OGH 1Ob534/88

OGH1Ob534/8813.4.1988

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert, Dr. Hofmann, Dr. Schlosser und Dr. Graf als weitere Richter in der Vormundschaftssache des mj. Peter T***, geboren am 23. Mai 1978, infolge Revisionsrekurse der Mutter Erika T***, Pensionistin, Linz, Merianweg 26, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Linz als Rekursgerichtes vom 10. Dezember 1987, GZ 18 R 821/87-26, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Linz-Land vom 6. Oktober 1987, GZ 4 P 9/87-19, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Revisionsrekurse ON 32 und ON 37 werden zurückgewiesen.

Text

Begründung

Der unehelich geborene Peter T*** wurde seit der Geburt von seiner alleinstehenden Mutter gepflegt und erzogen. Wegen ihres sich ständig verschlechternden Gesundheitszustandes (Bronchialasthma, Zuckerkrankheit, Bandscheibenabnützung) konnte die Mutter nach der Geburt des Kindes keiner Beschäftigung mehr nachgehen. Sie bezieht von der P*** DER

A*** eine Invaliditätspension. Am 14. Jänner 1987 erlitt die Mutter zu Hause einen derart schweren Asthmaanfall, daß sie das Bewußtsein verlor. Der Sohn verständigte die Hausärztin, die Mutter kam in stationäre Pflege, in der sie bis 25. Februar 1987 verblieb. Das Kind wurde während des stationären Aufenthaltes der Mutter mit deren Zustimmung bei einer in der Nähe wohnenden Pflegefamilie untergebracht. Seit 14. Februar 1987 befindet sich das Kind nunmehr gegen den Willen der Mutter bei einer Pflegefamilie in Niederösterreich.

Der Magistrat der Landeshauptstadt Linz-Jugendamt beantragt, das Kind in gerichtliche Erziehungshilfe zu überweisen. Die Mutter sprach sich gegen diesen Antrag aus, sie fühle sich nun wieder gesund und sei in der Lage, ihr Kind selbst zu erziehen. Das Erstgericht überwies das Kind in gerichtliche Erziehungshilfe. Es genehmigte die Unterbringung bei einer Pflegefamilie. Es stellte fest, in den letzten Jahren sei es bei der Mutter, bedingt durch ihren erheblichen Alkoholkonsum, zu Abbauerscheinungen gekommen. Sie habe die Haushaltsführung vernachlässigt, das Kind sei in der Schule durch mangelnde körperliche Pflege aufgefallen, ihm habe, weil die Kleidung fast nicht gewechselt worden sei, bereits ein sehr unangenehmer Geruch angehaftet. Zuletzt habe die Mutter das Kind schulisch nicht mehr gefördert und seine Leistungen nicht mehr kontrolliert. Bei der Mutter seien im Krankenhaus ein Leberzellschaden und Alkoholmißbrauch festgestellt worden. Die Wohnung sei derart verwahrlost gewesen, daß zwei Stellen ihre Reinigung abgelehnt hätten. Berge von Schmutzwäsche sowie Stapel von Papier seien wahllos in der gesamten Wohnung herumgelegen. Seit langer Zeit gehortete und vor Wochen verdorbene Lebensmittel seien vorgefunden worden. Das Kind habe in einem total verschmutzten Gitterbett geschlafen. Am 27. April 1987 habe sich in der Wohnung ein Rohrbruch ereignet; die Mutter sei nicht erreichbar gewesen, so daß die Wohnung von einem Schlosser unter polizeilicher Assistenz habe geöffnet werden müssen. Die Wohnung habe sich in einem katastrophalen Zustand befunden. Sie habe einer stinkenden Mülldeponie geglichen. Zwei Container seien mit verfaulten Gemüsen, Speiseresten und verfaulten Kleidungsstücken gefüllt worden. Die Reinigungsfrauen hätten mit Binden um den Mund arbeiten müssen, weil sie den Gestank sonst nicht ertragen hätten. Wegen des bestehenden Erziehungsnotstandes sei die Anordnung gerichtlicher Erziehungshilfe notwendig.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Mutter, in dem sie im wesentlichen darlegte, sie sei nunmehr auf Grund ihres Gesundheitszustandes in der Lage, ihrem Sohn die erforderliche Pflege und Erziehung zukommen zu lassen, nicht Folge. Wie sich aus den Angaben der die Mutter bei der Rekurserhebung begleitenden Margit P*** ergäbe, sei die Mutter noch immer auf fremde Hilfe angewiesen, andernfalls würde die Wohnung in kürzester Zeit wieder verwahrlost sein. Es könne deshalb nicht gesagt werden, daß die Persönlichkeit der Mutter bereits derart gefestigt wäre, daß sie ihren Pflichten als Erziehungsberechtigte nachkommen könne. Erst wenn sie gesundheitlich wieder so weit hergestellt und ihre Persönlichkeit so weit gefestigt sei, daß sie ohne fremde Hilfe ihre Angelegenheiten besorgen könne, und zu erwarten sei, daß sie das Kind entsprechend pflegen und versorgen, anleiten und führen könne, ihm also auch als Vorbild dienen könne, werde die Aufhebung der gerichtlichen Erziehungshilfe zu überlegen sein. Es werde erst die Zukunft zeigen, ob es der Mutter bei Stabilisierung ihrer Verhältnisse möglich sein werde, wieder ihren Aufgaben als Erziehungsberechtigte nachkommen zu können.

Gegen diese Entscheidung erhob die Mutter fristgerecht Revisionsrekurs (ON 32), den sie am 2. Februar 1988 mit einem weiteren Schriftsatz (ON 37) konkretisierte. Dieser Schriftsatz ist schon deshalb zurückzuweisen, weil auch im Verfahren außer Streitsachen der Grundsatz der Einmaligkeit des Rechtsmittels gilt, Ergänzungen während der Rechtsmittelfrist daher unzulässig sind (EFSlg 52.535, 47.064, 44.630 uva).

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ON 32 ist mangels Vorliegens der Revisionsrekursgründe des § 16 AußStrG unzulässig.

In erster Linie geht es der Revisionsrekurswerberin darum, die bewilligte Erziehungshilfe mit Ende des Schuljahres 1988 aufzuheben, allenfalls das Kind nicht mehr bei Pflegeeltern, sondern in einem Hort unterzubringen. Über beide neu gstellten Anträge wird das Erstgericht zu entscheiden haben.

Im übrigen bekämpft die Rechtsmittelwerberin im wesentlichen die Tatsachenfeststellungen der Vorinstanzen und unter Vorbringen von Neuerungen die Glaubwürdigkeit der Angaben der Margit P***. Im Verfahren über einen außerordentlichen Revisionsrekurs nach § 16 AußStrG ist aber sowohl die Bekämpfung der Tatsachengrundlage und Beweiswürdigung als auch das Vorbringen von Neuerungen unzulässig (EFSlg 52.740, 52.744, 49.921 bis 49.923 uva). Nach den getroffenen Feststellungen erweist sich aber die Beurteilung der Vorinstanzen, die Mutter sei derzeit nicht in der Lage, ihrem Kind die nötige Erziehung angedeihen zu lassen, nicht als offenbar gesetzwidrig.

Auch der Revisionsrekurs ON 32 ist zurückzuweisen.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte