OGH 15Os56/88

OGH15Os56/883.5.1988

Der Oberste Gerichtshof hat am 3.Mai 1988 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, Dr. Reisenleitner, Hon.Prof. Dr. Brustbauer und Dr. Kuch als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Schumacher als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Johannes L*** wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs 1, Abs 2 Z 1, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1, 2 und 3 StGB (aF) und § 15 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Schöffengericht vom 26. Februar 1988, GZ 25 a Vr 778/87-32, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Gemäß § 285 i StPO werden die Akten zur Entscheidung über die Berufung dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet. Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die durch die Nichtigkeitsbeschwerde verursachten Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem bekämpften Urteil wurde Johannes L*** des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten (zu ergänzen: schweren) Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs 1, Abs 2 Z 1, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1, 2 und 3 StGB (in der zum Urteilszeitpunkt geltenden Fassung) sowie § 15 StGB (Pkt. A) und des Vergehens der Urkundenfälschung nach § 223 Abs 2 StGB (Pkt. B) schuldig erkannt. Ihm liegt zur Last (Pkt. A), in Gesellschaft des mittlerweile verstorbenen Richard S*** als Beteiligter in Bregenz (1.) am 28. August 1986 einen Einbruchsdiebstahl, bei dem 6.563 S Bargeld sowie ein Fotoapparat und Zigaretten im Wert von 2.270 S erbeutet wurden, und (2.a-c) unmittelbar darnach einen Einbruchsversuch sowie am 4. oder 5.September 1986 zwei weitere Einbruchsversuche begangen sowie des weiteren (Pkt. B) am 15.Dezember 1987 in Lustenau eine falsche Urkunde, nämlich ein von ihm oder einer dritten hiezu nicht befugten Person hergestelltes dem Anschein nach von Dr. Bernhard L*** ausgestelltes Rezept im Rechtsverkehr zum Beweise eines Rechts, nämlich der Berechtigung zum Bezug von Paracodein auf Grund eines ärztlichen Rezepts, gebraucht zu haben.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen den Schuldspruch gerichteten, auf die Z 5, 9 lit a und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde kommt keine Berechtigung zu.

In der Mängelrüge (Z 5) wird ein Begründungsmangel nicht dargetan.

Denn das Schöffengericht beschäftigte sich im angefochtenen Urteil ausdrücklich auch mit dem vom Beschwerdeführer aufgeworfenen Umstand, daß die Abteilung EKF der Bundespolizeidirektion Wien die gesicherten Schuhsohlenspuren an den Tatorten der Einbruchsdiebstähle mangels ausreichender Charakteristika (für sich allein) nicht den beim Angeklagten und seinem Komplizen sichergestellten Turnschuhen zuzuordnen vermochte (US 9 in Verbindung mit S 27), leitete aber aus der durch diese Expertise nicht in Frage gestellten Übereinstimmung der Sohlenprofile der gleichen Schuhgröße im Verein mit der aus den Vorstrafen des Angeklagten manifest gewordenen Neigung zur Verübung von Vermögensdelikten und seiner durch Drogenkonsum ausgelösten Mittelknappheit in formal zureichender Weise seine Überzeugung von der Täterschaft des Angeklagten (und seines Komplizen) ab. Mit der Behauptung, es stelle dies "lediglich eine Vermutung des Erstgerichtes dar", wird nur der Versuch einer in Rechtsmittelverfahren gegen schöffengerichtliche Urteile nicht vorgesehenen und daher unbeachtlichen Bekämpfung der erstgerichtlichen Beweiswürdigung nach Art einer Schuldberufung unternommen.

Nichts anderes stellt die Bezugnahme des Beschwerdeführers auf die Aussage der Zeugin S*** dar, denn auch diese Aussage, nach der sie den Angeklagten finanziell unterstützt hätte, wurde vom Schöffengericht einer Würdigung in bezug auf ihren Beweiswert unterzogen (US 10) und dabei deren Behauptung mit der denkmöglichen Begründung abgetan, daß sie selbst drogenabhängig war und damit einer Einnahmequelle bedurfte (und deshalb den Angeklagten nicht nennenswert unterstützte).

Auch das Vorbringen in der Mängelrüge zur Urkundenfälschung ist unberechtigt. Zu der Behauptung, das Erstgericht sei sich "nicht schlüssig, welcher Version es nun Glauben schenken sollte", gelangt der Beschwerdeführer nämlich nur, indem er sich bei seiner Gegenüberstellung von Urteilsfeststellungen einer Auslassung befleißigt. Das Schöffengericht stellte keineswegs fest, daß die Urkunde (in ihrer Gesamtheit) von Claudia S*** hergestellt worden sei, sondern von jener "auf Paracodein ausgestellt" wurde (US 13), was durchaus im Einklang mit den weiteren Feststellungen steht, daß der Angeklagte unter Benützung eines bereits früher vom Arzt Dr. L*** ausgestellten Rezeptes durch Fotokopie unter teilweiser Abdeckung den Anschein eines (noch unausgefüllten) Rezeptformulars herstellte, dieses von Claudia S*** ausgefüllt wurde und sodann mit einem selbstverfertigten Stampiglienaufdruck und einem Schriftzug "B. L***" versehen wurde, wobei (nur) nicht mehr näher geklärt werden kann, wer die Stampiglie verfertigte und wer unterzeichnete (US 10/11).

Die Rechtsrügen (Z 9 lit a und Z 10) sind zur Gänze nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt.

Bei Ausführung materiellrechtlicher Nichtigkeitsgründe ist nämlich vom festgestellten Urteilssachverhalt auszugehen und dieser mit dem darauf angewendeten Gesetz zu vergleichen. Ausführungen, in denen dagegen im Urteil konstatierte Tatsachen bestritten oder übergangen werden oder aber ein nicht festgestellter Umstand als gegeben angenommen wird, können einer materiellrechtlichen Überprüfung der angefochtenen Entscheidung nicht zugrunde gelegt werden.

So übergeht der Beschwerdeführer mit der Behauptung, es hätte sowohl hinsichtlich der Wissenskomponente als auch der Willenskomponente des für den Diebstahl erforderlichen Vorsatzes "entsprechender Feststellungen" bedurft, die Urteilsfeststellungen über den Vorsatz - ja sogar die Absicht - des Angeklagten, die Gesellschafts- und Einbruchsdiebstähle zu begehen, um sich und seinen Komplizen unrechtmäßig zu bereichern (US 7/8). Mit der Behauptung, er sei "zu dem Tatzeitpunkt" nicht im Besitz seiner vollen geistigen und körperlichen Kräfte gewesen, übergeht der Beschwerdeführer des weiteren die durch den Hinweis auf die Tatausführung begründete Konstatierung seiner Dispositions- und Diskretionsfähigkeit (US 7).

Desgleichen geht der Beschwerdeführer mit seinen Ausführungen, eine Fotokopie sei keine Urkunde im Sinn des § 223 StGB, nicht von der Gesamtheit der Feststellungen aus und übergeht, daß nach diesen vorliegend die Fotokopiertätigkeit nur in der Herstellung eines Papiers nach Art eines Rezeptblanketts des Arztes Dr. L*** bestand, auf dem dann erst durch handschriftliche Eintragungen und Beisetzen einer Stampiglie und einer Unterschrift der Anschein einer ärztlichen Verordnung zur Verabreichung von Paracodein für einen "LAU Gerhard", mithin eine falsche Urkunde, erzeugt wurde (vgl. Leukauf-Steininger, StGB2 RN 19 zu § 223, Kienapfel im WK zum StGB Rz. 179 zu § 223 ua).

Mit der Beschwerdebehauptung, es sei "nicht zweifelsfrei erwiesen" und festgestellt, ob der Angeklagte eine gefälschte Urkunde im vollen Bewußtsein auch gebrauchen wollte, wobei ein "Gewinn" seiner Glaubwürdigkeit aus der Aussage der Zeugin S*** abgeleitet und auf Entzugserscheinungen verwiesen wird, gerät er zum ersten erneut in das ihm verwehrte Gebiet der Bekämpfung der Beweiswürdigung des Schöffengerichtes und übergeht zum anderen wieder die Urteilsfeststellungen über seinen Vorsatz (US 13), bei denen das Schöffengericht auch die kurz nach der Tat erkennbaren leichten Entzugserscheinungen keineswegs unbeachtet ließ (US 11). Die Ausführungen der Subsumtionsrüge (Z 10) schließlich erschöpfen sich in der Behauptung, die Voraussetzungen des § 223 Abs 2 StGB seien weder in subjektiver noch in objektiver Hinsicht gegeben, bleiben somit völlig unsubstantiiert, und stellen daher mangels deutlicher und bestimmter Bezeichnung jener Tatumstände, die den angerufenen Nichtigkeitsgrund bilden sollen (§ 285 a Z 2 StPO), ebenfalls keine gesetzmäßige Ausführung einer Rechtsrüge dar. Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war somit teils als offenbar unbegründet, teils als nicht gesetzmäßig ausgeführt sofort bei der nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen (§ 285 d Abs 1 Z 1 und 2 StPO in Verbindung mit § 285 a Z 2 StPO), woraus die Kompetenz des Gerichtshofes zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285 i StPO).

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