OGH 12Os20/88

OGH12Os20/887.4.1988

Der Oberste Gerichtshof hat am 7.April 1988 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Hörburger, Dr. Massauer und Dr. Rzeszut als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Legradi als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Johann Josef S*** wegen des Verbrechens des versuchten Diebstahls durch Einbruch nach §§ 15, 127 Abs 1, 129 Z 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 9.Dezember 1987, GZ 3 a Vr 5041/87-24, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Wasserbauer, des Angeklagten und des Verteidigers Dr. Granner zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird Folge gegeben und die Freiheitsstrafe auf 6 (sechs) Monate herabgesetzt.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Angeklagte Johann Josef S*** des Verbrechens des versuchten Diebstahls durch Einbruch nach §§ 15, 127 Abs 1, 129 Z 1 StGB sceuldig erkannt. Darnach hat er in Wien mit dem Vorsatz, fremde bewegliche Sachen wegzunehmen und sich durch deren Zueignung zu bereichern versucht, (zu 1) am 22.März 1987 mit einem Schraubenzieher in den versperrten Kraftwagen mit dem Kennzeichen W 353.325 einzudringen und (zu 2) am 18.November 1987 der Firma K***, Filiale 11, Wurstwaren im Werte von etwa 200 S.

Rechtliche Beurteilung

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z 5, 9 lit a und lit b des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der jedoch keine Berechtigung zukommt. Entgegen dem Vorbringen der Mängelrüge (Z 5) konnte das Erstgericht die Feststellungen, der Angeklagte habe bei der ihm angelasteten Tat zu Faktum 1 des Urteilssatzes mit Diebstahlsvorsatz gehandelt, mit Recht auf die Verantwortung des Beschwerdeführers vor der Polizei stützen, weil er dort zugegeben hat, daß er in dieses Fahrzeug einzubrechen versuchte. Den Beschwerdeausführungen zuwider lassen diese Angaben jedoch die Schlußfolgerung zu, daß der Beschwerdeführer mit Zueignungs- und Bereicherungsvorsatz gehandelt hat und den PKW nicht nur aufbrechen, sondern auch in das Innere des Fahrzeuges gelangen wollte. Die behauptete Aktenwidrigkeit liegt daher nicht vor.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) behauptet zunächst einen Feststellungsmangel zum subjektiven Tatbestand in Ansehung der dem Angeklagten angelasteten Diebstahlsfakten. Die Rüge läßt dabei aber außer acht, daß im Spruch des Urteils ein Handeln des Angeklagten mit Zueignungs- und Bereicherungsvorsatz festgestellt wird und sich auch aus dem in den Gründen festgestellten Tathergang - Versuch, den PKW mit dem Schraubenzieher aufzubrechen; Vorsatz in diesen zu gelangen (Faktum 1); Verstecken der Wurstwaren in der Jacke; Versuch, durch die Kasse zu gelangen, ohne zu bezahlen (Faktum 2) - ein solches Handeln mit Diebstahlsvorsatz ergibt. Außerdem hat das Gericht jeweils auf die geständige Verantwortung des Anteklagten vor der Polizei verwiesen und diese so zur Feststellungsgrundlage erhoben. Weil die Beschwerde nicht auf diese Urteilsfeststellungen abstellt, entbehrt sie einer gesetzmäßigen Ausführung.

In seinem Vorbringen zum Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit b des § 281 Abs 1 StPO übersieht der Beschwerdeführer zunächst, daß die einzelnen Diebstahlsstraftaten zwar rechtlich selbständig bleiben, nach § 29 StGB jedoch insoweit eine Einheit besteht, als die getrennte Annahme eines Vergehens des Diebstahls neben einem Verbrechen des Diebstahls unzulässig ist (Leukauf-Steininger StGB2, § 29 RN 4). Daher war die (gesonderte) Annahme eines Vergehens des Diebstahls zur Tat Faktum 2 des Urteilssatzes (neben dem Verbrechen des Diebstahls zu Faktum 1) nicht möglich.

Auch der weitere Einwand der Rechtsrüge, daß die Tathandlung zu Faktum 2 des Urteilssatzes dem Tatbestand des § 141 StGB zu unterstellen sei, weil Beweggrund der Tat "Not" im Sinne dieser Gesetzesstelle gewesen sei oder sie nur "zur Befriedigung eines Gelüstet" erfolgte, trifft nicht zu.

Denn "Not" iS des § 141 StGB ist nur dann anzunehmen, wenn Mangel an dem besteht, was zum Leben unbedingt erforderlich ist (Leukauf-Steininger, Komm.2, § 141, RN 11), wenn es dem Täter an den dringendsten Lebenserfordernissen fehlt und er diesem Mangel durch die Entwendung abhelfen wollte (EvBl 1981/108). Not ist demnach ein besonderer Zustand zur Tatzeit, der qualitativ einem Notstand nahekommt (Leukauf-Steininger, Komm.2, § 141, RN 12). Gegen die Annahme eines solchen Beweggrundes spricht aber der Umstand, daß der Angeklagte vor der Polizei unmittelbar nach seiner Betretung angegeben hat, er verdiene seinen Lebensunterhalt durch Gelegenheitsarbeiten (S 19 in ON 20). Seine Darstellung in der Hauptverhandlung, er habe damals momentan kein Geld gehabt, er habe nichts gearbeitet, keine Arbeitslosenunterstützung und auch keine andere Unterstützung bezogen (S 82), weist zwar auf eine latent ungünstige Vermögenslage hin, genügt aber für die Annahme eines solchen Beweggrundes nicht (vgl. Leukauf-Steininger, StGB2, § 141, RN 11).

Der Verantwortung des Beschwerdeführer ist auch nichts zu entnehmen, was darauf schließen ließe, daß Beweggrund der Tat die Befriedigung eines gegenwärtigen Bedürfnisses gewesen wäre. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Erstgericht verurteilte den Angeklagten nach §§ 28, 129 StGB zu acht Monaten Freiheitsstrafe. Bei deren Bemessung waren die einschlägigen Vorstrafen und das Zusammentreffen von zwei Delikten erschwerend, mildernd hingegen das Geständnis und der Umstand, daß es beim Versuch geblieben ist.

Der Berufung des Angeklagten, mit welcher er eine Strafminderung anstrebt, kommt Berechtigung zu.

Zwar kann nach der Aktenlage keine Rede davon sein, daß der Angeklagte durch eine nicht auf Arbeitsscheu zurückzuführende drückende Notlage zur Tat bestimmt worden ist (§ 34 Z 10 StGB). Auch fallen im vorliegenden Falle bei der Strafbemessung die Vorverurteilungen wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhender Taten und die Erfolglosigkeit der vorangegangenen Abstrafungen erheblich ins Gewicht. Im Hinblick darauf, daß die Taten jeweils beim Versuch geblieben sind, liegt die verhängte Strafe jedoch außerhalb einer noch vertretbaren Relation zum objektiven Gewicht der verschuldeten Tat und war daher auf das aus dem Spruch ersichtliche Maß zu reduzieren.

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