Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Der Kläger hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger bezieht von der Beklagten seit 1. Juli 1982 eine vorzeitige Alterspension bei langer Versicherungsdauer. Dazu gebührte ihm unter anderem für seine am 24. April 1958 geborene eheliche Tochter Margarete K*** seit 1. Juli 1982 ein Kinderzuschuß.
Mit Bescheid vom 26. März 1984 wurde die Pension mit Ende April 1984 um diesen Kinderzuschuß herabgesetzt, weil Margarete am 23. April 1984 das 26. Lebensjahr vollendete.
Mit Bescheid vom 13. November 1985 stellte die Beklagte einen Ausgleichszulagenvorschußüberbezug von S 13.647,20 fest, den sie mit der zu erbringenden Leistung durch Abzug von monatlichen Raten von S 300,-- verrechnete.
Unter Bezugnahme auf diesen Bescheid schrieb der Kläger der Beklagten in einer am 11. Dezember 1985 eingelangten Eingabe vom Vortag, daß ihn diese Rückzahlung äußerst schwer treffe, weil er ein kleiner Pensionist sei und noch für zwei studierende Kinder zu sorgen habe. Seine Tochter Margarete sei zwar schon 27 Jahre alt, habe aber in den Jahren 1977, 1978 und 1979 ihr Studium unterbrechen müssen, weil ihre am 26. Februar 1978 verstorbene Mutter schwer krank gewesen sei, fast ein Jahr im Krankenstand verbracht habe und zwischendurch pflegebedürftig gewesen sei. Margarete habe damals die vorgeschriebenen Prüfungen nicht einhalten können, weil sie der Kläger ständig im Haushalt und Geschäft benötigt habe. Sie habe daher alle Prüfungen bis Ende 1986 nachzuholen. Der Kläger ersuchte damals, diese Sachlage nochmals zu überdenken und ihm die Rückzahlung zu erlassen.
Die Beklagte teilte dem Kläger daraufhin mit, daß sie seinem Wunsch hinsichtlich der Rückforderung des Überbezuges zwar nicht stattgeben könne, forderte ihn aber auf, für die behauptete Studienverzögerung seiner Tochter Unterlagen vorzulegen, welcher Aufforderung er nachkam.
Aus den Inskriptionsbestätigungen ergibt sich, daß Margarete K*** an der Universität Wien im Wintersemester 1976/77 und im Sommersemester 1977 als ordentliche Hörerin der Studienrichtung Biologie inskribiert war und seit dem Wintersemester 1977/78 als ordentliche Hörerin der Studienrichtung Pharmazie inskribiert ist. Mit Bescheid vom 11. Februar 1986 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Weitergewährung des Kinderzuschusses für Margarete unter Berufung auf § 144 iVm § 128 GSVG ab.
In seiner rechtzeitigen Klage behauptete der Kläger, seine Tochter Margarete habe ihre schwerkranke Mutter ständig betreuen müssen und deshalb ihr Pharmaziestudium erst nach dem Tod der Mutter wieder aufnehmen können. Wegen dieser Studienbehinderung bestehe die Kindeseigenschaft noch über das 26. Lebensjahr hinaus. Der Kläger begehrte daher, die Beklagte schuldig zu erkennen, ihm den Kinderzuschuß für Margarete K*** über das 26. Lebensjahr hinaus zu gewähren.
Die Beklagte beantragte die Abweisung der Klage und wendete ein, die Pflege der kranken Mutter sei kein unüberwindbares Hindernis für das Hochschulstudium gewesen. Weil der Antrag des Klägers auf Weitergewährung des Kinderzuschusses erst am 11. Dezember 1985 gestellt worden sei, würde nach § 64 Abs 1 GSVG ein allfälliger Anspruch erst ab 11. September 1985 bestehen.
Das Erstgericht erklärte die Beklagte schuldig, dem Kläger einen Kinderzuschuß vom 11. September 1985 bis 25. Juni 1986 im gesetzlichen Ausmaß zu zahlen.
Es stellte im wesentlichen fest, daß die Mutter Margaretes an Krebs und schweren Depressionen litt. Wegen des Krebsleidens wurden ihr beide Bürste amputiert. Die letzte Operation war im Juli 1976. Die Patientin war jedoch auch von April bis August 1977 und von November 1977 bis zu ihrem Tod am 26. Februar 1978 im Spital. "In diesem Zeitraum" (gemeint: Juli 1976 bis Feber 1978) mußte die Kranke ununterbrochen vom Kläger und ihrer Tochter Margarete gepflegt werden. Margarete hatte im Oktober 1976 Biologie und im Wintersemester 1977/78 Pharmazie inskribiert, konnte das in diesem Semester begonnene Pharmaziestudium jedoch nicht "durchführen", weil sie wegen der "sechswöchigen Pflege" der Mutter in dieser Zeit "die Laborplätze nicht besetzen konnte". Sie war auch "über diese Zeit hinaus" in den Ferien und an den Wochenenden bei ihrer Mutter, ihrem Vater (dem Kläger) und ihrem kleineren Bruder. Margarete konnte auch nach dem Tod der Mutter "nicht studieren", weil sie ihren Vater und ihren Bruder "pflegen" und anläßlich des Begräbnisses Wege erledigen mußte. "Vor dem Tod" der Mutter mußte Magarete ihren Vater, der nicht Auto fahren konnte, ins Spital bringen. Erst mit Beginn des Wintersemesters 1978/79 konnte sie das Pharmaziestudium voll aufnehmen.
Daraus folgerte das Erstgericht, daß Margarete durch die einer nicht wegschiebbaren sittlich-moralischen Verpflichtung entsprechende Pflege, Betreuung und Unterstützung ihrer Mutter vom Wintersemester 1977/78 bis zum Ende des Sommersemesters 1978 im Pharmaziestudium behindert gewesen sei. Wegen dieses unüberwindbaren Hindernisses bestehe die Kindeseigenschaft über das 26. Lebensjahr hinaus für einen der Dauer der Behinderung angemessenen Zeitraum weiter. Weil das Pharmaziestudium 16 Semester dauere, hätte Margarete dieses mit Ende des Sommersemesters 1986 beenden müssen, weshalb eine darüberhinausgehende Zuerkennung des Kinderzuschusses nicht angemessen wäre. Weil der Kläger den Antrag erst am 11. Dezember 1985 gestellt habe, könne der Kinderzuschuß erst ab 11. September 1985 zuerkannt werden. Weil dieser Antrag nur "für die Zukunft gerichtet" gewesen sei, komme eine allfällige rückwirkende Beurteilung (§ 69 GSVG) nicht in Frage.
Der Kläger ließ das erstgerichtliche Urteil unbekämpft; die Beklagte bekämpfte es wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit Berufung. Darin führte sie aus, daß die Pflege der kranken Mutter kein Hinderungsgrund im Sinne des § 128 Abs 2 Z 1 GSVG sei. Im übrigen bestehe die Kindeseigenschaft bei Verzögerung der Ausbildung durch ein anzuerkennendes Hindernis für die unmittelbar an die Vollendung des 26. Lebensjahres anschließende Zeit im Ausmaß der Behinderungsdauer weiter. Die Beklagte beantragte daher primär, das erstgerichtliche Urteil im klageabweisenden Sinne abzuändern. Das Berufungsgericht gab der Berufung Folge und änderte das erstgerichtliche Urteil dahin ab, daß es das Klagebegehren ...., "die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei für Margarete K*** einen Kinderzuschuß vom 11. September 1985 bis 25. Juni 1986 im gesetzlichen Ausmaß zu bezahlen", abwies. Das Berufungsgericht verwies auf die Rechtsprechung, nach der ein unüberwindbares Hindernis ein vom Willen des Betroffenen unabhängiges und in dessen Person gelegenes Hindernis sei, das trotz aller Bemühung nicht habe beseitigt werden können. Bei einer Krankheit sei ein solches Hindernis nur anzunehmen, wenn die Krankheit das Kind selbst betroffen habe. Die sittliche Verpflichtung zur Pflege der Mutter, die familienrechtlich in erster Linie deren Ehepartner (den Kläger) getroffen habe, bilde daher keinen Hinderungsgrund im Sinne des § 128 Abs 2 Z 1 GSVG. Dagegen richtet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit den Anträgen, das angefochtene Urteil durch Wiederherstellung der erstgerichtlichen Entscheidung abzuändern, allenfalls aufzuheben.
Die Beklagte erstattete keine Revisionsbeantwortung.
Rechtliche Beurteilung
Die nach § 46 Abs 4 ASGG ohne die Beschränkungen des Abs 2 dieser Gesetzesstelle zulässige Revision ist nicht berechtigt. Zu der Alters(Erwerbsunfähigkeits)pension gebührt für jedes Kind (§ 128 GSVG) ein Kinderzuschuß (§ 144 Abs 1 Satz 1 GSVG). Über das vollendete 18. Lebensjahr wird der Kinderzuschuß nur auf besonderen Antrag gewährt (Satz 3 der letztzitierten Gesetzesstelle).
Die Erhöhung von Pensionen gebührt nur für die Zeit ab Anmeldung
des Anspruches. Die .... Kinderzuschüsse werden über das
18. Lebensjahr hinaus jedoch auch für die Zeit der Erfüllung der
Voraussetzungen für diese Leistung vor der Anmeldung des Anspruches
weitergewährt, längstens jedoch bis zu drei Monaten vor der
Anmeldung; das gleiche gilt .... für die Erhöhung von Pensionen
infolge Zuerkennung von Kinderzuschüssen (§ 64 Abs 1 GSVG). Die Herabsetzung einer Pension wird, wenn der Herabsetzungsgrund nicht in der Wiederherstellung oder Besserung des körperlichen oder geistigen Zustandes des Pensionisten oder seines Kindes (§ 128 Abs 2 Z 2 GSVG) gelegen ist, mit dem Ende des Kalendermonates wirksam, in dem der Herabsetzungsgrund eingetreten ist (§ 64 Abs 2 GSVG).
Die Kindeseigenschaft besteht auch nach der Vollendung des 18. Lebensjahres, wenn und solange das Kind sich in einer Schul- oder Berufsausbildung befindet, die seine Arbeitskraft überwiegend beansprucht, längstens bis zur Vollendung des 26. Lebensjahres. Ist die Schul- oder Berufsausbildung durch die Erfüllung des Wehrdienstes, der Zivildienstpflicht, durch Krankheit oder ein anderes unüberwindbares Hindernis verzögert worden, so besteht die Kindeseigenschaft über das 26. Lebensjahr hinaus für einen der Dauer der Behinderung angemessenen Zeitraum (§ 128 Abs 2 Z 1 GSVG).
Aus der letztzitierten Bestimmung ergibt sich, daß sich der der Dauer der Behinderung angemessene Zeitraum nur unmittelbar an die Vollendung des 26. Lebensjahres anschließen kann, so daß sich die Kindeseigenschaft in solchen Fällen um den angemessenen Zeitraum verlängert. Beträgt dieser beispielsweise ein Jahr, dann besteht die Kindeseigenschaft bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres. In diesen Fällen gebührt daher zur Pension während dieses Verlängerungszeitraumes, für den die Kindeseigenschaft weiterbesteht, auch noch für ein Kind, welches das 26. Lebensjahr bereits vollendet hat, ein Kinderzuschuß, der allerdings nach § 64 Abs 1 GSVG längstens bis zu drei Monaten vor der Anmeldung des Anspruches weitergewährt werden kann.
Daraus folgt für den vorliegenden Fall:
Selbst wenn man der vom Kläger geteilten Rechtsansicht des Erstgerichtes folgen wollte, daß das im Wintersemester 1977/78 begonnene Pharmaziestudium seiner Tochter Margarete wegen der schweren Krankheit und des Todes der Mutter im Sinne des § 128 Abs 2 Z 1 Satz 2 GSVG bis zum Ende des Sommersemesters 1978 behindert worden wäre, hätte die Kindeseigenschaft über das am 23. April 1984 vollendete 26. Lebensjahr Margaretes hinaus nur für einen der Dauer der Behinderung angemessenen Zeitraum von höchstens einem Jahr bestanden, also höchstens bis 23. April 1985. Dem Kläger hätte daher zur Alterspension für seine Tochter Margarete allenfalls ein Kinderzuschuß von Mai 1984 bis längstens April 1985 gewährt werden können, wenn er diesen Anspruch im Sinne des § 64 Abs 1 GSVG rechtzeitig angemeldet hätte. Auch wenn man das am 11. Dezember 1985 bei der Beklagten eingebrachte Schreiben des Klägers auch als früheste Anmeldung des Anspruches auf Kinderzuschuß zur Alterspension für Margarete wertet, hätte der Kinderzuschuß nach der letztzitierten Gesetzesstelle längstens bis zu drei Monaten vor der Anmeldung, also ab 11. September 1985 gewährt werden können, wenn die Voraussetzungen für diesen Zuschuß ab diesem Zeitpunkt erfüllt gewesen wären. Dies war jedoch nicht der Fall, weil die Kindeseigenschaft Margaretes - wie oben ausgeführt - höchstens bis 23. April 1985 bestand.
Unter diesen Umständen erweist sich die in der Revision aufgeworfene Rechtsfrage, ob die schwere Krankheit und der Tod der Mutter für Margarete K*** ein anderes unüberwindbares Hindernis für die Schul- oder Berufsausbildung im Sinne des § 128 Abs 2 Z 1 GSVG waren, als nicht entscheidungswesentlich, weil das Klagebegehren vom Berufungsgericht aus den oben dargelegten anderen rechtlichen Überlegungen jedenfalls im Ergebnis zu Recht abgewiesen wurde.
Der Revision war daher nicht Folge zu geben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit. b ASGG.
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