder an Sonn- und Feiertagen offenzuhalten.

Dem Kläger wurde die Ermächtigung erteilt, den stattgebenden Urteilsspruch in Samstagausgaben der Zeitungen "Kurier", "Die Presse" und "Kleine Zeitung (Ausgabe für Kärnten)" veröffentlichen zu lassen; das Mehrbegehren auf Veröffentlichung auch in der "Kronen Zeitung" und in der "Kleinen Zeitung" (Graz) wurde abgewiesen. Zusätzlich zu dem eingangs wiedergegebenen Sachverhalt stellte der Erstrichter fest, daß bei der Ausstellung im Warmbad Villach am Samstag, dem 9. März 1985, um 14.30 Uhr Wilhelm M*** eine Puderdose gekauft habe. Das Interesse des Publikums sei groß gewesen, doch habe es relativ wenig Kaufabschlüsse gegeben, weil es dem Publikum an Geld gemangelt habe. Der von der Beklagten behauptete Handelsbrauch bestehe nicht.

Rechtlich meinte der Erstrichter, mangels einer "Vielzahl" und einer "großen Zahl" von Ausstellern im Sinne des § 17 Abs 3 und 5 ARG und einer von der Beklagten unabhängigen Organisation seien die Verkaufsausstellungen nicht als messeähnliche Veranstaltungen im Sinne des § 17 ARG zu werten. Die Beklagte habe durch die Abhaltung dieser Verkaufsausstellungen gegen das Sonn- und Feiertagsbetriebszeitengesetz, das Ladenschlußgesetz und die Ladenschlußverordnungen verstoßen und damit wettbewerbswidrig gehandelt. Da sie ihren Wettbewerbsverstoß durch Einschaltung der Einladungen in den Zeitungen "Presse", "Kurier" und "Kleine Zeitung (Kärntner Ausgabe)" einem größeren Personenkreis bekannt gemacht habe, sei die Veröffentlichung nur in diesen Medien berechtigt, nicht aber auch in der "Neuen Kronen Zeitung".

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 300.000 übersteige. Es übernahm die Feststellungen des Erstrichters mit Ausnahme jener, daß innerhalb der Sperrzeiten des Ladenschlußgesetzes und der Ladenschlußverordnungen Verkäufe getätigt worden seien, als das Ergebnis eines mängelfreien Verfahrens und einer unbedenklichen Beweiswürdigung und billigte auch seine rechtliche Beurteilung. Veranstaltungen, deren Zweck es zumindest zu einem erheblichen Teil sei, Waren an Endverbraucher abzusetzen, und bei denen nicht überwiegend nach Muster, sondern durch Ausstellung der verkaufsfähigen Produkte geworben und verkauft werde, seien keine Messen im Sinne des § 17 Abs 3 ARG. Von einer messeähnlichen Veranstaltung (§ 17 Abs 4 ARG) könne nur gesprochen werden, wenn der Informationszweck gegenüber der Absicht des Warenvertriebes überwiege; schon die Gleichwertigkeit beider Ziele schließe die Annahme einer messeähnlichen Veranstaltung aus. Als Messen oder messeähnliche Veranstaltungen gälten Werbe- und Verkaufsveranstaltungen überdies nur dann, wenn infolge der großen Zahl der Aussteller und Besucher die Organisation der Durchführung nicht von den Ausstellern selbst bewältigt werden könne und die Veranstaltungen außerhalb jener Betriebsstätten durchgeführt würden, in denen der normale Geschäftsbetrieb der Aussteller stattfinde. All diese Voraussetzungen fehlten bei den Verkaufsausstellungen der Beklagten. Gerade die ausschließlich an Endverbraucher gerichtete Werbung zeige klar, daß nicht der Informationszweck im Vordergrund gestanden sei, sondern die Absicht des Warenvertriebes überwogen habe. Fehle es damit aber an der Qualifikation als Messe oder messeähnlicher Veranstaltung, dann böten § 17 Abs 1 ARG und § 2 Abs 1 Z. 1 lit a BZG keine Grundlage für die zulässige Ausübung der Gewebeordnung unterliegender Tätigkeiten an Sonn- und Feiertagen. Gegen diese Vorschriften habe die Beklagte durch die Abhaltung von Ausstellungen an Sonntagen verstoßen. Da nach § 1 Abs 2 LadenschlußG Einrichtungen und Veranstaltungen von Unternehmungen, die der Gewerbeordnung unterliegen, insbesondere auch Verkaufsausstellungen, als für den Kleinverkauf von Waren bestimmte Betriebseinrichtungen im Sinne des § 1 Abs 1 dieses Gesetzes gälten, bei denen Warenbestellungen im Kleinverkauf entgegengenommen werden, fänden auf sie das Ladenschlußgesetz und die darauf beruhenden Landesverordnungen Anwendung. Nach der Kärntner LadenschlußV vom 18. August 1983 LGBl. 50 idF der V vom 17. April 1984 LGBl. 23 seien die Verkaufsstellen an Werktagen von 18.30 Uhr bis 8.00 Uhr (§ 2 Abs 1) und an Samstagen ab 13.00 Uhr geschlossen zu halten. In der Zeit vom 1. Mai bis 30. September jeden Jahres seien unter anderem in der Gemeinde Pörtschach a.W. die Verkaufsstellen an Samstagen ab 18.00 Uhr und an den übrigen Werktagen ab 19.00 Uhr geschlossen zu halten. Das Offenhalten der Veranstaltung in Pörtschach am 27. Juli 1984 (Freitag) bis 21.00 Uhr und am 28. Juli 1984 (Samstag) bis 20.00 Uhr habe somit den Bestimmungen dieser Verordnung widersprochen. Dasgleiche gelte für die Veranstaltung im Warmbad Villach am Samstag, dem 9. März 1985, die - mangels einer gebietlichen Sonderregelung für diese Gemeinde - nach § 3 Abs 1 der Kärntner LadenschlußV um 13.00 Uhr zu schließen gewesen wäre. Die Frage, ob die Ladenschlußbestimmungen auf Messen oder messeähnlichen Veranstaltungen anzuwenden seien, müsse hier nicht geprüft werden, weil die Beklagte keine solche Veranstaltung abgehalten habe. Die Aussteller, die sich nicht an die gewerberechtlichen Vorschriften hielten, hätten damit gegenüber den gesetzestreuen Mitbewerbern einen Wettbewerbsvorteil erlangt; ihr Verhalten verstoße daher gegen § 1 UWG. Die Beklagte habe als Veranstalterin der Verkaufsausstellung in Pörtschach a.W. den Unternehmern, die sich daran beteiligten, das Offenhalten während der geltenden Ladenschlußzeiten und der Sonntagsruhe ermöglicht; sie habe damit zu Zwecken des Wettbewerbs gehandelt, weil dazu auch die - sich vor allem aus der Werbung der Beklagten ergebende - Absicht genüge, fremden Wettbewerb zu fördern. Auch die Beklagte habe daher, soweit sie nicht überhaupt selbst ausgestellt habe, einen Verstoß gegen § 1 UWG zu vertreten. Da schon die aufgezeigten Wettbewerbsverstöße den Unterlassungsausspruch des Erstrichters rechtfertigen, müsse auf die festgestellten Verkaufsveranstaltungen in Innsbruck, Linz und Wien nicht mehr näher eingegangen werden. Der Urteilsspruch des Erstrichters verstoße nicht gegen § 405 ZPO, sondern entspreche dem Begehren des Klägers.

Da die Beklagte ihre Gesetzesverletzung bis zuletzt verteidigt habe, sei auch die Wiederholungsgefahr anzunehmen.

Der Veröffentlichungsausspruch sei berechtigt, habe doch die Beklagte ihre Veranstaltungen in Kärnten in all jenen Zeitungen angekündigt, in denen das Urteil zu veröffentlichen sein werde. Gegen dieses Urteil wendet sich die Revision der Beklagten wegen Nichtigkeit, Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß die Klage abgewiesen werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Gleichzeitig stellt die Beklagte den Antrag, daß der Oberste Gerichtshof beim Verfassungsgerichtshof die Aufhebung des Ladenschlußgesetzes und der Ladenschlußverordnungen beantrage.

Der Kläger beantragt, der Revision nicht Folge zu

geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Vorweg ist festzuhalten, daß die Beklagte nicht zu dem Antrag befugt ist, der Oberste Gerichtshof wolle im Sinne des § 89 Abs 2 B-VG an den Verfassungsgerichtshof herantreten. Ein solcher Antrag ist deshalb zurückzuweisen, (ZVR 1983/18; 5 Ob 592/82). Der Oberste Gerichtshof hat allerdings von sich aus den Antrag auf Aufhebung eines Gesetzes zu stellen, wenn er gegen die Verfassungsmäßigkeit von ihm anzuwendender gesetzlicher Bestimmungen Bedenken hegt. Das trifft aber auf die Bestimmungen des Ladenschlußgesetzes und der Ladenschlußverordnungen, soweit sie hier anzuwenden sind, nicht zu: Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 1. Dezember 1987, G 132, 133/87-16, G 181/87-13, G 183/87-12, auf seine jüngere Judikatur verwiesen, nach der eine gesetzliche Regelung, die die Erwerbsfreiheit beschränkt, (nur) zulässig ist, wenn sie durch das öffentliche Interesse geboten, geeignet, zur Zielerreichung adäquat und auch sonst sachlich zu rechtfertigen ist. Die Ziele, denen die Ladenschlußregelungen dienen - die Bedachtnahme auf die Interessen der Verbraucher, die wettbewerbsordnende und die sozialpolitische Funktion - lägen an sich im öffentlichen Interesse. Es könne vernünftigerweise nicht bezweifelt werden, daß es ein an sich taugliches Mittel zur Erreichung der genannten Ziele sei, die zulässigen Offenhaltezeiten für Verkaufsstellen von Handelsbetrieben gesetzlich zu limitieren. Auch die Anordnung eines Sperrhalbtags sei zur Zielerreichung geeignet und sachlich gerechtfertigt. Ein solcher Eingriff sei aber dann nicht mehr adäquat, wenn die Bestimmung, an welchem Halbtag der Sperrverpflichtung nachzukommen sei, einem Verwaltungsorgan übertragen werde. Die - vom Verfassungsgerichtshof als verfassungswidrig aufgehobenen - Absätze 1 und 3 des § 3 des Ladenschlußgesetzes BGBl. 1958/156 sind aber im vorliegeden Verfahren nicht anzuwenden, hat doch die Beklagte dadurch gegen eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Vorschrift verstoßen, daß sie an Freitagen mehrmals bis 21.00 Uhr offengehalten hat

(§ 2 Abs 1 LSchlG). Darauf, ob die von der Beklagten übertretenen Vorschriften über die Sperre an Samstagnachmittagen verfassungsrechtlich bedenklich sind, kommt es hier nicht an, weil der von der zweiten Instanz bestätigte Spruch des Erstgerichtes nicht auf Werk- und Samstage abstellt, sondern ganz allgemein von Zeiträumen spricht, die nach dem Ladenschlußgesetz und den örtlich gültigen Ladenschlußverordnungen in die Ladenschlußzeiten fallen. Der Oberste Gerichtshof sieht sich daher nicht veranlaßt, einen Antrag nach Art. 89 Abs 2 B-VG zu stellen.

Mit ihren Ausführungen zu den Revisionsgründen der Nichtigkeit (§ 503 Abs 1 Z 1 ZPO) und der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens (§ 503 Abs 1 Z 2 ZPO) macht die Beklagte ausschließlich Verfahrensfehler der ersten Instanz geltend, deren Vorliegen das Berufungsgericht verneint hat. Solche Mängel können aber, sofern sie von der zweiten Instanz nicht infolge einer unrichtigen (materiell) rechtlichen Beurteilung verneint worden sind, nach ständiger Rechtsprechung im Revisionsverfahren nicht mehr geltend gemacht werden (JBl 1972, 569 uva). Auch insoweit, als die Beklagte - unter dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung - beanstandet, das (Erst-)Gericht sei bei der Fassung seines Spruches vom Urteilsantrag abgewichen, rügt die Beklagte einen Verfahrensfehler, den das Gericht zweiter Instanz verneint hat; auf diese Rüge ist daher gleichfalls nicht mehr einzugehen. Soweit jedoch das Gericht zweiter Instanz die Unterlassung weiterer Beweisaufnahmen zur Frage des von der Beklagen behaupteten Handelsbrauches aus materiellrechtlichen Erwägungen gebilligt hat, ist die Mangelrüge in diesem Belang dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung zuzuordnen. Die Rechtsauffassung des Berufungsgerichtes trifft allerdings zu: Die Nichtbeachtung verwaltungsrechtlicher Vorschriften über Ladenöffnungszeiten kann schon begrifflich niemals zum Handelsbrauch werden. Der Handelsbrauch ist eine im Handelsverkehr für vergleichbare Geschäftsvorfälle befolgte Übung, der eine einheitliche Auffassung der beteiligten Kreise zugrunde liegt (Kramer in Straube, HGB, Rz 2 zu § 346); er prägt einerseits die Bedeutung einer Erklärung oder eines Verhaltens im Sinne der Verkehrsüblichkeit und führt andererseits zur Ergänzung von Verträgen durch Regelungen, die in ihnen nicht ausdrücklich enthalten, aber üblich sind; darüber hinaus wird auch noch von "Vertragssitten" gesprochen (Kramer aaO mwN). Handelsbräuche haben demnach nur für den rechtsgeschäftlichen Verkehr Bedeutung; sie können aber nicht Regelungen des zwingenden Rechts außer Kraft setzen. Selbst wenn daher im Geschäftszweig der Beklagten die Anschauung vorherrschen sollte, daß man sich nicht an Sperrvorschriften zu halten brauche, könnte dies nicht als Handelsbrauch gewertet werden.

Die Beklagte hält weiterhin an ihrer Auffassung fest, daß sie deshalb weder gegen das Sonn- und Feiertagsbetriebszeitengesetz noch gegen Ladenschlußvorschriften verstoßen habe, weil ihre Verkaufsausstellungen als messeähnliche Veranstaltungen zu qualifizieren seien. Das ergebe sich daraus, daß 1300 Einzelstücke sowie mehrere tausend Einzelbestecke ausgestellt worden seien und daß an den Ausstellungen 7 Firmen teilgenommen hätten, die nicht in der Lage gewesen seien, solche Ausstellungen für sich zu organisieren. Dem kann nicht gefolgt werden:

Unter einer "Messe" versteht das ARG eine zeitlich begrenzte, im allgemeinen regelmäßig wiederkehrende Veranstaltung, in deren Rahmen eine Vielzahl von Ausstellern ein umfassendes Angebot eines oder mehrerer Wirtschaftszweige ausstellt und überwiegend nach Muster vor allem an gewerbliche Wiederverkäufer, gewerbliche Verbraucher oder Großabnehmer vertreibt (§ 17 Abs 3 leg. cit.). Daß es sich bei den festgestellten Verkaufsausstellungen nicht um "Messen" in diesem Sinne gehandelt hat, bezweifelt offenbar auch die Beklagte nicht mehr. Veranstaltungen, die - wie die Ausstellungen der Beklagten - bloß zum Kauf animieren sollen und deren Zweck es zumindest zu einem erheblichen Teil ist, Waren an Endverbraucher abzusetzen, sind keine Messen im Sinne des § 17 Abs 3 ARG; dazu kommt noch, daß die Beklagte nicht "nach Muster", sondern durch Ausstellen der zum Verkauf angebotenen Produkte geworben hat. Schon deshlab kann von einer Messe nicht gesprochen werden (4 Ob 344/87; Schwarz ARG 397 f).

Aber auch die Tatbestandsmerkmale einer "messeähnlichen Veranstaltung" liegen nicht vor. Als solche gelten nach § 17 Abs 4 ARG Veranstaltungen, die nur einmal oder jedenfalls ohne Regelmäßigkeit durchgeführt werden oder die die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit von bestimmten Gewerbezweigen oder Regionen darstellen sollen, bei welchen der Informationszweck gegenüber der Absicht des Warenvertriebes überwiegt. Wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, schließt bereits die Gleichwertigkeit der Absicht des Warenvertriebes und des Informationszweckes die Annahme einer messeähnlichen Veranstaltung aus (4 Ob 344/87; Schwarz aaO 398 f). Nach den Feststellungen war aber die Absicht der Beklagten in erster Linie darauf gerichtet, Waren zu verkaufen; keinesfalls stand irgendein Informationszweck im Vordergrund.

Die Beklagte hat überdies die Ausstellungen in Innsbruck, Linz, Wien und Pörtschach a.W., bei denen sie (auch) eigene Waren zum Verkauf angeboten hat, selbst organisiert. Als Messen und messeähnliche Veranstaltungen gelten aber Veranstaltungen nur dann, wenn u.a. infolge der großen Zahl der Aussteller und Besucher die Organisation der Durchführung von den Ausstellern nicht selbst bewältigt werden kann (§ 17 Abs 5 ARG).

Darauf, daß mehrere tausend Artikel ausgestellt (und zum Verkauf angeboten) wurden und neben der Beklagten noch 6 andere Unternehmen - ohne nach außen in Erscheinung zu treten - an den Ausstellungen teilgenommen haben, kommt es - entgegen der Meinung der Beklagten - bei der Beurteilung, ob eine Messe oder messeähnliche Veranstaltung im Sinne des § 17 ARG vorliegt, nicht an. Waren aber die Verkaufsausstellungen der Beklagten keine Messen oder messeähnlichen Veranstaltungen, bei denen Arbeitnehmer auch während der Wochenend- und Feiertagsruhe mit bestimmten Arbeiten beschäftigt werden dürfen (§ 17 Abs 1 ARG), dann kann sich die Beklagte nicht auf die Ausnahmebestimmung des § 2 Abs 1 Z 1 lit a BZG berufen. Sie hat demnach durch die Abhaltung ihrer Verkaufsausstellungen an Sonntagen gegen § 2 Abs 2 BZG verstoßen.

Ob Messen oder messeähnliche Veranstaltungen den Ladenschlußregelungen unterliegen, muß hier nicht geprüft werden. Daß aber auf Verkaufsausstellungen das Ladenschlußgesetz und die auf seiner Grundlage erlassenen Ladenschlußverordnungen anzuwenden sind, unterliegt keinem Zweifel, gilt doch dieses Gesetz nach seinem § 1 Abs 1 - von hier nicht maßgeblichen, in Abs 4 genannten Ausnahmen abgesehen - für alle ständigen und nicht ständigen, für den Kleinverkauf von Waren bestimmten Betriebseinrichtungen von Unternehmungen, die der Gewerbeordnung unterliegen. Nach § 1 Abs 2 leg. cit. gelten als Betriebseinrichtungen auch alle Einrichtungen und Veranstaltungen der in Abs 1 genannten Unternehmungen, bei denen Warenbestellungen im Kleinverkauf entgegengenommen werden. Das trifft auf die nicht ständigen, von der Beklagten für die Abhaltung ihrer Veranstaltung jeweils benützten Einrichtungen zu, da die Beklagte jedenfalls bereit war, dort Waren zu verkaufen. Ob es tatsächlich zu Verkäufen gekommen ist, ist ohne rechtliche Bedeutung (vgl. ÖBl. 1981, 17, ÖBl. 1986, 65). Da die Beklagte ihre von Verkaufsabsicht getragenen Ausstellungen auch auf solche Stunden ausgedehnt hat, während deren die Verkaufsstellen geschlossen zu halten sind, hat sie auch das Ladenschlußgesetz und die Ladenschlußverordnungen verletzt. Daß sie sich durch die Mißachtung dieser gesetzlichen Vorschriften einen Wettbewerbsvorsprung vor gesetzestreuen Mitbewerbern verschafft hat, bedarf keiner Begründung; sie hat daher gegen die guten Sitten im Wettbewerb verstoßen (§ 1 UWG). Ihre Rechtsmeinung, ihr sei keine Wettbewerbsverletzung nachgewiesen worden, weil die Feststellung, daß an einem Samstag-Nachmittag ein Verkauf stattgefunden habe, weggefallen sei, trifft nach dem oben Gesagten nicht zu. Sache der Beklagten, die einen Wettbewerbsverstoß begangen hat, wäre es gewesen, zu beweisen, daß eine Wiederholung dieser Handlungen unmöglich oder doch äußerst unwahrscheinlich sei (ÖBl. 1982, 102 uva). Solche Umstände hat die Beklagte aber nicht behauptet; sie hat vielmehr ihre Handlungen im Prozeß verteidigt und weiterhin ein Recht zu diesem Verhalten behauptet. Allein damit hat sie schon zu erkennen gegeben, daß es ihr um die Vermeidung weiterer Eingriffe nicht ernstlich zu tun ist (ÖBl. 1982, 24; ÖBl. 1985, 140 uva).

Mit Recht haben daher die Vorinstanzen dem Unterlassungsbegehren stattgegeben.

Damit liegen aber auch alle Voraussetzungen für den Veröffentlichungsausspruch vor. Da die Beklagte dagegen nur - zu Unrecht - ins Treffen führt, daß dem Kläger kein Unterlassungsanspruch zustehe, genügt es auf die zutreffenden Ausführungen der Vorinstanzen zur Frage der Veröffentlichung zu verweisen.

Die Revision mußte mithin erfolglos bleiben.

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

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