OGH 2Ob533/88

OGH2Ob533/8815.3.1988

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Melber und Dr. Kropfitsch als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Aloisia L***, Pensionistin,

Stolberggasse 32/20, 1050 Wien, vertreten durch Dr. Romeo Novak, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Alfred L***, Penionist, Raaber-Bahn-Gasse 10, 1100 Wien, vertreten durch Dr. Hermann Gaigg, Rechtsanwalt in Wien, wegen Aufhebung der Eigentumsgemeinschaft an einer Liegenschaft (Streitwert S 182.000,-), infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 15. September 1987, GZ 11 R 43, 44 /87-28, womit das Urteil des Kreisgerichtes Wiener Neustadt vom 2. Dezember 1986, GZ 3 Cg 1330/85-19, als nichtig aufgehoben und die Rechtssache dem Bezirksgericht Innere Stadt Wien überwiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rekurses selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die Streitteile sind je zur Hälfte Eigentümer der Liegenschaft EZ 484 KG Steinabrückl, auf der während aufrechter Ehe der Streitteile vom Beklagten ein Haus errichtet wurde. Die Klägerin erbrachte dafür keine direkten finanziellen Leistungen, trug aber insofern zum Bau bei, als sie im Unternehmen des Beklagten arbeitete, sodaß dieser Zeit für die Errichtung des Hauses fand. Dieses Haus war nie die eheliche Wohnung der Streitteile. Sie wohnten bis 1971 gemeinsam in der Wohnung Stolberggasse 32/20 in Wien 5; seit Oktober 1971 wohnt der Beklagte in dem Haus in Steinabrückl. Die Ehe der Streitteile wurde gemäß § 55 Abs 3 EheG geschieden; das Scheidungsurteil wurde mit 4. März 1987 rechtskräftig.

Mit ihrer am 5. September 1985 beim Erstgericht eingebrachten Klage begehrte die Klägerin die Aufhebung der Eigentumsgemeinschaft mit dem Beklagten an der Liegenschaft EZ 484 KG Steinabrückl durch gerichtliche Feilbietung.

Der Beklagte beantragte die Abweisung dieses Begehrens. Das Erstgericht gab mit Urteil vom 2. Dezember 1986 dem Klagebegehren statt.

Infolge Berufung des Beklagten sprach das Berufungsgericht mit dem angefochtenen Beschluß vom 15. September 1987 aus Anlaß dieses Rechtsmittels die Unzulässigkeit des streitigen Rechtsweges aus, erklärte das Urteil des Erstgerichtes für nichtig und überwies die Rechtssache an das Bezirksgericht Innere Stadt Wien als zuständiges Außerstreitgericht. Das Berufungsgericht sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 15.000,-, nicht jedoch S 300.000,-

übersteigt und daß der Rekurs gegen seine Entscheidung nach § 502 Abs 4 Z 1 ZPO in Verbindung mit § 528 Abs 2 ZPO nicht zulässig sei.

Das Berufungsgericht führte im wesentlichen aus, die Bestimmung des § 235 AußStrG sei analog auch auf jene Fälle anzuwenden, in denen ein Ehegatte Ansprüche auf einen der Aufteilung nach den §§ 81 ff EheG unterliegenden Gegenstand vor Rechtskraft der Auflösung der Ehe im streitigen Verfahren geltend mache und die Entscheidung über die Auflösung der Ehe während dieses Prozesses rechtskräftig werde. In dieser Überweisungsregelung komme die Absicht des Gesetzgebers zum Ausdruck, alle sich auf die Gegenstände des ehelichen Gebrauchsvermögens oder der ehelichen Ersparnisse beziehenden gerichtlichen Verfahren zwischen den Ehegatten in das besondere außerstreitige Verfahren der §§ 229 ff AußStrG überzuleiten. Da es sich bei der hier in Frage stehenden Liegenschaft der Streitteile um eheliche Ersparnisse im Sinne des § 81 Abs 3 EheG handle, liege Unzulässigkeit des streitigen Rechtsweges vor. Die Rechtssache sei daher dem zuständigen Außerstreitgericht zu überweisen.

Seinen Ausspruch über die Unzulässigkeit des Rekurses gegen seine Entscheidung begründete das Berufungsgericht damit, daß zu den hier entscheidenden Rechtsfragen ausreichende Judikatur des Obersten Gerichtshofes vorliege.

Gegen diese Entscheidung des Berufungsgerichtes richtet sich das als "außerordentlicher Revisionsrekurs" bezeichnete Rechtsmittel der Klägerin mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und dem Berufungsgericht die Fortsetzung des Berufungsverfahrens aufzutragen, allenfalls "den angefochtenen Beschluß aufzuheben und auszusprechen, daß das Ersturteil bestätigt wird".

Der Beklagte hat keine Rekursbeantwortung erstattet.

Rechtliche Beurteilung

Vorwegzunehmen ist, daß der Beschluß des Berufungsgerichtes nach ständiger Rechtsprechung (SZ 53/153; EvBl 1986/6; 2 Ob 660/87 ua) in Analogie zu § 519 Abs 1 Z 2 ZPO anfechtbar ist und daß das Rekursverfahrens hier in Analogie zu § 521 a Abs 1 Z 3 ZPO ein zweiseitiges ist. Rekurse gemäß § 519 Abs 1 Z 2 ZPO sind ohne die Voraussetzungen des § 502 Abs 4 ZPO zulässig und nur bei einem S 15.000,- nicht übersteigenden Anfechtungsgegenstand ausgeschlossen (Fasching, Zivilprozeßrecht RZ 1981; Petrasch in ÖJZ 1983, 203). Der Ausspruch des Berufungsgerichtes über die Unzulässigkeit des Rekurses gegen seine Entscheidung ist daher als nicht beigesetzt anzusehen und das als "außerordentlicher Revisionsrekurs" bezeichnete Rechtsmittel der Klägerin als ordentlicher Rekurs zu behandeln.

Sachlich ist dieses Rechtsmittel aber nicht berechtigt. Die Klägerin bestreitet in ihrem Rechtsmittel nicht, daß es sich bei der hier in Frage stehenden Liegenschaft um eheliche Ersparnisse im Sinne des § 81 Abs 3 EheG handelt und sie bestreitet auch nicht die Richtigkeit der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, daß eine Teilungsklage, die einen der Aufteilung nach den Vorschriften der §§ 81 ff EheG unterliegenden Gegenstand betrifft, bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 235 Abs 1 AußStrG dem zuständigen Außerstreitgericht zu überweisen ist (SZ 54/36; SZ 54/126; EvBl 1986/6; 2 Ob 660/87 ua). Sie macht nur sinngemäß geltend, daß im vorliegenden Fall der Scheidung der Ehe der Streitteile kein Einfluß auf die vom Erstgericht getroffene Sachentscheidung zukommen könne, weil sie erst nach Schluß der Verhandlung in erster Instanz erfolgt sei.

Dem kann nicht gefolgt werden.

Der Oberste Gerichtshof hat bereits in seiner in SZ 57/14 veröffentlichten Entscheidung unter Hinweis auf die Absicht des Gesetzgebers, alle sich auf Gegenstände des ehelichen Gebrauchsvermögens oder der ehelichen Ersparnisse beziehenden gerichtlichen Verfahren zwischen Ehgatten in das besondere außerstreitige Verfahren der §§ 229 ff AußStrG überzuleiten, den Standpunkt vertreten, daß eine während aufrechter Ehe eingebrachte Klage eines Ehegatten, die Ansprüche im Sinne der §§ 81 ff EheG zum Gegenstand hat, nach rechtskräftiger Ehescheidung im Sinne des § 235 AußStrG an den Außerstreitrichter zu überweisen ist, wobei insbesondere die Vorschrift des § 29 JN an diesem Ergebnis nichts ändert. Die Überweisungsvorschrift des § 235 Abs 1 AußStrG betrifft nicht etwa materiellrechtliche Voraussetzungen eines von einem Ehegatten gegen den anderen vor Scheidung der Ehe geltend gemachten Anspruches, sodaß mit dem Hinweis der Klägerin auf das im Zivilprozeß geltende Neuerungsverbot für sie nichts zu gewinnen ist. Sie enthält vielmehr Anordnungen über die Abgrenzung zwischen streitiger und außerstreitiger Gerichtsbarkeit, deren Verletzung Nichtigkeit im Sinne des § 477 Abs 1 Z 6 ZPO bewirkt (Fasching, Kommentar IV 134 f; vgl SZ 33/21) und die daher im Sinne des § 240 Abs 3 ZPO jederzeit von Amts wegen zu berücksichtigen sind. Dies führt zu dem Ergebnis, daß über eine während aufrechter Ehe eingebrachte Klage eines Ehegatten, die Ansprüche im Sinne der §§ 81 ff EheG zum Gegenstand hat, auch dann gemäß § 235 Abs 1 AußStrG zu verfahren ist, wenn das Urteil über die Auflösung der Ehe erst nach Schluß der Verhandlung in erster Instanz rechtskräftig wurde.

Die Entscheidung des Berufungsgerichtes entspricht somit der Sach- und Rechtslage. Dem Rekurs der Klägerin muß ein Erfolg versagt bleiben.

Die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels hat die Klägerin selbst zu tragen (§§ 41, 50 ZPO).

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