OGH 6Ob725/87

OGH6Ob725/8725.2.1988

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Melber, Dr. Schlosser und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Otto S***, Pensionist, 1180 Wien, Währinger Gürtel 11, vertreten durch Dr. Manfrid Lirk und DDr. Karl-Robert Hiebl, Rechtsanwälte in Braunau, wider die beklagte Partei Erna K***, Pensionistin, 5280 Braunau, Johann Böhm-Straße 20, vertreten durch Dr. Helfried Krainz und Dr. Bernhard Aschauer, Rechtsanwälte in Linz, wegen 867.831 S s.A., infolge Rekurses beider Parteien gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 22. Juni 1987, GZ 1 R 346/86-28, womit das Urteil des Kreisgerichtes Ried im Innkreis vom 10. Oktober 1986, GZ 2 Cg 152/85-22, unter Rechtskraftvorbehalt aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs der beklagten Partei wird nicht Folge gegeben. Hingegen wird dem Rekurs der klagenden Partei Folge gegeben, der angefochtene Beschluß aufgehoben und dem Berufungsgericht eine neuerlich zu fällende Entscheidung aufgetragen.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Kosten des Berufungsverfahrens.

Text

Begründung

Der (1913 geborene) Kläger war als Hausverwalter tätig und hat seine Firma im Jahre 1978 bei Erreichen des Pensionsalters seiner damaligen Ehegattin, mit der er in dritter Ehe verheiratet war, überschrieben, danach aber auch noch in der Firma weitergearbeitet. Er lernte die (1930 geborene und verwitwete) Beklagte im April 1981 anläßlich eines Kuraufenthaltes in Bad Hofgastein kennen. Die Beklagte lebte damals in ihrem Haus in Braunau noch mit einem Lebensgefährten zusammen, wovon der Kläger auch Kenntnis hatte. Dieser Lebensgefährte zog im Herbst 1982 aus, nachdem es sich bereits seit längerem um keine "ideale" Beziehung mehr gehandelt hatte. Der Kläger arbeitete von Montag bis Donnerstag in Wien und verbrachte ab Herbst 1981 die Wochenenden größtenteils zusammen mit der Beklagten in einem Braunauer Hotel. Von Jänner 1982 bis Dezember 1982 mietete der Kläger eine Garconniere in Braunau, wo ihn die Beklagte regelmäßig besuchte und ihm - soweit als notwendig - auch den Haushalt versorgte. Ab den regelmäßigen gemeinsamen Wochenenden im Herbst 1981 beschlossen die beiden, ihren Lebensabend gemeinsam zu verbringen.

Der damals schon von seiner Gattin getrennt lebende Kläger verkaufte im Frühjahr 1982 seine Wohnung in Wien gegen eine Ablöse von 600.000 S. Die Beklagte verdiente damals als Arbeiterin bei den A*** monatlich ca. 9.000 bis 10.000 S netto. Noch

vor Weihnachten 1982 übersiedelte dann der Kläger in das Haus der Beklagten und beide bekundeten die Absicht, bis an ihr Lebensende zusammenzubleiben. Dem Kläger stand ein Zimmer im Erdgeschoß zur Verfügung, welches dann nach den gemeinsamen Vorstellungen der Streitteile eingerichtet wurde. Zum gemeinsamen Lebensunterhalt trug der Kläger insoferne bei, als er der Beklagten am Wochenende jeweils rund 500 S übergab, darüberhinaus mindestens einmal wöchentlich einen Einkauf um etwa 400 S tätigte und sämtliche anfallenden Betriebskosten bezahlte. Er verfügte damals über Ersparnisse, zumal er neben der Pension wegen seiner Armamputation auch noch eine Invalidenrente bezog und aus seiner nebenberuflichen Tätigkeit in seiner früheren Hausverwaltungsfirma noch weitere Einkünfte erzielte. Wegen Umstimmigkeiten, Streitereien und Zerwürfnissen zog der Kläger etwa zu Weihnachten 1983 "kurzzeitig" (gemeint wohl: vorübergehend) aus. Im Jänner 1984 erhielt die Beklagte eine Abfertigung von 150.000 S. Vom 1. Februar 1984 bis 31. Jänner 1985 bezog sie eine Sonderunterstützung in Höhe von monatlich 6.833 S und anschließend eine Pension in etwa der gleichen Höhe. Im September 1984 verstarb die Gattin des Klägers. Als deren Alleinerbe löste er die Wohnung auf und erzielte daraus eine Ablöse von ca. 150.000 S. In der Folge kam es zwischen den Streitteilen immer öfter zu Meinungsverschiedenheiten, bis der Kläger im Februar 1985 endgültig aus der Wohnung der Beklagten auszog und so die Lebensgemeinschaft endete. Der Kläger nahm dann eine Lebensgemeinschaft mit Paula H*** auf, mit der er schließlich am 18. Oktober 1985 die Ehe schloß.

Die Beklagte hat zwei Töchter. Die Ältere, Gertrude G***, ist in der Bundesrepublik Deutschland mit einem Polizeibeamten verheiratet. Die Ehegatten G*** gerieten wegen eines Hausbaues in Simbach in finanzielle Schwierigkeiten und nahmen deshalb bei der Volksbank Simbach einen Kredit über DM 50.000 auf, für den die Beklagte als Bürgin die Haftung übernahm. Sie half dann auch im Rahmen ihrer finanziellen Möglichkeiten bei der Kreditrückzahlung mit, nachdem sie von ihrem Schwiegersohn um Unterstützung gebeten worden war. Als der Kläger von den finanziellen Schwierigkeiten des Ehepaares G*** erfuhr, leistete er Beiträge zur Kreditrückzahlung, ohne daß der Schwiegersohn der Beklagten an ihn herangetreten wäre. In der Zeit von Oktober 1981 bis Mai 1982 bewegte sich diese finanzielle Unterstützung des Klägers in einer Größenordnung von rund 109.000 S. Am 21. Mai 1985 (richtig offenbar: 1982) wurden aus den Mitteln des Klägers 170.000 S auf das Kreditkonto des Ehepaares G*** überwiesen, womit der Kredit zurückbezahlt war.

Unmittelbar darauf nahm das Ehepaar G*** auf dem selben Konto bei der Volksbank Simbach neuerlich einen Kredit von etwa DM 80.000 auf. Die Beklagte erklärte sich bereit, bei der Rückzahlung mitzuhelfen. Sie übernahm auch für diesen Kredit die Bürgenhaftung. Sie unterrichtete dann den Kläger davon und bat ihn um Rat. Er bot an, sofort 160.000 S zur Verfügung zu stellen, und übergab der Beklagten einen Bargeldbetrag in dieser Höhe. Die Streitteile fuhren nach Simbach, wo die genannte Summe in der Volksbank auf das Kreditkonto des Rudolf G*** einbezahlt wurde. Gleichzeitig wurde zwischen den Streitteilen einerseits und der Volksbank Simbach andererseits ein Abkommen getroffen, wonach die noch aushaftende Kreditsumme von 400.000 S innerhalb von fünf Jahren "abbezahlt" werden sollte. Der Kläger brachte zwischen September 1982 und Dezember 1983 insgesamt 80.000 S zur Kreditrückzahlung auf. Ab Jänner 1984 bezahlte er nur mehr die Hälfte der bis dahin geleisteten Raten, so daß er bis einschließlich Februar 1985 monatlich jeweils mit Geldbeträgen zwischen 2.600 S und 2.750 S zur Rückzahlung des Kredites beitrug. Zum Zwecke der Einzahlung fuhren die Streitteile jeweils gemeinsam nach Simbach. Dort leisteten sie die Beiträge in der Volksbank entweder gemeinsam oder die Beklagte nahm die Einzahlung allein vor, während der Kläger im PKW auf sie wartete, nachdem er ihr zuvor seinen Geldbeitrag gegeben hatte. Im Februar 1984 zahlte die Beklagte allein rund 100.000 S aus ihrer "Abfindung" (gemeint offenbar: Abfertigung) auf das Konto des Schwiegersohnes ein. Der Kläger erbrachte die eben erwähnten Bargeldleistungen an die Beklagte nur im Hinblick auf die Aufnahme und den Fortbestand der Lebensgemeinschaft mit ihr. Er ging dabei davon aus, daß er mit der Beklagten "sein Lebensende" verbringen werde und bei ihr ein entsprechendes Zuhause sowie eine entsprechende Versorgung habe. Andernfalls hätte er die Beklagte nicht finanziell unterstützt. Als er ihr die einzelnen Bargeldbeträge zukommen ließ, wußte er auch von ihren Kreditrückzahlungsverpflichtungen aus dem Hausbau des Schwiegersohnes.

Im Zusammenhang mit den Geldschwierigkeiten des Ehepaares G*** beabsichtigte die Beklagte auch, ein ihr gehöriges Grundstück in Gilgenberg zu verkaufen, um mit dem Erlös helfen zu können. Der Kläger riet ihr jedoch davon ab, weil unter dem Druck von Geldschwierigkeiten seiner Meinung nach oft nur die Hälfte des wahren Wertes erzielt werden könne. Die Beklagte bot ihm an, seine Zahlungen auf der Liegenschaft in Gilgenberg grundbücherlich sicherstellen zu lassen, was der Kläger jedoch für nicht notwendig erachtete, weil er vor allem Steuern und Gebühren sparen wollte. Im April 1982 bat die jüngere Tochter Renate K*** die Beklagte um eine finanzielle Unterstützung beim Ankauf eines PKW's. Die Mutter erklärte sich dazu bereit. Die Beiden gingen in die Sparkasse Braunau, wo Renate K*** einen Kredit von 50.000 S aufnahm. Die Beklagte übernahm eine Mitverpflichtung zur Rückzahlung. Als sie daraus in Anspruch genommen wurde und der Kläger davon erfuhr, brachte er 50.000 S auf, welche die Beklagte zur Kreditrückzahlung verwendete. Etwa zwei Monate später benötigte Renate K*** nach einem Unfall 28.000 S zum Ankauf eines gebrauchten PKW's. Als der Kläger davon Kenntnis erlangte, übergab er der Beklagten einen Betrag von 28.000 S, damit sie die Tochter beim Autoankauf unterstützen könne. Auch diese Gelder gab der Kläger nur deshalb hin, weil er mit der Beklagten in Lebensgemeinschaft war und hoffte, diese Beziehung werde bis zum Ableben eines der beiden Teile aufrecht bleiben.

Nach Aufnahme der Lebensgemeinschaft um Weihnachten 1982 herum nahm der Kläger im Hinblick auf eine gemeinsame Zukunft zahlreiche Investitionen im Hause der Beklagten in Braunau vor. So kaufte er im Oktober 1984 gemeinsam mit der Beklagten eine "Küche" (gemeint wohl: Kücheneinrichtung). Zusammen mit den Installationskosten bezahlte er dafür rund 96.000 S. Die Küche wurde zwar kurz vor Weihnachten 1984 geliefert, sie war aber nicht als Weihnachtsgeschenk für die Beklagte gedacht, sondern eine gemeinsame Anschaffung der Streitteile in Erwartung eines gemeinsamen Lebensabends. Gleiches traf für die anderen Umbauten im Hause der Beklagten zu. Der Kläger finanzierte unter anderem eine Schlafzimmereinrichtung, die Installation einer Heizung im Wohnzimmer und den Einbau eines neuen Haustores. Die Umbauten im Badezimmer, welche 37.200 S erforderten, waren zum Teil auf die alleinigen Bedürfnisse des körperbehinderten Klägers zurückzuführen. So befand er die Badewanne wegen seiner Armamputation als unpraktisch und zog den Einbau einer Dusche vor. Die Mehrkosten, welche allein auf die Körperbehinderung des Klägers zurückgingen, sind mit 10.000 S zu veranschlagen. Insgesamt tätigte der Kläger während der aufrechten Lebensgemeinschaft für die Beklagte Investitionen im Gegenwert von 335.972 S.

Schon zu Lebzeiten seiner dritten Gattin, hatte der Kläger von ihr eine Schatulle mit Schmuck geschenkt erhalten. Nach dem Ableben der Gattin brachte er diese Schatulle mit Schmuck zusammen mit anderen Nachlaßgegenständen nach Braunau, wo sie im Hause der Beklagten aufbewahrt wurden. Es handelte sich dabei um folgende Schmuckgegenstände:

Ein Weißgoldring mit vier Brillanten; eine goldene Spangenarmbanduhr; ein goldenes Armband mit Rosenquarz; ein goldener Ring mit Rosenquarz; eine Halskette aus Gold (Würger); ein Armband aus Gold in der gleichen Fasson wie der Würger; ein Bettelarmband; ein schwerer Goldring mit besonders großer Perle und eine goldene Halskette mit Rosenquarzanhänger.

Anfänglich wurde dieser Schmuck getrennt vom eigenen Schmuck der Beklagten aufbewahrt. Dann kaufte der Kläger eine große Schatulle, in welcher der gesamte Schmuck der Streitteile zusammen aufbewahrt wurde. Zu Weihnachten 1984 schenkte der Kläger der Beklagten den Weißgoldring mit vier Brillanten. Den restlichen Schmuck des Klägers, welcher einen Wert von ca. 80.000 S darstellte, durfte die Beklagte zwar tragen, doch wurde er ihr vom Kläger nicht zum Geschenk gemacht. Im Februar 1985 übergab die Beklagte die Schatulle mit den angeführten Schmuckstücken ihrer Tochter Gertrude, die sie noch jetzt im Besitz hat.

Der Kläger begehrte unter Hinweis auf die zerbrochene Lebensgemeinschaft von der Beklagten zuletzt die Zahlung von 867.831 S s.A., hievon eines Teilbetrages von 53.333 S s.A. für die genannten Schmuckstücke, deren Herausgabe sie zwar verweigere, gegen deren Herausgabe sie sich aber von der Zahlung des genannten Teilbetrages befreien könne. Im Klagsbetrag sind Geldleistungen von insgesamt 643.850 S enthalten, die der Kläger nach seiner Behauptung der Beklagten zwischen 1981 und 1985 im Hinblick auf die Lebensgemeinschaft und während deren mehrjähriger Dauer etwa auch darlehensweise für die gemeinsame Zukunft zur Verfügung gestellt habe. Weiters habe der Kläger für Anschaffungen und Ausgestaltungen Aufwendungen von insgesamt mehr als 300.000 S getätigt. Hievon fordere er jetzt zwei Drittel, nämlich 223.981 S, aus jedem in Betracht kommenden Rechtsgrund zurück. Die Umbauten im Hause der Beklagten seien mit ihrem Einverständnis und insbesondere auch in ihrem Interesse vorgenommen worden. Der Kläger habe sowohl die Geldleistungen als auch den Sachaufwand nur in der bestimmten und gemeinsamen Erwartung einer Gemeinschaft auf Lebensdauer eines von ihnen bzw. in der gerechtfertigten Erwartung eines gesicherten Lebensabends bei der wesentlich jüngeren Beklagten bis zu seinem Ableben erbracht. Die Beklagte habe ihm jedoch schließlich das Zusammenleben unerträglich gemacht. Er habe auch erkennen müssen, daß es ihr nur um sein Geld gegangen sei. Bis zur Auflösung der Lebensgemeinschaft habe der Kläger keine Beziehungen zu einer anderen Frau unterhalten.

Die Beklagte hielt dem entgegen, es habe sich bei der mit dem Kläger eingegangenen Gemeinschaft um eine Art Verlöbnis gehandelt, weil ihr dieser die Ehe zugesagt und sie sich eine Entscheidung vorbehalten habe. Jedenfalls habe der Kläger das Ende der Gemeinschaft verschuldet, indem er Beziehungen zu einer anderen Frau aufgenommen und diese in der Folge auch geheiratet habe. Die vom Kläger behaupteten Geldleistungen habe die Beklagte weithin nicht erhalten. Soweit er aber solche Leistungen erbracht habe, sei er von ihr dazu nie aufgefordert oder gar gedrängt worden. Der Kläger habe vielmehr stets betont, er mache diese Zuwendungen, um ihr ein sorgenfreies Leben zu ermöglichen, sie solle sich um seine Geldangelegenheiten nicht kümmern. Der Kläger habe ihre bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnisse gekannt und es sei ihm stets klar gewesen, daß sie ihm Aufwendungen auch nicht teilweise zurückerstatten könne. Von Darlehen könne daher keine Rede sein. Vielmehr handle es sich einschließlich der Kücheneinrichtung und des Schmuckes um Schenkungen im engeren Sinn. Gleiches treffe auf die Zuwendungen des Klägers an die in der Bundesrepublik Deutschland lebende Tochter der Beklagten zu. Hinsichtlich dieser Leistungen fehle es an der Sachlegitimation der Beklagten. Verschiedene, insgesamt nicht erforderlich gewesene Anschaffungen für ihr Haus seien auf Drängen des Klägers und zum Teil auch ohne ihre Zustimmung oder vorherige Kenntnis sowie gegen ihren Willen erfolgt. Zu einzelnen Umgestaltungen - wie jener im Badezimmer - sei es ausschließlich wegen der Behinderung des Klägers gekommen. Das Erstgericht gab dem Klagebegehren im Umfang von 861.164,66 S s.A. statt und wies (mittlerweile rechtskräftig) das Mehrbegehren von 6.666,34 S s.A. ab. Es stellte im wesentlichen den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt fest und bejahte danach in rechtlicher Hinsicht einen Rückforderungsanspruch des Klägers gemäß § 1435 ABGB. Es führte aus, zwar gelte speziell für Lebensgemeinschaften der Grundsatz, daß Leistungen beider Partner als unentgeltlich gewollt zu betrachten und daher beim Scheitern der Gemeinschaft nicht auszugleichen seien. Außergewöhnliche Zuwendungen, die erkennbar nur in der Erwartung des Fortbestehens der Gemeinschaft gemacht worden seien, könnten aber bei Zweckverfehlung zurückgefordert werden. Dabei komme es - da es sich um kein zerbrochenes Verlöbnis handle - nicht darauf an, ob einen der beiden Streitteile ein Verschulden an der Auflösung der Gemeinschaft treffe. Entscheidendes Kriterium für die Bargeld- und Sachzuwendungen des Klägers an die Beklagte seien die Aufnahme und das Fortbestehen einer Lebensgemeinschaft gewesen. Die Beklagte habe diese Leistungen zugelassen und angenommen. Sie habe den Kläger aus demselben Motiv zuerst in seiner Braunauer Wohnung betreut und ihn in der Folge in ihr Haus aufgenommen. Da die Lebensgemeinschaft wider Erwarten aufgelöst worden sei, sei der Grund für die Leistungen des Klägers weggefallen. Wenn auch letztendlich die vom Kläger erbrachten Bargeldleistungen den Kindern der Beklagten zugute gekommen seien, so sei die Beklagte doch insoferne begünstigt bzw. bereichert worden, als sie dadurch ihre für die Kinder eingegangenen Zahlungsverpflichtungen habe erfüllen können. Mit Ausnahme der auf die Körperbehinderung des Klägers zurückzuführenden Investitionen im Badezimmer habe ihm die Beklagte daher sämtliche Bargeld- und Sachzuwendungen zurückzustellen.

Das Gericht zweiter Instanz faßte über Berufung der Beklagten einen Aufhebungsbeschluß mit Rechtskraftvorbehalt. Es hielt über die mit der Mängelrüge der Berufung in Wahrheit geltend gemachten Feststellungsmängel hinaus die erstgerichtliche Sachverhaltsgrundlage für ergänzungsbedürftig, weshalb es auf die Beweisrüge des Rechtsmittels nicht mehr näher einging. Das Berufungsgericht meinte, das Erstgericht habe - offenbar in der Rechtsmeinung, daß es nur darauf ankomme - lediglich Feststellungen über die mit der Hingabe der Geld- und Sachzuwendungen verbundenen Zweckabsichten des Klägers getroffen. Demgegenüber komme es aber nach dem auch auf Lebensgemeinschaften anzuwendenden Grundsatz von Treu und Glauben - ähnlich wie bei rechtsgeschäftlichen Erklärungen - auf den Eindruck an, den der Empfänger der Leistung nach ihrer Art und dem Zeitpunkt ihrer Erbringung auf Grund seiner redlichen Erwartung hätte haben müssen. Auch die umstrittene Frage, inwieweit ein Verschulden im Rahmen des § 1435 ABGB bedeutsam werden könne, müsse nach Treu und Glauben sowie namentlich auch nach der sachlich gerechtfertigten Erwartung des Empfängers der Leistung beantwortet werden. Danach sei ein Verschulden jedenfalls dann beachtlich und zu prüfen, wenn - wie hier - der Empfänger der Leistung sich darauf berufe, er habe diese nach Treu und Glauben in der Erwartung hinnehmen dürfen, bei einer lediglich aus Verschulden des Leistenden eintretenden vorzeitigen Beendigung der Gemeinschaft brauche sie nicht zurückgestellt werden. Ein Rückforderungs- bzw. Vergütungsanspruch komme umso eher in Betracht, je deutlicher die einzelne Leistung als wirtschaftlich sehr beträchtlich, als ihrer Art nach "objektiv" werterhöhend, erforderlich, zeitlich fortdauernd, als gewiß nicht von einer unbedingten Unentgeltlichkeitsabsicht des Leistenden umfaßt und für den Empfänger von Anfang an nach Treu und Glauben auch nicht so erkennbar gewesen sei. Umgekehrt sei ein solcher Anspruch umso deutlicher zu verneinen, je stärker er einer "subjektiven" Zuwendung an die Frau, einem großzügigen Bemühen des Mannes um persönliche Zuneigung der Frau, an einer entsprechenden Einstellung des Mannes, einem bloß vorübergehenden Nutzen und vor allem - nach der Übung des redlichen Verkehrs - einer gerechtfertigten Erwartung der Frau zuzuordnen sei, daß sie die betreffende Leistung nicht zurückzuerstatten bzw. zu vergüten habe, wenn und soweit der Mann das Ende der Gemeinschaft verschulde. Es seien daher noch Feststellungen erforderlich, anhand deren die nach dem Prozeßvorbringen der Parteien strittige Frage des Verschuldens an der Auflösung der Lebensgemeinschaft überhaupt erst beurteilt werden könnte, desgleichen Feststellungen über den in bezug auf die Sachleistungen des Klägers bei der Auflösung der Lebensgemeinschaft noch vorhandenen "Restwert", weil nur dessen Vergütung in Betracht komme. Schließlich ergebe sich zur Frage der Sachlegitimation der Beklagten in bezug auf die Geldleistungen des Klägers im zweiten Rechtsgang auch noch die Möglichkeit zu weiteren Klarstellungen, etwa hinsichtlich der Rechtsbeziehungen der Beklagten zu den einzelnen Banken (Ausmaß von Haftungen).

Gegen den Beschluß des Berufungsgerichtes richten sich die Rekurse beider Parteien aus dem Grunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung, und zwar jener des Klägers mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne einer Wiederherstellung des Ersturteiles gegen den Aufhebungsbeschluß in seinem gesamten Umfang, jener der Beklagten nur in bezug auf die vor Dezember 1982 erfolgten Geldleistungen des Klägers im Gesamtbetrag von 532.000 S s.A. mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne einer Abweisung des Klagebegehrens in diesem Umfang.

Die Parteien stellen wechselseitig den Antrag, dem gegnerischen Rechtsmittel ist Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs des Klägers nicht im Ergebnis im Sinne einer vom gestellten Abänderungsantrag umfaßten Aufhebung des angefochtenen Beschlusses berechtigt; jener der Beklagten ist nicht berechtigt. Geht man nämlich von den - allerdings in den wesentlichen Punkten von der Beklagten im Berufungsverfahren

bekämpften - Feststellungen des Erstgerichtes aus, so lassen diese im Gegensatz zur Meinung des Berufungsgerichtes bereits eine abschließende rechtliche Beurteilung im Sinne einer überwiegenden Bestätigung des Ersturteiles zu. Die vom Gericht zweiter Instanz angenommenen Feststellungsmängel sind aus folgenden Gründen nicht gegeben:

Nach den erstgerichtlichen Feststellungen hat der Kläger in Übereinstimmung mit seinen Klagsbehauptungen die ab Oktober 1981 erfolgten Geldleistungen zu einem Zeitpunkt erbracht, zu dem die Streitteile bereits beschlossen hatten, ihren Lebensabend gemeinsam zu verbringen. Sie erfolgten von seiner Seite nur im Hinblick auf die Aufnahme der geplanten Lebensgemeinschaft und auf deren künftigen Fortbestand. Der Kläger ging dabei davon aus, daß er mit der Beklagten "sein Lebensende" verbringen werde und bei ihr ein entsprechendes Zuhause sowie eine entsprechende Versorgung habe, ansonsten hätte er sie finanziell nicht unterstützt. Auch die vom Kläger in bezug auf das Braunauer Haus der Beklagten ab Weihnachten 1982 vorgenommenen Sachaufwendungen sowie die Anschaffung von Einrichtungsgegenständen erfolgten im Hinblick auf eine gemeinsame Zukunft der Streitteile. Dieser Zweck der Leistungen wurde aber durch die spätere Auflösung der Lebensgemeinschaft und die Eheschließung des Klägers mit einer anderen Frau endgültig vereitelt.

Nach Lehre und Rechtsprechung bildet die Bestimmung des § 1435 ABGB über ihren Inhalt hinaus die Grundlage für die Anerkennung einer Kondiktion wegen Wegfalles des Grundes oder wegen Nichteintrittes des erwarteten Erfolges. Für einen solchen Rückgriffsanspruch ist es nicht erforderlich, daß die Leistung auf Grund einer bestehenden Verpflichtung erbracht wurde. Er besteht vielmehr auch dann, wenn jemand ohne Abschluß eines Vertrages etwas geleistet hat (Wilburg in Klang2 VI 466 ff; Rummel in Rummel, ABGB, Rdz 4 zu § 1435; derselbe in JBl 1978, 449 ff; Koziol-Welser, Grundriß, I8, 398 f; Schwimann/Honsell, ABGB V § 1435 Rz 1; EFSlg 36.268, 43.572 uva). Ein Rückforderungsanspruch wird daher auch dann gewährt, wenn eine Leistung in der erkennbaren Erwartung einer späteren Eheschließung oder einer sonstigen Versorgung, etwa einer Lebensgemeinschaft in der Erwartung deren Fortbestandes, unentgeltlich erbracht wurde (Koziol-Welser aaO 399; Rummel in Rummel, ABGB, Rdz 8 zu § 1435; SZ 53/20; EFSlg 43.574 ua). In diesem Zusammenhang hat das Berufungsgericht richtig erkannt, daß nicht das Motiv des Leistenden an sich, sondern die objektive Erkennbarkeit des Motivs und die Verursachung der Erbringung der Leistung durch den Empfänger für den Rückforderungsanspruch ausschlaggebend sind (EFSlg 46.131). Es genügt aber der dem Leistungsempfänger erkennbare Zweck der zukünftigen Lebensgemeinschaft und deren Fortbestandes (SZ 48/59; SZ 53/71; EFSlg 38.651). Schon Rummel (in JBl 1978, 454) hat darauf verwiesen, daß gerade in dieser Fallgruppe die Entscheidung darüber, ob der Fortbestand der Verbindung oder vielmehr ihr derzeitiger Bestand "Geschäftsgrundlage" der Leistung ist, oft besonders problematisch sei und konkret wohl nur anhand der Art der Leistung und deren Bewertung nach der Verkehrsauffassung getroffen werden könne. In diesem Sinne handelt es sich aber bei den klagsgegenständlichen Geld- und Sachleistungen des Klägers schon nach ihrer Art und insbesondere ihrem Umfang nach um außergewöhnliche Zuwendungen (vgl. Rummel in Rummel, ABGB, Rdz 8 zu § 1435 mit weiteren Rechtsprechungshinweisen), die als solche nach der Verkehrsauffassung und auch für die Beklagte erkennbar nicht unentgeltlich, sondern nur in der Erwartung einer Gegenleistung, und es sei auch - wie hier - der Fortbestand der Lebensgemeinschaft und damit die Versorgung des Klägers bzw. - soweit diese Leistungen vor Aufnahme der Wohngemeinschaft im Haus der Beklagten erfolgt sind - im Hinblick auf die spätere volle Aufnahme der Lebensgemeinschaft und deren Fortbestand, erbracht wurden. Daß auch die Beklagte selbst sie als solche tatsächlich erkannt hat, zeigt ihr unstrittiges Anbot an den Kläger, seine vor Aufnahme der vollen Lebensgemeinschaft erfolgten Zahlungen auf ihrer Liegenschaft in Gilgenberg grundbücherlich sicherstellen zu lassen. In Ansehung dieser Geldleistungen des Klägers mit Ausnahme der Hingabe von 28.000 S zwecks Unterstützung des Ankaufes eines gebrauchten PKW's durch die Tochter Renate war die Beklagte nach den Feststellungen zumindest neben dem Ehepaar G*** und der Tochter Renate auch selbst Leistungsempfängerin, weil sie für deren jeweilige Kreditaufnahmen die Bürgschaftshaftung übernommen hatte. Die Zahlungen des Klägers bewirkten daher insoweit auch eine Schuldbefreiung der Beklagten. Auf der Grundlage des vorliegenden Sachverhaltes bedarf es somit keiner weiteren Feststellungen zur Sachlegitimation der Beklagten als Leistungsempfängerin, zumal unter der oben genannten Zweckbestimmung geleistete Geldbeträge gemäß § 1435 ABGB in jedem Falle zurückerzuerstatten sind (EFSlg 36.268, 38.657, 43.574).

In bezug auf die vom Kläger in der Zeit von Weihnachten 1982 bis zum Ende der Lebensgemeinschaft im Februar 1985 im Hause der Beklagten in Braunau vorgenommenen Investitionen (Installation einer Heizung im Wohnzimmer; Einbau eines neuen Haustores; Umbauten im Badezimmer, soweit diese noch in Rede stehen) und die von ihm angeschafften Schlafzimmer- und Kücheneinrichtungen (samt Installierung der Letzteren) hat das Berufungsgericht zwar an sich richtig erkannt, daß der Geschäftszweck nur bezüglich eines die Auflösung der Lebensgemeinschaft überdauernden Nutzens weggefallen sein kann. Demnach kann die Rückforderung gemäß § 1435 ABGB nur im Ausmaß des verbleibenden Restnutzens erfolgen (EFSlg 38.656). Dabei hat aber das Berufungsgericht übersehen, daß der Kläger ohnedies nur einen Rückersatz im Ausmaß von zwei Drittel seiner diesbezüglichen Aufwendungen begehrt. Im Hinblick darauf, daß es sich bei den genannten Investitionen und Einrichtungsgegenständen um langlebige Wirtschaftsgüter handelt und die Auflösung der Lebensgemeinschaft bereits kurz nach deren Vornahme bzw. Anschaffung erfolgte, kann von vornherein nur von einer entsprechend geringen Absenkung des der Beklagten daraus verbleibenden Restnutzens ausgegangen werden. Eine Verringerung dieses verbleibenden Restnutzens um mehr als ein Drittel der hiefür erforderlichen Aufwendungen ist daher nicht anzunehmen (§ 273 ZPO; so auch 4 Ob 610/87), zumal die Beklagte im erstinstanzlichen Verfahren in dieser Richtung auch nicht das geringste Vorbringen erstattet hat.

Wenn - wie im vorliegenden Fall - nur die Rückforderung von im Hinblick auf eine zerbrochene Lebensgemeinschaft zweckverfehlten außerordentlichen Geld- oder Sachzuwendungen in Rede steht, so schließt aber auch im Gegensatz zur Meinung des Berufungsgerichtes Verschulden die Rückforderung nicht aus, weil selbst eine verschuldete eigene Zweckvereitelung nur eine Beschränkung auf die Bereicherung nach § 1435 ABGB zur Folge haben könnte, diese aber jedenfalls zurückzuerstatten ist (vgl. Rummel in Rummel, ABGB Rdz 9 vorletzter Satz zu § 1435; derselbe in JBl 1978, 455; Bydlinski in FS-Wilburg 1965, 63 ff, 75 f). Das Berufungsgericht hat hier offenbar den Hinweis Wilburgs (in Klang2 VI 471) auf § 815 BGB (Rückforderungsausschluß, wenn der Eintritt des Geschäftszweckes gegen Treu und Glauben verhindert wurde) mißverstanden, weil dieser bei einer Lebensgemeinschaft schon mangels einer entsprechenden Treue- und Fortsetzungspflicht keine Bedeutung haben kann (Pichler in Rummel, ABGB Rdz 6 zu §§ 40 bis 42). Nur bei zweckverfehlenden Arbeitsleistungen, die aber hier nicht Gegenstand der Klage sind, folgt die Rechtsprechung im Anschluß an Bydlinski (aaO 76 f) Berechnungsgrundsätzen, nach denen für die Anspruchshöhe Verschulden bedeutsam sein kann, weil Kondiktionsansprüche eben nur im Rahmen des Nutzens beim Leistungsempfänger zustehen. Lägen bei Arbeitsleistungen die adäquaten Ursachen der Zweckvereitelung auf beiden Seiten, so sei das Leistungsrisiko, das sich in der Differenz zwischen dem Entgeltanspruch (= Anspruch auf angemessene Entlohnung) und dem am Nutzen orientierten Kondiktionsanspruch ausdrücke, in sinngemäßer Anwendung des § 1304 ABGB beiden Beteiligten aufzuerlegen (SZ 46/62; SZ 48/59; SZ 53/71; vgl. auch Pichler aaO Rdz 7 zu §§ 40 bis 42).

Es ergibt sich daher zusammenfassend, daß die vom Berufungsgericht angenommenen Feststellungsmängel nicht vorliegen, weshalb eine Aufhebung der angefochtenen Entscheidung schon deshalb unumgänglich ist, damit das Gericht zweiter Instanz die Beweisrüge der Berufung behandelt und klarstellt, ob es den vom Erstgericht festgestellten Sachverhalt übernimmt oder nicht bzw. welchen sonstigen Sachverhalt es allenfalls - abweichend oder ergänzend zum Erstgericht - feststellt.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.

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