OGH 5Ob541/88

OGH5Ob541/8810.5.1988

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik, Dr. Klinger, Dr. Schwarz und Dr. Graf als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ö*** B***, Poschacherstraße 35, 4021 Linz, vertreten

durch Dr. Christian Beurle, Dr. Hans Obendorfer und Dr. Ludwig Beurle, Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagten Parteien

1. Rudolf A***, Gastwirt, und 2. Charlotte A***, Gastwirtin, beide Obere Donaulände 105, 4020 Linz, und vertreten durch Dr. Kurt Jäger, Rechtsanwalt in Linz, wegen Unterlassung (Streitwert S 100.000,--) infolge Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 14. Jänner 1988, GZ 13 R 43/87-15, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 27. Mai 1987, GZ 1 Cg 243/86-9, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die mit S 4.668,18 (darin S 424,38 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen vierzehn Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Helmut und Marlies H*** haben als Pächter des Gasthausunternehmens "Donautal" in der Oberen Donaulände 105 in 4020 Linz am 29. Oktober 1984 für diese Absatzstätte mit der klagenden Brauerei-Aktiengesellschaft Getränkelieferungsübereinkommen geschlossen. Die klagende Partei sagte den Kunden einmalige Beträge von S 120.000,-- und S 40.000,-- zuzüglich der Umsatzsteuer zu, die Kunden verpflichteten sich, auf die Dauer von fünf Jahren die für das Gasthaus benötigten Mengen an Bier und alkoholfreien Getränken (außer C***) ausschließlich von der klagenden Partei zu beziehen und jeden Bezug, Ausschank und Verkauf anderer Biere oder alkoholfreier Getränke zu unterlassen, bis die Vertragsmenge von 1.000 hl Bier und 500 hl alkoholfreier Getränke von der klagenden Partei bezogen wurde. Das Übereinkommen sollte von beiden Vertragsteilen an ihre Rechts- und/oder Geschäftsnachfolger so überbunden werden, daß diese die Vereinbarung als eigene Verpflichtung anerkennen.

Im Frühjahr 1986 wollten die Ehegatten Helmut und Marlies H*** ihr Pachtverhältnis auflösen und suchten durch Zeitungsanzeige Nachfolger. Die Beklagten meldeten sich. Sie wurden bei der Besprechung auf die mit der klagenden Partei bestehenden Getränkebezugsverträge hingewiesen. Der Erstbeklagte erfuhr vom Verpächter, daß auf dem Haus selbst kein Bierbezugsvertrag laste, und meinte deshalb, er könne der Übernahme der Bierbezugsverpflichtung der Vorpächter entgehen. Er nahm mit der Brauerei E*** Verbindung auf. Die Beklagten trafen sich bei einem Rechtsanwalt mit Helmut H***. Der bestehende Pachtvertrag sollte aufgelöst und ein neuer Pachtvertrag zwischen dem Verpächter und den Beklagten abgeschlossen werden. Helmut H*** hatte den Entwurf eines Kaufvertrages über das Inventar mit, der die Übernahme der Getränkeabnahmeverpflichtungen durch die Beklagten vorsah. Der Erstbeklagte verlangte, die Bezugsverpflichtung solle von seiner Mutter für ihre Gastwirtschaft in Ohlsdorf übernommen werden, die aber schon mit der klagenden Partei einen Vertrag hatte. Er selbst wollte lieber mit der Brauerei E*** abschließen. Helmut H*** zeigte wenig Hoffnung, etwas zu erreichen, und blieb auch bei einem Versuch erfolglos. Am 9. Juni 1986 schlossen die Beklagten mit der Brauerei E*** einen Bierbezugsvertrag. Am 13. Juni 1986 unterfertigten die Beklagten beim Rechtsanwalt den Kaufvertrag mit den Vorpächtern, wonach sie den bestehenden "Bier- und Alkoholfreigetränke-Vertrag" (ausgenommen Apfelsaft sowie S***ombe und C***) bei der klagenden Partei in vollem Umfang übernehmen.

Die klagende Partei erhob gegen die Beklagten die Klage mit dem Begehren, sie hätten beim Betrieb der Gastwirtschaft "Donautal" den Bezug, Ausschank oder Verkauf von anderen inländischen und ausländischen Bieren und alkoholfreien Getränken (mit Ausnahme von C***, S***ombe und Apfelsaft) als solchen der klagenden Partei solange zu unterlassen, bis an dieser Umsatzstätte ab dem 31. Oktober 1984 eine Gesamtbezugsmenge von 1.000 hl Bier und 500 hl alkoholfreie Getränke erreicht ist. Die Beklagten hätten von den ursprünglichen Vertragspartnern der klagenden Partei als deren Geschäftsnachfolger die Getränkeabnahmeverpflichtung übernommen, hielten sich aber nicht daran, sondern setzten Bier und andere Getränke der Brauerei E*** ab.

Die Beklagten beantragten, das Klagebegehren abzuweisen. Sie seien über die mit den Vorpächtern bestandenen Getränkebezugsverträge nicht unterrichtet worden und hätten in gutem Glauben den Vertrag mit der Brauerei E*** geschlossen. Nur unter dem Druck bereits getätigter Aufwendungen und der unmittelbar bevorstehenden Eröffnung ihres Gastwirtsbetriebes hätten sie unter Zwang den Vertrag mit den Vorpächtern unterschrieben, wonach sie die Bezugsverpflichtung übernehmen. Die Erfüllung des Unterlassungsbegehrens sei ihnen wegen der vertraglichen Bindung zur Brauerei E*** nicht möglich.

Das Erstgericht gab dem Unterlassungsbegehren statt. Es traf die eingangs zusammmengefaßt wiedergegebenen Tatsachenfeststellungen und meinte zur rechtlichen Beurteilung, es liege eine Schuldübernahme nach § 1405 ABGB vor, der die klagende Partei im voraus aber auch jetzt zugestimmt habe. Von Zwang sei keine Rede, auf eine Unmöglichkeit der Zuhaltung der übernommenen Verbindlichkeit könnten sich die Beklagten nicht berufen, weil sie es selbst verschuldet hätten, daß sie eine gleichartige Abnahmeverpflichtung gegenüber einer anderen Brauerei eingegangen seien.

Das Berufungsgericht bestätigte mit dem Ausspruch, daß der Wert des Streitgegenstandes S 60.000,-- nicht aber S 300.000,-- übersteigt und daß die Revision nach § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO zulässig sei. Das Gericht zweiter Instanz legte seiner Entscheidung die nach Prüfung als unbedenklich befundenen erstrichterlichen Feststellungen zugrunde und billigte auch die Rechtsansicht, daß nicht bloß eine Erfüllungsübernahme nach § 1404 ABGB vorliege sondern eine wirkliche Schuldübernahme mit Einwilligung des Gläubigers nach § 1405 ABGB stattgefunden habe, woraus der klagenden Partei Erfüllungsansprüche gegen die Beklagten entstanden. Die befreiende Schuldübernahme könne durch Vertrag zwischen dem Altschuldner und dem Neuschuldner mit Einwilligung des Gläubigers erfolgen oder auch durch einen Vertrag zwischen dem Neuschuldner und dem Gläubiger. Da die Abnahmeverpflichtung auf die Absatzstätte in dem bestimmten Gasthaus lautet, der Pachtvertrag mit den Vorpächtern aufgelöst und mit den Beklagten ein neuer Pachtvertrag geschlossen wurde, sei in Zusammenhang mit der in den Übereinkommen festgelegten Überbindungsverpflichtungen die zwischen den Vorpächtern und den Beklagten vereinbarte Übernahme der Getränkeabnahmepflicht im Sinne des § 1405 ABGB zu verstehen, der durch die klagende Partei schon im voraus die Einwilligung erteilt war. Die klagende Partei habe dem Schuldnerwechsel aber jedenfalls auch dadurch zugestimmt, daß sie die Beklagten aus dem Vertrag in Anspruch nehme. Der Einwand der Leistungsunmöglichkeit sei in Einklang mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (zuletzt JBl. 1987, 783) schon deshalb als unberechtigt anzusehen, weil die Beklagten sich selbst dadurch in ihre Lage gebracht hätten, daß sie mehrere Verpflichtungen auf sich nahmen, bei denen die Erfüllung der einen notwendig zur Vereitlung der anderen führen müsse. Der aufgeworfenen Frage, ob die Zustimmung des Gläubigers zur privativen Schuldübernahme im voraus erteilt werden könne, komme die im § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO umschriebene Bedeutung zu.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen das Urteil des Berufungsgerichtes von den Beklagten erhobene Revision, mit der sie die Abänderung in die Abweisung des Klagebegehrens und hilfsweise die Aufhebung des Urteils und die Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht anstreben, ist aus dem vom Berufungsgericht zutreffend erkannten Grund mit der sich aus § 503 Abs. 2 ZPO ergebenden Einschränkung zulässig aber nicht berechtigt.

Das Wesen eines Getränkebezugsvertrages der vorliegenden Ausgestaltung mit der Bindung an eine bestimmte Betriebsstätte bringt es schon mit sich, daß sich der Lieferant für den Fall eines Wechsels des Betriebsführers vom ursprünglichen Vertragspartner die Verpflichtung ausbedingt, die beiderseitigen Rechte und Pflichten aus dem Vertrag auf einen Rechts- und/oder Geschäftsnachfolger so zu überbinden, daß dieser die Vereinbarung als eigene Verpflichtung anerkennt (Präambel in den Leistungs- und Lieferungsübereinkommen ./A und ./B). Vom ersten Kunden kann der Getränkelieferant die Abnahme der Getränke nicht mehr fordern, wenn dieser über die Absatzstätte nicht mehr verfügt, sondern nur allenfalls Schadenersatz wegen Nichterfüllung und Rückstellung des Teils der Leistung des Lieferanten verlangen, dem kein entsprechendes Äquivalent des Kunden durch Abnahme der vereinbarten Getränkemenge gegenübersteht. Das Interesse des Getränkelieferanten am Absatz überwiegt aber. Es ist daher naheliegend, daß vorweg die Zustimmung zum Austausch des Vertragspartners in der vereinbarten Überbindungsverpflichtung erteilt ist und es daher keineswegs an der im § 1405 ABGB geforderten Einwilligung des Gläubigers mangelt. Daß diese auch schon vor der Schuldübernahme erteilt werden kann, entspricht Lehre und Rechtsprechung (Ertl in Rummel, ABGB, Rz 2 zu § 1405; Mayrhofer-Ehrenzweig3 Schuldrecht I 515; JBl. 1947, 396). Die Zustimmungserklärung des Gläubigers kann auch konkludent erfolgen (Wolff in Klang2 VI 346; SZ 44/141 ua). An die Annahme einer schlüssigen Einwilligung sind wegen des mit der befreienden Schuldübernahme verbundenen Rechtsverlustes gegen den Altschuldner strenge Anforderungen zu stellen, wenn zweifelhaft ist, ob kumulative oder privative Schuldübernahme vorliegt. Kommt aber nach der Lage der Dinge nur eine privative Übernahme in Betracht, so kann die Inanspruchnahme des Übernehmers durch den Gläubiger nur als Einwilligung gewertet werden (Ertl in Rummel, ABGB, Rz 2 zu § 1405). In Frage steht hier nicht bloß die Übernahme einzelner Schuldverbindlichkeiten, sondern die von den Vertragsteilen schon im ersten Vertrag vorgesehene Überbindung des Schuldverhältnisses als einer Gesamtheit wechselseitiger Rechte und Pflichten im Sinne einer zulässigen Vertragsübernahme (Koziol-Welser I8 288 mwH; vgl. auch SZ 56/140). Es ist nicht zweifelhaft, daß die klagende Partei im voraus und ohne Bestimmung der Person des Geschäftsnachfolgers beim Betrieb der Gaststätte im Standort des Bezugsvertrages einer ihre Rechte nicht schmälernden Vertragsübernahme zugestimmt hat und sich, sollten ihre Vertragspartner die Vertragspflicht zur Vertragsüberbindung verletzen, nur Geldersatzforderungen bewahren, nicht aber die ehemaligen Pächter auf Erfüllung ihrer Abnahmepflichten in Anspruch nehmen wollte. Daraus erfolgt die Richtigkeit der Annahme der Vorinstanzen, daß schon mit der Willenseinigung zwischen dem ersten Vertragspartner der klagenden Partei und dem "Geschäftsübernehmer" über den Eintritt in den Getränkebezugsvertrag der neue Pächter Vertragspartner des Lieferanten wird und von diesem auf Einhaltung seiner vertraglichen Pflichten geklagt werden kann. Die Beklagten haben im Vertrag mit den Vorpächtern die Vertragsstellung aus dem Bier- und Getränkelieferungsübereinkommen in vollem Umfang übernommen und sind schon auf Grund der im Vertrag festgelegten Einwilligung in die Vertragsüberbindung an die Stelle der Vorpächter in den Vertrag mit der klagenden Partei eingetreten. Daß sie zu Unrecht eine Einwilligung der klagenden Partei in die Entlassung der Vorpächter aus dem Vertragsverhältnis vermissen und an einer bloßen Erfüllungsübernahme festhalten wollen, ergibt sich schon daraus, daß in der maßgebenden Vertragspräambel die Vertragsüberbindung auf Seiten des "Kunden" schon deshalb gefordert wird, weil dieser in der Regel seine Abnahmeverpflichtung nicht mehr einhalten kann, wenn das "Geschäft" (= Gastwirtschaftsbetrieb), auf das sich die Abnahmepflicht bezieht, von einem "Nachfolger" geführt wird, und es deshalb im Regelfall selbstverständlich ist, daß bei Vertragsübernahme der Vorpächter aus dem Vertragsverhältnis ausscheidet und der neue Pächter in den Vertrag eintritt. Daran ändert der Umstand nichts, daß die ersten Vertragspartner dafür einzustehen haben, daß sie ihrer Überbindungsverpflichtung vollständig nachkommen.

Das Urteil des Berufungsgerichtes beruht daher nicht auf der unrichtigen Lösung der Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung, auf die allein einzugehen ist, weil im übrigen auf die Entscheidung JBl. 1987, 783 zu verweisen ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO. Der Bewertungsausspruch nach § 500 Abs. 2 ZPO ändert die Kostenbemessungsgrundlage (§ 4 RATG; § 56 Abs. 2 JN) nicht.

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