Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen;
und 2. zu Recht erkannt:
Der Revision wird nicht stattgegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 7.360,65 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten an Umsatzsteuer S 669,15) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Zum Vorverständnis der Prozeßlage ist aus den Vorprozessen festzuhalten, daß der 1970 gestorbene Ehemann der Beklagten und Vater des Klägers in den 20er-Jahren von seinem Vater eine städtische Liegenschaft geerbt, in den 30er-Jahren ein Erzeugungsunternehmen gegründet und dieses in einigen Räumen des auf der ererbten Liegenschaft stehenden Gebäudes betrieben sowie in den späten 40er-Jahren in eine mit der Beklagten gegründete offene Handelsgesellschaft eingebracht hatte, wobei nach seinem Ableben Meinungsverschiedenheiten darüber bestanden, ob die Liegenschaft der Substanz nach in das Gesellschaftsvermögen eingebracht gewesen war. Ende 1980 schlossen die Streitteile über die Liegenschaft samt Haus einen Mietvertrag und ergänzten ihn gleichzeitig im Zuge einer vergleichsweisen Bereinigung eines gerichtlichen Räumungsstreites:
Der Kläger vermietete als Alleineigentümer die Liegenschaft samt Haus zu geschäftlichen Zwecken gegen einen wertgesicherten monatlichen Zins von S 10.000,-- zuzüglich Betriebskosten und Umsatzsteuer auf unbestimmte Zeit an die in Abwicklung befindliche Handelsgesellschaft, deren Unternehmen die Beklagte erwarb. Das Mietverhältnis sollte rückwirkend mit 1. Januar 1975 als begonnen gelten, unter Einhaltung einer einjährigen Kündigungsfrist zu jedem Jahresende kündbar sein, wobei aber der Vermieter auf eine frühere Kündigung als zum Jahresende 1989 verzichtete. Ausdrücklich festgestellt wurde die Berechtigung des Vermieters, die sofortige Vertragsaufhebung gemäß § 1118 ABGB zu begehren. Zur Wertsicherung des Hauptmietzinses wurden der Verbraucherpreisindex 1966 als Wertmesser, als Ausgangszahl die für Januar 1975 veröffentlichte Indexziffer und als Schwellgrenze 5 % vereinbart. Der Mietvertrag enthält die Bestimmung: "Eine Aufrechnung allfälliger Forderungen der Mieterin gegen Forderungen des Vermieters aufgrund dieses Mietvertrages ist unzulässig."
Mit der am 16. Dezember 1983 angebrachten Klage, deren Gleichschrift der Beklagten am 23. Februar 1984 zugestellt wurde, behauptete der Kläger einen trotz Mahnung aushaftenden Mietzinsrückstand von mindestens zwei Monaten, erklärte die Vertragsauflösung im Sinne des § 1118 ABGB und begehrte die Räumung des Mietgegenstandes. Der Kläger wiederholte seine Aufhebungserklärung nach § 1118 ABGB und sein Räumungsbegehren in einer am 5. April 1984 angebrachten Klage, deren Gleichschrift der Beklagten am 18. April 1984 zugestellt wurde. Der Kläger hielt das Räumungsbegehren während des Rechtsstreites, vor allem anläßlich der Neudurchführung des Verfahrens wegen Richterwechsels, ausdrücklich aufrecht. Getrennt von diesen Räumungsbegehren verfolgte der Kläger mit gesonderten Klagen Zinszahlungsforderungen.
Die Beklagte bestritt die dem Räumungsbegehren zugrunde gelegte Vertragsauflösung, indem sie das Vorliegen eines Zinsrückstandes leugnete. Sie wendete dabei vor allem die Unzulässigkeit einer freien Zinsvereinbarung und deren Sittenwidrigkeit und damit (teilweise) Unwirksamkeit des 1980 vereinbarten Hauptmietzinses ein. Mietzinszahlungen bis 1983, die das zulässige Maß überschritten hätten, wendete die Beklagte aufrechnungsweise gegenüber den klageweise erhobenen Zinszahlungensbegehren ein. In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 5. November 1984, zu welchem Zeitpunkt die Räumungs- und Zinszahlungsstreitigkeiten noch zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden waren, schränkte der Kläger sein Zahlungsbegehren um die Mietzinse für November und Dezember 1983 ein und dehnte es andererseits um den Mietzins für Oktober 1984 aus. Er bezifferte dabei die fälligen Mietzinse für die ersten zehn Monate des Jahres 1984 mit S 204.697,68 und begehrte darüber hinaus einen Betrag von S 60.518,01 als nachverrechnete Wertsteigerungsanteile von Mietzinsen der Jahre 1980 bis 1983. Mit dem im Sinne des § 33 Abs 2 MRG gefaßten Beschluß vom 26. Feber 1985 stellte das Prozeßgericht erster Instanz fest, daß sich die beklagte Partei mit der Bezahlung der Mietzinse in einem Betrag von S 204.697,68 im Rückstand befände. In der Begründung dieses Beschlusses schlüsselte das Erstgericht die festgestellten Rückstände im Sinne der Mietzinsvorschreibungen für die einzelnen Monate nach Hauptmietzinsen, Betriebskosten und Umsatzsteuerbeträgen auf. Dabei erachtete das Erstgericht die 1980 geschlossene Mietzinsvereinbarung als zulässig, einer Angemessenheitsnachprüfung im Sinne des § 16 Abs 1 MRG entzogen und wegen des vereinbarten Aufrechnungsausschlusses die 1984 fällig gewordenen Mietzinse nicht einseitig mit angeblichen Rückforderungsansprüchen aus früheren Zinsperioden aufrechenbar.
Das Rekursgericht teilte die erstgerichtliche Beurteilung mit der Einschränkung, daß die Angemessenheit einer nach dem Inkrafttreten des Mietrechtsgesetzes eingetretenen Erhöhung des vereinbarten Mietzinses aufgrund einer zulässigerweise vereinbarten Wertsicherungsklausel im Rahmen des § 16 MRG überprüfbar sei, und drückte seine Ansicht aus, daß der nach dem Mietvertrag und den Indexwerten für Dezember 1981 zulässigerweise vorgeschriebene Mietzins daher nicht überprüfbar sei. Für eine Sittenwidrigkeit der Zinsvereinbarung im Jahre 1980 fehle es an einem konkreten Tatsachenvorbringen. Das Rekursgericht erachtete das erstinstanzliche Verfahren zur Feststellung des Mietzinsrückstandes in Ansehung der ab April 1984 vorgeschriebenen, in Anwendung der Wertsicherungsvereinbarung erhöhten Hauptmietzinse als ergänzungsbedürftig. Es fügte seinem Verfahrensergänzungsauftrag hinzu, das Erstgericht werde bei seiner neuerlichen Entscheidung zu beachten haben, daß unter dem geschuldeten Betrag im Sinne des § 33 Abs 2 MRG sämtliche bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung erster Instanz fällig gewordenen Beträge zu verstehen seien, wenn nicht bis dahin einmal ein Zustand der völligen Rückstandsfreiheit erreicht worden wäre und wenn nicht der Vermieter ausdrücklich bestimmte Zinsperioden als Auflösungsgrund ausgenommen haben sollte. Im weiteren Verfahren erklärte der Kläger, dem Auflösungsbegehren lediglich einen Rückstand für die Jahre 1984 und 1985 im monatlichen Betrag von S 12.960,78 zuzüglich 10 % Umsatzsteuer (das sind S 342.164,59) zugrundezulegen. Dazu erklärte die beklagte Partei, auch diese Hauptmietzinse seien nicht bezahlt worden.
Daß Prozeßgericht erster Instanz faßte hierauf im zweiten Rechtsgang einen Beschluß nach § 33 Abs 2 MRG und stellte nunmehr den Mietzinsrückstand mit S 342.164,59 (für die Jahre 1984 und 1985) fest.
Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung.
Den gegen diese bestätigende Rekursentscheidung erhobenen Revisionsrekurs der beklagten Partei wies das Erstgericht aus dem Grund des § 528 Abs 1 Z 1 ZPO zurück. Das Gericht zweiter Instanz bestätigte diese Rechtsmittelzurückweisung, wobei es ausdrücklich das Vorliegen der Voraussetzungen im Sinne des § 502 Abs 3 ZPO beim Rückstandsfeststellungsbeschluß verneinte.
In der Sache selbst gab das Prozeßgericht erster Instanz dem Räumungsbegehren statt.
Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 300.000,-- übersteigt.
I.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs gegen die Bestätigung des erstinstanzlichen Zurückweisungsbeschlusses ist im Sinne des § 528 Abs 1 Z 1 ZPO unzulässig.
Sämtliche Rechtsmittelausführungen zur Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung setzen sich darüber hinweg, daß das Erstgericht die Zulässigkeit des im zweiten Rechtsgang zur Rückstandsfeststellung nach § 33 Abs 2 MRG erhobenen Revisionsrekurses als verfahrensrechtliche Frage erstmals ohne jede Bindung an eine ihm dazu überbundene Rechtsansicht beurteilte und das Rekurgericht die erstinstanzliche Rechtsmittelzurückweisung bestätigte.
Der Rechtsmittelausschluß nach § 528 Abs 1 Z 1 ZPO knüpft an die (verfahrensrechtlich zutreffend gewählte) Beschlußform der vorinstanzlichen Entscheidungen und an die spruchmäßige Bestätigung der erstinstanzlichen Entscheidung durch das Gericht zweiter Instanz an. Unerheblich ist das Vorliegen oder das Fehlen einer übereinstimmenden Entscheidungsbegründung. Unerheblich ist auch der Streitwert.
Der Rekurs gegen die zweitinstanzliche Bestätigung des erstinstanzlichen Zurückweisungsbeschlusses (ON 37) ist als unzulässig zurückzuweisen.
Die vom Kläger erstattete Rekursbeantwortung war nicht zu beachten, weil kein Fall des § 521 a Abs 1 ZPO vorlag und das Rekursverfahren daher einseitig gestaltet ist.
II.
Die beklagte Partei ficht das bestätigende Berufungsurteil aus den Revisionsgründen nach § 503 Abs 1 Z 2 bis 4 ZPO mit einem Aufhebungsantrag und einem hilfsweise gestellten, auf Abweisung des Räumungsbegehrens zielenden Abänderungsantrag an.
Der Kläger strebt die Bestätigung der angefochtenen Entscheidung
an.
Die Revision ist nicht berechtigt.
Die angebliche Aktenwidrigkeit liegt nicht vor. Den Revisionsausführungen ist nicht zu entnehmen, welches Parteienvorbringen oder welches Beweismittel in einer entscheidenden sachlichen Abweichung vom Inhalt der Schriftsätze, Protokolle oder Beilagen zur Begründung der angefochtenen Entscheidung herangezogen worden wäre.
Auch die gerügte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor. Die Würdigung der der Sache nach geltend gemachten Feststellungsmängel ist eine Frage der rechtlichen Beurteilung. Die Rechtsrüge ist nicht stichhältig.
Das Berufungsgericht konnte bei seiner Entscheidung in tatsächlicher Hinsicht zugrundelegen, daß die Revisionswerberin das im Räumungsbegehren genannte Hausgrundstück vom Kläger 1980 zu Geschäftszwecken auf unbestimmte Zeit in Bestand genommen, in den Jahren 1984 und 1985 auf den jeweils zum Ersten eines Kalendermonates im vorhinein fälligen Mietzins keine Zahlungen geleistet hat und jedenfalls durch die Zustellung der zweiten Mietzinsklage qualifiziert gemahnt wurde, sowie daß der Kläger jedenfalls durch die Aufrechterhaltung seines Räumungsbegehrens in der Tagsatzung vom 5. September 1984 eine Vertragsaufhebungserklärung im Sinne des § 1118 ABGB ausgesprochen hat.
Das Berufungsgericht hatte bei seiner Entscheidung - entgegen den Revisionsausführungen - davon auszugehen, daß der Beschluß über den zum Auflösungsgrund erklärten Rückstand an Hauptmietzinsen samt Umsatzsteuer für die Jahre 1984 und 1985 formell in Rechtskraft erwachsen war, weil der gegen die im zweiten Rechtsgang gefällte Entscheidung über die Höhe des geschuldeten Betrages im Sinne des § 33 Abs 2 MRG erhobene Rekurs an den Obersten Gerichtshof mit einem nicht mehr anfechtbaren zweitinstanzlichen Beschluß im Sinne der erstinstanzlichen Erledigung zurückgewiesen blieb. Nach der innerprozessualen Bindung der formell in Rechtskraft erwachsenen Zwischenentscheidung nach § 33 Abs 2 MRG muß für die Beurteilung der Vertragsaufhebung und ihrer Voraussetzungen zugrunde gelegt werden, daß im Zeitpunkt der Tagsatzung, die der erstinstanzlichen Beschlußfassung nach § 33 Abs 2 MRG unmittelbar voranging (2. April 1986), der als Grundlage der Aufhebungserklärung herangezogene Rückstand die festgestellte Höhe aufwies. Schuldtilgungsgründe, die auf einen Tatbestand gestützt würden, der im angegebenen Zeitpunkt bereits abgeschlossen gewesen wäre, sind nicht mehr zu beachten (Zahlung, "Vorauszahlung", Aufrechnung und ähnliches). Die Behauptung einer erst nach dem erwähnten Stichtag bewirkten Schuldtilgung wäre dagegen erheblich. Die Revisionswerberin hat zwar nach Fällung der inzwischen in Rechtskraft erwachsenen beschlußmäßigen Zwischenerledigung nach § 33 Abs 2 MRG ihr früheres Vorbringen aufrechterhalten und weiter ausgeführt, aber keine (unbedingte) Aufrechnungserklärung abgegeben. Dem in der Revision ausgeführten Einwand, ein Mietzinsrückstand in der festgestellten Höhe könne gar nicht erst zustande gekommen sein, fehlt es zufolge der innerprozessualen Bindungswirkung der Zwischenentscheidung über die Höhe des geschuldeten Betrages an jeder weiteren Beachtlichkeit (möge die diesbezügliche sachliche Einwendung bei der Beschlußfassung nach § 33 Abs 2 MRG zutreffend beurteilt worden sein oder nicht).
Eine nach dem für die Beschlußfassung nach § 33 Abs 2 MRG maßgeblichen Zeitpunkt erfolgte Tilgung des festgestellten Rückstandes hat die Revisionswerberin nicht schlüssig behauptet. Die gerügten Feststellungsmängel bestehen deshalb nicht. Der Revision war aus diesen Erwägungen ein Erfolg zu versagen. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO. Gegenstand des Revisionsverfahrens war ausschließlich das Räumungsbegehren. Dieses haben die Parteien (unter Zugrundelegung eines durchschnittlichen monatlichen Zinsbetrages von S 16.000,--) mit S 192.000,-- bewertet. Bemessungsgrundlage ist daher lediglich dieser Betrag.
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