OGH 2Ob505/88

OGH2Ob505/881.3.1988

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Melber und Dr. Kropfitsch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Bruno B***, Gemeindeangestellter, 9344 Weitensfeld 77, vertreten durch Dr. Leo Kaltenbäck, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei Albin L***, Landwirt, Tschriet 1, 9345 Kleinglödnitz, vertreten durch Dr. Wilhelm Dieter Eckhart, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen S 45.000,-- s.A., infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 20. Oktober 1987, GZ 5 R 140/87-53, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 21. April 1987, GZ 26 Cg 185/86-48, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Entscheidung des Berufungsgerichtes wird dahin abgeändert, daß das Urteil des Erstgerichtes wiederhergestellt wird. Der Kläger ist schuldig, dem Beklagten die mit S 5.501,65 bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens (darin enthalten S 500,15 Umsatzsteuer) und die mit S 3.789,75 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 960,-- Barauslagen und S 257,25 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Beklagte, der Mitglied und Obmann der Jagdgesellschaft Hinterer Zauchwinkel ist, schoß am 5. September 1981 im Jagdrevier auf zwei im Eigentum des Klägers stehende Schäferhunde. Der eine der Hunde wurde hiebei getötet, der andere so schwer verletzt, daß er am nächsten Tag den Gnadenschuß bekommen mußte. Die Hunde hatten einen Wert von S 30.000,-- und S 15.000,--.

Der Kläger begehrt einen Schadenersatzbetrag von

S 45.000,-- s.A. Er brachte vor, die Hunde hätten nicht gewildert, der Beklagte sei auf Grund der Vorschriften des Kärntner Jagdgesetzes auch nicht berechtigt gewesen, Hunde zu töten. Der Beklagte wendete ein, er sei befugt gewesen, die Hunde, welche ein Reh gehetzt hätten, zu erschießen. Er habe einen Jagderlaubnisschein mitgeführt, der ihn zu dieser Handlungsweise berechtigt habe.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es stellte fest, daß die beiden Hunde, als der Beklagte auf sie schoß, ein Reh hetzten. Der Beklagte war damals im Besitz eines von der Bezirksverwaltungsbehörde genehmigten Jagderlaubnisscheins. Daraus folgerte das Erstgericht in rechtlicher Hinsicht, daß der Beklagte gemäß § 49 Kärntner Jagdgesetz zur Tötung der Hunde berechtigt war. Das Berufungsgericht änderte das Ersturteil dahin ab, daß dem Klagebegehren stattgegeben wurde. Die Revision wurde für zulässig erklärt. Das Gericht zweiter Instanz traf folgende ergänzende Feststellungen:

Nach der in der konstituierenden Vollversammlung am 16. März 1980 genehmigten Satzung des offenbar nicht untersagten Vereins "Jagdgesellschaft Hinterer Zauchwinkel Weitensfeld V", dem fünf Mitglieder angehörten, besteht der Ausschuß aus dem Obmann, dem Jagdleiter, dem Kassier und dem Schriftführer sowie aus je einem Stellvertreter, wobei die Funktion des Obmannes und des Jagdleiters in einer Person vereinigt werden kann (§ 12 Abs 1 der Satzung). Die Mitglieder des Vereins, die grundsätzlich gleiche Rechte haben (§ 7 Abs 1 der Satzung), sind zum Abschuß von wildernden Hunden und Katzen berechtigt, worauf im Jagderlaubnisschein ausdrücklich hinzuweisen ist (§ 7 Abs 3 der Satzung), den die Mitglieder bei der Ausübung der Jagd bei sich zu führen haben (§ 8 lit a der Satzung). Zu den Aufgaben des Ausschusses gehört unter anderem die Ausgabe von Jagderlaubnisscheinen an Mitglieder (§ 12 Abs 5 lit f der Satzung). Im Mai und Juni 1981 waren der Beklagte Obmann, Jagdleiter und Schriftführer, Robert D*** Obmannstellvertreter, Josef O*** Kassier, Albin L*** senior und Johann S***

Kassenprüfer. Nach Genehmigung des Jagdpachtvertrages durch die Bezirkshauptmannschaft St. Veit an der Glan, wovon die Jagdgesellschaft Ende April 1981 verständigt worden war, besorgte der Beklagte die Formulare für die Jagderlaubnisscheine in einem Papierfachgeschäft und gab am 19. Mai 1981 dem zuständigen Beamten der Bezirksverwaltungsbehörde mündlich die vier Mitglieder der Jagdgesellschaft bekannt, für die Jagderlaubnisscheine ausgestellt worden waren, ohne diesbezüglich einen Beschluß des Ausschusses eingeholt zu haben, weil er der Ansicht war, daß die Ausstellung von Jagderlaubnisscheinen an Vereinsmitglieder keines Beschlusses durch den Ausschuß des Vereines bedürfe. Am 1. Juni 1981 teilte er dem zuständigen Beamten der Bezirkshauptmannschaft St. Veit an der Glan mit, daß auch an zwei Nichtmitglieder Jagderlaubnisscheine ausgestellt worden waren, nachdem er die Zustimmung des Ausschusses der Jagdgesellschaft hiefür eingeholt hatte. Gleichzeitig ließ er auch - ohne diesbezüglichen Beschluß des Ausschusses - den für ihn ausgestellten Jagderlaubnisschein bestätigen.

Rechtlich beurteilte das Berufungsgericht diesen Sachverhalt dahin, gemäß § 49 Kärntner Jagdgesetz seien der Jagdausübungsberechtigte und - auf Grund einer schriftlichen Ermächtigung desselben - auch die Inhaber von Jagderlaubnisscheinen berechtigt, im Jagdgebiet Hunde, die Wild hetzen, zu töten. Werde das Jagdausübungsrecht an einen Verein verpachtet

(§ 18 Abs 4 Kärntner Jagdgesetz), sei dieser als solcher jagdberechtigt. Da ein Mitglied einer Jagdgesellschaft nach § 18 Abs 4 Kärntner Jagdgesetz allein auf Grund seiner Vereinsmitgliedschaft noch nicht jagdberechtigt sei, könne dies auch nicht der Obmann eines Vereins sein, der zwar die juristische Person in der Regel nach außen vertrete, aber nicht deren Rechtsträger sei. Zur Ausstellung von Jagderlaubnisscheinen mit einer Gültigkeit von mehr als einer Woche sei gemäß § 41 Abs 2 Kärntner Jagdgesetz die Genehmigung der Bezirksverwaltungsbehörde erforderlich, was aber nicht für die Ausstellung von Jagderlaubnisscheinen an die Mitglieder einer Jagdgesellschaft gelte, die im besonderen Fall nach § 10 der Satzung vom Obmann des Vereins nach außen vertreten werde, der auch die Beschlüsse des Ausschusses und der Vollversammlung vollziehe und gemeinsam mit dem Schriftführer die anfallenden Schriftstücke und die den Verein verpflichtenden Erklärungen fertige. Im besonderen Fall habe der Beklagte mit der Ausstellung seines Jagderlaubnisscheins nicht einen Beschluß des Ausschusses vollzogen. Er habe somit am 5. September 1981 wohl einen formal richtig ausgestellten Jagderlaubnisschein besessen, dessen Ausstellung aber nicht ein genehmigender Beschluß des Vereinsausschusses vorausgegangen sei, sodaß der Beklagte zur Ausstellung eines Jagderlaubnisscheins nicht befugt gewesen sei. Aus diesen Gründen sei er zum Abschuß wildernder Hunde nicht berechtigt gewesen.

Der Beklagte bekämpft das Urteil des Berufungsgerichtes mit Revision und beantragt die Abänderung des angefochtenen Urteils im Sinne der Wiederherstellung des Ersturteils, hilfsweise die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Rechtssache an das Berufungsgericht oder das Erstgericht zurückzuverweisen. Der Kläger beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist berechtigt.

Der Revisionswerber führt im wesentlichen aus, da er sowohl Obmann als auch Jagdleiter der Jagdgesellschaft gewesen sei, habe er keinen Jagderlaubnisschein benötigt. Diese Ansicht entspreche auch jener der Verwaltungsbehörde. Außerdem habe er ohnedies einen Jagderlaubnisschein besessen, mit dessen Ausstellung sämtliche Mitglieder des Vereins einverstanden gewesen seien. Das Berufungsgericht habe den Beklagten mit seiner Rechtsansicht, für die Ausstellung des Jagderlaubnisscheins wäre ein formeller Beschluß des Vereinsausschusses erforderlich gewesen, überrascht, diese Frage hätte mit den Parteien erörtert werden müssen. Der Ausschuß habe die Zustimmung zur Ausstellung des Jagderlaubnisscheins schlüssig erteilt. Überdies habe der Beklagte "in Notwehr" und schließlich nicht schuldhaft gehandelt, da er sich im Besitz eines gültigen Jagderlaubnisscheins gewähnt habe. Sollte er sich hiebei in einem Irrtum befunden haben, so treffe ihn daran kein Verschulden. Für den Fall, daß der Beklagte nicht berechtigt gewesen sein sollte, die Hunde zu töten, müßte ein Mitverschulden des Klägers berücksichtigt werden.

Ob der Beklagte als Obmann der Jagdgenossenschaft auch ohne Jagderlaubnisschein berechtigt war, wildernde Hunde zu töten (diese Ansicht vertritt die Bezirkshauptmannschaft in ihrem Schreiben vom 4. Juli 1986), braucht hier nicht erörtert zu werden, weil er ohnedies einen den Erfordernissen des § 41 Kärntner Jagdgesetz entsprechenden Jagderlaubnisschein besaß. Hiebei ist von folgenden Erwägungen auszugehen:

War der Beklagte nicht schon auf Grund seiner Funktion als Obmann zur Jagd berechtigt, dann durfte er ohne Jagderlaubnisschein nicht nur keine Hunde, die Wild hetzen, töten, sondern er hätte auch keine Jagderlaubnis im Sinne des § 41 Abs 1 Kärntner Jagdgesetz besessen. Dem Berufungsgericht ist wohl zuzugeben, daß gemäß § 12 Abs 5 lit f der Satzung des Vereins die Ausgabe von Jagderlaubnisscheinen zu den Aufgaben des Ausschusses gehört und ein formeller Beschluß des Ausschusses über die Ausstellung eines Jagderlaubnisscheins für den Beklagten nicht vorlag. Die Notwendigkeit, einen formellen Beschluß im Ausschuß zu fassen, kann der Satzung jedoch nicht entommen werden. Es genügt daher auch die zumindest schlüssige Zustimmung aller Mitglieder des Ausschusses, zumal auch Organe juristischer Personen Willenserklärungen durch schlüssiges Verhalten abgeben können (vgl. Stanzl in Klang2 IV 1, 855; SZ 44/146, SZ 52/165 ua). Bei Beurteilung der Frage, ob im vorliegenden Fall ein schlüssiges Verhalten der Ausschußmitglieder vorliegt, aus dem die Zustimmung zur Ausstellung eines Jagderlaubnisscheins für den Beklagten geschlossen werden kann, ist davon auszugehen, daß es Zweck des Vereins war, den Mitgliedern die Ausübung der Jagd zu ermöglichen (§ 1 Abs 3 der Satzung). Die Erreichung dieses Zwecks setzt aber voraus, daß für alle Mitglieder der Jagdgesellschaft Jagderlaubnisscheine ausgestellt werden. Die Jagdgesellschaft hatte insgesamt nur fünf Mitglieder und es kann auch ohne konkrete Feststellungen angenommen werden, daß auch der Beklagte, der Obmann und Jagdleiter war, die Jagd ausüben sollte, dies auch tatsächlich getan hat und daß die anderen vier Mitglieder der Gesellschaft dies wußten. Berücksichtigt man überdies, daß gemäß § 7 Abs 1 der Satzung alle Mitglieder gleiche Rechte haben sollten und der Beklagte für die anderen vier Mitglieder Jagderlaubnisscheine ausstellte, obwohl keine formelle Beschlußfassung des Ausschusses erfolgt war, dann kann daraus, daß die anderen Mitglieder gegen eine Ausübung der Jagd durch den Beklagten keine Einwendungen erhoben, nur der Schluß gezogen werden, daß sie mit der Ausstellung eines Jagderlaubnisscheins auch für den Beklagten einverstanden waren. Da der Ausschuß aus den Mitgliedern der Jagdgesellschaft besteht, ist daher davon auszugehen, daß der Ausschuß der Ausstellung des Jagderlaubnisscheins für den Beklagten im Sinne des § 12 Abs 5 lit f der Satzung zustimmte. Da der Jagderlaubnisschein gemäß § 41 Abs 1 Kärntner Jagdgesetz vom Jagdberechtigten, also von der Jagdgesellschaft, auszustellen war und es dem Beklagten als deren Obmann gemäß § 10 der Satzung oblag, Schriftstücke zu unterfertigen, war der Beklagte daher zur Ausstellung des Jagderlaubnisscheins berechtigt, er meldete diese Ausstellung auch im Sinne des § 41 Abs 3 Kärntner Jagdgesetz der Bezirksverwaltungsbehörde und holte überdies deren Genehmigung im Sinne des § 41 Abs 2 Kärntner Jagdgesetz ein, obwohl diese für die Ausstellung von Jagderlaubnisscheinen an Mitglieder der Jagdgesellschaft nicht erforderlich gewesen wäre.

Daraus folgt, daß der Beklagte gemäß § 49 Abs 5 Kärntner Jagdgesetz berechtigt war, die wildernden Hunde zu töten, weshalb dem Kläger kein Schadenersatzanspruch zusteht.

Aus diesen Gründen war der Revision des Beklagten Folge zu geben und das Urteil des Erstgerichtes wiederherzustellen. Die Entscheidung über die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

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