Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 21.666,15 (darin keine Barauslagen und S 1.969,65 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Unbestritten ist, daß am 21. Februar 1982 zwischen der beklagten Partei als Käuferin und der N*** I*** OIL C*** (N***) als Verkäuferin ein Vertrag über die Lieferung von 1,800.000 Faß Rohöl leicht und von 1,400.000 Faß Rohöl schwer abgeschlossen wurde. Die Lieferung sollte mit 1. April 1982 beginnen und am 30. September 1982 enden. Die Geschäftspartner kamen unter anderem überein, daß die Beklagte zugunsten der Verkäuferin für jede Ladung oder eine in einem bestimmten Zeitraum lieferbare Anzahl von Ladungen ein unwiderrufliches, übertragbares und teilbares bestätigtes Akkreditiv in Höhe des Wertes der entsprechenden Lieferung erstellen sollte, sodaß die Verkäuferin mindestens 10 Tage vor dem erwarteten Ankunftsdatum der Öllieferung per Schiff die Bestätigung des betreffenden Akkreditivs rechtzeitig erhalte. Form und Inhalt des Akkreditivs wurden exakt festgelegt. Nach Abschluß dieses Vertrages über den Ankauf von Rohöl versuchte die beklagte Partei, die kein Ölhändler ist, sondern diesen Rohölankauf lediglich im Rahmen von Gegenlieferungen von Waren in den Iran machte, einen Käufer für die von der N*** erworbenen Rohölmengen zu finden. Im Zuge der Verkaufsbemühungen der von der N*** unter Zeitdruck gesetzten beklagten Partei kam es zu einem Kontakt mit der klagenden Partei, wobei zwischen den Streitteilen am 27./28. April 1982 Gespräche stattfanden, die einen Verkauf des von der beklagten Partei erworbenen iranischen Rohöls an die klagende Partei zum Gegenstand hatten.
Die klagende Partei begehrte von der beklagten Partei Zahlung von US-Dollar 145.626,-- sA und brachte vor, am 28. April 1982 sei zwischen den Streitteilen ein Vertrag geschlossen worden, demzufolge sich die beklagte Partei verpflichtet habe, an die klagende Partei 2 Millionen Barrel iranisches Rohöl leicht a US-Dollar 29,25 und 1,400.000 Barrel iranisches Rohöl schwer a US-Dollar 27,75 zu verkaufen. Die Kaufpreiszahlung sei durch ein unwiderrufliches Dokumentenakkreditiv über den Betrag von US-Dollar 97 Millionen plus minus 10 % zu sichern gewesen. Für den Fall, daß es trotz der Eröffnung eines solchen Akkreditivs nicht zur Ausführung des Vertrages kommen sollte, sei vereinbart worden, daß die beklagte Partei alle Kosten des Akkreditivs zu tragen habe. Nachdem am 28. April 1982 eine Einigung über alle wesentlichen Vertragspunkte zustande gekommen sei, habe die klagende Partei den Vertragsinhalt mit Telex vom 28. April 1982 an die beklagte Partei festgehalten. Diese habe mit Telex vom selben Tag ausdrücklich die Richtigkeit des Fernschreibens der klagenden Partei bestätigt und lediglich zwei das zu eröffnende Akkreditiv betreffende Ergänzungswünsche geäußert. Daraufhin habe die klagende Partei noch am 28. April 1982 die B*** DE P*** ET DE P*** BAS ("Paribas") in Genf beauftragt, bei der von der beklagten Partei bezeichneten B*** C*** S*** zugunsten der beklagten Partei ein entsprechend der zwischen den Streitteilen abgeschlossenen Vereinbarung unwiderrufliches, an die N*** übertragbares Dokumentenakkreditiv über einen Betrag von US-Dollar 97 Millionen plus minus 10 % zu eröffnen. Die beklagte Partei sei aber in der Folge nicht in der Lage gewesen, die vereinbarten Liefertermine einzuhalten, und habe die klagende Partei wiederholt gebeten, das Akkreditiv zu verlängern und verschiedene seiner Bedingungen zu ändern. Allen diesen Wünschen sei die klagende Partei jeweils sofort nachgekommen. Am 27. Juni 1982 sei die klagende Partei vom Geschäftsführer der beklagten Partei vor die Alternative gestellt worden, entweder einer Preiserhöhung zuzustimmen und das Akkreditiv entsprechend zu erhöhen, oder aber die beklagte Partei aus dem Vertrag zu entlassen. Für den zweiten Fall sei der klagenden Partei ausdrücklich der Anspruch auf den ihr vertragsmäßig zugesicherten Ersatz aller ihrer Akkreditivkosten bestätigt worden. Am 5. Juli 1982 habe der Geschäftsführer der beklagten Partei seine Vorschläge wiederholt und außerdem eine Pauschalsumme von US-Dollar 750.000,-- zur Deckung der Kosten und Auslagen für den Fall angeboten, daß die klagende die beklagte Partei aus dem Vertrag entlasse. Die klagende Partei habe diesem Angebot unter der Bedingung zugestimmt, daß für den angebotenen Betrag von der beklagten Partei eine Sicherheit gestellt würde, was aber nicht geschehen sei. Die beklagte Partei sei auch weiterhin ihrer Lieferverpflichtung nicht nachgekommen, sondern habe schließlich die Ware um eine höheren als den mit der klagenden Partei vereinbarten Preis anderweitig verkauft. Die klagende Partei habe der beklagten Partei die ihr im Zusammenhang mit der Eröffnung und den Änderungen des Akkreditivs erwachsenen und auf Grund der Vereinbarung vom 28. April 1982 geschuldeten Kosten von insgesamt US-Dollar 145.626,-- in Rechnung gestellt. Diesen Betrag schulde die beklagte Partei der klagenden Partei selbst dann, wenn weder der Vertrag als Ganzes noch die Vereinbarung über den Kostenersatz allein Gültigkeit erlangt hätten. Es sei nämlich zwischen den Streitteilen jedenfalls zumindest ein vorvertragliches Schuldverhältnis gegeben, aufgrund dessen die beklagte Partei der klagenden Partei deren Vertrauensschaden, der unter anderem in den geltend gemachten Akkreditivkosten bestehe, zu ersetzen habe. Die beklagte Partei beantragte die kostenpflichtige Abweisung des Klagebegehrens. Sie wendete ein, die Streitteile hätten beabsichtigt, in Geschäftsbeziehungen zueinander zu treten, wobei die klagende Partei mit Telex vom 28. April 1982 ihre Vorschläge und Bedingungen dargelegt habe. Es habe aber keine Einigung erzielt werden können. Die Vorgespräche hätten zu keinem Ergebnis geführt, da das von der klagenden Partei zu eröffnende Bankakkreditiv nicht fristgerecht erstellt worden sei und auch nicht den erforderlichen Inhalt aufgewiesen habe. Insbesondere sei klargestellt gewesen, daß das Akkreditiv der klagenden Partei genau jenen Erfordernissen zu entsprechen gehabt habe, die sich aus dem Vertrag der beklagten Partei mit der N*** ergeben hätten. Das von der klagenden Partei veranlaßte Akkreditiv habe aber den Bedingungen und Bestimmungen des N***ertrages in keiner Weise entsprochen und sei auch nicht, wie vorgesehen, am 28. April 1982, sondern erst am 4. Mai 1982 und demnach verspätet beigebracht worden, sodaß es zur Weiterleitung an die N*** weder geeignet noch brauchbar gewesen sei. Die klagende Partei, die auch insoweit säumig geworden sei, als sie es unterlassen habe, ein gewünschtes Transportschiff zu benennen, habe es daher zu verantworten, daß der ursprünglich beabsichtigte Vertrag nicht zustande gekommen sei. Abgesehen davon, daß sich die beklagte Partei demnach auch nicht zur Zahlung der Akkreditivkosten verpflichtet habe, wäre eine solche Vereinbarung, wonach die Beklagte in jedem Fall des Nicht-Zustandekommens des Vertrages die Spesen des Bankakkreditivs zu tragen hätte, sittenwidrig. Von der Beklagten sei auch nie ein Anerkenntnis des Inhalts abgegeben worden, daß sie der Klägerin etwas schulde. Da die klagende Partei schließlich die laufenden Vertragsverhandlungen einseitig abgebrochen habe, sei die beklagte Partei letztlich gezwungen gewesen, das Ölgeschäft mit einem anderen Partner abzuschließen. Sie habe dabei aber nur einen wesentlich verminderten Verkaufserlös erzielen können. Der dadurch erlittene Verlust übersteige die Höhe der Klagsforderung bei weitem. Die beklagte Partei stelle ihre diesbezüglichen Ansprüche der Klagsforderung aufrechnungsweise entgegen.
Das Erstgericht erachtete die Klagsforderung mit
US-Dollar 145.626,-- als zu Recht, die eingewendete Gegenforderung als nicht zu Recht bestehend und sprach der klagenden Partei US-Dollar 145.626 sA zu; ein Zinsenmehrbegehren wurde abgewiesen. Die Feststellungen des Erstgerichtes lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Bei den Gesprächen zwischen den Streitteilen am 27. und 28. April 1982 kam eine Einigung über den Ankauf des Öls durch die klagende Partei zustande. Es wurde festgelegt, daß die Bezahlung durch die klagende Partei mittels eines von ihr zu veranlassenden Akkreditivs zu erfolgen habe, wobei von der beklagten Partei dargelegt wurde, daß dieses Akkreditiv schnell zu eröffnen sei. Im Zuge dieser Besprechungen wurde von der beklagten Partei ihr mit der N*** am 21. Februar 1982 geschlossener Vertrag vorgelegt, wobei von der beklagten Partei zum Ausdruck gebracht wurde, daß sie unter Zeitdruck stehe. Der Inhalt der am 27./28. April 1982 erzielten Einigung wurde in einem Konzept niedergeschrieben, welches auch vom Geschäftsführer der beklagten Partei, Otto P. H***, durchgelesen wurde. Am 28. April 1982 sandte die klagende Partei ein Fernschreiben, das nach dem zuvor niedergeschriebenen Konzept verfaßt und in dem die zwischen den Streitteilen erzielte Einigung festgehalten wurde, an den Firmensitz der beklagten Partei in Salzburg. In diesem Fernschreiben wurde von der klagenden Partei der Kauf von iranischem Rohöl, und zwar 2 Millionen US-Barrels leicht zu einem Preis von a US-Dollar 29,25 und von 1,400.000 Barrels schwer a US-Dollar 27,25, zu verladen "fob Kharg Island" und zu liefern in der Zeit vom 15. bis 31. Mai 1982, bestätigt. Weiters wurde unter anderem festgehalten, daß die Zahlung in US-Dollar entsprechend der in den Seefrachtbriefen für jede Ladung vermerkten Menge 30 Tage nach Datum des Seefrachtbriefes vorzunehmen und durch ein unwiderrufliches, 95 Millionen US-Dollar plus minus 10 % abdeckendes, bei einer erstklassigen Bank am Tag der Vertragsunterzeichnung zu eröffnendes Dokumentenakkreditiv zu sichern sei. Für den Fall, daß nach Eröffnung eines solchen Akkreditivs durch die klagende Partei die Bestimmungen und Bedingungen des Vertragsentwurfes letztlich nicht finalisiert und von beiden Parteien unterzeichnet würden, habe die beklagte Partei alle Kosten des Käuferakkreditivs zu tragen. Otto P. H*** ließ sich den Text dieses am Firmensitz der beklagten Partei in Salzburg eingelangten Fernschreibens telefonisch durchgeben. Über seine Weisung wurde ebenfalls noch am 28. April 1982 von der beklagten Partei ein auf das Telex der klagenden Partei bezugnehmendes Fernschreiben an die klagende Partei abgesandt, in dem es heißt, die beklagte Partei bestätige hiemit ihre Zustimmung zum Vorschlag des Kaufes von iranischem Rohöl mit den folgenden Ausnahmen: Das Akkreditiv sollte unwiderruflich und an N*** übertragbar sein. Hierauf wies die klagende Partei mit Fernschreiben vom 28. April 1982 ihre Bank "Paribas" an, durch Telex ein unwiderrufliches und an N*** Teheran übertragbares Dokumentenakkreditiv über US-Dollar 97 Millionen plus minus 10 % bei der Bank der beklagten Partei C*** S*** Z*** ohne deren Bestätigung zu eröffnen. Diesem Antrag kam die "Paribas" dadurch nach, daß sie mit Fernschreiben vom 4. Mai 1982 an C*** S*** L***, das auch der klagenden Partei und der C*** S*** Z*** übermittelt wurde, ein entsprechendes Akkreditiv eröffnete, wobei als "besondere Bedingung" unter anderem vermerkt wurde: Dieses Akkreditiv "will become automatically operative" (englischer Originaltext), sobald die S*** K*** Z*** ein Telex von N*** Teheran bis
spätestens 6. Mai 1982 erhalten haben wird, in dem bestätigt wird, daß I*** T*** O*** GmbH das gegenständliche Produkt zur Verladung während der nach diesem Akkreditiv zulässigen Zeiträume zugewiesen erhalten hat. Nachdem sie das betreffende Fernschreiben der "Paribas" erhalten hatte, eröffnete die C*** S*** L*** mit Fernschreiben vom 4. Mai 1982 an die Bank der N*** M*** I*** im Auftrag und für Rechnung der beklagten Partei ein unwiderrufliches Akkreditiv zugunsten der N***, welches auf dem von der "Paribas" eröffneten Akkreditiv basierte. In der Folge wurde dieses Akkreditiv über Ersuchen der beklagten Partei in einigen Punkten (betreffend Lieferfristen, den Rohölpreis und den Zahlungsort) abgeändert und seine Gültigkeit bis 21. Oktober 1982 verlängert. Im Zuge der diesbezüglichen fernschriftlichen Korrespondenz unterfertigte Otto P. H*** am 28. Mai 1982 ein Fernschreiben der beklagten Partei vom selben Tage, in dem es unter anderem heißt: "Es gilt als vereinbart, daß dieses Geschäft von N***s Bestätigung abhängig ist, daß das Rohöl während des Zeitraumes Juli/August/September zur Verfügung steht. Sobald T*** S.A. diese Bestätigung erhalten haben wird, werden Sie eine endgültige Vertragsurkunde zur Unterfertigung durch die beteiligten Parteien vorbereiten." Über Ersuchen der beklagten Partei wurde das Akkreditiv auch betreffend die "operative"-Klausel in weiterer Folge dahin abgeändert, daß die Frist für die Bestätigung der N*** vom 6. Mai 1982 auf 18. Juni 1982, 24. Juni 1982 und schließlich auf 2. Juli 1982 verlängert wurde. Mit Fernschreiben vom 21. Juni 1982 forderte die N*** die beklagte Partei auf, das von ihr zugunsten der N*** eröffnete Akkreditiv in fünf Punkten abzuändern. Die beklagte Partei ersuchte daraufhin die klagende Partei, sie möge, um eine Übertragung zu ermöglichen, ihrerseits das zugunsten der beklagten Partei eröffnete Akkreditiv entsprechend ändern. Während die klagende Partei einer Änderung der übrigen Punkte zustimmte, war sie aber zu dem von der N*** geforderten Verzicht auf die "operative"-Klausel nicht bereit. Entsprechend einer zwischen Saifi K***, der die klagende Partei vertrat, und Otto P. H*** getroffenen Absprache veranlaßte die klagende Partei die "Paribas" daher mit Fernschreiben vom 22. Juni 1982 , ihr Akkreditiv wohl in den gewünschten vier weiteren Punkten, nicht aber hinsichtlich eines Entfalles der "operative"-Klausel abzuändern. Zu einer Öllieferung durch die beklagte Partei an die klagende Partei kam es aber, nachdem am 27. Juni 1982 und am 5. Juli 1982 in Gesprächen zwischen den Streitteilen keine diesbezügliche Einigung herbeigeführt werden konnte, nicht. Vielmehr verkaufte die beklagte Partei das Öl um einen nicht feststellbaren Preis an einen anderen Käufer. Nachdem die "Paribas" der klagenden Partei Akkreditivkosten von insgesamt US-Dollar 145.626,-- in Rechnung gestellt und das Konto der klagenden Partei entsprechend belastet hatte, übermittelte die klagende Partei der beklagten Partei mit Schreiben vom 30. November 1982 eine Rechnung über diese Akkreditivkosten mit dem Hinweis, daß die Rechnung sofort nach Erhalt zahlbar sei.
In der rechtlichen Beurteilung dieses Sachverhalts ging das Erstgericht davon aus, daß nach § 36 IPR-Gesetz österreichisches Recht auf das gegenständliche Rechtsverhältnis anzuwenden sei. Es vertrat die Ansicht, daß am 27./28. April 1982 in mündlicher Form eine bindende Vereinbarung zwischen den Streitteilen zustande gekommen sei. Das Zustandekommen eines Vertrages zwischen den Streitteilen ergebe sich auch aus der fernschriftlichen Korrespondenz der Streitteile. Das Telex vom 28. April 1982, welches schon seiner einleitenden Formulierung nach lediglich ein schriftliches Festhalten der zuvor mündlich erzielten Übereinkommen darstelle, sei als Anbot zu werten, während das Antwortfernschreiben der beklagten Partei die Annahme dieses Anbots darstelle, wobei den beiden darin enthaltenen Änderungswünschen bezüglich des Akkreditivs von der klagenden Partei entsprochen worden sei. Demnach sei zwischen den Streitteilen jedenfalls sowohl mündlich, als auch schriftlich eine Vereinbarung - auch betreffend die Akkreditivkosten - dergestalt zustande gekommen, daß sich die beklagte Partei verpflichtet habe, für den Fall, daß nach Eröffnung eines unwiderruflichen Akkreditivs durch die klagende Partei die Bestimmungen und Bedingungen der Kaufvereinbarung letztlich nicht finalisiert und von beiden Parteien unterzeichnet würden, der klagenden Partei alle Akkreditivkosten zu ersetzen. Der Ansicht der beklagten Partei, die klagende Partei habe die Abwicklung des Rohölgeschäftes dadurch vereitelt, daß das von ihr eröffnete Akkreditiv nicht den notwendigen Inhalt aufgewiesen habe und zudem verspätet gewesen sei, könne nicht gefolgt werden. Eine Verspätung der Akkreditiveröffnung am 4. Mai 1982 könne schon deshalb nicht angenommen werden, da die Eröffnung eines Akkreditivs von US-Dollar 97 Millionen seitens der Bank sicherlich Vorgänge erfordere, die einige Tage in Anspruch nähmen. Zu bedenken sei auch, daß zwischen dem 28. April 1982 und dem 4. Mai 1982 ein Wochenende gelegen sei. Von der beklagten Partei sei auch nicht dargelegt worden, welche Nachteile ihr, die auf eine Verspätung des Akkreditivs niemals hingewiesen habe, dadurch entstanden seien, daß die Eröffnung des Akkreditivs "erst" am 4. Mai 1982 erfolgte. Aber auch der Inhalt des von der klagenden Partei eröffneten Akkreditivs, das von der beklagten Partei vorerst gar nicht beanstandet worden sei, sei nicht zu bemängeln. Insbesondere sei die Aufnahme einer - im übrigen nach den "einheitlichen Richtlinien und Gebräuchen für Dokumenten-Akkreditive"
zulässigen - "operative"-Klauseln nicht ausgeschlossen gewesen. Die klagende Partei habe der Forderung der beklagten Partei, das Akkreditiv müsse an die N*** übertragbar sein, entsprochen; hiefür sei es aber nicht notwendig gewesen, das von der klagenden Partei zu veranlassende Akkreditiv dem Inhalt des von der beklagten Partei zugunsten der N*** zu eröffnenden Akkreditivs anzugleichen. In der Weigerung der klagenden Partei, die "operative"-Klausel fallen zu lassen, könne daher keine Verletzung der vertraglichen Verpflichtung erblickt werden. Da die Durchführung des Vertrages aus Gründen unterblieben sei, die der Sphäre der beklagten Partei zuzurechnen seien, könne auch der Vorwurf der Sittenwidrigkeit der Vereinbarung über die Akkreditivkosten nicht zum Tragen kommen. Entsprechend dieser Vereinbarung sei daher die beklagte Partei verpflichtet, der klagenden Partei ihre für die Eröffnung und die Änderungen des Akkreditivs aufgelaufenen Kosten von insgesamt US-Dollar 145.626,-- zu ersetzen.
Die gegen den stattgebenden Teil des Urteils des Erstgerichtes gerichtete Berufung der beklagten Partei blieb erfolglos; das Gericht zweiter Instanz übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes als unbedenklich und billigte auch die rechtliche Beurteilung der ersten Instanz.
Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes wendet sich die Revision der beklagten Partei aus den Anfechtungsgründen nach § 503 Abs. 1 Z 2, 3 und 4 ZPO mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne der gänzlichen, zumindest aber unter Berücksichtigung eines allfälligen Mitverschuldens der klagenden Partei am Scheitern des Vertrages teilweisen Abweisung des Klagebegehrens; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die klagende Partei beantragte in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Die Revisionsgründe nach § 503 Abs. 1 Z 2 und 3 ZPO liegen nicht vor (§ 510 Abs. 3 ZPO).
In der Rechtsrüge der Revision führt die beklagte Partei aus, die klagende Partei habe in drei wesentlichen Punkten gegen die vertraglichen Bestimmungen und Regelungen über die Eröffnung eines dem N***uster entsprechenden und an N*** übertragbaren, unwiderruflichen Akkreditivs verstoßen:
a) sie habe das Akkreditiv nicht vereinbarungsgemäß am 28. April 1982, sondern vertragswidrig erst am 4. Mai 1982 eröffnet;
b) sie habe weiters entgegen dem zur Verfügung gestellten und somit genau bekannten Akkreditivmuster der N*** zunächst nicht einmal die von der beklagten Partei ausdrücklich verlangte und verhandelte sowie vereinbarte Übertragbarkeit in den Text des Akkreditivs aufgenommen, obwohl ihr bekannt war, daß beim Akkreditiv Unwiderruflichkeit und Übertragbarkeit Hand in Hand zu gehen hatten; und sie habe schließlich
c) einseitig eine "operative"-Klausel beigefügt, obwohl ihr klar sein mußte, daß N*** eine solche niemals akzeptieren werde. Die klagende Partei habe bei der Erstellung des Akkreditivs ein nicht vertragskonformes und absprachemäßiges Verhalten an den Tag gelegt, das ihre nunmehrige Forderung auf Abdeckung und Rückerstattung einer nicht zweifelsfrei erwiesenen, sondern nur in Rechnungen behaupteten Kostenbelastung als unberechtigt, jedenfalls aber als sittenwidrig erscheinen lasse. Sie trage somit das alleinige Verschulden, zumindest aber komme ihr eine überwiegende Mitverantwortlichkeit daran zu, daß das vereinbarte Geschäft nicht zustandegekommen sei. Sie habe daher entgegen der Rechtsansicht des Berufungsgerichtes das Scheitern der Öllieferungsvereinbarung durch ihr eigenes Verhalten verursacht bzw. jedenfalls wesentlich mitverschuldet und daher (mit-) zu vertreten. Das Begehren auf Ersatz der (gesamten), hinsichtlich der Entstehung wie auch der Höhe nach nicht völlig unbedenklich und zweifelsfrei geklärten Akkreditivkosten verstoße somit zumindest unter diesen Gesichtspunkten nicht nur gegen die guten Sitten, sondern sei unter diesen Umständen in jedem Fall unberechtigt.
Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden.
Erwähnt sei zunächst, daß die von den Vorinstanzen zutreffend begründende Anwendung österreichischen Sachrechtes, die im übrigen von den Streitteilen nicht bekämpft wurde, keinen Bedenken begegnet. Nach den vom Berufungsgericht übernommenen Feststellungen des Erstgerichtes haben sich die Streitteile am 27. und 28. April 1982 über alle wesentlichen Punkte des Kaufes von Rohöl durch die klagende Partei geeinigt. Es wurde festgelegt, daß die Bezahlung durch die klagende Partei durch ein von ihr zu veranlassendes Akkreditiv zu erfolgen habe, wobei von der beklagten Partei dargelegt wurde, daß dieses Akkreditiv schnell zu eröffnen sei. Im Zuge dieser Besprechungen wurde von der beklagten Partei ihr mit der N*** am 21. Februar 1982 geschlossener Vertrag vorgelegt, wobei von der Beklagten zum Ausdruck gebracht wurde, daß sie unter Zeitdruck stehe. Der Inhalt der am 27./28. April 1982 erzielten Einigung wurde in einem Konzept niedergeschrieben, welches auch vom Geschäftsführer der Beklagten Otto P. H*** durchgelesen wurde. Am 28. April 1982 sandte die klagende Partei ein Fernschreiben, das nach dem zuvor niedergeschriebenen Konzept verfaßt und in dem die zwischen den Streitteilen erzielte Einigung festgehalten wurde, an den Firmensitz der beklagten Partei in Salzburg. In diesem Fernschreiben wurde von der klagenden Partei der Kauf von iranischem Rohöl, und zwar 2 Millionen U***arrels leicht zu einem Preis von a US-Dollar 29,25 und von 1,400.000 Barrels schwer a US-Dollar 27,25, zu verladen, "fob Kharg Island" und zu liefern in der Zeit vom 15. bis 31. Mai 1982, bestätigt. Weiters wurde unter anderem festgehalten, daß die Zahlung in US-Dollar entsprechend der in den Seefrachtbriefen für jede Ladung vermerkten Menge 30 Tage nach Datum des Seefrachtbriefes vorzunehmen und durch ein unwiderrufliches, US-Dollar 97 Millionen plus minus 10 % abdeckendes, bei einer erstklassigen Bank am Tag der Vertragsunterzeichnung zu eröffnendes Dokumentenakkreditiv zu sichern sei. Für den Fall, daß nach Eröffnung eines solchen Akkreditivs durch die klagende Partei die Bestimmungen und Bedingungen des Vertragsentwurfes letztlich nicht finalisiert und von beiden Parteien unterzeichnet würden, habe die beklagte Partei alle Kosten des Käuferakkreditivs zu tragen.
Die beklagte Partei vertritt nun die Auffassung, die Forderung der klagenden Partei auf Ersatz der Kosten des Käuferakkreditivs sei durch deren schuldhaftes vertragswidriges Verhalten, das ein Zustandekommen des vereinbarten Geschäftes verhindert habe, sittenwidrig und unberechtigt. Die Vertragsverletzungen durch die klagende Partei erblick die beklagte Partei zunächst darin, daß die klagende Partei dem von ihr eröffneten Akkreditiv einseitig eine sogenannte "operative"-Klausel beigefügt habe, obwohl ihr habe klar sein müssen, daß die N*** eine solche Klausel nicht akzeptieren werde.
Zu diesem Punkt hat schon das Berufungsgericht zutreffend darauf verwiesen, daß in dem Rohölverkaufsvertrag vom 21. Februar 1982 zwischen der beklagten Partei und der N*** (Beilagen ./1 und ./1 a) kein ausdrücklicher Hinweis enthalten ist, daß ein eine "operative"-Klausel enthaltendes Akkreditiv von der N*** nicht akzeptiert werden würde. Die Streitteile mußten daher keineswegs bei Vertragsabschluß davon ausgehen, daß die Aufnahme der "operative"-Klausel der Übertragbarkeit des Akkreditivs entgegenstehen werde, weil die N*** nicht bereit sein werde, die im Rahmen dieser Klausel von der klagenden Partei geforderte Bestätigung abzugeben. Die beklagte Partei hat zwar in ihrem Fernschreiben vom 28. April 1982 sofort darauf hingewiesen, daß die mündlich besprochenen Vertragspunkte, das Akkreditiv solle unwiderruflich und an N*** übertragbar sein, im Text der klagenden Partei nicht ausdrücklich festgehalten worden seien, worauf die klagende Partei die Aufnahme dieser vertraglichen Bestimmungen in das Akkreditiv veranlaßte. Die beklagte Partei hat aber weder in dem genannten Fernschreiben noch in den nach dem 28. April 1982 mittels Fernschreiben abgegebenen Erklärungen Einwendungen gegen die Aufnahme dieser Klausel in das Akkreditiv erhoben, sondern vielmehr lediglich die klagende Partei ersucht, die für die Abgabe der Bestätigungserklärung durch die N*** - gemäß der genannten Klausel - festgesetzte Frist zu verlängern. Dieses Verhalten der klagenden Partei wurde vom Berufungsgericht ohne Rechtsirrtum als Zustimmung zur Beifügung der "operative"-Klausel gewertet. In der Auffassung, daß die Aufnahme der "operative"-Klausel Bestandteil der vertraglichen Vereinbarung der Streitteile wurde, und der klagenden Partei daher nicht als Verstoß gegen ihre Vertragspflichten vorgeworfen werden könne, daß sie nicht bereit war, der nachträglichen Aufforderung der beklagten Partei, diese Klausel wieder zu stornieren, Folge zu leisten, kann daher keine unrichtige rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes erblickt werden. Auch soweit die Revision eine Vertragsverletzung der klagenden Partei daraus abzuleiten versucht, daß diese entgegen dem zur Verfügung gestellten und ihr somit bekannten Akkreditivmuster der N*** zunächst trotz Kenntnis des Umstandes, daß beim Akkreditiv die Unwiderruflichkeit und Übertragbarkeit erforderlich waren, nicht einmal die von der beklagten Partei ausdrücklich verlangte Übertragbarkeit in den Text des Akkreditivs aufgenommen habe, kann ihr aus den oben dargelegten Erwägungen zur "operative"-Klausel nicht gefolgt werden; im übrigen hat die klagende Partei der Aufforderung der beklagten Partei im Schreiben vom 28. April 1982, die Unwiderruflichkeit und Übertragbarkeit an die N*** in den Text des Akkreditivs aufzunehmen, nach den Feststellungen noch am gleichen Tage Rechnung getragen.
Zutreffend hat das Berufungsgericht auch den Einwand der beklagten Partei, die klagende Partei habe durch verspätete Eröffnung des Akkreditivs ihre Vertragspflichten verletzt, nicht als berechtigt erkannt; nach den Feststellungen hat die klagende Partei in ihrem Fernschreiben vom 28. April 1982 mit dem die Ergebnisse der mündlichen Vereinbarung der Streitteile festgehalten wurden, angeführt, das Akkreditiv werde "am Tag der Unterfertigung des Vertrages" eröffnet. Wird nun berücksichtigt, daß die Fernschreiben der Streitteile erst am Nachmittag des 28. April 1982 abgesendet und empfangen wurden (das Fernschreiben der klagenden Partei an die beklagte Partei Beilagen ./B und ./B 1 wurde um 14,50 Uhr abgesendet, das zustimmende Fernschreiben der beklagten Partei an die klagende Partei Beilagen ./C und ./C 1 um 16,15 Uhr ) konnte nach der Übung des redlichen Verkehrs (§ 914 ABGB), wie das Berufungsgericht richtig erkannte, zweifellos nicht erwartet werden, daß eine Bank einen Auftrag über die Eröffnung eines Akkreditivs mit einer Summe von U***ollar 97 Millionen plus minus 10 % noch am gleichen Tage durchführen werde. Vielmehr war die Vereinbarung dahin zu verstehen, daß die klagende Partei verpflichtet war, ihrer Bank den Auftrag zur Eröffnung des Akkreditivs unverzüglich zu erteilen, welcher Verpflichtung die klagende Partei auch mit dem Fernschreiben an die "Paribas" Bank vom 28. April 1982 (Beilagen ./D und ./D 1), das um 17,18 Uhr abgesendet wurde, nachkam. Eine Vertragspflichtenverletzung durch die klagende Partei lag daher nicht vor.
Da es der beklagten Partei somit nicht gelungen ist, eine Verletzung von Vertragspflichten durch die klagende Partei nachzuweisen, hat das Berufungsgericht ohne Rechtsirrtum erkannt, daß das Scheitern der zwischen den Streitteilen getroffenen Vereinbarung über den Verkauf des Rohöls an die klagende Partei nur der Sphäre der beklagten Partei zuzurechnen ist. Zutreffend hat das Berufungsgericht auch dargelegt, daß die Vereinbarung der Streitteile über die Tragung der Kosten des Akkreditivs durch die beklagte Partei im Falle des Scheiterns des Vertrages nicht sittenwidrig ist, weil Sittenwidrigkeit im Sinne des § 879 ABGB nur dann angenommen werden kann, wenn die Interessenabwägung eine grobe Verletzung rechtlich geschützter Interessen oder bei Interessenkollision ein grobes Mißverhältnis zwischen den durch die Handlung verletzten und den durch sie geförderten Interessen ergibt. Im vorliegenden Fall liegt aber weder eine Rechtswidrigkeit auf Seiten der klagenden Partei vor, noch kann im Hinblick darauf, daß das Scheitern des Vertrages eindeutig der beklagten Partei zuzurechnen ist, in ihrer Verpflichtung, die Kosten des Akkreditivs zu tragen, eine sittenwidrige Ungleichbehandlung der Parteien erblickt werden.
Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.
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