Spruch:
Die als Revisionsrekurs zu behandelnde Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels, die beklagte Partei die Kosten der Rechtsmittelbeantwortung selbst zu tragen.
Text
Begründung
Das Bezirksgericht Rottenmann hat mit Urteil vom 31. August 1981, C 184/79 -36, den Kläger (damals Beklagter) als Vater der am 12. April 1979 von Helga L***, nunmehr verehelichte W***, außer der Ehe geborenen Beklagten (damals Klägerinnen) festgestellt. Es nahm als erwiesen an, daß der Kläger im September 1978 innerhalb der kritischen Zeit (14. Juni bis 14. Oktober 1978) mit Helga L*** geschlechtlich verkehrt habe; daß die Mutter der Kinder mit Otto E*** im Jahre 1977, somit außerhalb der kritischen Zeit, Geschlechtsverkehr gehabt habe und daß der Kläger nach dem Ergebnis des Blutgutachtens von der Vaterschaft zu den Beklagten nicht auszuschließen, sondern mit einer Wahrscheinlichkeit von 99,2 %, sohin "höchstwahrscheinlich", Vater der beiden Minderjährigen sei. Mit Urteil vom 16. Dezember 1981, R 833/81-49, hat das Kreisgericht Leoben die Entscheidung des Bezirksgerichtes Rottenmann bestätigt. Mit der Behauptung, er habe "vor rund 14 Tagen festgestellt", daß ihm die Beklagten "in keiner Weise ähnlich schauten", das Blutgutachten müsse daher auf einem Irrtum beruhen, nunmehr könne auf Grund des Alters der Beklagten ein anthropologischerbbiologisches Gutachten eingeholt werden, wofür eine Blutuntersuchung nach dem neuesten Stand der forensischen Serologie unerläßlich sei, beantragt der Kläger in der am 15. September 1986
überreichten Klage, ihm die Wiederaufnahme des Verfahrens C 184/79 des Bezirksgerichtes Rottenmann zu bewilligen (1.) und das in dieser Rechtssache gefällte Urteil dahin abzuändern, daß das Klagebegehren abgewiesen werde (Punkt 2.). Das Beweismittel der anthropologischerbbiologischen Untersuchung habe bisher ohne sein Verschulden nicht angewendet werden können.
Die Beklagten beantragten die Abweisung der Klage. Da in der kritischen Zeit nur der Kläger mit ihrer Mutter verkehrt habe, komme nur er als Vater in Frage.
Der Erstrichter wies das Klagebegehren ab. Rechtlich meinte er, soweit im Rechtsmittelverfahren noch von Bedeutung:
Es treffe zwar zu, daß bei Schluß der mündlichen Verhandlung erster Instanz im Vorverfahren (28. Juli 1981) die Beklagten erst im dritten Lebensjahr gestanden seien und nach der herrschenden Auffassung der Wissenschaft eine vor Vollendung des dritten Lebensjahres eines Kindes durchgeführte anthropologischerbbiologische Begutachtung kein solches Ergebnis erwarten lasse, daß allein dadurch der Gegenbeweis nach § 163 Abs. 2 ABGB als möglich angesehen werden könnte. Selbst wenn daher die anthropologisch-erbbiologische Begutachtung vom Alter der Beklagten her ein grundsätzlich geeignetes Beweismittel im Vaterschaftsstreit wäre, könnte sie doch auf die Frage "Vaterschaft möglich oder unmöglich" nur zur Antwort "mehr oder weniger wahrscheinlich" führen. Zweck des anthropologisch-erbbiologischen Gutachtens sei es, auf Grund von Ähnlichkeitsuntersuchungen aus Zahl und Bedeutung morphologischer Merkmale, in denen das Kind abweichend von der Mutter einem Mann ähnlich oder unähnlich ist, mit mehr oder weniger großer Wahrscheinlichkeit auf die Vaterschaft des bestimmten Mannes zu schließen. Dabei sei aber zu berücksichtigen, daß die in die Untersuchung einbezogenen Merkmale nur deskriptiv, nicht aber metrisch faßbar sowie alters-, geschlechts- und umweltabhängig, in ihrer Manifestation unterschiedlich und meist durch das Zusammenwirken mehrerer Erbanlagen bedingt seien. Die Domäne eines solchen Gutachtens sei daher der Hinweis auf die Vaterschaft bzw. ihr positiver Beweis, niemals aber der Nachweis der Nichtvaterschaft. Dem anthropologisch-erbbiologischen Gutachten werde also dort eine wesentliche Bedeutung zukommen, wo nach dem serologischen Gutachten kein eindeutiges Ergebnis im Sinne einer ausreichenden Vaterschaftswahrscheinlichkeit oder aber eines Ausschlusses von der Vaterschaft besteht, insbesondere also auch dort, wo im Fall der Einbeziehung mehrere Männer diese nach dem Blutgutachten mit gleicher Wahrscheinlichkeit als Väter feststehen. Da im vorliegenden Fall auf Grund des serologischen Gutachtens für den Kläger eine Vaterschaftswahrscheinlichkeit von 99,2 % bestehe und seine Vaterschaft demnach als höchstwahrscheinlich anzunehmen sei, könnte ein anthropologisch-erbbiologisches Gutachten als subjektive Gesamtbeurteilung weder das serologische Gutachten, das auf objektiven, exakt wissenschaftlichen und unter allen Bedingungen gleichbleibenden Kriterien beruhe, widerlegen noch zum Nachweis des Ausschlusses des Klägers von der Vaterschaft führen. Da es somit an der für einen tauglichen Wiederaufnahmegrund erforderlichen Eignung des geltend gemachten neuen Beweismittels fehle, in der Hauptsache eine für den Kläger günstigere Entscheidung herbeizuführen (§ 530 Abs. 1 Z 7 ZPO), sei die Wiederaufnahmsklage abzuweisen gewesen.
Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil. Das Verfahren erster Instanz sei mängelfrei geblieben. Es existierten derzeit keine serologischen Verfahren, die zur Zeit des Vorprozesses noch nicht bekannt gewesen seien. Auch nach Ansicht des Gerichtes zweiter Instanz könnte im vorliegenden Fall ein anthropologischerbbiologisches Gutachten die serologischen Gutachten, nach denen eine Vaterschaftswahrscheinlichkeit des Klägers zu 99,2 % bestehe, nicht widerlegen. Ein Beweis dafür, daß Helga L*** innerhalb der kritischen Zeit auch noch mit einem anderen Mann Geschlechtsverkehr gehabt habe, sei dem Kläger nicht gelungen. Unter diesen Umständen könnte ein anthropologisch-erbbiologisches Gutachten für den Kläger keine günstigere Entscheidung in der Hauptsache herbeiführen. Fehle es aber an den Voraussetzungen des § 530 Abs. 1 Z 7 ZPO, so versage auch die Rechtsrüge des Klägers. Gegen dieses Urteil wendet sich die Revision des Klägers wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne der Klagestattgebung abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Beklagten beantragten, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die als Revisionsrekurs zu behandelnde Revision ist unzulässig. Die Vorinstanzen haben übereinstimmend die Meinung vertreten, daß das Beweismittel, das der Kläger nach seinem Vorbringen erst jetzt zu benützen in den Stand gesetzt worden sei - das anthropologischerbbiologische Gutachen -, angesichts der im Hauptprozeß festgestellten Vaterschaftswahrscheinlichkeit von 99,2 % schon abstrakt ungeeignet sei, eine dem Kläger günstigere Entscheidung herbeizuführen. Damit haben sie zum Ausdruck gebracht, daß schon nach dem Vorbringen des Klägers der Wiederaufnahmegrund des § 530 Abs. 1 Z 7 ZPO nicht vorliege. Da ein anderer Wiederaufnahmegrund hier nicht geltend gemacht wurde, haben die Vorinstanzen somit die von Amts wegen zu prüfende Frage, ob die Klage auf einen der gesetzlichen Anfechtungsgründe gestützt ist, verneint. Hielt aber das Erstgericht die Tauglichkeit des Klagevorbringens als Wiederaufnahmegrund für nicht gegeben, dann hätte es folgerichtig die Klage bereits im Vorprüfungsverfahren als zur Bestimmung einer Tagsatzung für die mündliche Verhandlung ungeeignet durch Beschluß zurückweisen müssen (§ 538 Abs. 1 ZPO). Daß sich für den Erstrichter das Fehlen des Wiederaufnahmegrundes erst in der mündlichen Verhandlung zeigte, ändert daran nichts, weil nach § 543 ZPO auch in einem solchen Fall die Wiederaufnahmsklage mit Beschluß zurückzuweisen ist (Fasching IV 558; SZ 18/56 uva). Wenn der Erstrichter die Klage dennoch mit Urteil abgewiesen hat, so hat er sich dabei in der Entscheidungsform vergriffen. Dieser Umstand war jedoch nicht geeignet, dem Kläger ein Berufungsrecht zu verschaffen; seine Berufung wäre vielmehr vom Gericht zweiter Instanz als Rekurs zu behandeln gewesen. Auf Grund seiner Rechtsansicht hätte es dem als Rekurs zu behandelnden Rechtsmittel des Klägers - in Beschlußform - den Erfolg versagen und die Entscheidung des Erstgerichtes bestätigen müssen. Wurde aber die Entscheidungsform verfehlt und in beiden Instanzen mit Urteil erkannt, so ändert dies nichts an der Zulässigkeit des Rechtsmittels und seiner Behandlung (SZ 23/100; ZBl. 1934 Nr. 323; 6 Ob 119/66, 1 Ob 145/74 ua); nach § 84 ZPO ist vielmehr von der richtigen Form auszugehen. Die Revision des Klägers ist daher als Revisionsrekurs zu behandeln; dieser ist aber gemäß § 528 Abs. 1 Z 1 ZPO gegen die bestätigende Entscheidung der zweiten Instanz nicht zulässig (SZ 18/56; 6 Ob 119/66; 1 Ob 145/74 ua).
Der Ausspruch über die Rekurskosten gründet sich auf die §§ 40, 50 ZPO; der Kläger kann für sein unzulässiges Rechtsmittel Kosten nicht begehren; auch ein Kostenzuspruch an die Beklagten kommt nicht in Betracht, weil sie auf die Unzulässigkeit des vom Kläger erhobenen Rechtsmittels in der Revisionsbeantwortung nicht hingewiesen haben.
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