Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Text
Entscheidungsgründe:
Die am 4.5.1902 geborene Klägerin bezieht von der beklagten Partei seit 1959 eine Invaliditätspension, die im Jahre 1986 3.359,90 S monatlich betrug. Dazu wurde ihr ab 19.2.1986 ein Hilflosenzuschuß zuerkannt. Weiters leistete die beklagte Partei im Jahre 1986 eine Ausgleichszulage von 1.312,10 S monatlich (Unterschied zwischen der Pension und dem damaligen Richtsatz von 4.672 S).
Auf Antrag des Magistrates der Stadt Wien - MA 7 beschlossen der Gemeinderatsausschuß für Kultur und Sport, der Stadtsenat und der Gemeinderat von Wien, der Klägerin in Würdigung ihrer künstlerischen Leistungen als Tänzerin ehrenhalber eine laufende außerordentliche Zuwendung von 4.200 S monatlich (14mal jährlich) zuzüglich Heizbeihilfe laut Gemeinderatsbeschluß vom 10.12.1982, Pr.Z.3501, gegen jederzeitigen Widerruf mit Wirksamkeit vom 1.1.1986 zu verleihen, deren Bedeckung zu Lasten des Ansatzes 1/3819/768/000/001 erfolgt. Die Heizbeihilfe von 500 S wird in den Monaten Oktober bis April gezahlt. Die außerordentliche Zuwendung und die Heizbeihilfe wurden mit Gemeinderatsbeschluß vom 24.10.1986 rückwirkend ab 1.1.1986 auf 4.350 S und 560 S erhöht. Die Magistratsabteilung 7 der Stadt Wien verständigte die Klägerin von der Verleihung der außerordentlichen Zuwendung mit einem am 7.3.1986 expedierten Schreiben.
Die Klägerin meldete dies der beklagten Partei mit einem bei dieser am 25.3.1986 eingelangten Schreiben, ersuchte aber, ihr die Ausgleichszulage nicht zu entziehen, weil sie die Zuwendung der Stadt Wien zur Gänze im Hilde Wagener-Heim, in dem sie wohne, abgeben müsse. Ihre Pension reichte nicht aus, den vollen Heimkostenbeitrag von 10.000 S monatlich zu bezahlen. Mit Bescheid vom 5.8.1986 stellte die beklagte Partei fest, daß der Anspruch der Klägerin auf die mit Bescheid vom 26.10.1959 zur Invaliditätspension gewährte Ausgleichszulage mit 31.1.1986 ende, forderte den für die Zeit vom 1.4. bis 31.8.1986 entstandenen Überbezug von 7.636,20 S zurück und rechnete ihn auf die laufende Pension auf.
Die innerhalb von drei Monaten ab Zustellung dieses Bescheides erhobene, auf Weitergewährung der Ausgleichszulage und Abstandnahme von der Rückforderung des Überbezuges gerichtete Klage stützte sich darauf, daß die Zuwendung der Stadt Wien zur Tragung des Mietzinsaufwandes im Hilde Wagener-Heim diene, eine Leistung der freien Wohlfahrtspflege darstelle und daher nach § 292 Abs4 lit.a und f ASVG bei der Errechnung des Nettoeinkommens außer Betracht zu bleiben habe.
Die beklagte Partei beantragte die Abweisung der Klage und die Verpflichtung der Klägerin zum Rückersatz von 7.630,20 S. Das Erstgericht verurteilte die beklagte Partei, der Klägerin die Ausgleichszulage ab 31.1.1986 im gesetzlichen Ausmaß unter Nichtberücksichtigung der laufenden außerordentlichen Zuwendung der Magistratsabteilung 7 weiterzugewähren und von der Rückforderung der Überbezüge von 7.630,20 S Abstand zu nehmen. Nach seiner rechtlichen Beurteilung handle es sich um eine außerordentliche und jederzeit widerrufliche Zuwendung, auf welche kein Rechtsanspruch bestehe, weshalb sie kein Bestandteil des Nettoeinkommens der Klägerin sei. Das Berufungsgericht gab der gegen das gesamte erstgerichtliche Urteil gerichteten Berufung der beklagten Partei teilweise Folge und änderte das erstgerichtliche Urteil teilweise dahin ab, daß es den auf die Weitergewährung der Ausgleichszulage ab 31.1.1986 gerichteten Teil des Klagebegehrens abwies. Hingegen bestätigte es das erstgerichtliche Urteil in seinem die Rückforderung des Ausgleichszulagenüberbezuges von (richtig) 7.636,20 S betreffenden Teil und verurteilte die beklagte Partei auch noch, der Klägerin den seit 1.9.1986 ratenweise einbehaltenen Ausgleichszulagenbetrag binnen 14 Tagen zurückzuerstatten.
Das Berufungsgericht begründete den abändernden Teil seiner Entscheidung im wesentlichen damit, daß es sich bei der der Klägerin gewährten "Ehrenpension" nicht um einen Bezug "aus" Leistungen der Sozialhilfe und der freien Wohlfahrtspflege im Sinne des § 292 Abs4 lit.f ASVG, aber auch nicht um eine Leistung im Sinne der lit.g dieser Gesetzesstelle handle und berief sich dazu auf die Entscheidungen SVSlg.16.957, 16.959 und 18.870 sowie SSV 13/30 und 26/26).
Nur gegen den abändernden Teil des Berufungsurteils richtet sich die Revision der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Sache mit den Anträgen, den angefochtenen Urteilsteil im klagestattgebenden Sinne abzuändern oder ihn allenfalls aufzuheben. Die beklagte Partei erstattete keine Revisionsbeantwortung.
Rechtliche Beurteilung
Die nach § 46 Abs4 ASGG ohne die Beschränkungen des Abs2 dieser Gesetzesstelle zulässige Revision ist nicht berechtigt. Erreicht die Pension zuzüglich eines aus übrigen Einkünften des Pensionsberechtigten erwachsenden Nettoeinkommens... nicht die Höhe des für ihn geltenden Richtsatzes ..., so hat der Pensionsberechtigte...Anspruch auf eine Ausgleichszulage zur Pension (§ 292 Abs1 ASVG - die folgenden Paragraphen, bei denen keine Norm genannt ist, sind solche des ASVG). Nettoeinkommen...ist, soweit im folgenden nichts anderes bestimmt wird, die Summe sämtlicher Einkünfte in Geld oder Geldeswert nach Ausgleich mit Verlusten und vermindert um die gesetzlich geregelten Abzüge... (§ 292 Abs3). Bei Anwendung ua. der zitierten Absätze haben außer Betracht zu bleiben:
f) Bezüge aus Leistungen der Sozialhilfe und der freien Wohlfahrtspflege; g) einmalige Unterstützungen der gesetzlichen beruflichen Vertretungen, Gewerkschafts- und Betriebsratsunterstützungen und Gnadenpensionen privater Dienstgeber... (§ 292 Abs4).
Weil die bei der Ermittlung des Nettoeinkommens außer Betracht zu lassenden Einkünfte in der letztzitierten Gesetzesstelle - soweit nicht in anderen Gesetzen diesbezüglich ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist (z.B. § 5 Abs2 des Tapferkeitsmedaillen-ZulagenG 1962, BGBl.146) - abschließend aufgezählt sind, zählen alle darin nicht genannten Bezüge in Geld oder Geldeswert zum Einkommen (MGA ASVG 46.ErgLfg § 292 FN 5).
Auf Antrag des Magistrates der Stadt
Wien - Magistratsabteilung 7 beschlossen der Gemeinderatsausschuß für Kultur und Sport, der Stadtsenat und der Gemeinderat von Wien der Klägerin in Würdigung ihrer künstlerischen Leistungen als Tänzerin ehrenhalber eine laufende außerordentliche Zuwendung von 4.200 S monatlich (14mal jährlich) zuzüglich Heizbeihilfe laut Gemeinderatsbeschluß vom 10.12.1982, Pr.Z.3501, gegen jederzeitigen Widerruf mit Wirksamkeit vom 1.1.1986 zu verleihen. Die Bedeckung der Kosten erfolgt zu Lasten des Ansatzes 1/3819/768/000/001. Daß es sich bei dieser außerordentlichen Zuwendung um keine Gnadenpension eines privaten Dienstgebers im Sinne des § 292 Abs4 lit.g handelt, liegt auf der Hand.
Es war daher nur zu prüfen, ob diese außerordentliche Zuwendung ein Bezug aus Leistungen der Sozialhilfe und der freien Wohlfahrtspflege im Sinne der lit.f der bezogenen Gesetzesstelle ist. Dies wurde vom Oberlandesgericht Wien als bis 31.12.1986 einzigem Rechtsmittelgericht für Leistungsstreitsachen in ständiger
Rechtsprechung verneint (SV-Slg 16.957, 16.959, 22.123 = SSV 13/30,
31.758 = SSV 26/26).
In der Entscheidung SV-Slg 16.959 führte das Oberlandesgericht Wien ua. aus, unter freier Wohlfahrtspflege, die den Einrichtungen der öffentlichen Wohlfahrtspflege gegenübergestellt werde, sei nicht die durch eine Gebietskörperschaft betriebene "Wohlfahrtspflege" außerhalb des Fürsorgerechtes zu verstehen.
In der Entscheidung SV-Slg 30.021 = SSV 23/94 wiederholte das Oberlandesgericht Wien, daß unter freier Wohlfahrtspflege im Sinne des § 292 Abs4 lit.f nur Leistungen der Wohlfahrtspflege durch von den Gebietskörperschaften verschiedene Einrichtungen oder die Wohltätigkeiten einzelner Privatpersonen zu verstehen seien, nicht aber die durch eine öffentliche Gebietskörperschaft außerhalb des Fürsorgerechtes betriebene "Wohlfahrtspflege". In der Entscheidung SV-Slg 31.758 = SSV 26/26 wurden diese Überlegungen durch den Hinweis ergänzt, daß keine Leistung der freien Wohlfahrtspflege vorliege, weil sie von einer Gebietskörperschaft aus öffentlichen Mitteln gewährt werde. Diesbezüglich wurde auf Drapalik, Fürsorgeprobleme und Sozialhilfegesetzgebung in Österreich in Krejci, Probleme der Fürsorge und Sozialhilfe im Wohlfahrtsstaat 71 und Macho, Die Rolle der privaten Fürsorge im Wohlfahrtsstaat in Krejci aaO 82 verwiesen.
Aus § 34 des Wiener Sozialhilfegesetzes, S 60-000, wonach Sozialhilfeträger unbeschadet der Bestimmungen des Abs2 Wien als Land (Abs1) und Träger der im § 22 Abs2 WrSHG genannten sozialen Dienste Wien als Gemeinde ist (Abs2), und § 40 leg.cit., nach dem die Träger der freien Wohlfahrtspflege nach Maßgabe ihrer Satzungen vom Sozialhilfeträger zur Mitarbeit in der Sozialhilfe eingeladen werden können, ergibt sich die Richtigkeit der dargestellten Rechtsprechung des Oberlandesgerichtes Wien, daß unter Leistungen der Sozialhilfe nur die nach den Sozialhilfegesetzen zu gewährenden Leistungen der öffentlich-rechtlichen Sozialhilfeträger, unter Leistungen der freien Wohlfahrtspflege nur die Leistungen der von den Sozialhilfeträgern verschiedenen Träger der freien Wohlfahrtspflege zu verstehen sind.
Daraus folgt, daß die der Klägerin von der Stadt Wien verliehene außerordentliche Zuwendung, bei der es sich im Gegensatz zu den Leistungen nach dem Wiener Sozialhilfegesetz, auf die der Hilfesuchende einen Rechtsanspruch hat (§ 7 leg.cit.), um eine jederzeit widerrufliche Leistung handelt, auf die kein Rechtsanspruch besteht, bei Anwendung der Abs1 bis 3 des § 292 nicht außer Betracht zu bleiben hat und daher zu den Einkünften der Klägerin zählt, die ihr Nettoeinkommen bilden.
Daher war der Revision nicht Folge zu geben.
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