Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 15.307,05 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 1.391,55 S an Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Im August 1985 fanden zwischen dem Kläger und dem Geschäftsführer der beklagten Partei Maximilian K*** mehrere Gespräche über den Abschluß eines Bestandvertrages hinsichtlich des Objektes Hotel "Schlößlhof" in Axams statt. Im Anschluß an diese Gespräche schlossen beide Parteien folgende "Vereinbarung" vom 31. August 1985:
"Vereinbarung zwischen Herrn Ferdinand Z***, Axamer
Lizum 3, 6094 Axams und IP-V***- UND
H*** mbH. & Co. KG "Hotel Schlösslhof",
Kögelestraße 19, 6094 Axams:
1) Das Objekt Schlösslhof, bestehend aus Restaurant, Weindiele, Küche, 2/3 Speisesaal, Frühstücksküche, Lagerräume, Kühlzellen, Waschküche, vier Personalzimmer und Tiefgarage wird an Herrn Z***, im folgenden kurz Pächter genannt, ab 1. Dezember 1985 verpachtet.
2) Dem Pächter wird zur Kenntnis gebracht, daß Verträge mit der Brau-AG und mit Tiroler Frischgetränke (für antialkoholische Getränke) bestehen. Diese Verträge sind ablösbar. Um diese Angelegenheit wird sich der Pächter kümmern, ohne Kostenbelastung für den Verpächter.
3) Eventuelle Umbaukosten sind vom Pächter zu tragen und müssen vorher schriftlich mit einer Beschreibung des Umbaues vom Verpächter genehmigt werden.
4) Das Pachtverhältnis beginnt mit 1. Dezember 1985 und endet am 30. November 1995, ohne daß es einer vorhergehenden schriftlichen Kündigung bedarf. Sollte das Pachtverhältnis fortgesetzt werden, so ist bis spätestens 1. Juli 1995 über einen neuerlichen Vertrag, Einigung darüber zu erzielen.
5) Die Kommanditisten der IP-V***- UND
H*** mbH Co. KG "Hotel Schlösslhof" räumt dem Pächter ein Vorkaufsrecht seiner Gesellschaftsanteile ein. Die Preisbasis hiefür wird mit ÖS 5,000.000,-- netto zum 1. Dezember 1985 vorerst festgelegt. Dieser Preis ist ebenfalls, sowie der gesamte Pachtvertrag an den Verbraucherpreisindex 1976 gebunden. Frühestens kann der Pächter ab 1. Dezember 1993 wegen einem Kauf der Gesellschaftsanteile Top 1 der Liegenschaft Kögelestraße 19, an den Verpächter (bzw. Kommanditisten) herantreten. Im Falle eines Kaufes wird die Gesellschaft mit einem ausgeglichenen Forderungs- und Schuldenstand übergeben.
6) Die Pacht beträgt für das oben bezeichnete Objekt ab 1. Dezember 1985 monatlich S 40.000,-- (in Worten: Schilling vierzigtausend). Zu diesen Beträgen kommt die gesetzliche Mehrwertsteuer noch dazu. Alle mit der Liegenschaft verbundenen Betriebskosten und Abgaben werden vom Pächter getragen.
7) Index:
Am Ende des zweiten Pachtjahres wird der Index laut Vereinbarung festgehalten (Verbraucherpreisindex 1976). Erst ab diesem Tag wird die Pacht (bei mehr als 3 %-iger Erhöhung) angehoben (einmal jährlich zum Jahresstichtag). Diese Vereinbarung wird in dem beiliegenden Pachtvertrag, der seinerseits mit dem Pächter S*** abgeschlossen wurde, eingearbeitet.
8) Der Verpächter ist berechtigt, in regelmäßigen Abständen zu den normalen Betriebszeiten, das Objekt auf seinen Zustand zu überprüfen, bzw. durch beauftragte Personen überprüfen zu lassen.
9) Es wird vereinbart, daß im Bedarfsfalle dem Verpächter ein Garagenplatz vom Pächter zur Verfügung gestellt werden muß.
10) Der Pächter übergibt an den Verpächter eine Bankgarantie in der Höhe von S 200.000,-- (15. November 1985). Sollte diese eine zeitliche Begrenzung aufweisen, so hat der Pächter dafür zu sorgen, daß diese immer wieder, einen Monat vor Ablauf, verlängert wird.
11) Diese Vereinbarung wird am 31. August 1985 unwiderruflich für beide Teile abgeschlossen. Sollte einer der Vertragspartner aus dieser Vereinbarung aussteigen wollen, so wird eine Pönalsumme von
S 100.000,-- vereinbart, die jeweils an den Vertragspartner zu bezahlen ist, der nicht vertragsbrüchig geworden ist (innerhalb von 10 Tagen).
12) Diese Vereinbarung erlischt mit Unterzeichnung des ordnungsgemäßen Pachtvertrages.
13) Der Werkvertrag mit dem FCS-Ferienclub ist nicht Bestandteil dieser Vereinbarung, jedoch sorgt der Verpächter dafür, daß auf jeden Fall von Dezember 1985 bis November 1988 der Pächter diesen Werkvertrag erhält. Für eine Vertragsverlängerung ist der Einsatz des Pächters ausschlaggebend und berührt keinesfalls mehr den Pachtvertrag. Es wird ausdrücklich festgehalten, daß der Pächter alles in seiner Macht stehende zu unternehmen hat, um eine Verlängerung des Werkvertrages, im Interesse aller Beteiligten, zu erreichen.
- 14) Reglement des WE-Vertrages muß beachtet werden.
- 15) Für die Erhaltung des Pachtobjektes, in einem einwandfreien Zustand, hat der Pächter kostenfrei für den Verpächter zu sorgen.
16) Der Pachtvertrag ist frühestens zum 30. November 1993 von beiden Teilen ohne Angabe von Gründen kündbar. Die Kündigungsfrist beträgt ein Jahr (Beilage 1).
Die Basis für diese "Vereinbarung" bildete der Pachtvertrag mit dem Vorpächter Raimund S***. Diese "Vereinbarung" wurde von beiden Parteien unterzeichnet und in der Folge kündigte die beklagte Partei durch ihren Geschäftsführer Maximilian K*** den Pachtvertrag mit dem bisherigen Pächter des Objektes zum 1. Dezember 1985 auf. Noch im September und Oktober 1985 bestätigte die beklagte Gesellschaft durch ihren Geschäftsführer in zwei Schreiben (Beilage/C und /D), daß der Kläger der neue Restaurantpächter sein werde, daß die Gewerbeberechtigung Hotel Garni der Ferienclub Schlösslhof, deren Verwalter und Gewerbeberechtigter der Kläger sei, erwerben werde und daß auch das Hotelwagengewerbe an den Kläger ab 2. Jänner 1986 verpachtet werde. Ende Oktober übergab der Vorpächter das Objekt der beklagten Partei. Der Kläger begann mit den Vorbereitungen für die Übernahme des nunmehr strittigen Objektes; so wurde z.B. die Bar umgebaut, wobei ein Teil der Kosten von der beklagten Partei getragen wurde. Der Kläger erhielt auch vom Vorpächter eine Rechnung über die von ihm zu übernehmenden Lagerbestände, wobei der Kläger sich gegenüber dem Vorpächter als der neue Pächter vorstellte. Die Rechnung wurde aber durch den Kläger nicht mehr bezahlt. Der Kläger schloß auch mit mehreren Getränkefirmen Verträge ab, bei denen die Beklagte zuerst hätte mitunterschreiben sollen, dies stellte sich jedoch als Irrtum heraus. Nicht festgestellt werden konnte in diesem Zusammenhang, ob die von der Beklagten zuerst geforderte Unterschrift bei den Verträgen mit den Getränkefirmen als Bürgschaft für die vom Kläger aufgenommenen Kredite geleistet werden sollte. Der Kläger hatte auch bereits Ende November Personal (Koch) angestellt; dieses konnte jedoch das Objekt nicht betreten, weil eine Schlüsselübergabe noch nicht erfolgt war. Ende November trat dann auch noch Maximilian K*** bezüglich zusätzlicher Zahlung eines Reparaturfonds in der Höhe von monatlich 4.000,-- S an den Kläger heran. Er begründete dies damit, daß im (für das Objekt vorgesehenen) Wohnungseigentumsvertrag solche Reparaturfonds vorgesehen sind und laut Punkt 14 der "Vereinbarung" das Reglement des WE-Vertrages beachtete werden müsse. Der Kläger lehnte dies aber ab, weil er einerseits bereits 40.000,-- S an Pachtzins bezahle und anderseits ein derartiger Reparaturfonds nicht vereinbart worden sei. Er forderte im Gegenzug 4.000,-- S für die von ihm beizustellende Gewerbekonzession. Nicht festgestellt werden konnte in diesem Zusammenhang, ob die Parteien im Zuge der "Vereinbarung" vom 31. August 1985 über einen sogenannten Reparaturfonds im Zuge des Punktes 14 gesprochen haben.
Mit Schreiben vom 28. November 1985 erklärte die beklagte Partei den Rücktritt von der "Vereinbarung" vom 31. August 1985, weil die Bankgarantie trotz mehrfacher Aufforderung nicht gelegt worden sei. Auch ein von Maximilian K*** dem Kläger vorgelegter "Pachtvertrag", der von einem Notar errichtet worden war, wurde nicht mehr unterzeichnet. Die von den beiden Parteien vereinbarte Bankgarantie wurde vom Kläger verspätete, Ende November, an die Beklagte übergeben. Diese Bankgarantie, ausgestellt von der
R*** A***-G*** am 29. November 1985 war gerichtet an
die IP-V***- UND H*** mbH.
anstatt an die IP-V***- UND H***
m. b.H. & Co. KG. Am 2. oder 3. Dezember 1985 teilte dann Maximilian K*** dem Kläger mit, daß diese Bankgarantie auf Grund der falschen Firmenbezeichnung nicht gelte. Er gab jedoch die Bankgarantie nicht an den Kläger zurück, sodaß dieser annahm, daß die Garantie dennoch in Ordnung sei. Anfang Dezember 1985 erklärte Maximilian K*** dem Kläger dann auch noch mündlich, daß er an dem Kläger als Pächter nicht mehr interessiert sei. Am 15. Dezember 1985 wurde das strittige Objekt an die Cafe-Restaurant-GesmbH verpachtet, deren gewerberechtlicher Geschäftsführer und Gesellschafter der Vorpächter Raimund S*** ist; als zweite Gesellschafterin ist Theodora K***, die Ehefrau des Geschäftsführers der beklagten Partei beteiligt. Dieser Pachtvertrag ist noch aufrecht.
Mit der am 9. Jänner 1986 beim Erstgericht erhobenen Klage beantragte Ferdinand Z***, die beklagte Partei schuldig zu erkennen, ihm das Bestandobjekt im Hotel "Schlößlhof" in 6094 Axams, Kögelestraße 19 (unter Anführung dessen einzelner Räume - in ordnungsgemäßen Zustand mit sofortiger Wirkung in Bestand zu übergeben. Für den Fall der Abweisung dieses Hauptbegehrens stellte er das Eventualbegehren, die beklagte Partei schuldig zu erkennen, mit ihm sofort einen Bestandvertrag des im einzelnen auch angeführten (im wesentlichen der Vereinbarung vom 31. August 1985 entsprechenden) Inhalts abzuschließen. Er habe mit der beklagten Partei am 31. August 1985 einen schriftlichen Pachtvertrag über das genannte Objekt geschlossen. Der Pachtvertrag enthalte alle für einen Bestandvertrag erforderlichen und üblichen Vereinbarungen, wobei in Punkt 11. ausdrücklich angeführt sei, daß die Vereinbarung für beide Teile unwiderruflich abgeschlossen werde. Die beklagte Partei habe diesen Vertrag niedergeschrieben und die Absicht gehabt, in den nächsten Wochen einen Vertrag von einem Notar errichten zu lassen, der die bereits am 31. August 1985 getroffene Vereinbarung zum Inhalt haben sollte. Aus diesem Grund sei auch in Punkt 12. festgelegt worden, daß die Vereinbarung mit Unterzeichnung des ordnungsgemäßen Pachtvertrages erlösche. Zwischen den Parteien hätten bezüglich des Inhalts des Pachtvertrages keine offenen Fragen mehr bestanden; die Vereinbarung vom 31. August 1985 sei daher nicht bloß als Vorvertrag, sondern als Pacht- (Haupt-)Vertrag anzusehen. Während er seine Verpflichtungen aus dem Pachtvertrag erfüllt habe, sei die beklagte Partei in der Folge mit neuen Forderungen an ihn herangetreten, die er nicht akzeptiert habe. Die beklagte Partei habe daraufhin die Übergabe des Bestandobjektes an den Kläger zum vereinbarten Zeitpunkt verweigert. Er müsse daher auf Zuhaltung des Pachtvertrages klagen.
Die beklagte Partei beantragte die Abweisung sowohl des Haupt- als auch des Eventualbegehrens. Bei der Vereinbarung vom 31. August 1985 handle es sich nur um eine wechselseitige Absichtserklärung, der nicht einmal Vorvertragscharakter zukomme. Beiden Teilen sei klar gewesen, daß noch über eine Reihe von Nebenpunkten Einigung hätte erzielt werden müssen und habe der Pachtvertrag erst mit der Unterfertigung der notariell errichteten Vertragsurkunde zustandekommen sollen. Voraussetzung dafür sei ua gewesen, daß der Kläger bis spätestens 15. November 1985 eine Bankgarantie in der Höhe von 200.000,-- S beibringe. Eine solche Bankgarantie habe er aber trotz Nachfristsetzung mit Rücktrittserklärung nicht übergeben. In der Vereinbarung vom 31. August 1985 sei ausdrücklich eine Rücktrittsmöglichkeit eingeräumt worden. Mit Schreiben vom 28. November 1985 habe die beklagte Partei aus berechtigten Gründen den Rücktritt erklärt. Der Abschluß des Pachtvertrages sei der beklagten Partei wegen Nichterfüllung verschiedener Punkte der Vereinbarung vom 31. August 1985 durch den Kläger nicht mehr zumutbar gewesen. Vorsichtshalber werde nochmals der Rücktritt vom Vertrag erklärt, weil die vom Kläger beigebrachte Bankgarantie am 31. Dezember 1986 abgelaufen und nicht mehr verlängert worden sei.
Das Erstgericht wies sowohl das Haupt- als auch das Eventualbegehren ab.
Bei der rechtlichen Beurteilung des bereits wiedergegebenen Sachverhaltes ging das Erstgericht davon aus, daß die Streitteile bei Abschluß der Vereinbarung vom 31. August 1985 über alle wesentlichen Punkte eines Bestandvertrages, nämlich über das Bestandobjekt, die Dauer des Pachtverhältnisses und die Höhe des Pachtzinses volle Einigung erzielt hätten. Diese Vereinbarung sei daher als Pachtvertrag anzusehen. Die beklagte Partei habe aber noch vor Beginn des Pachtverhältnisses mit Schreiben vom 28. November 1985 von der ihr in Punkt 11. des Pachtvertrages eingeräumten Möglichkeit des Rücktritts Gebrauch gemacht. Der Kläger habe daher weder Anspruch auf Zuhaltung des Pachtvertrages noch auf Abschluß des Pachtvertrages, sondern lediglich auf die für den Fall des Rücktritts vereinbarte Pönalsumme von 100.000,-- S. Das Gericht zweiter Instanz gab der Berufung des Klägers keine Folge und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden habe, 300.000,-- S übersteigt. Es erachtete die Feststellungen des Erstgerichtes als unbedenklich und für die abschließende rechtliche Beurteilung der Streitsache ausreichend. Den in der Berufung geltend gemachten Feststellungsmängeln (das Erstgericht hätte feststellen sollen, daß nach der Rücktrittserklärung zwischen den Streitteilen noch ausführliche Gespräche über das Pachtverhältnis geführt worden seien und die beklagte Partei durch die Annahme der Bankgarantie ihre Rücktrittserklärung zurückgezogen habe, weshalb ein Rücktritt vom Vertrag nicht vorliege) hielt das Berufungsgericht im wesentlichen folgendes entgegen:
Durch die Rücktrittserklärung der beklagten Partei vom 28. November 1985 sei die Vereinbarung der Streitteile vom 31. August 1985 aufgelöst worden; ein Rücktritt von der Rücktrittserklärung sei begrifflich nicht möglich. Es käme lediglich der Abschluß eines neuen Vertrages in Betracht, wobei dieser Abschluß ausdrücklich oder auch schlüssig erfolgen könne. Der Kläger begehre aber lediglich die Feststellung, daß nach der Rücktrittserklärung zwischen den Streitteilen noch weitere Gespräche über den Abschluß eines geänderten Pachtvertrages geführt worden seien. Daß hiebei eine Einigung im Sinne der Vereinbarung vom 31. August 1985 erzielt worden sei, werde von ihm aber nicht einmal behauptet; es stehe darüber hinaus unbekämpft fest, daß ein vom Geschäftsführer der beklagten Partei, Maximilian K***, dem Kläger vorgelegter, von einem Notar errichteter Pachtvertrag nicht mehr unterzeichnet worden sei. Im übrigen könne von einer Annahme der vom Kläger beigebrachten Bankgarantie durch die beklagte Partei nach der Rücktrittserklärung vom 28. November 1985 keine Rede sein, zumal sich aus der Aussage des Geschäftsführers der beklagten Partei, Maximilian K***, eindeutig ergäbe, daß er dem Kläger am 2. Dezember 1985 mitgeteilt habe, die beigebrachte Bankgarantie würde wegen der unrichtigen Firmenbezeichnung der beklagten Partei von der Bank nicht eingelöst, und eine ordnungsgemäße Bankgarantie vom Kläger in der Folge auch nicht mehr beigebracht worden sei. Von den Feststellungen des Erstgerichtes ausgehend könne von einer nachträglichen Annahme der vom Kläger beigebrachten Bankgarantie durch die beklagte Partei nicht gesprochen werden; daran ändere auch der Umstand nichts, daß die beklagte Partei die für sie wertlose Bankgarantie nicht dem Kläger zurückgestellt habe. Mangels Zustandekommens einer Willenseinigung sei nach der Rücktrittserklärung der beklagten Partei ein neuer Pachtvertrag weder ausdrücklich noch schlüssig zustande gekommen. In der Unterlassung der Entrichtung des Pönales von 100.000,-- S durch die beklagte Partei könne keine stillschweigende Zustimmung zum Abschluß eines Pachtvertrages im Sinne der Vereinbarung vom 31. August 1985 erblickt werden, weil die beklagte Partei ihren Rücktritt ja auf ein vertragswidriges Verhalten des Klägers gestützt habe. Die schriftliche Vereinbarung vom 31. August 1985 weise zwar alle wesentlichen Inhaltserfordernisse eines Bestandvertrages auf; nach Punkt 12. habe diese Vereinbarung jedoch mit der Unterzeichnung des ordnungsgemäßen Pachtvertrages erlöschen sollen. In Verbindung mit Punkt 11. der Vereinbarung könne diese Vertragsklausel nach den Auslegungsregeln des § 914 ABGB nur so ausgelegt werden, daß beide Vertragsteile zwar an die Vereinbarung vom 31. August 1985 gebunden sein sollten, aber nur solange, bis ein förmlicher, notariell errichteter und beiderseits unterzeichneter Pachtvertrag vorliegen würde. Wegen dieses in die Vereinbarung vom 31. August 1985 aufgenommenen Formvorbehaltes gemäß § 884 ABGB handle es sich bei dieser Vereinbarung lediglich um einen Vorvertrag im Sinne des § 936 ABGB, aus welchem zwar der Anspruch auf Abschluß des Hauptvertrages, nicht aber Erfüllungsansprüche abgeleitet werden könnten. Schon aus diesem Grunde wäre dem Hauptbegehren nicht stattzugeben. Darüber hinaus sei aber - vom Kläger im Berufungsverfahren unbekämpft - beiderseits in Punkt 11. der Vereinbarung vom 31. August 1985 eine Rücktrittsmöglichkeit eingeräumt und im Falle des Rücktritts der vertragsbrüchige Teil zur Zahlung einer Pönale von 100.000,-- S verpflichtet worden. Die in diesem Zusammenhang unklare und mißverständliche Vertragstextierung, daß die Vereinbarung vom 31. August 1985 unwiderruflich für beide Teile abgeschlossen werde, könne nach der Absicht der Parteien und dem Vertragszweck eben nur so ausgelegt werden, daß die Vertragspartner grundsätzlich an die Vereinbarung gebunden sein sollten. Die beklagte Partei habe von dem vertraglich eingeräumten Recht des Rücktritts mit Schreiben vom 28. November 1985 Gebrauch gemacht, weshalb der Kläger weder einen Anspruch auf Vertragszuhaltung noch auf Abschluß eines Pachtvertrages im Sinne des Vorvertrages vom 31. August 1985 habe. Ob der Kläger infolge des Vertragsrücktritts der beklagten Partei Anspruch auf eine Pönale von 100.000,-- S habe, könne im Rahmen des gegenständlichen Verfahrens dahingestellt bleiben.
Gegen dieses Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die auf den Anfechtungsgrund des § 503 Abs 1 Z 4 ZPO gestützte Revision des Klägers mit dem Antrag, die Entscheidungen der Vorinstanzen im Sinne der Stattgebung des Haupt-, allenfalls des Eventualbegehrens stattzugeben; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Die beklagte Partei beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist im Hinblick auf den Bewertungsausspruch des Berufungsgerichtes zulässig, aber nicht berechtigt. Der Revisionswerber wiederholt vorerst seine bereits in der Berufung vorgetragene Rüge über die Unvollständigkeit der Entscheidungsgrundlage, wonach vom Erstgericht festzustellen gewesen wäre, daß nach der Rücktrittserklärung noch ausführliche Gespräche zwischen den Streitteilen über das Pachtverhältnis geführt worden seien, die Bankgarantie von der beklagten Partei zunächst angenommen worden sei, daß die beklagte Partei im Fernschreiben vom 3. Dezember 1985 bestätigt habe, mit dem Kläger Gespräche über die Unterfertigung eines geänderten Pachtvertrages geführt zu haben und die beklagte Partei vom Kläger die Unterfertigung
eines - insbesondere hinsichtlich der Bezahlung von Reparaturfonds-Beiträgen - geänderten Pachtvertrages verlangt habe. Aufgrund all dieser Umstände wäre daher festzustellen gewesen, daß die beklagte Partei ihre Rücktrittserklärung vom 28. November 1985 konkludent zurückgezogen habe. Das Berufungsgericht habe diese Feststellungen offensichtlich nur deshalb unterlassen, weil es der unrichtigen rechtlichen Auffassung sei, ein Rücktritt von der Rücktrittserklärung sei begrifflich nicht möglich, es käme vielmehr lediglich der Abschluß eines neuen Vertrages in Betracht. Der Revisionswerber zeigt mit diesen Ausführungen aber keinen der Rechtsrüge zuzuordnenden, "sekundären Verfahrensmangel" auf. Das Wesen des Rücktritts vom Vertrag - auf welchen Rechtsgrund er auch immer gestützt werden möge - liegt in der Rechtsmacht, durch eine unzweideutige (HS 6329) einseitige Erklärung - ohne Mitwirkung eines anderen - eine Veränderung bestehender Rechtsverhältnisse, insbesondere die Aufhebung eines Vertrages herbeizuführen (Koziol-Welser I8, 41 und 186; Reischauer in Rummel, ABGB, Rz 3 zu § 918). Da durch die Ausübung des Rücktrittsrechtes in Ansehung eines Vertrages - dem Wesen des Gestaltungsrechtes
entsprechend - der Vertrag ex tunc (vgl. Gschnitzer in Klang2 IV/1, 497) aufgelöst wird, kommt - wie das Berufungsgericht auch zutreffend erkannte - ein Widerruf der Rücktrittserklärung begrifflich nicht in Frage. Für die Annahme des schlüssigen Abschlusses eines neuen, dem früheren Pachtvertrag entsprechenden Vertrages fehlt aber die entsprechende Sachverhaltsgrundlage, weil die beklagte Partei dabei hätte Handlungen setzen müssen, die mit Überlegung aller Umstände keinen vernünftigen Grund daran zu zweifeln übrig gelassen hätten (§ 863 Abs 1 ABGB), was hier aber nicht gesagt werden kann.
In seiner Rechtsrüge vertritt der Revisionswerber weiters den Standpunkt, daß das Klagebegehren auch auf Grund der von den Vorinstanzen getroffenen Feststellungen berechtigt sei. Es könne nämlich nicht davon ausgegangen werden, daß die Rücktrittserklärung vom 28. November 1985 auf Punkt 11. der Vereinbarung vom 31. August 1985 gestützt worden sei. Diese Vereinbarung räume den Vertragsteilen bloß die Möglichkeit ein, gegen Zahlung einer Pönalsumme von 100.000,-- S vom Vertrag ohne Angabe von Gründen zurückzutreten. Die beklagte Partei habe aber ihre Rücktrittserklärung ausdrücklich auf die Unterlassung des Klägers gestützt, die Bankgarantie rechtzeitig beizubringen. Der Rücktritt müßte daher nach den §§ 918 ff ABGB beurteilt werden; seine Wirksamkeit hätte daher zur Voraussetzung gehabt, daß ihm eine Nachfrist gesetzt worden wäre. Auch hier kann dem Revisionswerber nicht gefolgt werden.
Es entspricht der Lehre und Rechtsprechung, daß die Bestimmungen der §§ 918 bis 921 ABGB nachgiebiges Recht sind (Gschnitzer, aaO, 444; Reischauer, aaO, Rz 12 zu Vor §§ 918 ff samt Rechtsprechungsnachweis), weshalb auch das Recht zum Rücktritt und das Erfordernis der Nachfristsetzung dem dispositiven Recht angehören, also durch Parteienabrede anders gestaltet werden können (Mayrhofer, Schuldrecht I, 382). Es besteht daher kein Zweifel, daß die von den Parteien über das beiderseitige Rücktrittsrecht getroffene Vereinbarung trotz des Umstandes gültig ist, daß das Erfordernis einer Nachfristsetzung nicht vorgesehen wurde. Es entspricht auch der Lehre und Rechtsprechung, daß selbst ein willkürlich auszuübendes Rücktrittsrecht, und zwar auch ohne Reugeldvereinbarung eingeräumt werden kann, in welchem Fall dann ein objektiver Rücktrittsgrund gar nicht vorliegen muß (Reischauer, aaO, Rz 5 zu § 918 samt Rechtsprechungsnachweis). Durfte die beklagte Partei nach der von den Streitteilen getroffenen Vereinbarung von dem Rücktrittsrecht ohne Angabe von Gründen Gebrauch machen, so hat der Umstand, daß sie ihren Rücktritt doch begründet hat, keinen Einfluß auf die Rechtswirksamkeit der von ihr geltend gemachten Rechtsgestaltung im Sinne der Auflösung des Pachtvertrages. Insoweit der Revisionswerber in diesem Zusammenhang noch meint, der von der beklagten Partei geltend gemachte Rücktrittsgrund sei nicht vorgelegen, weil die Bankgarantie nicht unbrauchbar gewesen sei, zumal im täglichen Geschäftsleben erfahrungsgemäß Firmenwortlaute wiederholt nicht exakt geschrieben würden, so geht sie einerseits nicht von den Feststellungen der Vorinstanzen aus, wonach die beklagte Partei aus der Garantie tatsächlich nicht berechtigt war, und anderseits am Kern der hier bedeutsamen Rechtsfragen vorbei, zumal die Wirksamkeit des Rücktritts ja nicht vom Vorliegen eines berechtigten Grundes abhängig war. Da die beklagte Partei von dem ihr vertraglich eingeräumten Rücktrittsrecht zu einer Zeit Gebrauch gemacht hat, zu der das Bestandverhältnis noch nicht in das Abwicklungsstadium getreten war (vgl. Reischauer, aaO, Rz 13 zu Vor §§ 918 ff samt Rechtsprechungsnachweis), hat diese Rücktrittserklärung mit Wirkung ex tunc zu einer Veränderung der zwischen den Parteien bestehenden Rechtsverhältnisse im Sinne der Unwirksamkeit der Vereinbarung vom 31. August 1985 geführt. In der Abweisung sowohl des Haupt- als auch des Eventualbegehrens durch die Vorinstanzen kann daher kein Rechtsirrtum erblickt werden. Der Revision mußte somit ein Erfolg versagt werden. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)