OGH 1Ob55/87

OGH1Ob55/8710.2.1988

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert, Dr. Hofmann, Dr. Schlosser und Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien Friedrich und Rosina G***, Landwirte, Breitenaich 5, vertreten durch Dr. Maximilian Ganzert und Dr. Friedrich Wilhelm Ganzert, Rechtsanwälte in Wels, wider die beklagte Partei G*** S***, vertreten durch Dr. Hans Hochleitner, Rechtsanwalt in Eferding, wegen Feststellung des Eigentumsrechtes (Streitwert 27.000 S), infolge Rekurses der klagenden Parteien gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Wels als Berufungsgerichtes vom 15. Juni 1987, GZ R 367/87-27, womit das Urteil des Bezirksgerichtes Eferding vom 5. Februar 1987, GZ 1 C 25/86-17, unter Rechtskraftvorbehalt aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Beschluß des Berufungsgerichtes wird mit der Maßgabe bestätigt, daß das erstinstanzliche Urteil, soweit die Kläger die Feststellung begehren, sie seien je zur Hälfte Eigentümer des Grundstückes 1370/3 der KG Finklham, aufgehoben und die Rechtssache in diesem Umfang an das Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen wird.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die Kläger sind je zur Hälfte Eigentümer der Liegenschaft EZ 151 KG Finklham, zu der auch die Grundstücke 956/1, 956/3, 958, 1408/2, 880 und 879/1 gehören; Rechtsvorgänger waren die Eltern des Erstklägers. Das Grundstück 1370/3 ist im Grundstücksverzeichnis II - öffentliches Gut - der KG Finklham als Weg aufgenommen; es ist etwa 170 m lang und 3 m breit, verläuft entlang dem östlichen Ufer des Innbaches und grenzt an das Grundstück 956/1 und das Grundstück 1407/1 (= Bett des Innbaches). Dieses etwa 20 m breite Bachbett verläuft entlang dem Grundstück 956/3, das etwa 150 bis 200 m lang ist. Die Uferböschung weist in diesem Bereich eine Neigung von etwa 50 Grad auf und ist mit teilweise über 50 Jahre alten Bäumen und Strauchwerk bewachsen. Der Bewuchs hindert die Begehung der Böschung, deren Oberkante etwa 2 m über dem Bachgrund liegt. An sie schließt ein etwa 2 m breiter Grasstreifen in Form eines künstlich aufgeschütteten Erddammes und daran ein etwa 2 m breiter, etwa 30 cm vertiefter Schotterweg an, der den Innbach aufwärts zum Mühlzeiningerwehr führt. An den Weg schließt Ackerland an. Der Verlauf der Grenzen des Grundstückes 1370/3 ist in der Natur nicht erkennbar. Soweit es nicht ohnehin bereits Teil des Bachbettes geworden ist, bildet es dessen Uferlände. Der schon genannte Schotterweg ist großteils auf dem Grundstück 956/3 angelegt und dient seit jeher der Bewirtschaftung der Grundstücke der Kläger. Nur gelegentlich wurde er auch von anderen Personen, insbesondere von Kindern, die beim Wehr baden wollten, benützt. Zugunsten der jeweiligen Eigentümer der Liegenschaft "Zeiningermühle in Breitenaich" ist das Grundstück 956/3 mit der Dienstbarkeit des Geh- und Fahrtrechtes belastet, das derzeit auf dem Schotterweg ausgeübt wird.

Die Kläger begehrten a) die Feststellung, sie seien je zur Hälfte Eigentümer des Grundstückes 1370/3, und b) die Verurteilung der beklagten Partei zur Einwilligung in die Einverleibung ihres Eigentums auf diesem Grundstück. Sie hätten das Eigentum ersessen, weil sie bzw. ihre Rechtsvorgänger schon mehr als vierzig Jahre lang auf diesem Grundstück Handlungen wie dessen Eigentümer vorgenommen hätten.

Die beklagte Gemeinde wendete insbesondere ein, das Grundstück sei öffentlicher Weg, der bis vor etwa 15 Jahren von jedermann in gleicher Weise wie von den Klägern bzw. deren Rechtsvorgängern benützt worden sei. Kurz vor Schluß der Verhandlung erster Instanz brachten sie weiter vor, die streitverfangene Grundfläche sei Uferstreifen bzw. Hochwasserabflußbereich eines öffentlichen Gutes, so daß es nicht der Ersitzung zugänglich sei. Außerdem sei der Eigentümer des Grundstückes nicht verbüchert, so daß eine allfällige Ersitzung durch die Kläger auch nicht zu deren Einverleibung als Eigentümer im Grundbuch führen könne.

Das Erstgericht sprach aus, daß die Kläger je zur Hälfte Eigentümer des streitverfangenen Grundstückes seien, soweit es nicht inzwischen zum Wasserbett des Innbaches geworden sei; das Mehrbegehren, die Kläger seien auch Eigentümer des restlichen Teils des Grundstückes, und auf Verurteilung der beklagten Partei zur Einwilligung in die Einverleibung der Kläger als Eigentümer des Grundstückes wies es dagegen ab. Es stellte fest, die Kläger und deren Rechtsvorgänger seien seit "unvordenklicher Zeit" der Meinung gewesen, daß ihr Grundbesitz bis zum Innbachufer reiche. In dieser Überzeugung hätten sie den Grundstreifen vom Weg bis zum Ufer bewirtschaftet. Der Vater des Erstklägers habe etwa 1924 entlang der Uferböschungsoberkante über die gesamte Länge des Grundstückes 956/3 einen Erddamm aufgeschüttet. Die Bevölkerung von Breitenaich habe ihren Widerstand gegen dieses Unterfangen über Vermittlung durch den damaligen Bezirkshauptmann von Eferding aufgegeben. Seither habe sich am Verlauf der Uferböschung, des Dammes und des daran anschließenden Weges nichts Wesentliches geändert. Abtragungen infolge der nahezu jährlich wiederkehrenden Hochwasser und sonstige Schäden am Damm seien von den Klägern und deren Rechtsvorgängern jeweils wieder behoben worden. Den Weg hätten sie durch regelmäßige Schotterung instandgehalten. Infolge dieser Arbeiten sei es im Verlauf der Zeit zu einer geringfügigen Erhöhung des Dammniveaus gekommen. Den mit Gras bewachsenen Damm hätten die Kläger bzw. deren Rechtsvorgänger zwei- bis dreimal jährlich abgemäht, auf der Uferböschung hätten sie zur Befestigung des Dammes Pappeln und Eschen gepflanzt und fallweise - so etwa 1956 und in den Jahren zuvor zweimal - auch Bäume gefällt. In regelmäßigen Abständen von etwa zehn Jahren hätten sie die Uferböschung auch durch Abholzung und Zurückschneiden des Strauchwerkes kultiviert. Die Uferböschung sei seit etwa 60 Jahren infolge ihrer Neigung und ihres Bewuchses nur schwer begehbar gewesen. Spaziergänger hätten stets den Schotterweg benützt und seien - sofern ortsansässig - der Meinung gewesen, hier über Grund und Boden der Kläger zu gehen. Zeitweilig seien Weg und anschließende Felder zum Schutz der Feldfrüchte sogar umfriedet gewesen. Erst anläßlich eines wasserrechtlichen Verfahrens im Jahre 1984 sei den Streitteilen bekannt geworden, daß der Bereich entlang des Innbaches öffentliches Gut sei. Die beklagte Partei habe die Kläger bzw. deren Rechtsvorgänger wegen deren Besitzausübungshandlungen nie beanstandet.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, die Kläger bzw. deren Rechtsvorgänger hätten in bezug auf die streitverfangene Grundfläche Handlungen außerhalb des Gemeingebrauches wie Eigentümer vorgenommen. Die Eintragung im Verzeichnis über das öffentliche Gut als Weg zeige, daß die Grundfläche ursprünglich jedermann zum Begehen und Befahren gewidmet gewesen sei. Die Kläger hingegen hätten das Grundstück durch mehr als 40 Jahre bewirtschaftet, darauf sogar einen Erddamm aufgeschüttet und damit das Eigentum an dieser Fläche ersessen, soweit sie nicht unterdessen zum Wasserbett des Innbachs geworden sei; insoweit sei Ersitzung ausgeschlossen. Als Grenze des Wasserbettes gelte der regelmäßig wiederkehrende höchste Wasserstand. Im Grundbuch könne das ersessene Eigentum für die Kläger jedoch nicht einverleibt werden, weil kein Vormann eingetragen sei.

Das Berufungsgericht hob das nur im stattgebenden Teil von der beklagten Partei bekämpfte Urteil des Erstgerichtes in diesem Umfang zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung durch das Erstgericht auf, sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes zwar 15.000 S, nicht aber 300.000 S übersteige, und ordnete einen Rechtskraftvorbehalt an. Wohl könne auch öffentliches Gut ersessen werden, wenn die zumindest 40 Jahre währende Benützung über den Gemeingebrauch hinausgehe und für den Eigentümer als solche erkennbar gewesen sei; diese Grundsätze gälten jedoch nicht für öffentliches Wassergut. Gemäß § 4 Abs 4 WRG könnten dingliche Rechte an öffentlichem Wassergut durch Ersitzung nur erworben werden, wenn die Ersitzungszeit noch vor dem 1. November 1934 abgelaufen sei. Aus der Tatsache, daß sich die beklagte Partei als Eigentümerin der streitverfangenen Grundfläche geriere, könne noch nicht auf ihre passive Klagslegitimation geschlossen werden. Das Gericht sei an solche Rechtsgeständnisse dann nicht gebunden, wenn sie gar nicht wahr sein können oder dem Gericht das Gegenteil aus dessen amtlicher Tätigkeit bekannt sei. Betreffe ein Rechtsgeständnis einen Rechtsbegriff, sei es als Zugeständnis jenes Tatsachenkomplexes anzusehen, der nach Kenntnis des Geständigen diesem Begriff zuzuordnen sei. Die beklagte Gemeinde schließe ihre Eigentümerstellung aus der Eintragung als öffentliches Gut, doch wäre dieser Schluß dann falsch, wenn die Grundfläche als öffentliches Wassergut zu beurteilen wäre. Letzteres liege nahe, weil das Grundstück entlang dem Innbach verlaufe und nach den erstinstanzlichen Feststellungen zumindest teilweise Bachbett geworden sei. Es könne auch durchaus der Bund Eigentümer der Grundfläche sein. Nur öffentliche Straßen und Wege befänden sich im Zweifel im Eigentum der Gemeinde, wogegen der Bund Eigentümer des öffentlichen Wassergutes sei. Allein deshalb, weil ein Grundstück als öffentliches Gut ersichtlich gemacht sei, dürfe noch nicht das Eigentum der Gemeinde angenommen werden. Wasserführende bzw. verlassene Bette öffentlicher Gewässer seien öffentliches Wassergut, wenn die in Betracht kommenden Grundflächen als öffentliches Gut eingetragen und kein Eigentümer oder der Bundesschatz als Eigentümer eingetragen ist bzw. diese Flächen nicht verbüchert, sondern nur im Verzeichnis über das öffentliche Gut enthalten sind. Die beklagte Partei sei ihrem Prozeßvorbringen zufolge offenbar der Auffassung, sie sei Eigentümerin der streitverfangenen Grundfläche, weil sie ins Verzeichnis der Wege und Straßen eingetragen sei. Dieses Eigentum habe sie etwa durch vor dem 1. November 1934 vollendete Ersitzung erwerben können. Es könne daher das Eigentum der beklagten Gemeinde selbst dann nicht von vornherein ausgeschlossen werden, wenn diese Grundfläche öffentliches Wassergut sei. Um diese Fragen abschließend zu beurteilen, fehlten die notwendigen Feststellungen, so daß das erstinstanzliche Verfahren noch nicht spruchreif sei. Das Erstgericht vertrete offenbar die Ansicht, daß das Grundstück 1370/3 teilweise öffentlicher Weg, teilweise aber - und zwar so weit, als es Bachbett geworden sei - öffentliches Wassergut sei. Nach dem Lageplan Beilage A, auf den sich das Erstgericht in seinen Feststellungen bezogen habe, verlaufe der "Weg" tatsächlich zu einem nicht unbeträchtlichen Teil auf dem Wasserbett. Als öffentliches Wassergut sei nicht die Wasserwelle, sondern ausschließlich die Grundfläche anzusehen. Dazu könne auch der Uferbereich gehören, um den leichteren Zugang, aber auch um Schutz- und Regulierungsbauten zu ermöglichen oder Raum zur Lagerung von Material zu bieten. § 4 WRG sichere in diesem Sinn die geregelte Wasserabfuhr für wasserbauliche und kulturtechnische Vorkehrungen sowie die von der Verwaltung zu besorgenden Regulierungen. So könne öffentliches Gut, das über das Wasserbett hinausreiche, öffentliches Wassergut sein. Diesen Grundsätzen zufolge sei das streitverfangene Grundstück, das ohnedies zum Teil Wasserbett geworden sei, zur Gänze als öffentliches Wassergut zu beurteilen. Dafür spreche auch, daß die Grenzziehung zwischen dem Wasserbett und den Anrainerflächen im allgemeinen nach dem regelmäßig wiederkehrenden ordentlichen höchsten Wasserstand zu ziehen sei. Für die Unterscheidung dieses Wasserstandes vom Hochwasserstand sei es maßgeblich, ob ein eindeutiger Ufergrat vorhanden sei, weil Hochwasser im Sinne von § 48 Abs 3 WRG nur dann gegeben sei, wenn das Gewässer seine Ufer überflute. Sei aber - wie hier - eine "Uferkante" in Form einer Böschungsoberkante eindeutig vorhanden, bilde diese die Grenze des Wasserbettes zu den anrainenden Grundstücken. Nach den insoweit unpräzisen Feststellungen des Erstgerichtes liege ein Teil des Grundstückes 1370/3 sogar unter der Wasserwelle. Das Grundstück sei somit jedenfalls zum Teil öffentliches Wassergut. Unterliege ein Grundstück, das im Verzeichnis über das öffentliche Gut eingetragen ist, dieser Widmung, sei es zur Gänze als öffentliches Wassergut zu beurteilen. Dem stehe auch nicht entgegen, daß am Ufer eines Gewässers auch ein Weg verlaufen könne. Die Tatsache des Weges werde nämlich durch die Eigenschaft des öffentlichen Gewässers und den daran bestehenden Gemeingebrauch indiziert (§§ 1, 8 WRG). Der nach § 8 Abs 1 WRG bestehende Gemeingebrauch wäre dann unmöglich, wenn der Eigentümer des anrainenden Grundstückes jeden anderen vom Zugang zum Wasser ausschließen könnte. Bei sinnvoller Auslegung des Begriffes Wasserbett, die die vom § 8 Abs 1 WRG offensichtlich für den Regelfall gewollte freie Benützung eines öffentlichen Gewässers gewährleiste, könne die Grenze des Wasserbettes nicht bis zum Ufer des Gewässers hingezogen werden. Dann könnten die Eigentümer der angrenzenden Grundstücke den Zugang zum Gewässer schon bei mittlerem (normalem) Wasserstand verwehren. Auch deshalb ziehe die Rechtsprechung die Grenze mit dem regelmäßig wiederkehrenden ordentlichen höchsten Wasserstand. Werde - etwa wie in SZ 53/38 - das Recht auf Zugang zum öffentlichen Gewässer jedem zugebilligt, so stehe die Tatsache, daß ein Weg vorhanden sei, der Widmung als öffentliches Wassergut nicht entgegen, auch wenn diese Fläche in das für Wege bestehende Verzeichnis über das öffentliche Gut eingetragen sei. Im fortgesetzten Verfahren werde das Erstgericht die Eigentumsfrage mit den Parteien zu erörtern haben. Da die Beweislast grundsätzlich den Ersitzungskläger treffe, werde er auch darzutun haben, daß die beklagte Partei (bis zur Ersitzung) Eigentümer des streitverfangenen Grundstückes gewesen sei. Auch die Vollendung der Ersitzungszeit von 40 Jahren vor dem 1. November 1934 - die Feststellung der Benützung "seit unvordenklichen Zeiten" reiche hiezu nicht aus - hätten die Kläger zu beweisen. Sollte dieser Beweis mißlingen, bedürfe es keiner präzisen Feststellung des allenfalls ersessenen Teiles der Grundfläche, weil dann das Klagebegehren ohnehin zur Gänze abzuweisen sein werde. Das Erstgericht habe zutreffend erkannt, daß das Grundstück kein Hochwasserabflußgebiet (§ 38 WRG) sein könne, weil diese Annahme die Eintragung des Bundesschatzes als Eigentümer im Grundbuch voraussetze.

Rechtliche Beurteilung

Der von den Klägern erhobene Rekurs ist im Ergebnis nicht berechtigt.

Die von ihnen geltend gemachten Anfechtungsgründe der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und der Aktenwidrigkeit liegen, wie der Oberste Gerichtshof geprüft hat, nicht vor (§§ 528 a, 510 Abs 3 ZPO).

Die Kläger nehmen zwar mit ihrer Klage das gesamte Grundstück 1370/3 ersitzungsweise in Anspruch, haben aber in ihrem vorbereitendem Schriftsatz ON 7 selbst vorgebracht, ein Teil des Grundstückes sei "zwischenzeitig" zum Bett des Innbaches geworden, sie hätten nur die restliche Fläche bis zur Uferlinie (also Damm und Böschung) in der Überzeugung, Eigentümer zu sein, auf die dort näher beschriebene Weise bewirtschaftet und damit ersessen. Demgemäß hat das Erstgericht auch festgestellt, daß die Kläger bzw. deren Rechtsvorgänger das als Weg gewidmete Grundstück nur bis zu dessen Uferlinie seit unvordenklichen Zeiten bewirtschaftet hätten (ON 17, S 7). Soweit sie demnach das Eigentum an diesem Grundstück überhaupt ersessen haben sollten - wozu noch Stellung zu nehmen sein wird -, könnten sich die Rechtswirkungen der Ersitzung nur auf die nicht vom Innbach überflutete Teilfläche erstrecken.

Das Berufungsgericht vertrat die Auffassung, daß das gesamte Grundstück 1370/3 öffentliches Wassergut sei, weil nach erstinstanzlicher Feststellung ein Teil hievon (vgl. den vom Erstgericht seinen Feststellungen zugrundegelegten Vermessungsplan Beilage A) zwischenzeitig zum Bachbett des Innbaches geworden sei. Diese Feststellung kann nur so verstanden werden, daß sich das Bett des Innbaches früher auf das Grundstück 1407/1 (vgl. Beilage A) beschränkte und das Gewässer angrenzende Teile des als Weg gewidmeten Grundstückes 1370/3 erst seit einem nicht festgestellten späteren Zeitpunkt dauernd überflutet. Ob die zum Bachbett gewordene Teilfläche seit der Änderung des Bachverlaufes als öffentliches Wassergut im Sinne des § 4 Abs 1 zweiter Satz WRG zu beurteilen ist und damit gemäß § 4 Abs 5 WRG der Ersitzung entzogen wurde, ist im vorliegenden Rechtsstreit nicht weiter zu prüfen, weil die Kläger selbst nach ihrem Vorbringen ihre als Besitzhandlungen geltend gemachten Bewirtschaftungsmaßnahmen nur auf die nicht überfluteten Teile des Grundstückes 1370/3 erstreckt und den restlichen Teil (Bachbett) nicht ersessen haben.

Der Auffassung des Berufungsgerichtes, infolge der dauernden Überflutung eines Teiles sei das gesamte Grundstück 1370/3 öffentliches Wassergut geworden, weil öffentliches Gut dann zur Gänze als solches zu beurteilen sei, ist nicht beizupflichten. Öffentliches Wassergut sind gemäß § 4 Abs 1 WRG nur die wasserführenden und verlassenen Bette öffentlicher Gewässer, sofern der Bundesschatz als Eigentümer im Grundbuch eingetragen ist; sie gelten bis zum Beweis des Gegenteiles auch dann als öffentliches Wassergut, wenn sie wegen ihrer Eigenschaft als öffentliches Gut in kein öffentliches Buch aufgenommen sind oder wenn in den öffentlichen Büchern ihre Eigenschaft als öffentliches Gut zwar ersichtlich gemacht (§ 12 AGAG), aber kein Eigentümer eingetragen ist. Das Grundstück 1370/3 ist nicht verbüchert, sondern wird lediglich im Grundstücksverzeichnis II als öffentliches Gut mit der Widmung als Weg ausgewiesen. Öffentliches Gut hat im Zweifel als Gemeindegut zu gelten (SZ 52/96 mwN; Spielbüchler in Rummel, ABGB, § 287 Rz 3). Dies muß jedenfalls auch für jenen Teil des als öffentlicher Weg gewidmeten Grundstückes 1370/3 gelten, der vom Innbach (einem unbestrittenermaßen öffentlichen Gewässer) nicht überflutet wird und damit nicht ins Bachbett einbezogen wurde. Wie der erkennende Senat in seiner ausführlich begründeten Entscheidung SZ 53/38 dargelegt hat, ist die Grenze zwischen Wasserbett und anrainendem Grundstück - das Wasserrechtsgesetz selbst definiert die Uferlinie nicht - grundsätzlich nach dem regelmäßig wiederkehrenden ordentlichen höchsten Wasserstand zu ziehen. Wasserstände, die auf außergewÄhnliche Ereignisse - etwa auf weit über die Durchschnittswerte hinausgehende Niederschlagsmengen - zurückgehen, sind nicht zu berücksichtigen; diese sind vielmehr Hochwasserstände, die für die Beurteilung einer Grundfläche als öffentliches Wassergut nur dann bedeutsam sind, wenn der Bund als Eigentümer im Grundbuch eingetragen ist (§ 4 Abs 2 WRG). Entgegen der Auffassung des Gerichtes zweiter Instanz ist die Oberkante der zum Innbach abfallenden Böschung nicht als die soeben definierte Uferlinie anzusehen; gegen eine solche Annahme spricht, daß diese Böschung nach den erstinstanzlichen Feststellungen nichts anderes ist als die dem Gewässer zugekehrte Seite des von den Rechtsvorgängern der Kläger aufgeschütteten Erddammes, der deren anrainenden Felder vor den jährlich wiederkehrenden Hochwassern schützen soll. Jene Teilfläche des in Anspruch genommenen Grundstückes, die nicht regelmäßig überflutet ist und bisher von den Klägern bzw. deren Rechtsvorgängern bewirtschaftet wurde, ist somit bis zu der Uferlinie des Innbaches zwar öffentliches Gut, aber nicht gleichzeitig auch Wasserbett des Innbaches, und damit kein der Ersitzung unzugängliches öffentliches Wassergut. Zur Stützung der berufungsgerichtlichen Auffassung kann auch die Entscheidung des erkennenden Senates EvBl 1979/213 nicht ins Treffen geführt werden:

Dort war das streitverfangene Grundstück zur Gänze als Bett eines öffentlichen Gewässers und damit als öffentliches Wassergut gewidmet; in der genannten Entscheidung wurde zu dieser Frage lediglich klargestellt, daß diese Widmung - die Einbeziehung eines breiten Uferstreifens in das öffentliche Wassergut - aus den dort dargelegten Gründen mit dem Gesetz in Einklang steht. Im vorliegenden Fall ist das betroffene Grundstück hingegen als Weg gewidmet und nur durch die Änderung des Gewässerverlaufes teilweise Bachbett geworden.

Das Erstgericht hat den vom Innbach nicht ins Bachbett einbezogenen Teil des in Anspruch genommenen öffentlichen Gutes somit zutreffend als eine der Ersitzung zugängliche Grundfläche beurteilt (SZ 56/111 uva); lediglich die Ersitzungszeit ist auf 40 Jahre verlängert (§ 1472 ABGB). Da die Gemeinde - wie schon erwähnt - bis zum Beweis des Gegenteiles als Eigentümerin des öffentlichen Gutes zu gelten hat (SZ 52/96), ist die beklagte Partei von den Klägern auch zu Recht mit deren Ersitzungsklage in Anspruch genommen worden. Da die Kläger bzw. deren Rechtsvorgänger ferner am Grundstück seit mehr als 40 Jahren (ON 17, S 7 und 15) bis zur Uferlinie uneingeschränkten Sachbesitz im Sinne des § 312 ABGB ausübten, was nach Errichtung eines Hochwasserschutzdammes im Jahre 1924 und dessen laufender Instandhaltung und der ausschließlichen Bewirtschaftung der Grundfläche (durch Abmähen, Pflanzen und Schlägern von Bäumen sowie Zurückschneiden des Buschwerks) nicht zweifelhaft sein kann, haben sie das Eigentum an dieser Grundfläche ersessen. Das Erstgericht hat auch unbekämpft festgestellt, daß die Kläger stets der Überzeugung waren, sie seien Eigentümer der gesamten Grundfläche bis zur Uferlinie (ON 17, S 7), so daß ihre Redlichkeit schon angesichts der in dieser Hinsicht die beklagte Partei treffenden Beweislast (SZ 56/111 uva; Schubert in Rummel, ABGB, § 1463 Rz 1) nicht in Frage gestellt ist.

Obwohl die Ersitzung des Eigentumes am Grundstück 1370/3 durch die Kläger bis zur Uferlinie des Innbaches somit zu bejahen ist, erweist sich die Rechtssache dennoch nicht als (im Sinne der teilweisen Klagsstattgebung) spruchreif. Das Berufungsgericht hat zutreffend erkannt, daß die vom Erstgericht vorgenommene Abgrenzung des stattgebenden Teiles vom abweisenden Teil des Urteilsspruches unbestimmt ist, weil dieser zwar der Sache nach auf die Uferlinie Bezug nimmt ("soweit .... nicht zum Wasserbett des Innbaches wurde"), diese Uferlinie aber nicht bestimmt bezeichnet ist. Die Stattgebung eines auf Feststellung des Eigentumes an einem Grundstück gerichteten Begehrens bloß in bezug auf einen Teil dieser Grundfläche ist zwar kein aliud, sondern ein minus (vgl. Fasching, Zivilprozeßrecht, Rz 1449), so daß dem Klagebegehren auch nur zum Teil stattgegeben werden kann, doch muß die Abgrenzung derart bestimmt vorgenommen werden, daß dem Urteilsspruch keine Zweifel über den Umfang des stattgebenden (und damit gleichzeitig des abweisenden) Teiles - die etwa gar nur im Wege eines weiteren Rechtsstreites beseitigt werden könnten - anhaften. Das Erstgericht hat die Uferlinie weder nach dem konkreten ordentlichen höchsten Wasserstand festgestellt noch im Urteil durch die nähere Beschreibung dieser Linie (etwa an Hand eines Vermessungsplanes) determiniert. Diese bestimmte Abgrenzung wird das Erstgericht im fortgesetzten Verfahren nach Erörterung mit den Parteien (§ 182 ZPO) - erforderlichenfalls nach Beiziehung eines Sachverständigen - nachzutragen haben. Da nach dem Inhalt des erstinstanzlichen Urteiles somit weder unzweifelhaft feststeht, welchem Teil des ersten Klagebegehrens (lit. a) stattgegeben noch welcher Teil abgewiesen wurde, konnte der in untrennbarem Zusammenhang mit dem stattgebenden Teil stehende abweisende Teil dieses Urteilsspruches trotz unterlassener Anfechtung (seitens der Kläger) ebensowenig in Rechtskraft erwachsen wie der von der beklagten Partei bekämpfte stattgebende Teil.

Die kassatorische Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz erstreckt sich demnach auf den gesamten Ausspruch des erstinstanzlichen Urteiles zum ersten Klagebegehren (lit. a); insoweit ist der Beschluß des Berufungsgerichtes richtigzustellen. Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.

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