Spruch:
Die Revisionsrekursbeantwortung wird zurückgewiesen. Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß Martha S*** ihrem geschiedenen Ehemann Erhard S*** binnen drei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung eine Ausgleichszahlung von S 40.000,-- zu leisten hat.
Die Kosten des gesamten Aufteilungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Text
Begründung
Die am 3. Jänner 1947 geborene Frau und der am 24. August 1945 geborene Mann haben am 9. Juli 1966 die Ehe geschlossen. Die Frau führte den gemeinsamen Haushalt in der Ehewohnung in St. Pölten, Trautsonstraße 12/3, bis der Mann im November 1976 die Wohnung verließ. Die Frau pflegte und erzog auch die gemeinsamen Kinder Astrid, geboren am 29. November 1966, Roland, geboren am 5. April 1968, Claudia, geboren am 4. Dezember 1969 und Martina, geboren am 29. April 1971. Die Ehe wurde mit Urteil des Kreisgerichtes St. Pölten vom 27. Juni 1983 rechtskräftig aus dem Grund des § 55 Abs 1 EheG mit dem Ausspruch geschieden, daß der Mann die Zerrüttung verschuldet hat.
Die Frau blieb mit den Kindern in der Ehewohnung, an der schon 1977 ihr Wohnungseigentum begründet worden war. Die Eheleute waren sich einig, daß die Wohnung und der Hausrat der Frau verbleiben und die Frau daher Eigentümerin des mit Wohnungseigentum an der Wohnung 3 im Haus Trautsonstraße 12 in 3100 St. Pölten untrennbar verbundenen Mindestanteils von 67/4402 an der Liegenschaft EZ 4767 KG St. Pölten bleibt.
Der Mann begehrte am 14. Juli 1983, die Frau zur Leistung von S 300.000,-- Ausgleichszahlung an ihn zu verpflichten. Er verlangte die Aufteilung nur in Ansehung des Wertes der Ehewohnung. Die Frau lehnte mit dem Hinweis darauf, daß ihr Eigentum erst nach Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft begründet wurde und sie ohne Einkommen und Ersparnisse nur von dem vom Mann zu leistenden Unterhalt von S 2.400,-- monatlich lebe, jede Ausgleichszahlung ab.
Im ersten Rechtsgang trug das Erstgericht der Frau auf, an den Mann S 120.000,-- in Monatsraten von S 400,-- ohne Zinsen zu leisten. Über die Rekurse beider Teile - der Mann verlangte eine Erhöhung der Ausgleichszahlung auf S 275.000,-- und deren Fälligkeit binnen vierzehn Tagen, sonst aber dessen Wertsicherung und eine 12 %ige Verzinsung, die Frau trat jeder Ausgleichszahlung entgegen - hob das Rekursgericht die Entscheidung des Erstgerichtes mit dem vom Obersten Gerichtshof zu 3 Ob 624/85 bestätigten Beschluß zur Ergänzung des Verfahrens und neuen Beschlußfassung auf. Das Erstgericht hat nun neuerlich dem Mann eine Ausgleichszahlung von S 120.000,-- zuerkannt und die Frau verhalten, diesen Betrag in Monatsraten von S 400,-- bei Terminsverlust zu bezahlen und dem Mann eine Sicherung durch ein Pfandrecht an den Liegenschaftsanteilen eingeräumt.
Das Rekursgericht änderte über die Rekurse des Mannes, der nun die Zahlung des Betrages von S 120.000,-- binnen vierzehn Tagen und 4 % Zinsen seit dem 14. Juli 1983 oder bei einer Stundung eine Erhöhung der Monatsraten auf S 2.000,-- mit 12 %iger Verzinsung des Kapitals anstrebte, und der Frau, die weiter darauf beharrte, der Antrag des Mannes sei zur Gänze abzuweisen, und nur hilfsweise die Herabsetzung des in Monatsraten von S 400,-- zu leistenden Ausgleichsbetrages auf S 24.097,57 anstrebte, den erstgerichtlichen Beschluß dahin ab, daß die Frau dem Mann binnen drei Monaten ab Rechtskraft des Beschlusses eine Ausgleichszahlung von S 60.000,-- zu bezahlen habe und die gesamten Verfahrenskosten gegeneinander aufgehoben werden. Das Rekursgericht sprach aus, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig ist.
Den Entscheidungen beider Vorinstanzen liegen im wesentlichen die folgenden Feststellungen zugrunde:
Für die Wohnung, die die Eheleute 1970 bezogen, waren zunächst S 83.000,-- aufzubringen. Die Mutter der Frau schenkte ihr dazu den Betrag von S 30.000,--, den Restbetrag steuerten die Eheleute aus Ersparnissen und in Anspruch genommenen Kredit von S 20.000,-- bei. Ein weiterer Kredit wurde zur Beschaffung der Mittel für die Wohnungseinrichtung aufgenommen.
Der Kaufpreis für die 65 m2 große Eigentumswohnung wurde im übrigen durch Wohnbauförderungsdarlehen und Bankdarlehen finanziert, deren Abstattung in monatlichen Teilbeträgen stattfindet. Von 1970 bis 1976 bezahlte der Mann die Annuitäten und die Betriebskosten aus seinem Einkommen, das einschließlich der Familienbeihilfen nur bei S 7.000,-- bis S 8.000,-- lag. Er hat in der Zeit bis zu der Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft an Annuitäten rund S 57.000,-- abgestattet. Seit der gesonderten Wohnungnahme des Mannes zahlte die Frau allein alle anfallenden Rückzahlungsraten und die Betriebskosten allein. Sie hat bis zur Scheidung der Ehe an Annuitäten rund S 67.000,-- abgestattet. Mit Berücksichtigung der noch aushaftenden Darlehen von zusammen rund S 185.000,-- lag der Verkehrswert der Eigentumswohnung bei S 550.000,--. Die Frau war und ist nicht berufstätig. Der Mann verdient rund S 10.000,-- und hat an die Frau monatlich S 2.400,-- Unterhalt zu leisten. Zwei der vier gemeinsamen Kinder sind noch nicht selbsterhaltungsfähig und haben Unterhaltsansprüche gegen den Mann.
Das Erstgericht meinte, der Beitrag beider Ehegatten sei etwa gleichwertig, weil die Frau den Haushalt führte und die vier gemeinsamen Kinder gepflegt und erzogen hat, während der Mann durch seine Erwerbstätigkeit in der Gärtnerei die Geldmittel für die Familie beschaffte. Als Ausgleichszahlung seien S 120.000,-- angemessen, weil auch dann, wenn die negativen Auswirkungen der Scheidung für den schuldlosen Ehegatten gering zu halten seien, die zwingend zu beachtende wirtschaftliche Ausgeglichenheit der Regelung eine weitere Herabsetzung der Ausgleichszahlung nicht gestatte. Vielmehr sei der angespannten Lage der Frau dadurch Rechnung zu tragen, daß ihr die Abstattung in den bei äußerster Anspannung ihrer Kräfte aufbringbaren Raten von monatlich S 400,-- erlaubt werde. Eine Kreditaufnahme sei der Frau schon wegen der Zinsenlast und des zugunsten des Bundes-, Wohn- und Siedlungsfonds einverleibten Verbotes der Belastung und Veräußerung der Wohnungseigentumsanteile nicht zumutbar.
Das Rekursgericht meinte dagegen, die Aufteilung des Wohnungswertes zu einem mehr als sechs Jahre nach Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft liegenden Stichtag zu gleichen Teilen entspreche auch dann nicht der Billigkeit, wenn von der Hälfte des Schätzwertes die von der Mutter der Frau geschenkten und vom Mann in Form von Ansparbeträgen auf Bausparverträgen 1976 an sich gebrachte Beträge von S 30.000,-- und S 55.634,30 und die von der Frau allein erbrachten Annuitätenzahlungen in Abzug gebracht werden. Die im Aufteilungsverfahren anzustellenden Billigkeitserwägungen könnten dazu führen, daß sich der an der Auflösung der Ehe schuldige Eheteil mit einer Ausgleichszahlung bescheiden müsse, die über das Maß seines Beitrages zur Anschaffung des Gebrauchsvermögens nicht hinaus gehe. Den Umständen dieses Einzelfalles werde es am ehesten gerecht, dem Mann eine Ausgleichszahlung von S 60.000,-- zuzusprechen, weil die Eheleute für die Ehewohnung gemeinsam - die Haushaltsführung, Pflege und Erziehung der Kinder sei ein gleichwertiger Beitrag der Frau - von 1970 bis 1976 rund S 110.000,-- aufgebracht hätten. Diese und keine höhere Ausgleichszahlung sei der Frau zumutbar, denn sie solle nicht zur Aufgabe der Wohnung gezwungen sein, in der sie mit den Kindern das Wohnungsbedürfnis befriedige. Die Frau werde ein Darlehen von S 60.000,-- auch ohne Besicherung auftreiben oder die Zustimmung der verbotsberechtigten Institution zur Pfandrechtseinverleibung erlangen können. Der Mann könne dadurch die Ausgleichszahlung, auf die er nun ohnedies schon einige Zeit warte, kurzfristig erhalten und nicht in geringen Teilbeträgen, die viele Jahre lang geleistet werden müßten und es entfalle auch eine Sicherstellung und Verzinsung. Die Bausparsummen könnten nicht berücksichtigt werden, denn selbst dann, wenn sie dem Mann zugekommen wären, stehe dem der Wert des der Frau gebliebenen Hausrats gegenüber, dessen Anschaffung mit Darlehen von S 90.000,-- finanziert worden war.
Die Frau verlangt in ihrem zugelassenen Revisionsrekurs wieder die Abänderung in die Abweisung des Antrags des Mannes, sie zu einer Ausgleichszahlung zu verpflichten, hilfsweise die Ermäßigung des Betrages der Ausgleichszahlung und Gewährung von Ratenzahlung in monatlichen Beträgen von S 400,-- und letztlich die Aufhebung der Entscheidung über die Aufteilung und die Zurückverweisung der Sache an eine der Vorinstanzen zu neuer Entscheidung nach Verfahrensergänzung.
Rechtliche Beurteilung
Die nach Ablauf der vierzehntägigen Frist zum Revisionsrekurs der Frau erstattete Rekursbeantwortung des Mannes ist verspätet und zurückzuweisen. Für das Aufteilungsverfahren gelten, soweit nicht in den §§ 229 bis 235 AußStrG besondere Anordnungen getroffen sind, die allgemeinen Bestimmungen für das Verfahren außer Streitsachen (NZ 1985, 132). Nach § 231 Abs 2 AußStrG ist die Rekursbeantwortung mit 14 Tagen ab Zustellung der Rekursschrift befristet. Diese Zustellung erfolgte am 27. Juli 1987. Die Rekursbeantwortung wurde aber erst am 20. August 1987 überreicht. Die Bestimmungen der Zivilprozeßordnung über die Gerichtsferien finden nach Art XXXVI EGZPO auf die Angelegenheiten des außerstreitigen Verfahrens keine Anwendung.
Der Revisionsrekurs der Frau ist teilweise berechtigt. Wie der Oberste Gerichtshof schon in der Entscheidung 18. Dezember 1985 zu 3 Ob 624/85 in diesem Aufteilungsverfahren ausgesprochen hat, sind zwar die Scheidungsfolgen in einer für beide Ehegatten möglichst ausgeglichenen Weise zu regeln, doch darf der an der Scheidung Schuldlose nicht in unzumutbare wirtschaftliche Bedrängnis geraten und Gefahr laufen, die Wohnung zu verlieren, auf die er angewiesen ist. Dies kann im Einzelfall zu einer Kürzung des Ausgleichsbetrages über die sonst maßgebenden Aufteilungskriterien hinaus auf ein Maß führen, bei dem der schuldlose Zahlungspflichtige wohl bestehen kann. Jede Zahlungsverpflichtung eines Ehegatten, die diesen in seiner wirtschaftlichen Lage, wenn auch unter äußerster Anspannung seiner Kräfte, nicht wohl bestehen ließe, widerspräche der nach § 94 Abs 1 EheG zu beachtenden Billigkeit
(EFSlg. 46.403 ua).
Den zur Zeit der Aufhebung der Ehegemeinschaft durch den Mann vorhandenen Bausparguthaben kommt, weil bei der Aufteilung ohnedies auch darauf Bedacht zu nehmen ist, wie sich sonst die Eheleute über das eheliche Gebrauchsvermögen geeinigt haben, also etwa auch, daß die Einrichtung der Ehewohnung der Frau verblieben ist, deshalb keine entscheidende Bedeutung zu, weil die von der Frau zu leistende Ausgleichszahlung ohnedies wegen ihrer wirtschaftlichen Lage zu kürzen ist.
Dem Rekursgericht ist allerdings zuzustimmen, daß der Zuspruch einer in angemessener kurzer Frist zu leistenden Zahlung der Forderung besser Rechnung trägt, dafür zu sorgen, daß sich die Lebensbereiche der geschiedenen Ehegatten zumindest im Bereich der nachehelichen Aufteilung künftig möglichst wenig berühren (§ 84 EheG), also auch jahrelange Ratenzahlungen tunlichst zu vermeiden.
Die Frau lebt nach den Feststellungen der Vorinstanzen nur von dem ihr vom Mann zufolge des Ausspruches nach § 61 Abs 3 EheG auch nach der Scheidung nach § 94 ABGB zu leistenden Unterhalt (§ 69 Abs 2 EheG). Ein eigenes Einkommen der Frau aus einer Erwerbstätigkeit könnte sich auf ihren Unterhaltsanspruch auswirken. Wenn auch nach § 94 Abs 2 ABGB eine eigene Erwerbstätigkeit der haushaltsführenden Ehefrau nicht verlangt werden kann und dies auch nach Aufhebung des gemeinsamen Haushalts und hier selbst nach der Scheidung mit der Einschränkung weiter gilt, die sich aus § 94 Abs 2 Satz 2und 3 ABGB ergibt, so erfordert doch die zumutbare äußerste Anspannung der Kräfte der zur Ausgleichszahlung verpflichteten Frau, daß sie sich die Mittel zur Abstattung des aufzunehmenden Kredits durch stundenweise Arbeitsleistung verdient, so daß nicht gesagt werden kann, es wäre ihr geradezu unmöglich, einen Kredit zurückzuzahlen, den sie zur Aufbringung der an den Mann zu leistenden Zahlung in Anspruch nimmt. Die Frau ist 41 Jahre alt, das jüngste Kind mit fast 17 Jahren nicht mehr auf eine ständige Betreuung angewiesen. Es ist ihr daher zuzumuten, Mittel zu beschaffen, die ihr außer mit der Unterhaltsleistung vom Mann die Rückzahlung eines Darlehens ermöglichen.
Mit Berücksichtigung aller Umstände des Falles entspricht es jedoch der Billigkeit, die Ausgleichszahlung nur mit S 40.000,-- zu bemessen, weil dies die Anforderungen an die Frau gerade noch nicht überspannt und dieser Betrag durch Inanspruchnahme von Darlehen - sei es mit einer dieses verteuernden Besicherung auf dem Wohnungseigentumsanteil, wozu die Zustimmung wohl erlangt wird, oder aber ohne Liegenschaftspfand - aufgebracht werden kann, dabei allerdings auch noch die der Frau zur Last fallenden Zinsen in Anschlag zu bringen sind.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 234 AußStrG, denn beide Teile haben ihre Standpunkte beharrlich vertreten und sind damit nur zum Teil durchgedrungen.
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