Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluß und der Meistbotsverteilungsbeschluß des Erstgerichtes, der in seinen Zuweisungen zu A (Vorzugspost) und zu B 1, B 2, B 3 und B 4 (ausgenommen die Worte "zur verhältnismäßigen Befriedigung") und den dazugehörigen Auszahlungsanordnungen als unangefochten unberührt bleibt, werden insoweit aufgehoben, als eine weitere Zuweisung an die Revisionsrekurswerberin wegen nur verhältnismäßiger Befriedigung abgelehnt und ihr Antrag auf Einräumung einer Ersatzhypothek abgewiesen, sowie an die nachfolgenden Gläubiger die Zuweisung B 5 bis B 7 erfolgten, der Zinsenzuwachs an diese verteilt und die Auszahlung verfügt wurde.
In diesem Umfang wird dem Erstgericht die Erneuerung der Verteilungstagsatzung und die neue Entscheidung aufgetragen. Die Revisionsrekurswerberin hat die Kosten ihrer Rechtsmittel selbst zu tragen.
Text
Begründung
Das Erstgericht beraumte die Tagsatzung zur Verteilung des Überbots von S 1,300.000,-- für die mit Wohnungseigentum an der Wohnung 48 verbundenen 78/5886-Anteile der Verpflichteten an der Liegenschaft EZ 1530 KG Hötting an und forderte die Personen, die eine Berichtigung ihrer Ansprüche aus dem Überbot begehren, zur Anmeldung auf, widrigens ihre Ansprüche bei der Verteilung nur insoweit berücksichtigt würden, als sie aus dem Grundbuche und den Exekutionsakten als rechtsbeständig und zur Befriedigung geeignet erhellen (§ 210 EO).
Die Pfandgläubigerin E*** Aktiengesellschaft für
elektrische Industrie meldete rechtzeitig mittels Schriftsatzes ihre restliche Forderung von S 370.383,02 im Range CLNr 122 und 124 an und beantragte, "die angemeldete Forderung bei der Verteilung des Überbots zuzuweisen". Zugleich wies sie auf die Simultanhaftung auch der 95/5886-Wohnungseigentumsanteile der Verpflichteten hin und beantragte für den Fall, daß ihr im bücherlichen Rang vorgehende Gläubiger unverhältnismäßige Befriedigung verlangen sollten, die Einräumung einer entsprechenden Ersatzhypothek.
Das Erstgericht hat in der Verteilungstagsatzung diese Forderungsanmeldung der zur Tagsatzung nicht erschienenen Pfandgläubigerin verlesen und dazu vermerkt, daß die aushaftende Forderung von S 370.383,02 zur vollständigen Berichtigung durch Barzahlung ("verhältnismäßige Befriedigung") angemeldet worden sei. Das Erstgericht verteilte nach dem Ergebnis dieser Tagsatzung das Überbot von S 1,300.000,-- und wies nach der vorzugsweisen Berichtigung der Kosten der einstweiligen Verwaltung von S 28.078,-- in der bücherlichen Rangordnung der A*** B*** DER
Ö*** V*** registrierte Genossenschaft mbH
S 832.971,81 (B 1), der S*** I*** S 74.165,67 und der prot. Firma Dr. M*** & P*** OGH S 78.098,29 zur vollständigen Berichtigung zu. Der E*** Aktiengesellschaft für elektrische Industrie wies das Erstgericht in den aufeinanderfolgenden Rängen CLNr 122 und 124 auf die vollstreckbare Forderung von S 370.383,02 zur verhältnismäßigen Berichtigung nur S 166.993,50 durch Barzahlung zu und verteilte den Meistbotsrest von S 119.692,73 an im Rang nachstehende Gläubiger. Es wies den Antrag der
E*** Aktiengesellschaft auf Einräumung einer Ersatzhypothek ab. Wohl seien die auf den beiden Wohnungseigentumsanteilen der Verpflichteten an der selben Liegenschaft haftenden Pfandrechte wie Simultanhypotheken zu behandeln. Die E*** Aktiengesellschaft für elektrische Energie habe aber keine besondere Erklärung abgegeben, in welchem Verhältnis sie Befriedigung aus dem Überbot für den versteigerten Anteil verlange, und sei daher im Verhältnis der Einheitswertanteile aus dem Überbot für die 78/5886-Anteile gegenüber den mithaftenden 95/5886-Anteilen (BLNr 43 verbunden mit Wohnungseigentum an der Wohnung 39) zu befriedigen
(S 370.383,02 x 78/173 = S 166.993,50). Da die Pfandgläubigerin mit dem zur verhältnismäßigen Befriedigung zugewiesenen Betrag im Überbot volle Deckung finde, sei ihr Antrag, wegen unverhältnismäßiger Befriedigung der ihr in CLNr 93 vorgehenden Pfandgläubigerin auf den 95/5886-Anteilen ein Ersatzpfandrecht einzuräumen, abzuweisen.
Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluß und holte den Ausspruch nach, daß der Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Auch das Rekursgericht erblickte in der schriftlichen Forderungsanmeldung der E*** Aktiengesellschaft für elektrische Energie kein Verlangen nach Bezahlung in einem anderen Verhältnis als dem nach § 222 Abs. 2 und Abs. 4 EO. Die für das Exekutionsverfahren zu fordernde Formstrenge lasse nur einen Antrag des Gläubigers zu, der klar und unmißverständlich erkennen lasse, daß der Pfandgläubiger Bezahlung der ganzen besicherten Forderung aus dem Überbot für den simultan haftenden Anteil verlange (§ 222 Abs. 3 EO). Die nachfolgenden Berechtigten würden sonst verkürzt und um die Gelegenheit gebracht, rechtzeitig den Ersatz oder die Einverleibung einer Ersatzhypothek zu beantragen.
Diesen bestätigenden Beschluß über die Meistbotsverteilung bekämpft die Pfandgläubigerin E*** Aktiengesellschaft für elektrische Energie mit ihrem Revisionsrekurs, der darauf abzielt, daß ihr auch der Meistbotsrest zugewiesen und eine Ersatzhypothek eingeräumt wird. Sie hat ihr Rechtsmittel nach der Nachholung des Ausspruches über die Zulässigkeit des Revisionsrekurses (dazu 3 Ob 1/88) durch die Angabe der Gründe verbessert, warum entgegen dem Ausspruch der Revisionsrekurs im Sinne der §§ 528 Abs. 2 und 502 Abs. 4 Z 1 ZPO iVm § 78 EO zulässig sei.
Rechtliche Beurteilung
Das Rechtsmittel ist zulässig und berechtigt, denn das Rekursgericht ist bei der Beantwortung der grundsätzlichen Frage, wie eine unverhältnismäßige Befriedigung geltend zu machen ist, von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abgewichen. Das richterliche Pfandrecht für die vollstreckbare Forderung der Revisionsrekurswerberin haftet zugleich auf den beiden mit Wohnungseigentum verbundenen Mindestanteilen der Verpflichteten. Bei Versteigerung mehrerer ideeller Anteile der Liegenschaft kommen iSd § 238 EO die Vorschriften über die Berichtigung von Simultanhypotheken sinngemäß zur Anwendung (Heller-Berger-Stix 1617; GlUNF 1432; SZ 15/192; EvBl 1967/310 ua). Die Pfandgläubigerin durfte daher die Bezahlung in einem anderen Verhältnis verlangen, als es dem verhältnismäßigen Beitrag nach dem § 222 Abs. 2 oder Abs. 4 EO entspricht. Dies ergibt sich aus dem im § 15 GBG ausgesprochenen Grundsatz, daß dem Simultanpfandgläubiger unbedingt das Recht zusteht, die Bezahlung der ganzen Forderung aus jeder einzelnen Pfandsache zu fordern. Die dadurch für die Berechtigten im späteren Rang eintretende Benachteiligung wird durch die ihnen im § 222 Abs. 3 und Abs. 4 EO eingeräumten Ansprüche beseitigt. Es genügt, daß der Simultanhypothekargläubiger die Bezahlung in einem anderem Verhältnis fordert, als ihm bei der verhältnismäßigen Befriedigung nach § 222 Abs. 2 oder Abs. 4 EO zukäme. Während für die verhältnismäßige Befriedigung kein Antrag des Gläubigers notwendig ist, setzt seine unverhältnismäßige Befriedigung ein darauf gerichtetes Verlangen voraus (Heller-Berger-Stix 1515). Es muß aber nicht ausdrücklich die unverhältnismäßige Befriedigung verlangt werden, sondern es genügt, wenn eine den verhältnismäßigen Betrag übersteigende Forderung angemeldet und deren Zuweisung aus dem Meistbot beantragt wird (3 Ob 40/84; 3 Ob 73/87). Der Ansicht der Vorinstanzen, die Revisionsrekurswerberin habe nicht deutlich genug die Befriedigung in einem anderen Verhältnis verlangt, kann nicht beigetreten werden. In dem Antrag, die "angemeldete Forderung (= S 370.383,02) bei der Verteilung des Überbots zuzuweisen", liegt ein eindeutiges Begehren auf unverhältnismäßige Befriedigung nach § 222 Abs. 3 EO in dem Sinne, daß die Zuweisung der ganzen und nicht nur eines verhältnismäßigen Teils der vollstreckbaren Forderung begehrt wird, soweit sie nach der bücherlichen Rangordnung Deckung findet.
Dadurch, daß das Erstgericht im Protokoll über die Verteilungstagsatzung festhielt, die Revisionsrekurswerberin habe eine Anmeldung zur verhältnismäßigen Befriedigung erstattet, wurden nachfolgende Berechtigte um ihren Anspruch verkürzt, Ersatz im Sinne des § 222 Abs. 3 und Abs. 4 EO zu verlangen.
Die Verteilungstagsatzung ist daher insoweit zu wiederholen, als nicht schon unangefochten rechtskräftig Zuweisungen erfolgt sind. Die wegen des Verlangens der Revisionsrekurswerberin nach unverhältnismäßiger Befriedigung der Forderung erforderlichen Anordungen sind nach Verhandlung und allfälliger Antragstellung zu treffen.
Kostenersatz steht im Verteilungsverfahren nicht zu (JB 201).
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