Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 3.397,35 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 308,85 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Streitteile haben am 23.1.1965 vor dem Standesamt Roitham die Ehe geschlossen. Diese Ehe ist kinderlos geblieben. Der Kläger begehrte die Scheidung der Ehe aus dem Verschulden der Beklagten und brachte hiezu vor, auf dem den Eheleuten je zur Hälfte gehörigen Anwesen lebe seit jeher mit nur geringfügigen Unterbrechungen Walter W***, den die Beklagte ohne
Einwilligung des Klägers aufgenommen habe und den sie stets unterstütze. So habe sie ihn 1975 vor der Gendarmerie versteckt und sei deshalb gerichtlich verurteilt worden. Walter W*** habe den Kläger häufig bedroht, besonders wenn er betrunken gewesen sei. Aufforderungen des Klägers, Walter W*** zum Auszug zu veranlassen, habe die Beklagte stets mißachtet. Sie unterhalte vielmehr mit Walter W*** intime Beziehungen, was dem Kläger erst aufgefallen sei, als sie sich geweigert habe, Walter W*** aus dem Haus zu weisen. Dieser habe selbst einen mit dem Kläger geschlossenen Räumungsvergleich mißachtet, so daß der Kläger dessen zwangsweise Räumung (am 18.4.1985) habe veranlassen müssen. Darauf habe die Beklagte gedroht, sie werde das Haus anzünden, wenn der Kläger gerade schlafe, damit er im Feuer umkomme. Seit 1.5.1985 lebe Walter W*** wieder auf dem Anwesen, die Aufforderung des Klägers, das Haus zu verlassen, habe er nicht weiter beachtet. Die Beklagte stelle sich dabei hinter Walter W***. Sie habe diesen im Gefangenenhaus besucht und ihn nach dessen Entlassung sofort wieder aufgenommen. Am 21.1.1986 sei Walter W*** gegen zwei Uhr total betrunken ins Schlafzimmer eingedrungen und habe den Kläger angeschrien, er werde dafür sorgen, daß die Gendarmerie diesen wegschaffe. Darauf habe sich die Beklagte mit Walter W*** in die Wohnstube zurückgezogen. 1985 habe die Beklagte dem Kläger mit der Entmündigung gedroht. Am 6.2.1986 habe sie ihm angekündigt, sie sei mit der Scheidung einverstanden, weil sie von Walter W*** nicht lassen könne. Am 7.2.1986 habe sie dem Kläger den Autoschlüssel entwenden wollen, obwohl sie keinen Führerschein habe. Angesichts der ständigen Drohungen seitens Walter W***, der sich im Haus wie der Besitzer geriere und hinter den sich die Beklagte dennoch laufend stelle, habe der Kläger schließlich 1986 das Anwesen verlassen. Der letzte Geschlechtsverkehr zwischen den Streitteilen habe noch vor einer im Februar 1984 an der Beklagten durchgeführten Unterleibsoperation stattgefunden. Seither schütze die Beklagte Schmerzen vor, wenn der Kläger sich ihr nähere. Die Beklagte habe ihn laufend, vor allem aber in letzter Zeit ordinär beschimpft. Seit etwa einem Jahr kümmere sich die Beklagte nicht mehr um seine Wäsche, aber auch nicht um seine Mutter, die auf dem Anwesen der Streitteile im Auszug lebe. Außerdem hätten die Beklagte und Walter W*** seine Mutter derart schikaniert, daß sie nun bei ihrer Tochter zu leben genötigt sei.
Die Beklagte beantragte die Abweisung des Scheidungsbegehrens und wendete ein, sie sei ihren Verpflichtungen dem Kläger und dessen Familie gegenüber stets einwandfrei nachgekommen. Der Kläger habe sie gröblichst mißhandelt und tagtäglich beschimpft. Zum Geschlechtsverkehr sei es nur deshalb früher sehr selten gekommen, weil sich der Kläger ihr kaum genähert habe. Im übrigen hätten sich die Streitteile unterdessen versöhnt und demgemäß am 31.8. und vom
6. auf den 7.10.1985 geschlechtlich verkehrt. Der Kläger unterhalte ehewidrige Beziehungen zu anderen Frauen. Mit dem Aufenthalt Walter W*** sei der Kläger stets einverstanden gewesen, weil dieser alle schweren Arbeiten in der Landwirtschaft und viele nützliche Arbeiten auf dem Hof verrichtet habe. Die Beklagte benötige für die Landwirtschaft eine Hilfe, die ihr der Kläger jedoch in letzter Zeit nicht nur nicht verweigere, sondern durch Bosheitsakte - etwa den Verkauf von Maschinen und dergleichen - ihre Arbeit sogar noch erschwere. Der Kläger leiste ihr keinen Unterhalt, so daß sie die Hilfe des Gerichtes in Anspruch habe nehmen müssen. Wegen der von ihr verrichteten schweren Arbeiten in der Landwirtschaft habe sich ihr Gesundheitszustand rapid verschlechtert. Sie sei gesundheitlich nicht in der Lage, die Entfernung Walter W*** vom Hof durchzusetzen.
In der Verhandlungstagsatzung vom 23.9.1986 (ON 27, S 13 = AS 119) stellte die Beklagte auch einen Mitschuldantrag. Das Erstgericht schied die Ehe aus dem Verschulden beider Teile, sprach aber aus, daß das Verschulden der Beklagten überwiege. Es stellte fest:
Die Beklagte hat eine uneheliche Tochter. Anläßlich der Eheschließung übergab ihr der Kläger einen Hälfteanteil seiner 2,5 Joch großen Landwirtschaft. Das dazugehörige kleine Bauernhaus diente den Streitteilen als Ehewohnung. Neben ihrem eigenen Grundbesitz bewirtschafteten sie ein vier Joch großes Hanggrundstück, wofür sie kein Entgelt zu entrichten haben. Alle Grundflächen sind Wiesen. An Vieh hielten die Streitteile etwa 1985 einen Jungstier, drei Kühe, drei Schweine und 20 Hühner. Seit 1973 bewohnt Walter W*** ein Zimmer im Hause der Streitteile. Mit ihm gemeinsam verrichtet die Beklagte die in der Landwirtschaft anfallenden Arbeiten. Für seine Tätigkeit, zu der auch Reparatur- und Bauarbeiten gehörten, genoß er freie Station. Bis Ende 1985 half der Kläger, der bei der Gemeinde Vöcklabruck als Straßenkehrer beschäftigt ist, in der Landwirtschaft mit, soweit ihm seine Anstellung hiezu Zeit ließ. Die Erträgnisse aus der Landwirtschaft verwaltete die Beklagte und verwendete sie vornehmlich für die Anschaffung von Vieh, für die Zufütterung und zum Teil für den Haushalt. Aus den Erträgnissen wurden auch die Ausgedingsleistungen für die Mutter des Klägers, Agnes P***, bestritten. Soweit sie nicht ausreichten, um die Kosten für Haushalt und Auszug zu decken, schoß der Kläger zu. Fallweise tätigte er größere Einkäufe, vor allem an Lebensmitteln.
Der Kläger verdiente 1984/85 monatlich durchschnittlich S 13.360,-- netto und bestritt aus seinen Einkünften die Kosten für Strom, die Versicherunsprämien, die Grundsteuer und die Kosten für das Heizmaterial und den Treibstoff der auf dem Anwesen befindlichen Fahrzeuge. Ab 22.5.1985 hat der Kläger der Beklagten einen monatlichen Unterhalt von S 1.000,-- zu leisten (1 C 78/85 des Bezirksgerichtes Vöcklabruck). Bis vor etwa zwei Jahren war die Beklagte damit einverstanden gewesen, daß das Einkommen des Klägers für Anschaffungen für die Landwirtschaft angespart werde und die Lebenshaltungskosten aus den Erträgnissen der Landwirtschaft bestritten werden. Der Kläger verweigerte der Beklagten vor allem deshalb Geldzuschüsse, weil er befürchtete, daß sie diese für Walter W*** auslegen werde. Die Beklagte hat auch tatsächlich Rechnungen für diesen beglichen.
Mit Urteil vom 18.10.1974 erkannte das Kreisgericht Wels die Beklagte schuldig, im Juli 1974 an mehreren Tagen den wegen Verbrechens verurteilten Walter W*** vor nachforschenden Gendarmerieorganen verborgen zu haben.
1975 traf der Kläger die Beklagte und Walter W***
einmal gemeinsam nackt auf einem Sofa liegend an. Auch sonst pflegten die Beklagte und Walter W*** auf dem Sofa liegend Fernsehsendungen zu verfolgen, während der Kläger daneben auf dem Sessel saß. Bis vor etwa zwei bis drei Jahren war der Kläger mit dem Aufenthalt Walter W*** auf dem Anwesen einverstanden gewesen. Seither wurde er von diesem, der wöchentlich zwei- bis dreimal alkoholisiert war, mit Mißhandlungen und am Leben bedroht, so auch mit erhobenem Messer. Anfang 1985 hatte die Beklagte mit Walter W*** Geschlechtsverkehr. Mit Vergleich vom 29.1.1985 verpflichtete sich dieser, das Anwesen zu räumen. Da er seiner Verpflichtung nicht nachkam, wurde er über Betreiben des Klägers am 18.4.1985 delogiert. Schon am 1.5.1985 zog Walter W*** mit Einwilligung der Beklagten gegen den Willen des Klägers wieder in das bisher von ihm benützte Zimmer ein. Sie schloß mit ihm einen schriftlichen Mietvertrag über das Zimmer samt Mitbenützung von Küche, Bad und WC gegen einen monatlichen Zins von S 200,--. Mit Urteil vom 14.8.1982 erkannte das Bezirksgericht Vöcklabruck Walter W*** über Klageführung des Klägers schuldig, das Betreten der den Streitteilen gehörigen Liegenschaft zu unterlassen. Vom
17.9. bis 17.12.1985 verbüßte Walter W*** eine Freiheitsstrafe. Vom 21.5. bis 4.6.1986 wurde gegen ihn zur Vollstreckung des Unterlassungsgebotes eine Beugehaft vollzogen. Dennoch nahm Walter W*** danach wieder auf dem Anwesen der Streitteile Aufenthalt. Seit Anfang 1985 nächtigte der Kläger aus Furcht vor den ihn immer häufiger bedrohenden Walter W*** fallweise im Betriebsgebäude seiner Dienstgeberin, bei seiner Schwester, bei der Tochter der Beklagten oder bei seiner Mutter in der Auszugswohnung.
Im Mai 1985 fügte Walter W*** der Beklagten ein "blaues Auge" zu. Dem Kläger gegenüber drohte er, er werde ihn umbringen. Der Kläger brachte die Beklagte darauf ins Krankenhaus. Nach der Rückkehr begab sich die Beklagte aber sofort auf das Zimmer Walter W***. Die Beklagte ergriff bei Auseinandersetzungen zwischen dem Kläger und Walter W*** stets für letzteren Partei.
Mitte 1985 verkehrten die Streitteile das letzte Mal geschlechtlich. Im Februar 1984 hat sich die Beklagte einer Unterleibsoperation unterzogen.
Bis Februar 1986 versorgte die Beklagte den Kläger und dessen Mutter im Haushalt. Am 6.2.1986 sprach er die Beklagte an, wie lange sie Walter W*** zu behalten gedenke. In der Folge
verletzten einander die Streitteile bei einer Auseinandersetzung über den Autoschlüssel. Die Beklagte rief ihm danach zu, er sei ein falscher und im Vergleich zu Walter W*** auch fauler Hund. Nun zog der Kläger aus dem ehelichen Anwesen aus.
Das Erstgericht, das nicht feststellen konnte, ob die Beklagte und Walter W*** auch derzeit miteinander geschlechtliche Beziehungen unterhalten, ob der Kläger je solche Beziehungen zu anderen Frauen unterhalten habe und daß er sich der Beklagten nicht genähert hätte, schloß aus diesen Feststellungen, eine Verzeihung des Ehebruches der Beklagten durch den Kläger könne angesichts der mehrfachen Wiederaufnahme des Walter W*** gegen den Willen des Klägers nicht angenommen werden. Außer dem Ehebruch sei der Beklagten die Wiederaufnahme des Walter W*** trotz
Delogierung und nach der Haftentlassung vorzuwerfen, zumal sie von den fortlaufenden Bedrohungen des Klägers durch diesen gewußt habe und die Fortsetzung dieses Verhaltens somit in Kauf genommen habe. Da dem Kläger lediglich der Verstoß gegen seine Unterhaltspflicht anzulasten sei, überwiege das Verschulden der Beklagten. Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil, übernahm die erstinstanzlichen Feststellungen als Ergebnis eines mängelfreien Verfahrens und unbedenklicher Beweiswürdigung und führte zur Rechtsrüge der Beklagten aus, diese übersehe, daß ihr nicht nur Ehebruch, sondern auch die Verletzung der sich aus § 90 ABGB ergebenden immateriellen Beistandspflicht vorzuwerfen sei. Sie habe durch ihr Verhalten zumindest mitveranlaßt, daß der Kläger Walter W*** aus dem Anwesen zu entfernen versucht und sich hiezu auch gerichtlicher Hilfe bedient habe. Die Beklagte habe Walter W*** stets wieder ins Haus aufgenommen. Sie sei nicht gewillt gewesen, diesen vom Anwesen fernzuhalten, obwohl er mit ihr nicht nur die Ehe gebrochen, sondern den Kläger, aber auch sogar sie selbst attackiert habe. Dem Einwand, die Beklagte sei auf die Mithilfe Walter W*** in der Landwirtschaft angewiesen gewesen, sei zu erwidern, daß ihr - bei Verweigerung der Mithilfe durch den Kläger - eine Verminderung der landwirtschaftlichen Tätigkeit auf ein ihr zumutbares Maß nicht als Verletzung ihrer Beitragspflicht hätte vorgeworfen werden können und ein niedrigeres Eigeneinkommen nur einen höheren Unterhaltsanspruch gegen ihren Ehegatten zur Folge gehabt hätte. Angesichts der bis zum Schluß der Verhandlung erster Instanz fortgesetzten schweren Eheverfehlungen der Beklagten überwiege ihr Verschulden klar. Dem Kläger, dem nur die Verletzung seiner Unterhaltspflicht zur Last falle, sei zugute zu halten, daß er zur Versöhnung bereit gewesen wäre, hätte die Beklagte Walter W*** nach der Haftentlassung nicht mehr wieder aufgenommen.
Rechtliche Beurteilung
Die von der Beklagten erhobene Revision ist nicht berechtigt. Die behauptete Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt, wie der Oberste Gerichtshof geprüft hat, nicht vor (§ 510 Abs.3 ZPO). Die Rechtsrüge ist nicht gesetzmäßig ausgeführt. Soweit die Revision in erster Instanz nicht erstattetes Vorbringen - etwa den Verlauf eines Oppositionsprozesses - enthält, genügt der Hinweis auf das Neuerungsverbot. Im übrigen bekämpft die Beklagte unzulässigerweise die Beweiswürdigung der Vorinstanzen, vor allem durch die Behauptung, das Berufungsgericht habe bestimmte Beweisergebnisse, die in den vorinstanzlichen Feststellungen keinen Widerhall gefunden hätten, rechtlich nicht gewürdigt. Der Revision war deshalb ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.
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