Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 11.901,45 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 1.081,95 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Ehe der Streitteile, welcher der am 2.Mai 1951 geborene Sohn Josef und die am 16.März 1959 geborene Tochter Trautlinde entstammen, wurde mit Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 26.April 1967, 20 Cg 88/67-4, aus dem Verschulden des Klägers geschieden. Der zwischen den Parteien am 26. April 1967 geschlossene gerichtliche Vergleich, demzufolge die beiden damals noch mj. Kinder in Pflege und Erziehung der Beklagten verbleiben sollten und mit dem sich der Kläger verpflichtet hatte, zum Unterhalt der beiden Kinder beginnend ab 1.Mai 1967 monatlich je 13 %, zusammen daher 26 %, seines jeweiligen Nettoeinkommens aus seinem Arbeitsverhältnis zuzüglich der gesetzlichen Kinderbeihilfen an jedem Monatsersten zu Handen der Beklagten im vorhinein bei sonstiger Exekution zu zahlen, wurde mit Beschluß des Bezirksgerichtes Floridsdorf vom 29.Mai 1967, 2 P 138/67-4, pflegschaftsbehördlich genehmigt. Zugleich wurde die Beklagte zur besonderen Sachwalterin bestellt, und zwar insbesondere zum Zweck der Empfangnahme der Unterhaltsleistungen.
Das Bezirksgericht Floridsdorf bewilligte mit Beschluß vom 3. April 1969, 8 E 1986/69-4, den beiden mj. Kindern Josef und Trautlinde R***, vertreten durch die Beklagte, zur Hereinbringung der vollstreckbaren rückständigen Unterhaltsforderung von 3.902 S für die Zeit vom 1.Jänner 1969 bis 31.März 1969 sowie zur Hereinbringung der ab 1.April 1969 am Ersten eines jeden Monat fällig werdenden Unterhaltsbeträge von je 13 % pro Kind (= 26 %) des jeweiligen Nettoeinkommens zuzüglich Familienbeihilfe wider den Kläger die Exekution durch Pfändung und Überweisung seines Arbeitseinkommens zur Einziehung. Diese Exekution wurde mit Beschluß vom 28.Mai 1985 mit Zustimmung der beiden betreibenden Parteien gemäß § 39 Abs 1 Z 6 EO eingestellt. Im Wege der Drittschuldnerexekution wurden dem Kläger von seinem Arbeitseinkommen bzw. ab 1.Juni 1984 von seiner Pension in der Zeit vom 1.April 1969 bis Mai 1985 inklusive des Unterhaltsrückstandes insgesamt 385.959,70 S abgezogen und an die Beklagte überwiesen. Hievon begehrt der Kläger von der Beklagten die Rückzahlung der in der Zeit vom 1.Jänner 1970 bis einschließlich Mai 1985 an sie exekutiv überwiesenen Beträge von insgesamt 346.276,70 S sA. Ihm selbst sei infolge völliger Rechtsunkenntnis die Unrechtmäßigkeit der Exekutionsführung über den Zeitpunkt der Selbsterhaltungsfähigkeit der Kinder hinaus nicht bewußt gewesen. Die Selbsterhaltungsfähigkeit des Sohnes sei mit März 1969, jene der Tochter spätestens mit Jahresende 1973 eingetreten. Die Beklagte sei sich des Erlöschens seiner Unterhaltsverpflichtung mit der Selbsterhaltungsfähigkeit der Kinder mit Sicherheit bewußt gewesen. Sie habe die ihr danach überwiesenen
Unterhaltsbeträge - offensichtlich bewußt und ohne den Kläger auf seinen Rechtsirrtum aufmerksam zu machen - einbehalten und sie nicht einmal an die Kinder weitergeleitet, sondern für sich selbst verwendet. Er stütze sein Begehren auf den Titel der Bereicherung sowie auf "jeden tauglichen Rechtsgrund".
Die Beklagte hielt dem entgegen, sie habe die geleisteten Zahlungen für den Gebrauch der beiden Kinder verwendet. Der Kläger habe zu seinen leiblichen Kindern regelmäßig Kontakt gehabt und deren einzelne Lebensstadien verfolgt. Soweit er über deren 18. Lebensjahr hinaus Zahlungen geleistet habe, lägen freiwillige Leistungen vor, die der Kläger in Kenntnis ihres Lebensalters und ihrer teilweisen Berufstätigkeit erbracht habe.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren zur Gänze ab. Es traf über den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt hinaus noch folgende wesentliche Tatsachenfeststellungen:
Nach der Ehescheidung der Parteien wohnten die beiden Kinder bei der Beklagten. Der Sohn Josef absolvierte eine Lehre als Elektromechaniker und war als solcher seit seinem 18. Lebensjahr bei der Firma Elin beschäftigt. Seit März 1969 ist er selbsterhaltungsfähig. Josef R*** wurde mit Beschluß des Bezirksgerichtes Floridsdorf vom 6.Mai 1971, 2 P 138/67-9, aus der väterlichen Gewalt entlassen; mit Bescheid vom 11.Juni 1971, Jv 771/71, wurde ihm die Befreiung vom Erfordernis der Ehemündigkeit erteilt. Im Alter von 20 oder 21 Jahren verließ er die Wohnung der Beklagten und zog in ein Haus in Wien, in dem (zufällig) auch der Kläger wohnte. Während der Zeit, in der Vater und Sohn im gleichen Haus wohnten, beschwerte sich der Kläger darüber, daß er für ihn Unterhalt zahlen müsse. Josef R*** antwortete darauf, der Kläger solle eben etwas unternehmen; seine Meinung, er müsse für ihn Unterhalt zahlen, sei nicht richtig. Etwa 2 Jahre später übersiedelte der Sohn mit seiner Familie nach Gerasdorf, wo er auch heute noch lebt. Seither hatte er nur ein- oder zweimal mit dem Kläger Kontakt.
Die Tochter Trautlinde besuchte nach dem 14. Lebensjahr 4 Jahre lang die Fachschule für Damenkleidermacher und beendete diese Ausbildung. Danach suchte sie ein halbes Jahr lang einen Posten und arbeitete dann ab 1978 durch eineinhalb Jahre als Angestellte bei einer Elektroinstallationsfirma. Seit 1.Juni 1979 ist sie als Vertragsbedienstete bei der Polizei beschäftigt. Sie ist seit dem 19. Lebensjahr selbsterhaltungsfähig und wohnt bis zum heutigen Tag bei der Beklagten, ohne daß sie dieser hiefür ein "Kostgeld" geben müßte. Zwischen ihr und dem Kläger bestand ebenso wie zwischen den Streitteilen selbst seit deren Ehescheidung keinerlei Kontakt. Im Jahre 1977 wurde dem Kläger eine Bestätigung über den Schulbesuch der Tochter ausgefolgt, welche er damals für seinen Dienstgeber benötigte.
Die dem Kläger von seinem Dienstgeber im Wege der Drittschuldnerexekution abgezogenen Unterhaltsbeträge waren auf seinen Lohnzetteln ersichtlich. Der Kläger meinte all die Jahre hindurch, er müsse für die Kinder eben weiterhin Unterhalt zahlen, und nahm die Unterhaltsexekution sozusagen "in sein Schicksal ergeben" einfach hin.
Die Beklagte wußte und weiß, daß Unterhaltspflichten mit der Selbsterhaltungsfähigkeit erlöschen. Sie hat trotzdem die Unterhaltszahlungen all die Jahre hindurch als Sachwalterin der Kinder entgegengenommen und sie zur Gänze für die Kinder verwendet, dh den Kindern zukommen lassen. Sie verwendete keinen einzigen Groschen daraus für sich selbst, sondern leitete die Gelder entweder direkt an die Kinder weiter oder verwendete sie für deren Lebensunterhalt, nämlich für Essen, Trinken, Kleidung und Wohnungskosten der mit ihr im gemeinsamen Haushalt lebenden Tochter und für den Sohn bis zu dessen Verehelichung. Sie bezahlte daraus der Tochter Autoreparaturen; dem Sohn finanzierte sie damit sämtliche Kosten eines PKWs, fallweise auch die Benzinkosten. Sie übergab dem Sohn daraus auch direkt kleinere Beträge für den Ankauf von Wäsche und Kleidung. Anläßlich seiner Hausstandsgründung gab sie ihm 20.000 S, die teilweise auch aus Unterhaltsgeldern des Klägers stammten. Beide Kinder wußten, daß der Kläger auch nach ihrer Selbsterhaltungsfähigkeit weiterhin für sie Unterhalt zahlte und daß die Beklagte ihnen all diese Gelder zukommen ließ bzw. zur Gänze für sie verwendete, um ihnen das Leben zu erleichtern und zu verschönern. Daraus folgerte das Erstgericht in rechtlicher Hinsicht, der Kläger habe zwar irrtümlich Unterhaltszahlungen über die jeweilige Selbsterhaltungsfähigkeit der Kinder hinaus geleistet; die Beklagte habe aber alle diese Leistungen des Klägers zur Gänze für die Lebensführung zum Gebrauch der beiden Kinder verwendet, weshalb sie von ihr nicht mit Erfolg zurückverlangt werden könnten. Die Berufung des Klägers blieb erfolglos. Das Gericht zweiter Instanz übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und führte rechtlich aus, die Beklagte sie nicht Empfängerin der über den Zeitpunkt der eingetretenen Selbsterhaltungsfähigkeit der Kinder hinaus exekutiv hereingebrachten Unterhaltsbeträge gewesen. Im Exekutionsverfahren habe sie nur die Stellung einer Vertreterin der beiden Kinder als betreibende Parteien gehabt; sie habe die exekutiv hereingebrachten Unterhaltsbeträge auch nach dem Eintritt der Großjährigkeit der Kinder nur in dieser Eigenschaft entgegengenommen und sie stets an diese weitergegeben. Ein Bereicherungsanspruch des Klägers könne daher allenfalls gegenüber den Kindern, nicht aber gegenüber der Beklagten bestehen. Obwohl der Kläger in erster Instanz seinen Anspruch auf "jeden tauglichen Rechtsgrund" gestützt habe, sei für einen Schadenersatzanspruch kein hinreichend konkretisiertes Sachvorbringen erstattet worden; soweit er daher nunmehr im Berufungsverfahren erstmals einen Schadenersatzanspruch ex delicto geltend mache, verstoße dies gegen das Neuerungsverbot. Abgesehen davon, sei dem Kläger ein Nachweis dafür, daß die Beklagte seinen allfälligen Irrtum über die Verpflichtung zur Unterhaltszahlung schuldhaft ausgenützt habe, nicht gelungen. Zumindest in der Zeit ab 1971 oder 1972 habe der Kläger nicht mehr irrtümlich gezahlt, weil er von seinem Sohn aufgeklärt worden sei. Keinesfalls aber verwirkliche das Verhalten der Beklagten das Tatbild des § 134 StGB.
Dagegen richtet sich die Revision des Klägers aus dem Grunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne einer gänzlichen Klagestattgebung, hilfsweise auf Urteilsaufhebung.
Die Beklagte stellt in ihrer Revisionsbeantwortung den Antrag, dem Rechtsmittel des Klägers nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Der Kläger verfolgt den von ihm in erster Instanz jedenfalls geltend gemachten Bereicherungsanspruch nicht mehr weiter und läßt die übereinstimmende Auffassung der Vorinstanzen, ein solcher sei gegen die Beklagte schon deshalb ausgeschlossen, weil sie nicht Empfängerin der exekutiv hereingebrachten Unterhaltsbeträge gewesen sei, unbekämpft. Er wendet sich vielmehr ausschließlich gegen die Rechtsmeinung des Berufungsgerichtes, das Begehren sei von ihm in erster Instanz nicht auch auf den Titel des Schadenersatzes gestützt worden, in Wahrheit habe er von Anfang an neben der Bereicherung "jeden tauglichen Rechtsgrund" angeführt. Nach den Feststellungen habe ihn die Beklagte durch List zu den weiteren Unterhaltszahlungen veranlaßt, sie sei ihm daher schadenersatzpflichtig, zumal ihm die Kinder als Empfänger der Unterhaltsleistungen diese unter Umständen gemäß § 1437 ABGB gar nicht rückerstatten müßten.
Richtig ist, daß eine Zuwendung gemäß § 1431 ABGB auch dann zurückgefordert werden kann, wenn der Leistende sie nicht geschuldet hat und zu ihr bloß durch Zwang und List veranlaßt worden ist (Koziol-Welser8 I 397 f; Rummel in Rummel, ABGB, Rz 6 zu § 1431). Ungerechtfertigte Zahlungen, die im Wege einer durch Zwangsvollstreckung bewirkten Vermögensverschiebung erfolgen, können daher gegenüber dem Empfänger der Leistung rückgängig gemacht werden (Wilburg in Klang2 VI 464). In diesem Sinne hat der Kläger in erster Instanz zwar behauptet, die Beklagte habe ihn trotz Kenntnis davon, daß er nach Eintritt der Selbsterhaltungsfähigkeit der Kinder nicht mehr unterhaltspflichtig war, auf seinen Rechtsirrtum nicht aufmerksam gemacht und ihn damit entgegen einer bestehenden Aufklärungspflicht durch Unterlassung getäuscht. Es kann aber dahingestellt bleiben, ob im konkreten Fall für die Beklagte eine derartige Aufklärungspflicht dem Kläger gegenüber überhaupt bestanden hat (vgl. dazu Rummel aaO Rz 4 zu § 870), hat er doch sein Begehren in diesem Zusammenhang ausdrücklich und ausschließlich nur darauf gestützt, daß sie die exekutiv hereingebrachten Unterhaltsbeträge nicht an die Kinder weitergeleitet, sondern für sich selbst verwendet habe. Letzteres ist aber nach den Feststellungen nicht der Fall gewesen. Soweit daher der Kläger nunmehr in der Revision erstmalig behauptet, er habe durch die Vorgangsweise der Beklagten deshalb einen Schaden erlitten, weil er gegenüber den Kindern als den eigentlichen Leistungsempfängern seiner exekutiv hereingebrachten Unterhaltsbeträge deren Rückerstattung nicht mit Erfolg durchsetzen könne, macht er damit - abweichend von seinem erstinstanzlichen
Vorbringen - jedenfalls einen ganz anderen Schaden geltend. Die Revision ist somit wegen Verstoßes gegen das Neuerungsverbot unbeachtlich, weshalb ihr schon aus diesem Grunde kein Erfolg beschieden sein kann.
Der Kostenausspruch beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.
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