OGH 11Os17/88

OGH11Os17/881.3.1988

Der Oberste Gerichtshof hat am 1.März 1988 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Horak, Dr. Felzmann und Dr. Rzeszut als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Legradi als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Anton B*** wegen des Verbrechens des versuchten schweren Raubes nach den §§ 15, 142 Abs. 1, 143 (erster und zweiter Fall) StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Geschwornengerichtes beim Landesgericht Klagenfurt vom 16. Dezember 1987, GZ 13 Vr 1575/86-66, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschwornen beruhenden Urteil, wurde der am 21.Juni 1963 geborene und zuletzt beschäftigungslos gewesene Anton B*** im zweiten Rechtsgang - nach Aufhebung eines im ersten Rechtsgang gefällten Teilfreispruchs durch den Obersten Gerichtshof - des Verbrechens des versuchten schweren Raubes nach den §§ 15, 142 Abs. 1, 143 (erster und zweiter Fall) StGB schuldig erkannt und hiefür sowie für die bereits im ersten Rechtsgang in Rechtskraft erwachsenen Schuldsprüche des Angeklagten wegen der Verbrechen des versuchten Mordes nach den §§ 15, 75 StGB sowie des (einen anderen Fall betreffenden) versuchten schweren Raubes nach den §§ 15, 142 Abs. 1, 143 (erster und zweiter Fall) StGB und des teils vollendeten, teils versuchten schweren Diebstahles durch Einbruch nach den §§ 127 Abs. 1 Abs. 2 Z 1 und Z 3, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 1; 15 StGB sowie wegen der Vergehen des versuchten Ansammelns von Kampfmitteln nach den §§ 15, 280 Abs. 1 StGB, der Urkundenunterdrückung nach dem § 229 Abs. 1 StGB und der Hehlerei nach dem § 164 Abs. 1 Z 2 und Abs. 2 StGB gemäß dem § 75 StGB unter Bedachtnahme auf den § 28 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 15 Jahren verurteilt. Nach dem Inhalt der im zweiten Rechtsgang von den Geschwornen stimmeneinhellig bejahten (einzigen) Hauptfrage liegt dem Angeklagten Anton B*** als (weiterer) Versuch des schweren Raubes zur Last, im April 1986 in Obere Fellach in Gesellschaft des gesondert verfolgten jugendlichen Manfred H*** sowie des strafunmündigen Günther S*** als Beteiligte versucht zu haben, dem Wachposten des Munitionsdepots der Hensel-Kaserne durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben und unter Verwendung von Waffen eine fremde bewegliche Sache (dessen Sturmgewehr) mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz wegzunehmen oder abzunötigen, indem er gemeinsam mit den beiden Tatbeteiligten, mit einem Karabiner und einer Pistole bewaffnet, am Tatort (vergeblich) auf das Erscheinen des Wachpostens wartete.

Laut seiner gegen diesen Schuldspruch gerichteten und allein auf den Nichtigkeitsgrund der Z 6 des § 345 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde vermißt der Angeklagte eine (an die einzige Hauptfrage nach dem Verbrechen des versuchten schweren Raubes geknüpfte) Zusatzfrage nach dem Strafaufhebungs- (und nicht Schuldausschließungs-)grund des Rücktritts vom Versuch im Sinn des § 16 Abs. 1 StGB. Eine solche Zusatzfrage hält der Beschwerdeführer deshalb für geboten, weil er sich nach seinem Beschwerdevorbringen in der (im zweiten Rechtsgang durchgeführten) Hauptverhandlung am 16. Dezember 1987 damit verantwortet habe, von der Vollendung des geplanten Raubüberfalles deshalb Abstand genommen zu haben, weil er (damals) Angst gehabt habe. Dieses Vorbringen findet aber im Protokoll über die Hauptverhandlung vom 16.Dezember 1987 keine Deckung. Der Angeklagte legte in der Hauptverhandlung zu diesem allein aktuellen (beim Versuch gebliebenen) Raubfaktum (erneut) ein umfassendes Geständnis ab und gab zu, daß sein auf die Erbeutung eines Sturmgewehres gerichtetes Raubvorhaben nur deshalb scheiterte, weil der Wachposten damals nicht erschien. Wäre er gekommen, hätte der Angeklagte den geplanten Raub durchgeführt (Band II/, S 248 d.A). Über Befragen seines Verteidigers hatte der Angeklagte in dieser Hauptverhandlung noch erklärt, deshalb von einem weiteren Versuch (also von einer Tatwiederholung) Abstand genommen zu haben, weil er das Interesse an einem Sturmgewehr verloren habe (Band II/, S 248 d.A).

Diese Verantwortung des Angeklagten in der Hauptverhandlung (die auch jener im Vorverfahren entspricht - s Bd I S 31 k vso) enthält kein Tatsachensubstrat, das zu der nunmehr angestrebten Fragestellung nach strafaufhebendem Rücktritt vom Versuch Anlaß bieten könnte. Nach dem für das Rechtsmittelverfahren allein maßgeblichen Inhalt des Hauptverhandlungsprotokolls (vgl Mayerhofer-Rieder, Das Österreichische Strafrecht, StPO, II/2, Nr 49 zu § 271 StPO) berief sich der Angeklagte nicht darauf, aus Angst vom geplanten Raubüberfall auf den Wachposten der Hensel-Kaserne Abstand genommen zu haben. Das bezügliche Beschwerdevorbringen steht demnach mit der Verantwortung des Angeklagten und mit den übrigen Ergebnissen der Hauptverhandlung vom 16. Dezember 1987 nicht im Einklang und entbehrt somit der für die prozeßordnungsgemäße Darstellung eines Nichtigkeitsgrundes erforderlichen Aktentreue.

Rechtliche Beurteilung

Da somit vom Angeklagten in Wahrheit keiner der in den Z 1-13 des § 345 Abs. 1 StPO angeführten Nichtigkeitsgründe deutlich und bestimmt bezeichnet wurde, war die Nichtigkeitsbeschwerde gemäß den §§ 285 d Abs. 1 Z 1, 344 StPO iVm den §§ 285 a Z 2, 344 StPO bereits in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Über die Berufung wird das Oberlandesgericht Graz zu entscheiden haben (§ 285 i nF iVm § 344 StPO).

Nicht unerwähnt soll bleiben, daß das angefochtene Urteil nach der bis 29.Februar 1988 gültigen Rechtslage in seinem Ausspruch über die Vorhaftanrechnung mit dem sich zum Nachteil des Angeklagten Anton B*** auswirkenden materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund der Z 13 des § 345 Abs. 1 StPO behaftet war. Vom Geschwornengericht wurde nämlich im zweiten Rechtsgang übersehen, daß die kassatorische Entscheidung des Obersten Gerichtshofs im ersten Rechtsgang den gesamten Strafausspruch einschließlich des Ausspruches über die Anrechnung der Vorhaft (bis zur Urteilsfällung im ersten Rechtsgang am 4.März 1987, 13,30 Uhr) erfaßte. Es wäre daher im nunmehr angefochtenen Urteil nicht nur die weitere (seit der Urteilsfällung im ersten Rechtsgang am 4.März 1987, 13,30 Uhr) vom Angeklagten Anton B*** in Untersuchungshaft zugebrachte Zeit, sondern auch die frühere Haftzeit des Genannten ab dem 23.Juni 1986, 8,00 Uhr (vgl Band I/, S 5 und 115 d.A) gemäß dem § 38 Abs. 1 Z 1 StGB auf die im zweiten Rechtsgang über den Angeklagten verhängte Freiheitsstrafe anzurechnen gewesen. Diese fehlende Vorhaftanrechnung konnte vom Obersten Gerichtshof im Hinblick auf die mittlerweile geänderte Rechtslage (vgl Art II Z 52 lit c StRÄG 1987) nicht mehr von Amts wegen (§ 290 Abs. 1 StPO) nachgeholt werden. Diesbezüglich wird gemäß dem § 283 Abs. 2 nF (§ 344) StPO, gegebenenfalls nach dem § 400 Abs. 2 StPO vorzugehen sein.

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